Skandal in Hamburg

  • Das Thema ist jetzt vollkommen Off-Topic, hat mir aber zu denken gegeben:


    http://www.zeit.de/hamburg/sta…estmarsch/komplettansicht



    Hamburg ist ein reiche Stadt. Der aktuelle Haushaltsüberschuss beträgt laut Medienberichten 400 Millionen Euro.


    Hamburg leistet sich für seine Orchester ein neues Konzertgebäude für fast 800 Millionen Euro. Dieses wird zudem tendenziell eher von den einkommensstärkeren 50% der Bevölkerung in Anspruch genommen.



    Gleichzeitig weigert sich die Stadt - anders als früher - den obdachlosen Bürgern einen Schlafplatz für die Nacht bereit zu stellen.
    Wohlgemerkt liegen die Kosten dieser Schlafplätze deutlich unter denen von Hartz4 (= Recht auf Wohnung + Krankenversicherung + 400 Euro/Monat). Und die meisten der Obdachlosen hätten definitiv Anspruch auf Hartz4.


    Nun sind die meisten Obdachlose sicher keine seligen Sympathieträger - das trifft aber sicher auch auf viele in den oberen 10.000 zu. Und das ist ebensowenig eine Rechtfertigung der Stadtregierung, ihnen Schlafplätze für die Nacht zu verweigern. Da Obdachlose aber sozial isoliert sind, sich selbst aufgegeben haben und nicht mit dem Anwalt drohen, scheint man deren Armut (und sie sind nun einmal die ärmsten Mitmenschen) seitens der Staatmänner und -frauen ignorieren zu können - die wählen ja mangels Postzuschrift nicht einmal.

    Ich hätte gedacht, dass tausende Mitbürger für die es keinen Platz in Notunterkünften für die Nacht gibt, die höchste politische Priorität haben sollten
    - finanziell und bzgl. Taten seitens des Staates. Ein neues Konzerthaus (die alten sind noch immer gut bespielbar!) und selbst der Hamburger Schulstreit nehmen sich als Anliegen doch bescheiden dazu aus, respektive sind fast ein Affront angesichts dieser Not vor der eigenen Haustür.



    P.S.


    Ich schreibe hier nur über Hamburg, da ich es gerade las. In Berlin und andern Orten ist es vorr. nicht viel besser. Und noch ein toller Vergleich: bei Monatskosten für einen Nachtschlafplatz in einer Notunterkunft von 220 Euro könnte Hamburg für die Kosten der Elbphilharmonie die bis zu 3000 Obdachlosen 101 Jahre lang unterbringen - also die schlimmste Armut ein Jahrhundert im voraus beenden. Der aktuelle Haushaltsüberschuß würde noch immer für 50 Jahre reichen.

  • ... und bevor jetzt jemand kommt und einen Zahlenstreit anfängt ("Es sind ja nur 2000, 1500, 1000, 500... echte Obdachlose"):


    wenn es "nur" 500 Obdachlose sind, könnte man für Kosten der Elbphilharmonie Notunterkünfte sogar über 600 Jahre in die Zukunft finanzieren. Das macht es sogar noch perverser, dass man das Geld dafür nicht bereit stellt.

  • Ich denke ähnliches alle 4 Jahre wieder bei den Fußballweltmeisterschaften ... da geht es um um die 10 Milliarden, und nein, die kommen nicht wieder rein. Nicht annähernd. Und vor allem nicht bei den Armen an.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Menschen, deren wichtigste Frage die ist, ob der HSV in die 2. Liga absteigt oder welche Tempel welchen irrationalen Aberglaubens jetzt in der Mehrheit sind, tragen natürlich zum angesprochenen Problem bei.

  • Als Nachtrag:



    es wurden nun für den Winter zum Glück ausreichend Nachtschlafplätze geschaffen. Allerdings bin ich doch erstaunt darüber, dass es nicht möglich sein soll, dass die Obdachlosen diese bei Minusgraden auch tagsüber nutzen können:


    http://www.hinzundkunzt.de/win…ogramm-tagsueber-oeffnen/


    und die Rot-Grüne (ausgerechnet!) Landesregierung kommt in der Morgenpost gerade mit diversen Ausflüchten daher, warum man die Obdachlosen auch in der aktuellen Eiseskälte tagsüber und am Wochenende auf die Straße setzten muss.


