Promovieren als Lehrer

  • Liebe Foristen,
    womöglich wird euch mein Vorhaben etwas realitätsfremd erscheinen, aber ich denke gerne ungewöhnlich ...:)


    Ich habe bereits viele Jahre in ein Promotionsprojekt investiert, bevor ich vor ein paar Jahren meinen Seiteneinstieg in den Schuldienst gemacht habe (Note 2,0). Doktorvater ist mittlerweile emeritiert und ich unterrichte Deutsch und Philosophie an einer Gesamtschule, was auch im Prinzip gut läuft. Dennoch habe ich einfach zu lange vor meinem Seiteneinstieg an meinem Promotionsprojekt gearbeitet (Diss. ist sehr weit fortgeschritten), als dass ich es einfach aufgeben möchte. Ich sehe es jetzt sozusagen als Hobby, zumal ich auch schon in fortgeschrittenem Alter bin.


    Dennoch interessiert mich, ob jemand von euch weiß, was man als promovierter Lehrer an der Uni für Stellen bekommen könnte. Kann man mit dem Staatsexamen und einer - wenn ich es hinkriege - bald fertigen, durchaus sehr anspruchsvollen philosophischen Promotion nur in der Fachdidaktik unterrichten oder könnte man z. Bsp. auch wiss. Mitarbeiter oder Privatdozent werden ? Ich habe auch einen Magister mit 1,0. Wie sieht es mit dem Gehalt und der unbefristeten Festanstellung an der Uni aus (mit beidem bin ich als Lehrer ja sehr zufrieden und will das nicht aufgeben).


    Kurzum: wie funktioniert ein eventueller Wechsel von der Schule an die Uni bei festem, möglichst gleichbleibendem Gehalt (ich bin unbefristet angestellt, aber nicht verbeamtet). Für Tipps wäre ich dankbar, ggf. auch für Treffen von Lehrern, die vorhaben, neben dem Lehrberuf zu promovieren oder die Diss. zu Ende zu bringen. Gibts so was irgendwo ??? Danke !

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • Wenn du mit der Promotion als Lehrer zurück an die Uni willst, und das bei "vollem Gehalt", gibt's wohl nur zwei Möglichkeiten:


    - Entweder in Form einer (Teil-)Abordnung, d.h. die Schulbehörde zahlt weiter dein Gehalt. Hier muss die Behörde aber schon ein gewichtiges Interesse daran haben, evt. in Form einer bereits existierenden Kooperation mit der Uni. Realistisch ist das aber wohl nur in einem lehramtsaffinen Bereich, also Fachdidaktik, Erziehungswissenschaft oder ähnliches


    - Du bewirbst dich ganz normal für eine der Stellen an der Uni (wiss. Mitarbeiter, Junior-Prof.), und hoffst, dass dir deine "Praxiserfahrung" im Schulbereich irgendwie dabei nützlich ist. Möglicherweise kannst du das mit einer Beurlaubung aus dem Schuldienst verbinden, so dass du deine Stelle an der Schule nicht verlierst, wenn es mit der Uni nicht klappt.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Fachlich kannst du gut höher qualifiziert sein als die Kollegen, die auf Staatsexamen/Master of Education studiert haben. Durch den Seiteneinstieg und die Arbeit als Lehrer wirst du auch die praxisrelevanten Anteile der Fachdidaktiken und von Pädagogik/Psychologie kennen. Ich könnte mir da gut einige Stunden als LfbA vorstellen, allerdings eben im Bereich der Fachdidaktik. Für dich würde das wohl finanziell auf +/- null hinauslaufen, aber eben etwas Abwechslung ins Berufsleben bringen.


    Für eine wissenschaftliche Karriere sind ja dauerhaft nur Professuren und Stellen als Akademischer Rat interessant. Nur, dazu solltest du neben der Promotion bereits so Einiges an Veröffentlichungen, Tagungsbeiträgen, universitäre Lehrerfahrung etc. mitbringen und noch nicht 40 sein. Das ist jedenfalls das, was ich in meinem Umfeld so miterlebe (da ist es eher so, dass die Leute mit Mitte/Ende 30 der Wissenschaft den Rücken kehren).


  • Fachlich kannst du gut höher qualifiziert sein als die Kollegen, die auf Staatsexamen/Master of Education studiert haben. Durch den Seiteneinstieg und die Arbeit als Lehrer wirst du auch die praxisrelevanten Anteile der Fachdidaktiken und von Pädagogik/Psychologie kennen. Ich könnte mir da gut einige Stunden als LfbA vorstellen, allerdings eben im Bereich der Fachdidaktik. Für dich würde das wohl finanziell auf +/- null hinauslaufen, aber eben etwas Abwechslung ins Berufsleben bringen.


