Wir sind IN Iran?

  • Als fleißige Nachrichtenschauerin und -hörerin fällt mir auf, dass immer öfter gesagt wird "in Iran" wie "in Frankreich". Nach meinem Wissen heißt es doch "im Iran", denn es ist ja auch "der Iran", oder??
    Einige Leute sagen ja auch "Wir fahren nach Türkei" oder "Ich bin aus Türkei", aber da bin ich mir deutlich sicherer, dass das nicht normgerecht ist ...

  • Zitat

    Aktenklammer schrieb am 12.01.2006 10:06:
    Als fleißige Nachrichtenschauerin und -hörerin fällt mir auf, dass immer öfter gesagt wird "in Iran" wie "in Frankreich". Nach meinem Wissen heißt es doch "im Iran", denn es ist ja auch "der Iran", oder??
    Einige Leute sagen ja auch "Wir fahren nach Türkei" oder "Ich bin aus Türkei", aber da bin ich mir deutlich sicherer, dass das nicht normgerecht ist ...


    Das beobachte ich schon seit einigen Jahren - die Artikel bei den Ländernamen (der Iran, der Irak, die USA, der Libanon) sind praktisch verschwunden - ich halte das für einen Influx aus den englischsprachigen Nachrichtenagenturen. Interessante Ausnahmen: "die Schweiz" ist unverändert , aber auch "die Türkei" und ebenso mehrwortige Ländernamen wie "die dominikanische RepubliK".


    Insgesamt ist das wohl ein weiteres Symptom des Flexionsabbaus im Deutschen. Der Genitiv ist im Alltagssprachgebrauch weitgehend durch Dativ+Präposition ersetzt. Auch eigentlich zu flektierende Phrasen werden nicht mehr verändert: "Heute in das Erste: 'Droht der Sprachverfall?'"


    Das sind allerdings ganz normale sprachhistorische Entwicklungen, die z.B. das Englische schon vor Jahrhunderten unterlaufen hat. Davon zu unterscheiden ist m.E. das hier teilweise von jungen Lehramtsstudierenden abgesetzte [zorniger-Bildungselitistenmodus] plumpmöglichste und vollkommen unleserliche Analphabetengestammel [/zorniger-Bildungselitistenmodus], das sie wohl nicht vermeiden wollen oder können. Das ist für mich nur noch bornierte Gleichgültigkeit gegenüber Ausdruck, Form und Inhalt und damit bornierte Gleichgültigkeit gegenüber dem Leser.


    So, genug aufgeregt.


    Nele

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  • Wobei "Das Erste" ja mittlerweile der Name des Senders ist. Wobei das im allgemeinen Sprachgebrauch dann nicht mehr benutzt wird, aber z.B. müsste es ja eigentlich auch heißen: "Ich gehe zu einem Konzert von "Die Ärzte"". Wobei ich jetzt mündlich auch den Kasus anpassen würde um nicht zu blöd zu wirken.

  • Zitat

    Arthur Weasley schrieb am 12.01.2006 13:27:
    Wobei "Das Erste" ja mittlerweile der Name des Senders ist. Wobei das im allgemeinen Sprachgebrauch dann nicht mehr benutzt wird, aber z.B. müsste es ja eigentlich auch heißen: "Ich gehe zu einem Konzert von "Die Ärzte"". Wobei ich jetzt mündlich auch den Kasus anpassen würde um nicht zu blöd zu wirken.


    Das ist nicht nicht blöd, sondern einfach richtig. Auch Namen werden im Deutschen gebeugt, nur sieht man es in der Regel nicht.


    "Klaus hat Durst. Ich gebe Klaus Wasser." Aber: "Der Klaus hat Durst. Ich gebe dem Klaus Wasser." Deutlicher: "Das ist Klaus' und nicht etwa Marias Wasser." Einen versteinerten Genitiv kann man bei Karl Marxens Namen finden. Und Werthern fluchte die Lotte ausführlich. :)


    Also geht man selbstverständlich zu einem Konzert der "Ärzte" oder zu einem der Berliner Philharmoniker. Und dann sieht man sich im "Ersten" den Tatort an während sich der Nachbar ohne Sprachgefühl in das Erste mit der Polizeiruf 110 begnügen muss. :)


    Nele

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  • Dazu passt: "IN 2005 passierte was auch immer." Das ist auch so ein Anglizismus der zumindest mir immer noch falsch vorkommt.


    Gruß


    Uta

  • Zitat

    [Zu dem Thema kann ich Euch ein wirklich gutes und witziges Buch empfehlen: "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" von Basitan Sick.


    Kenn ich latürnich. Ist übrigens aus einer Spiegel-Online Kolumne entstanden:


    [URL=http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,332092,00.html]http://www.spiegel.de/kultur/z…sch/0,1518,332092,00.html[/URL]


    Viel Spaß,


    Nele

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  • Uta, hatte heute auch gerade so einen Fall. Mir schrieb jemand: "... habe dort in 1996 mein Abitur gemacht".


    *grusel


    Das genannte Buch kann ich auch nur wärmstens empfehlen!

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