Eltern im Unterricht

  • Klingt irgendwie leicht paranoid.


    Paranoia definiert sich anders. Es geht nicht um Wahn - sondern um Realität. Früher oder später (was ich dir wünsche) merkst du das auch.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Warum gleich patzig werden? Ich wüsste nicht, was das Thema gerade mit Steuer-CDs zu tun hat. Auch einen Spruch wie "Willkommen in der Wirklichkeit" halte ich für unangebracht da Du meine Vita überhaupt nicht kennst.


    Gerade wo die Schweizer so gerne geheimniskrämern würde ich denken, die Besuchswoche an den Kantonsschulen gäbe es nicht, wenn sie die angesprochenen Probleme verursachen würde. Es mag wohl einen Unterschied machen, dass wir an den Kantonsschulen in der Regel nur die 16 - 20jährigen unterrichten und ich bei den jüngeren Schülern einen deutlich höheren Anteil an potentiell überbesorgten Eltern vermuten würde.

  • Lässt Du Deine Schüler auch eine Datenschutzerklärung unterschreiben, dass sie in der Öffentlichkeit nicht übereinander (oder über Dich) herziehen dürfen?


    Also ich hab schon mehrmals gehört, dass es im Rahmen der Aushandlung von Klassen-/Umgangsregeln nicht unüblich ist, auch derartige Passagen mit ins Regularium aufzunehmen. Alá "Was in unserem Klassenraum geschieht/ was wir besprechen, bleibt unter uns." Es geht also darum, ein offenes Klima in der Klasse zu schaffen, in dem sich jeder frei äußern kann, ohne befürchten zu müssen, dass etwas nach außen dringt.

  • Halte ich für Geschmackssache und meinen Geschmack trifft das definitiv nicht. Es ist wohl klar, dass man zwischen Konfliktgesprächen und dem regulären Unterricht unterscheiden muss und es im ersten Fall zum guten Ton gehört, diskret zu bleiben. Ich habe einfach keine Lust, von vorneherein das Schlimmste zu befürchten.


    Aber es scheint ja eh eindeutige Regeln dafür zu geben wann und unter welchen Voraussetzungen Eltern im Unterricht hospitieren dürfen, also seien die Befindlichkeiten einzelner Personen mal dahingestellt.

  • Also ich sehe das generell nicht eng und habe eigentlich nur gute Erfahrungen mit Eltern im Unterricht. Bei uns an der Schule ist es üblich, dass es "Leseeltern" gibt, die in die Klasse ihres Kindes kommen und sich dort von einzelnen Kindern vorlesen lassen (manche KollegInnen lassen die Eltern sogar mit einzelnen Kindern an Aufgaben arbeiten - also fördern). Auch beim (Laternen oder Oster)Basteln sind Eltern gerne gesehen und nach vorheriger Terminabsprache können Eltern auch im normalen Unterricht hospitieren - bei mir auch schon vorgekommen. In der Regel sind es nette Eltern, die einfach interessiert sind und/oder sich engagieren wollen.
    Also mir ist es sogar lieber, wenn jemand zum Helfen kommt als wenn jemand nur hospitiert (weil da komm ich mir dann schon seltsam beobachter vor).


    Wenn es aber mir unangenehme Eltern wären, die zum Schauen kommen wollen und wo ich befürchten müsste, dass sie meine Kompetenz in Frage stellen wollen, dann hätte ich auch keine Lust darauf und würde mir genau überlegen, wann und unter welchen Umständen ich sie hospitieren lassen würde.

  • Wenn es aber mir unangenehme Eltern wären, die zum Schauen kommen wollen und wo ich befürchten müsste, dass sie meine Kompetenz in Frage stellen wollen, dann hätte ich auch keine Lust darauf und würde mir genau überlegen, wann und unter welchen Umständen ich sie hospitieren lassen würde.

    Genau die Situation habe ich gerade. Es geht um uneinige Trennungseltern und offen gesagt habe ich mich möglicherweise auf die Seite der Mutter ziehen lassen. Der Vater möchte nun noch vor den Ferien hospitieren und hat mir schon Termine vorgeschlagen.


    Ich fühle mich etwas überrumpelt. Darf ich die Hospitationstermine auf nach den Ferien verschieben? Oder muss ich auch kurzfristig zusagen?


    Die Tochter der Eltern war gestern auch gar nicht in der Schule und ich weiss nicht, ob sie vor den Ferien überhaupt noch zum Unterricht kommt.