    Für eine wissenschaftliche Karriere sind ja dauerhaft nur Professuren und Stellen als Akademischer Rat interessant. Nur, dazu solltest du neben der Promotion bereits so Einiges an Veröffentlichungen, Tagungsbeiträgen, universitäre Lehrerfahrung etc. mitbringen und noch nicht 40 sein. Das ist jedenfalls das, was ich in meinem Umfeld so miterlebe (da ist es eher so, dass die Leute mit Mitte/Ende 30 der Wissenschaft den Rücken kehren).


    Danke für die hilfreiche Antwort. Das Problem ist, dass ich gar nicht so große Lust auf Fachdidaktik habe, ich würde im Bereich Philosophie lieber inhaltlich arbeiten ohne dieses Pädagogik-Gedöns. Muss man, wenn man Fachdidaktik an der Uni gibt, sich eigentlich nur mit der pädagogischen Vermittlung beschäftigen oder kann man beides machen: Inhalt und Pädagogik ? Wenn ich recht verstehe, gibt es wohl einen Unterschied zwischen Fachleiter (das sind die, die die Referendare an Studienseminaren betreuen und UBs abnehmen) und Fachdidaktik-Lehrenden, ist das richtig ? Was ist eigentlich LfbA (bin ganz doof) ? Und was macht man eigentlich als "Akademischer Rat" ? Ich habe noch nichts publiziert, habe aber einen hochberühmten Doktorvater an Land gezogen (wie gesagt, bereits emeritiert, aber sein Name ist Gold). Dass Leute mit Ende 30 der Wissenschaft den Rücken kehren, scheint mir realistisch. Im Grunde suche ich nach einer Art "Seiteneinstieg" an die Uni ...:)

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • Fachlich kannst du gut höher qualifiziert sein als die Kollegen, die auf Staatsexamen/Master of Education studiert haben. Durch den Seiteneinstieg und die Arbeit als Lehrer wirst du auch die praxisrelevanten Anteile der Fachdidaktiken und von Pädagogik/Psychologie kennen. Ich könnte mir da gut einige Stunden als LfbA vorstellen, allerdings eben im Bereich der Fachdidaktik. Für dich würde das wohl finanziell auf +/- null hinauslaufen, aber eben etwas Abwechslung ins Berufsleben bringen.


    Für eine wissenschaftliche Karriere sind ja dauerhaft nur Professuren und Stellen als Akademischer Rat interessant. Nur, dazu solltest du neben der Promotion bereits so Einiges an Veröffentlichungen, Tagungsbeiträgen, universitäre Lehrerfahrung etc. mitbringen und noch nicht 40 sein. Das ist jedenfalls das, was ich in meinem Umfeld so miterlebe (da ist es eher so, dass die Leute mit Mitte/Ende 30 der Wissenschaft den Rücken kehren).



    Die zwiete Option, die du nennst, macht mich ja richtig glücklich. Also könnte man doch als wiss. Mitarbeiter an der Uni einsteigen oder gar als Privatdozent ? Bei gleichem Gehalt wie als fest angestellter Lehrer ? Sind diese Mitarbeiterstellen immer befristet oder auch unbefristet ? Fragen über Fragen .... Wie funktioniert denn genau so eine Abordnung ? Könnte das auch klappen, wenn mein Dissertationsthema einen Bereich abdeckt, den die Uni dringend braucht ? Und der aber nix mit Fachdidaktik zu tun hat ? Diese olle Fachdidaktik ist so einschränkend, als ob man als Lehrer nur so was könnte ... Danke für die gute Antwort ! LG !

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • Als wissenschaftlicher Angestellter oder als Privatdozent das gleiche Gehalt wie ein verbeamteter Lehrer? Sorry, aber träum weiter. Der akademische Mittelbau an den Unis fehlt völlig, das sind alles nur Verträge nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz, ergo Angestellter. Bis auf ein paar Akademische Räte o.ä. die da rumlaufen sind die alle mit E11-E13 besoldet und befristet.


    Das ist doch seit Jahrzehnten schon der Kritikpunkt, dass es im Wissenschaftsbereich nur quasi die Profs als feste Stellen gibt und sonst nichts. Und auf eine Junior-Professor als externer Bewerber? Das wird auch nichts, da fehlt der Stallgeruch. Das ist vergebene Liebesmüh.

  • meiner erfahrung nach völlig unrealistisch. ohne stallgeruch, wie bereits angemerkt, keine chance auf eine der ratsstellen, und auf eine professur schon zehn mal nicht.