    Also nochmals: ja, Obdachlose sind keine Sympathieträger - das sind die Oberen 10.000 aber auch nicht und diese haben über diverse Steuerreformen in den letzten 15 Jahren einiges Geschenkt bekommen (Abgeltungssteuer (und trotzdem noch Steuerhinterziehung bei Kapitaleinkünften), keine Vermögenssteuer, reformierte Erbschaftssteuer, gesenkter Spitzensteuersatz). Und es geht hier um physiologische Grundbedürfnisse (Vermeidung des Erfrieren von Körperteilen).


    Zudem reden wir hier lediglich von eng gepackten Notunterkünften und das in einer reichen Stadt und bei Minusgraden auch tagsüber - da soll es prinzipiell nicht möglich sein ein warmes Dach über dem Kopf anzubieten? Aber 800 Millionen für ein Opernhaus sind machbar, bei bereits bestehenden 2 großen Oper/Konzerthäusern die baulich noch gut in Schuß sind? Zumal ein Teil der Obdachlosen statistisch gesehen früher sogar gearbeitet und Steuern/Sozialabgabgen gezahlt hat, die er nicht in Opernhäuser investiert haben möchte.



    Es gibt einen in diversen Ausformulierungen getätigten Ausspruch, sinngemäß: "Der Wert einer Gesellschaft bemisst sich darin, wie diese mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht."


    Gemesse daran kann Hamburg sich noch verbessern.



    Falls jemand in Hamburg lebt, bitte ich um die Überlegung, eventuell die entsprechende Petition zu unterzeichnen:


    https://www.change.org/p/sozia…tags%C3%BCber-%C3%B6ffnen

  • ich fasse es nicht:



    Hamburg; eine Stadt, die es nicht geschafft hatte, ausreichend Notunterkünfte für seine Obdachlosen bereit zu stellen, hatte gleichzeitig 200.000-300.000 Euro dafür ausgegeben, um unter einer Brücke im Hafen das Schlafen für Obdachlose unmöglich zu machen (Begründung der Beamten der Stadt: verhindern des Schlafens in öffentlichen Grünflächen - als solche gelten offenbar die Brücken).


    Es wurde nicht genügend Geld für Notunterkünfte bereit gestellt - aber absurde Summen zum Absperren einer geschützen Schlafstelle unter der Brücke stehen zur Verfügung. Was machen die Hamburger? Jagd auf Obdachlose, die bereits ganz unten angekommen sind?



    Und das ist kein Einzelfall:
    http://www.abendblatt.de/hambu…Obdachlosenzaun-fest.html


    Die Hamburger Bürger gehen weiter gegen Obdachlose vor (aus einer gevvissen Erregung raus pauschalisiere ich an dieser Stelle absichtlich). Es wäre schöner, falls sie stattdessen gegen Obdachlosigkeit vorgehen würden - das ist nicht das Selbe.

  • Der bei Extra3 satirisch kommentierte Beitrag ist ein alter Hut, und zwar richtig alt. Das ist schon Jahre her, der Zaun längst wieder abgebaut, und das aufgrund von Protesten gerade aus der Bevölkerung (also nix mit Hamburger Bürger...). Den anderen Fall kann ich nicht lesen, da eine Bezahlschranke mir den Zutritt verwehrt (und ich keine Springer-Presse käuflich erwerbe).


    Pauschalisieren ist übrigens immer schlecht, egal ob aus einer gewissen Erregung heraus oder bewusst.

  • Ja, alt - aber er war mir entgangen. Da das Thema aber gerade wieder aktuell ist (in dem Abendblatt Beitrag geht es um eine weiteren solchen Zaun der gerade erst gebaut wurde), habe ich diesen entsprechend ergänzt. Er passt, da er in die Zeit gefallen ist, als Hamburg die Kapazität seiner Notunterkünfte trotz steigendem Bedarf herunter gefahren hat (mittlerweile hat sich der Senat im Zuge der Flüchtlingskrise mit dem Thema befasst).