  • Genau die Situation habe ich gerade. Es geht um uneinige Trennungseltern und offen gesagt habe ich mich möglicherweise auf die Seite der Mutter ziehen lassen. Der Vater möchte nun noch vor den Ferien hospitieren und hat mir schon Termine vorgeschlagen.
    Ich fühle mich etwas überrumpelt. Darf ich die Hospitationstermine auf nach den Ferien verschieben? Oder muss ich auch kurzfristig zusagen?


    Die Tochter der Eltern war gestern auch gar nicht in der Schule und ich weiss nicht, ob sie vor den Ferien überhaupt noch zum Unterricht kommt.

    Na klar - grundsätzlich gibst DU Hospitationstermine vor. Die Frage ist nur: Was bringt es dir, Termine hintenaus zu schieben? Wenn bei mir jemand im Unterricht sitzt, ist mir das (ehrlich gesagt) wurscht! Ich zieh mein Ding so durch, wie ich es jeden Tag tue.


    Wenn der Vater bisher nett und freundlich war und auch das Anliegen freundlich und nciht ausschließelich fordernd formuliert ist, würde ich mich sogar auf die Terminwünsche des Vaters einlassen. Schlichtweg aus dem Grund, dass ich weiß, wie schwierig es für manche Eltern ist, sowas beruflich zu organisieren.
    Was ist denn der Grund für den Hospitationswunsch?

  • Einen Grund für die Hospitation hat der Vater nicht genannt. Muss ich eigentlich begründen, warum ich seine Terminvorschläge nicht annehmen kann?

  • Ich würde aus Gründen des entspannten Umgangs die Verschiebung eines vorgeschlagenen Termins begründen. Muss ja nicht so ausführlich sein: Freitag gehts leider nicht, da bin ich nur zwei Std. in der Klasse / da ist Schwimmen / schreiben wir einen Test etc. Aber nicht den Eindruck erwecken, du müsstest dich extra vorbereiten.

  • Nein. Er möchte was von dir - nicht umgekehrt.
    Will ich einen Termin bei einem Arzt, rufe ich an und die Helferin wird mir Vorschläge machen.
    Brief: Ich habe ihren Hospitationswunsch zur Kenntnis genommen und kann ihnen folgende Termine anbieten: Termin A, Termin B, Termin C. Bitte teilen sie mir bis xx.xx.2017 mit, welchen der Termine sie wahrnehmen möchten.

  • Einem Hospitationswunsch der Eltern muss man als Lehrer nachgeben. Hierbei sollte der Wunschtermin der Eltern Berücksichtigung finden, außer natürlich, dienstliche Dinge sprechen dagegen (z.B. weil eine Klassenarbeit geschrieben wird...).


    Allerdings: Man sollte als Lehrer nicht direkt mit den Eltern einen Hospitationstermin "ausmachen", sondern ausschließlich in Absprache mit der Schulleitung. Diese sollte - zumindest sollte es so sein - die Gründe für den Hospitationstermin herausfinden. Wenn es z.B. darum geht, dass die fachliche Kompetenz einer Lehrkraft bezweifelt wird, kann es sehr sinnvoll sein, die Schulleitung oder einen anderen Kollegen ebenfalls in dieser Stunde hospitieren zu lassen - gewissermaßen als Absicherung. Dies empfiehlt sich beispielsweise auch immer, wenn man den genauen Grund für die Hospitation nicht kennt.


    Ein weiterer Grund, weshalb die Schulleitung einzubeziehen ist, ist, dass die Eltern belehrt werden müssen, Details über Schüler nicht zu verbreiten.


    Außerdem sollte immer auch die Elternvertretung darüber informiert werden, dass es zu einer Elternhospitation kommt, schließlich können solche Hospitationstermine nicht unbegrenzt stattfinden.


    Ergänzung: Kurzfristig zusagen musst du natürlich nicht, eine Vorlaufzeit von einer Woche sollte aber ausreichend sein.

  • Vielleicht gibt's dazu eine Regelung an eurer Schule? Würde ggf. auch erst die SL fragen.