  • Zitat von 'C.B


    Die zwiete Option, die du nennst, macht mich ja richtig glücklich. Also könnte man doch als wiss. Mitarbeiter an der Uni einsteigen oder gar als Privatdozent ? Bei gleichem Gehalt wie als fest angestellter Lehrer ? Sind diese Mitarbeiterstellen immer befristet oder auch unbefristet ? Fragen über Fragen .... Wie funktioniert denn genau so eine Abordnung ? Könnte das auch klappen, wenn mein Dissertationsthema einen Bereich abdeckt, den die Uni dringend braucht ? Und der aber nix mit Fachdidaktik zu tun hat ? Diese olle Fachdidaktik ist so einschränkend, als ob man als Lehrer nur so was könnte ...


    Zitat von 'C.B


    Im Grunde suche ich nach einer Art "Seiteneinstieg" an die Uni ...


    Ich glaube, Mikael hatte die zweite Option eher der Vollständigkeit erwähnt. Da ist selten mehr drin als ein Drei-Jahres-Vertrag mit 50 % TV-L 13. Außerdem gehen solche Stellen in der Regel an gute Absolventen, die dann Ende 20 sind und erst promovieren. Postdoc-Stellen gibt es auch, selten, in manchen Bereichen auch gar nicht, die sind auch befristet. Und auch solche Stellen werden in der Regel mit Leuten besetzt, die sich noch weiter qualifizieren wollen. Ich denke, dass du mit deinem Werdegang (den wir ja so genau nicht kennen) keine Chancen hast. Ich finde das auch richtig so: Stellen im Wissenschaftlichen Mittelbau sind rar und sollten dann an die Leute gehen, die das auch wirklich konsequent verfolgen und bei denen aufgrund ihres Alters auch noch eine wissenschaftliche Karriere mit Habililation und vielleicht sogar Professur möglich ist.


    Du bist jetzt Lehrer. Mach' die Dissertation neben der Arbeit fertig, oder nach der Pensionierung. Ist bei angestellten Lehrern eigentlich auch ein Sabbatjahr möglich? Das könnte doch was sein. Aber darauf zu hoffen, an der Uni dein Geld verdienen zu können, ist völlig unrealistisch. LfbA kannst du googlen. Manchmal sind das Lehrer, die an einigen Stunden in der Woche Lehramtsstudenten in einer Fachdidaktik unterrichten.

  • Wenn es eine ähnlich sichere Stelle wie die eines Studienrats im akademischen Mittelbau gäbe, wäre ich von heute auf morgen aus dem Schuldienst weg. Natürlich würde ich mich viel lieber mit fachwissenschaftlichen Themen, und das bei sicherer Stelle, als mit den doch relativ überschaubaren Themen der Schule und oftmals anstrengenden Kindern beschäftigen. Das geht doch vielen so. Hat nicht jeder von uns mal geträumt Studenten in tiefgehenden Themen statt gelangweilte Schüler in absoluten basics zu unterrichten? Etwas in der Forschung zu bewegen? Auch für sein fachlichen Leistungen angesehen, anstatt von anderen Akademikern milde belächelt, zu werden? Genau das wird es aber leider bleiben, ein Traum. Die Rahmenbedingungen was die Sicherheit angeht sind im akademischen Mittelbau grauenvoll. Müssen sie auch sein, sonst würde es ja noch weniger Lehrer geben, erst recht in MINT. :D
    Der Staat muss den Lehramtskandidaten schon etwas bieten, damit sie eben nicht an der Uni bleiben. Das besteht einerseits aus dem Anreiz Beamter zu werden und andererseits an der fehlenden Möglichkeit an der Uni eine solide Stelle zu bekommen.
    Die wenigen festen Stellen, die es an der Uni gibt, sind nicht planbar erreichbar. Das System würde sonst auch nicht funktionieren.


    Meine Empfehlung: Lass es sein, verwirkliche Dich in Deiner Freizeit und nicht in Deinem Beruf.

  • Also könnte man doch als wiss. Mitarbeiter an der Uni einsteigen oder gar als Privatdozent ? Bei gleichem Gehalt wie als fest angestellter Lehrer ? Sind diese Mitarbeiterstellen immer befristet oder auch unbefristet ? Fragen über Fragen ....


    Sorry, aber wenn du all diese Dinge nicht weißt, vergiss es einfach mit einer wissenschaftlichen Karriere. Der Zug ist für dich abgefahren - dafür braucht man neben extrem viel Glück nämlich auch kluge Strategie, Planung, Protektion und Netzwerke; ein Emeritus ist eine "lame duck", egal wie der Status mal war. Du kannst davon ausgehen, dass für jede potenzielle Stelle schon Bewerber mit deutlich besseren Eingangsbedingungen als du Schlange stehen.


