Einmischen in Angelegenheiten, die außerhalb passieren

  • Hey alle zusammen und v.a. KollegInnen aus "Brennpunktschulen",


    ich würde gerne mal wissen, wie ihr es handhabt, wenn Vorfälle auf dem Schulweg passieren. Ladendiebstähle, Bedrohungen von Kindern anderer Klassen, Rauchen, Anpöbeln von Passanten etc.


    Klar, offiziell müssten wir uns nicht einmischen aber Pappenheimer, bei denen sonst nichts weiter passiert (Anzeigen verlaufen im Sande/ "das geht Sie nix an, meine Mudda weiß, dass ich...!") würde ich doch gerne maßregeln, schon deswegen, weils die Klassenzimmer- und Schulhausatmosphäre nachhaltig vergiftet und die Schule nicht gerade in bestem Licht dasteht-> z.B. Folgen für spätere Bewerbung.


    Hat jemand Ideen für pädagogische Wiedergutmachungen/ Entschuldigungen/ Konsequenzen o.ä., die nicht zu schulischen Ordnungsmaßnahmen zählen dürfen aber trotzdem die Haltung der Schule widerspiegeln?

  • Wenn ich sie außerhalb erwische, gibt es trotzdem Ärger. Das kann vom Anschiss (ggf. mit freundlicher Kopfnuss) über den Anruf bei den Eltern bis zum Einschalten der Polizei gehen. Andererseits bin ich aber auch außerhalb der Schule immer bereit, meinen Schülern zu helfen, wenn es nötig ist (habe zum Beispiel letztens mal zwei betrunkene Schüler der Höheren Handelsschule nachts getroffen und bis zur Haustür begleitet ;) )

  • "freundliche Kopfnuss"?? Da würde ich ich als Schüler oder Eltern aber bedanken ....

    Bei uns geht es eben etwas robuster zu, ich unterrichte ja nicht nur im Brennpunkt, ich lebe hier auch. Und die Eltern bedanken sich da in der Regel wirklich, dann kümmert sich nämlich mal jemand um ihre Kinder.


    PS: Eben gerade hat sich ein Schüler im Sekretariat einen kleinen Spaß mit mir erlaubt, der hat dann auf der Flucht einen kleinen freundlichen Tritt ins Gesäß bekommen ;)

  • Bei uns gehört das Verhalten auf dem Schulweg ausdrücklich zum Verhalten an der Schule und kann entsprechend sanktioniert werden.

  • Bei uns gehört das Verhalten auf dem Schulweg ausdrücklich zum Verhalten an der Schule und kann entsprechend sanktioniert werden.

    Ausdrücklich im Sinne von: im Schulgesetz verankert?

  • BayEuG: Art 86


    (8) Außerschulisches Verhalten darf Anlass einer Ordnungsmaßnahme nur sein, soweit es die Verwirklichung der Aufgabe der Schule gefährdet.


    Da nun die Schule auch einen Erziehungsauftrag hat ... klar, dass das dann häufig Auslegungssache ist und evtl. zu (juristischen) Auseinandersetzungen führen kann - aber es gab schon Schulstrafen für Verhalten in der Freizeit ("Internetmobbing" findet ja meist in der Freizeit vom heimischen Rechner aus statt).

  • Schulstrafen für Verhalten in der Freizeit ("Internetmobbing" findet ja meist in der Freizeit vom heimischen Rechner aus statt).

    Das ist, meiner Meinung nach, nicht mehr durch das SchulG gedeckt (und das ist auch richtig so imho). Wenn das Mobbing natürlich in irgendeiner Art und Weise die Schule tangiert (Videos, Bilder aus dem Klassenraum usw) ist das was anderes.

  • Das Mobben eines Mitschülers in der Freizeit tangiert auch so gut wie immer die Schule - wie soll ich dem Opfer noch zumuten, mit dem Täter in der gleichen Klasse zu sein? Und ja, ich meinte oben durchaus das Mobben eines Mitschülers, nicht irgend einer x-beliebigen Person, da war ich evtl. nicht deutlich genug, aber ich möchte diese Fälle auch nicht zu detailliert im Internet ausbreiten.