    Generell sagt euer Schulgesetz:
    §44
    3) Die Eltern können nach Absprache mit den Lehrerinnen und Lehrern aneinzelnen Unterrichtsstunden und an Schulveranstaltungen teilnehmen,die ihre Kinder besuchen. Im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung könnenLehrerinnen und Lehrer mit Zustimmung der Klassenpflegschaft und derSchulleitung in hierfür geeigneten Unterrichtsbereichen die Mitarbeit vonEltern vorsehen. Gleiches gilt bei außerunterrichtlichen Schulveranstaltun-gen und Angeboten im Ganztagsbereich in allen Schulformen und Schul-stufen.


    Die Idee ist wohl eher, dass Eltern am Bastelnachmittag helfen und nicht, dass sie deinen Unterricht beurteilen. Dafür gibt's andere Instanzen. "Nach Absprache" heißt jedenfalls, dass ihr absprecht. Und "den ihre Kinder besuchen" setzt voraus, dass das Kind da sein muss. Lade ihn doch ein, wenn ihr Osterkekse backt und bitte gleich darum, Teig mitzubringen ;)

  • Ich kenne nicht alle Schulgesetze der einzelnen Bundesländer, aber ich weiß, dass das Recht auf Hospitation für Eltern in allen mir bekannten Schulgesetzen verankert ist (nach Zeitabprache mit der Lehrkraft). Hositation = "stiller Gast". Von daher muss man gar nicht diskutieren, ob man das muss oder nicht - es ist per Gesetz ein Recht der Eltern und damit eine Pflicht von Lehrkräften. Man muss auch keine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen lassen, sondern wie bei allen schulischen Angelegenheiten bei denen Eltern mitwirken reicht eine Verschwiegenheitbelehrung. Gründe für die Hospitation müssen Eltern nicht nennen - es ist ein Teil von Mitwirkung, Zusammenarbeit Eltern/Schule.
    Warum man dieses Recht aber so negativ sehen muss, leuchtet mir nicht ein - es ist eine große Chance am eigenen Ruf und der Außenwahrnehmung der Schule zu arbeiten. An unserer Schule haben wir aus dieser Pflicht/aus diesem Recht abgeleitet, dass alle Lehrer grundsätzlich den Eltern anbieten gerne mit in den Unterricht zu kommen. Das machen wir bei Elternabenden, Elternsprechtagen, unsere Leitung kommuniziert dies bei Infoveranstaltungen. Es gibt eine Menge Eltern, die das in Anspruch nehmen. NIcht nur die problematischen Eltern. Eltern, die grundsätzlich aus eigener negativer Erfahrung der Schule skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, ermuntern wir sogar, sich Unterricht anzuschauen. Auf diese Weise kommt man gar nicht in die Verlegenheit, dass nur bei Problemen hosptiert wird oder dass die Schule nicht transparent sein möchte.
    Unsere Vorgehensweise: Absprache mit der Lehrkraft, Belehrung durch die Lehrkraft und ein diesbezüglicher Vermerk im Klassenbuch. Wenn gewünscht, dann können die Eltern auch noch ein Gespräch mit der Lehrkraft vereinbaren. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, die Schüler von Klasse 1 - 10 finden es auch nicht merkwürdig, wenn jemand mit im Unterricht sitzt, eigentlich vergessen sie hospitierende Besucher nach wenigen Minuten. Bei uns hospitieren auch Kollegen untereinander, es dürfen Eltern kommen (oder Schüler), die sich für unsere Schule interessieren, sogar Großeltern hatte ich aus Neugier schon im Unterricht sitzen - die wollten mal sehen, wie Unterricht heutzutage funktioniert.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Ich kenne nicht alle Schulgesetze der einzelnen Bundesländer, aber ich weiß, dass das Recht auf Hospitation für Eltern in allen mir bekannten Schulgesetzen verankert ist (nach Zeitabprache mit der Lehrkraft). Hositation = "stiller Gast". Von daher muss man gar nicht diskutieren, ob man das muss oder nicht - es ist per Gesetz ein Recht der Eltern und damit eine Pflicht von Lehrkräften. Man muss auch keine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen lassen, sondern wie bei allen schulischen Angelegenheiten bei denen Eltern mitwirken reicht eine Verschwiegenheitbelehrung. Gründe für die Hospitation müssen Eltern nicht nennen - es ist ein Teil von Mitwirkung, Zusammenarbeit Eltern/Schule.

    Richtig, hatte ich auch in meinem Beitrag geschrieben (Nr. 31)



    es dürfen Eltern kommen (oder Schüler), die sich für unsere Schule interessieren, sogar Großeltern hatte ich aus Neugier schon im Unterricht sitzen - die wollten mal sehen, wie Unterricht heutzutage funktioniert.