    Zitat

    Könnte das auch klappen, wenn mein Dissertationsthema einen Bereich abdeckt, den die Uni dringend braucht ?


    Hahaha. :D

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Nimm es mir nicht übel, aber man merkt an Deinen Beiträgen vor allem, dass Du über den akademischen Betrieb wenig weißt. Das ist eine schlechte Voraussetzung dafür, hier einen Quereinstieg zu versuchen.


    Um nur mit dem Offensichtlichsten anzufangen: "Privatdozent" ist keine Bezeichnung für einen Stellentyp oder ein Amt. "Privatdozent" ist, wer habilitiert ist, aber keine Professur hat. Für Dich würde das bedeuten, dass Du Deine Promotion zu Ende schreiben müsstest UND das Verfahren erfolgreich überstehen müsstest, dann eine zweite Arbeit etwa im Umfang der Promotion schreiben müsstest UND ein zweites Verfahren - das noch komplexer und schwieriger ist - erfolgreich überstehen müsstest. Und dass Du dann damit als "Privatdozent" einen Verdienst von grundsätzlich exakt 0 Euro hättest.


    Um Juniorprofessor zu werden, müsstest Du promoviert sein und bereits hinreichend publiziert haben, Lehrerfahrung haben etc. Dasselbe gilt nicht formal, aber faktisch auch für Ratsstellen. Ausnahmen wären hier nur vorstellbar, wenn Du an einem Institut gut bekannt wärst und prominente Supporter hättest - und selbst dann würde es ohne Promotion extrem schwierig.


    Blieben noch Mitarbeiterstellen - die sind aber (wie schon gesagt wurde) nahezu immer befristet und dass man dafür einen Schulposten aufgeben sollte, scheint mir sehr zweifelhaft.


    Grundsätzlich gilt, dass die deutsche Universität ein "up or out"-System hat. Das heißt: Man steigt auf - oder man geht. Wenn man klug ist. Dass gerade in den Geisteswissenschaften viele Menschen zu lange auf irgendwelchen befristeten Stellen kleben bleiben, ist ein spezielles Problem, stellt das grundlegende Prinzip aber nicht in Frage. Ein solches System ist aber ein recht ungünstiger Raum für Quereinstiege. Dennoch sind unter bestimmten Umständen Quereinstiege möglich. Und zwar unter den Folgenden:


    1. In einem bestimmten akademischen Bereich/für einen bestimmten Stellentyp gibt es einen extremen Mangel an qualifizierten Bewerbern. Das kommt ab und zu vor, ist in "Philosophie" aber eher unwahrscheinlich. Wenn es hier denkbar ist, dann am ehesten tatsächlich im Bereich der PhilosophieDIDAKTIK, den Du aber ja eigentlich nicht bespielen willst.
    2. Du erfüllst die Qualifikationsanforderungen, die andere Personen nicht erfüllen. Dies bedeutet aber faktisch: Du hast mindestens eine erfolgreiche Promotion vorzuweisen. Das ist bei Dir aber ja (noch) nicht der Fall. Weitere Publikationen wären auch nicht schlecht. Selbst wenn Du in die Didaktik wolltest, würde der Weg dahin immer nur über die Promotion führen, sofern Du nicht mit einer befristeten Stelle vorlieb nehmen willst oder tatsächlich das Glück hast, eine (meist befristete) Abordnungsstelle zu erhalten (wurde schon erwähnt, siehe oben).


    Um es kurz zu sagen: Du träumst den Traum vom akademischen Leben, den Tausende träumen. Mehr als Absichtserklärungen und den Namen eines Emeritus hast Du aber noch nicht als Qualifikation anzubieten. Am realistischsten ist deshalb:
    - Wissenschaft als Hobby.
    - Vielleicht einmal ein paar nebenberufliche Lehraufträge.


    Ansonsten gilt aber natürlich, dass alle Universitätsstellen ausgeschrieben werden und Du Dich bewerben kannst wie jeder andere auch. Meine Erfahrung ist, dass trotz aller Mauscheleien und Seilschaften durchaus immer wieder versucht wird, hoch qualifizierte Leute zu gewinnen. Und bei weitem nicht alle ausgeschriebenen Stellen sind schon unter der Hand vergeben. Ob Du allerdings objektiv für die Universität interessant bist, musst Du selbst einschätzen können.

