Spicken in der Prüfung

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    ich möchte euch gerne mal folgenden Fall, der sich gerade bei uns in einer Prüfung zugetragen hat, zur Diskussion zum Fraß vorwerfen:


    Schülerin S wird zu Beginn einer Abschlussprüfung mit einem Spicker erwischt. Es handelt sich hierbei um handschriftliche Notizen in einem Gesetzestext, der ihr gehört und der bei der Prüfung erlaubt ist - natürlich nur in jungfräulichem Zustand.
    Fachlehrer F nimmt Schülerin S den Text weg. S darf die Prüfung ohne eigenen Gesetzestext zu Ende schreiben.
    Nach Beratung des Prüfungsausschusses (Fachlehrer + SL) bekommt die Schülerin am nächsten Tag mitgeteilt, dass sie wegen Täuschungsversuchs die Prüfung wiederholen muss.
    S fühlt sich zu hart bestraft. Sie hätte die Notizen in ihrem Gesetzestext nicht selbst geschrieben.
    F findet, er hat richtig gehandelt, weil es sich um einen Täuschungsversuch handelt und dies zum Wiederholen der Prüfung führen kann.
    SL unterstützt F.
    Der Vertrauenslehrer, der zu Rate gezogen wurde, findet die Vorgehensweise von F/SL zu hart. Er plädiert für einen Teilabzug bei der Bewertung der Abschlussarbeit.
    Die Klassenlehrerin (das bin ich) schließt sich der Meinung des Vertrauenslehrers an. Ich muss aber gestehen, dass ich manchmal ein wenig weichherzig bin.


    Darum die Fragen an euch: Was ist eurer Meinung nach die korrekte Vorgehensweise?

  • Paedagogisch: Ich wäre bei dir und finde dich nicht zu weichherzig, ABER ich kann die Kommission verstehen und hätte mit ihrer Entscheidung kein prinzipielles Problem. Sprich: Auch wenn ich selbst vermutlich großzügiger wäre, würde ich die Entscheidung mittragen, wenn sie einmal gefallen ist.


    Wichtige Punkte für mich:
    1. Die Schülerin hat durch den Taeuschungsversuch wohl keinen Vorteil, sondern einen Nachteil gehabt.
    2. Aber man muss auch sehen, dass es um einen Abschluss geht. Und die Ausrede ist echt schwach.


    Ich finde übrigens, wenn man hart reagieren will, hätte man die Schülerin gleich ausschließen sollen.


    Rechtlich: Keine Ahnung, wie die Lage aussieht.

  • Bei uns in RLP entscheidet normalerweise ausschließlich die Prüfungskommission , deswegen bin ich etwas verblüfft, dass Du als Klassenlehrer überhaupt gefragt wurdest bzw. der Vertrauenslehrer hinzugezogen wurde.
    Eine solche Entscheidung wird oftmals erst nach der Prüfung getroffen und nicht währenddessen. Der Prüfling wird nicht angehört.


    Darf ich fragen, um was für einen Abschluss bzw. welche Abschlussprüfung es sich handelt?

    I wonder which mistake I'm going to try to learn from today.

  • Der Vertrauenslehrer war bei der Prüfung zufällig vor Ort. Ich wiederum kam als Klassenlehrerin nur ins Spiel, weil die Schülerin mir ihr Herz ausgeschüttet hat.
    Es handelt sich um die Abschlussprüfung eines Moduls einer unserer Fachschulen.

  • Warum heißt die Prüfungskommission wohl "Prüfungskommission"? Weil sie in Prüfungsangelegenheiten entscheidet und sonst niemand. Wäre ich in dieser Prüfungskommission, würde ich mir die Einmischung von Vertrauens- und Klassenlehrer verbitten.


    Die Schülerin soll froh sein, dass die Prüfung wegen Täuschungsversuch nicht als "nicht bestanden" gewertet wurde.


    Immer diese alles relativierende "War ja alles nicht so gemeint"-Kuschelpädagogik...


    Gruß !

  • Ich sehe die Sache genau wie Mikael. Es gibt diese Prüfungsausschüsse bei uns aus gutem Grund und Du hast Dich als Klassenlehrer nicht einzumischen. Natürlich läuft die Schülerin zuerst zu Dir und hofft auf Dich bzw. den Vertrauenslehrer.
    Die korrekte Vorgehensweise in dem Falle ist, ihr zu erklären, dass Du keine Handhabe hast und auch kein gutes Wort einlegen wirst (was ich mir als Mitglied des Ausschusses auch verbitten würde). Lass den Ausschuss machen, denn dafür ist er da.

    I wonder which mistake I'm going to try to learn from today.


  • bekommt die Schülerin am nächsten Tag mitgeteilt, dass sie wegen Täuschungsversuchs die Prüfung wiederholen muss.

    Wieso darf die denn die Prüfung wiederholen? Täuschungsversuch ist nicht bestanden.

  • Wieso darf die denn die Prüfung wiederholen? Täuschungsversuch ist nicht bestanden.

    Sehe ich auch so. Ansonsten sollte man seinen zukünftigen Prüflingen raten, sich einen Spicker in die Tasche zu stecken und ihn rauszuholen, wenn die Arbeit einem zu schwer erscheint - schließlich kann man nach diesem Täuschungsversuch ja dann noch einmal antreten, sich noch mehr vorbereiten und sein Glück erneut versuchen ...
    Seltsame Vorgehensweise.

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