    Interessant. Ihr lasst schulfremde Personen hospitieren?


    Nur so nebenbei: Arbeitest du an einer Schule in privater Trägerschaft?

  • Richtig, hatte ich auch in meinem Beitrag geschrieben (Nr. 31)


    Interessant. Ihr lasst schulfremde Personen hospitieren?
    Nur so nebenbei: Arbeitest du an einer Schule in privater Trägerschaft?

    Keine freie Trägerschaft...
    Ja, lassen wir - allerdings müssen die ihren Wunsch begründen und irgendwie schon einen Bezug zur Schule haben (sonst kommt ja auch keiner auf eine Idee zu Hospitieren); also beispielsweise Eltern, die noch schwanken, wo sie ihr Kind anmelden sollen oder Kinder, die den offenen Tag verpasst haben. Ich finde das nicht wirklich spektakulär, wenn jemand kein Elternteil eines aktuellen Schülers ist, dann muss die Schulleitung ihr okay geben.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • In einer Sek I Klasse, mit der ich zunehmend Probleme im Nachmittagsunterricht hatte (Unkonzentriertheit, permanente Störungen, Hausaufgaben häufig nicht erledigt, Material oft nicht dabei) hatten die Eltern sich an die Elternvertreterin gewandt, weil sie an meiner Kompetenz gezweifelt hatten. Man muss dazu sagen, dass es sich nicht um Regelunterricht handelte, sondern um einen Englisch-Zertifikatskurs im Ganztagsangebot, für den die Eltern eine Gebühr bezahlen mussten (für die Lehrmaterialien und die Zertifikatsprüfung).


    Ich habe zugestimmt, die Elternvertreterin hospitieren zu lassen, auch wenn ich anfangs ein mulmiges Gefühl hatte, weil ich schon selbst angefangen hatte, an meiner Kompetenz zu zweifeln. Das war das beste, was ich tun konnte. Die SchülerInnen haben sich (nach kurzem Zusammenreißen) in Anwesenheit der Elternvertreterin exakt so benommen, wie sie es auch sonst taten. Die Hälfte hatte die Hausaufgaben nicht erledigt, andere (unter anderem der Sohn der Elternvertreterin selbst) ihre Materialien nicht dabei, Störungen, Weigerung Englisch zu sprechen...


    In der Nachbesprechung sagte die Elternvertreterin "Herr Xiam, ich bewundere gerade, dass sie so ruhig bleiben können, ich wäre sowas von an die Decke gegangen." Anschließend hat sie wohl eine Email an die Elternschaft verfasst und ihre Beobachtungen kund getan. Was sie genau geschrieben hat weiß ich nicht, geht mich auch nichts an, aber seitdem läuft es deutlich besser. Die Eltern haben ihren Sprösslingen anscheinend klar gemacht, dass der Kurs genau so wichtig ist, wie Regelunterricht.

  • Da ich schon mehrfach von Eltern an anderen Schulen gefragt wurde: kann inzwischen jemand eine verbindliche Aussage zu Hospis von Eltern treffen?


    Soweit ich das sehen kann, haben mehrheitlich Bundesländer im Schulgesetz die Teilnahme von Eltern erlaubt und geregelt. Was ist mit den Ländern, die das nicht regeln? Können Eltern darauf bestehen, wenn der Lehrer ablehnt?


    Hab sogar einen Text gefunden, der behauptet, Hospi wäre durch Informationsrecht Art 6 GG (2) geregelt aber ich erkenne da nichts dergleichen...


    @Valerianus, du weißt doch sowas bestimmt, oder? :top:

  • Da bin ich mir ehrlich gesagt unsicher, ob man das aus dem Elternrecht auf Erziehung im Grundgesetz herleiten kann, in den meisten Ländern ist das aber in den Schulgesetzen eindeutig geregelt, dafür bräuchte ich dein Bundesland. :)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Es geht hier um Sachsen, betrifft aber auch andere Bulä.


    In der Handreichung für Elternräte steht dazu:
    "von einer Hospitation schulfremder Personen (das sind auch
    Eltern[-vertreter]) im Unterricht ist generell abzuraten, da dort
    persönlichkeitsrelevante Daten wie Lob und Tadel in hohem
    Maße verarbeitet werden."


    Hm, besonders konkret ist das auch bloß nicht.

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