  • Wenn es eine ähnlich sichere Stelle wie die eines Studienrats im akademischen Mittelbau gäbe, wäre ich von heute auf morgen aus dem Schuldienst weg. Natürlich würde ich mich viel lieber mit fachwissenschaftlichen Themen, und das bei sicherer Stelle, als mit den doch relativ überschaubaren Themen der Schule und oftmals anstrengenden Kindern beschäftigen. Das geht doch vielen so. Hat nicht jeder von uns mal geträumt Studenten in tiefgehenden Themen statt gelangweilte Schüler in absoluten basics zu unterrichten? Etwas in der Forschung zu bewegen? Auch für sein fachlichen Leistungen angesehen, anstatt von anderen Akademikern milde belächelt, zu werden?

    das ist lustig. bei mir ist es genau andersrum. ich beschäftige mich mittlerweile sehr viel lieber mit den anstrengenden kindern und der vermittlung von - zugegeben - fachwissenschaftlich anspruchslosen themen an der schule, als mit gelangweilten studierenden in der bologna-mühle, drittmittelprosa und endlosen selbstvermarktungsveranstaltungen (auch bekannt als 'tagung', 'vorsingen' und dergleichen mehr). forschung ist toll, uni ist toll, aber schule ist tausendmal toller, wenigstens für mich. der unbefristete vertrag hat sicherlich auch was damit zu tun, keine frage.

  • - Vielleicht einmal ein paar nebenberufliche Lehraufträge.


    Ich hatte auch schon daran gedacht, in meinem Beitrag in diese Richtung zu schreiben. Ich hab es dann allerdings unterlassen, da die Praxis der Vergabe von Lehraufträgen - zumindest meiner Erfahrung nach - arbeitsmarktpolitisch eine ziemliche Frechheit ist. Da werden (mehr oder weniger) qualifizierte Fachkräfte genommen, die für einen Hungerlohn und ohne weitere Arbeitsentlastung an der Schule zu bekommen einen Bedarf an Lehrveranstaltungen decken soll, für den anderweitig kein Geld locker gemacht wird. Dazu bin ich mittlerweile zu lange im öffentlichen Dienst tätig als dass ich diese Masche nicht erkennen würde und sie nervt mich mit jedem Jahr mehr.
    Im Regelfall springen eben dann Kollegen darauf an, die sich gerne im universitären Kontext mit anspruchsvolleren Fragestellungen beschäftigen wollen. Und dagengen ist ja auch absolut nichts einzuwenden, denn ich denke, dass die universitäre Lehre vor allem in der Didaktik von diesem Praxisbezug sehr profitiert. Aber dann soll man verdammt noch mal auch Geld in die Hand nehmen und entsprechende Abordnungsstellen etc. schaffen, damit diese Aufgabe auch entsprechend entlohnt wird.
    Interesse von Seiten der Lehrerschaft gibt es ja offenbar genug!

  • ...wird wohl ein wunschtraum bleiben. die gelder, die man für einen lehrauftrag erhält, sind ein mittlerer bis großer witz, wenn man sich den betreffenden arbeitsaufwand ansieht. passt ja gut zur weitgehend unentgeltlich erteilten lehre durch privatdozenten, die ihren titel nicht verlieren wollen und der allgemeinen unterfinanzierung im bildungsbereich.

  • zumindest in den humanities ist es in den usa mittlerweile keinen deut mehr besser als in deutschland. großbritannien dito, italien auch.

  • Zitat

    Komischerweise klappt in vielen Ländern da universitäre System auch gut, ohne Tausende von Akademikern im Prekariat zu halten.


    Wo?


    Das akademische "Prekariat" existiert nicht primär aufgrund der Hochschulstrukturen, sondern weil ein außeruniversitärer Markt für bestimmte Qualifikationen fehlt. Am eklatantesten in den Geisteswissenschaften.


    Zurzeit gibt es ja wieder einmal versuche, die Existenz dieses "Prekariats" zu bekämpfen. Wie oft werden sie wesentlich durch die SPD betrieben, die in Länderverantwortung allerdings primär für die Unterfinanzierung der Hochschulen zuständig ist. Diese "Reform-"Versuche werden die üblich desaströsen Folgen haben, weil sie das Grundproblem nicht lösen können, das eben in der mangelnden Vermittelbarkeit hochqualifizierten Personals in eine Außenwelt besteht.

  • An jede Schule (auch Grundschule) und an jede Kita eine hauptamtliche Genderbeauftragte und einen hauptamtlichen Kulturbeauftragten. Natürlich amtsangemessen besoldet (A15) und mit eigenem Büro. Natürlich kostenneutral von den einzelnen Schulen / Kitas selbst per Stellenumschichtung zu finanzieren. Das wäre ein erster Schritt gegen das "akademische Prekariat".


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

Werbung