    Ich habe bewusst pauschalisiert, um der Mehrheit der traditionell etwas passiveren Mitbürgern - die ja doch auch eine soziale Ader haben - einen Anschubser zu geben. Mit Erfolg hoffe ich ;-)


  • Ich habe bewusst pauschalisiert, um der Mehrheit der traditionell etwas passiveren Mitbürgern - die ja doch auch eine soziale Ader haben - einen Anschubser zu geben. Mit Erfolg hoffe ich ;-)

    :skeptisch::skeptisch:


    Du hältst uns für blöd und / oder passiv, deswegen meinst du, du müsstest uralt-Beiträge für uns pauschalisiseren...?
    Und dann klopfst du dir noch auf die Schulter "hoffentlich mit Erfolg" und guckst stolz in die Runde?


    Im Ernst jetzt??


    Was machst du denn genau für die Hamburger Obdachlosen? Nur um mal zu gucken, ob wenigstens bei dir selber "mit Erfolg" angesagt war...

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  • Mit dem falsche Fuß aufgestanden?



    Ich habe keine Ahnung was du mit "stolz in die Runde" meinst liebe Meike - es ist auch nicht meine Absicht uns nun gegenseitig Selbstgerechtigkeit vorzuwerfen (wie du es bei mir gerade tust). "Blöd" sagst du Meike (leg mir nicht diese Beleidigung in Mund); das dies ein Thema ist, das - ohne jede böse Absicht - unter dem Radar der Meisten läuft ist aber leider ein Fakt.


    Und nur weil du gefragt hast: ich habe gespendet (in Hamburg und Berlin).



    Falls es jetzt nur noch um die Stilfrage geht können wir das bitte in einem getrennten Thread diskutieren.

  • Ich bin überhaupt nicht mit dem falschen Fuß aufgestanden, ich halte den Beitrag einfach für grenzwertig. Erst pauschalisieren (für mich immer ein Zeichen, dass man das Gegenüber für etwas minderbemittelt hält), den geneigten Leser dann noch als passiv bezeichen und sich dann gleich noch den erhofften Erfolg beim Anschubsen der Passiven diagnostizieren...

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  • Ich habe doch extra geschrieben, dass ich hier als Debatierstil gezielt pauschalisiere!


    Du tust ja gerade so, als wäre mir das entgangen oder als ob ich das ganze unterschwellig benutzt habe um die Leute hinterrücks zu manipulieren.


    Und ja. Ich stehe zu der Ansicht, dass die große Mehrheit von dem Thema und den Zuständen nicht viel mitbekommen und dies bei weitem weder politisch (bei Wahlentscheidungen etc.), noch auf andere Art ausreichend gewürdigt ist. Verständlich, da man als normal denkender Mensch annimt, dass die Regierung sich da ausreichend drum kümmert. Das Gegenteil ist aber oft der Fall.

  • Ich fürchte die genaue von dir beabsichtigte Interpretation deiner Piktiogramme in Bezug auf meine mehrteilige Antwort erschließt sich mir nicht (unterschiedliche Ansichte bzgl. der Auslegung des Deabtierstils - oder des inhaltlichen Statements?).

  • Ja, alt - aber er war mir entgangen. Da das Thema aber gerade wieder aktuell ist (in dem Abendblatt Beitrag geht es um eine weiteren solchen Zaun der gerade erst gebaut wurde), habe ich diesen entsprechend ergänzt. Er passt, da er in die Zeit gefallen ist, als Hamburg die Kapazität seiner Notunterkünfte trotz steigendem Bedarf herunter gefahren hat [...].

    Hast du denn auch die Begründung des Bezirksamtes zur Kenntnis genommen, warum der Zaun unter der Brücke an dem Kanal gebaut wurde? Das Ufer ist unter der Brücke abschüssig, es sind schon Obdachlose, die sich dort im Suff zum Schlafen hingelegt haben, ins Wasser gerollt. Der Zaun wurde gebaut, damit nicht am Ende noch jemand ertrinkt.


    Soweit die Erklärung des Bezirksamtes. Klingt nicht ganz unplausibel, oder?

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