  • Das Mobben eines Mitschülers in der Freizeit tangiert auch so gut wie immer die Schule - wie soll ich dem Opfer noch zumuten, mit dem Täter in der gleichen Klasse zu sein?

    Natürlich tangiert das indirekt die Schule. Die Voraussetzungen für eine Ordnungsmaßnahme liegen hier aber nicht vor (zumindest für NRW, denke für Bayern gilt das ähnlich). Die sind bei außerschulischen Sachen nur dann gegeben, wenn das "unmittelbar störende" Auswirkungen hat. Dem Opfer ist es vielleicht nicht zuzumuten, aber sofern es keine störenden (Unwohlsein =/ störend) Auswirkungen hat, ist es kein Grund für eine Ordnungsmaßnahme.


    Nach deiner Logik müsste ja jede kleine Streiterei abseits der Schule potentiell Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können, sofern nur irgendwie ansatzweise zwei Leute der Schule beteiligt sind. Und dafür ist Schule nicht zuständig und auch nicht befugt.

  • Natürlich tangiert das indirekt die Schule. Die Voraussetzungen für eine Ordnungsmaßnahme liegen hier aber nicht vor (zumindest für NRW, denke für Bayern gilt das ähnlich). Die sind bei außerschulischen Sachen nur dann gegeben, wenn das "unmittelbar störende" Auswirkungen hat. Dem Opfer ist es vielleicht nicht zuzumuten, aber sofern es keine störenden (Unwohlsein =/ störend) Auswirkungen hat, ist es kein Grund für eine Ordnungsmaßnahme.
    Nach deiner Logik müsste ja jede kleine Streiterei abseits der Schule potentiell Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können, sofern nur irgendwie ansatzweise zwei Leute der Schule beteiligt sind. Und dafür ist Schule nicht zuständig und auch nicht befugt.


    "Das Verwaltungsgericht Köln gab jedoch der Schulleitung Recht. „Wer seine Mitschüler über ein soziales Netzwerk oder andere Foren mit beleidigenden Äußerungen schikaniert, muss im schulischen Bereich mit Konsequenzen rechnen, beispielsweise mit der Versetzung in eine Parallelklasse“, urteilte das Gericht. Ein weiterer Verbleib in einer Klasse sei den Opfern nicht zuzumuten. Die gewählte Strafe sei angemessen und eher mild."


    http://www.news4teachers.de/20…rklasse-verwiesen-werden/

  • MarlboroMan: Ich habe den Gesetzestext für Bayern zitiert. Ich habe exemplarisch einen Fall genannt, bei dem Schulstrafen für Mobbing von Mitschülern außerhalb der Schule ausgesprochen wurden. Ich könnte noch andere Beispiele nennen. Da wir eine MB Dienststelle direkt im Haus haben, gehe ich davon aus, dass das schulrechtlich durchaus möglich ist. Wenn das in NRW nicht geht, ok ... in Bayern geht es anscheinend und das ist meiner Meinung nach auch gut so.


    Bayern: ... das Verhalten gefährdet die Verwirklichung der Aufgaben der Schule (und das finde ich nun durchaus auslegbar)
    NRW: ... wenn das Verhalten "unmittelbar störende Auswirkungen auf den Schulbetrieb hat und in einem unmittelbaren Bezug zum Schulbesuch steht, wie Angriffe auf Lehrer oder Mitschüler aus einem schulischen Anlass oder in schulischem Zusammenhang, Gewalttätigkeiten gegen Mitschüler auf dem Schulweg, Dealer-Tätigkeit oder Aufrufe zum Unterrichtsboykott. Ein direkter Zusammenhang zum Schulverhältnis besteht insbesondere, wenn das Fehlverhalten unmittelbar in den schulischen Bereich hineinwirkt. Dies ist der Fall, wenn das Zusammenleben der am Schulleben Beteiligten durch das Fehlverhalten gestört oder gefährdet worden ist und wenn die Ordnungsmaßnahme daher geeignet und erforderlich ist, u.a. auf einen gewaltfreien Umgang der Schüler miteinander hinzuwirken, dem Schutz der am Schulleben beteiligten Schüler zu dienen und damit eine geordnete Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu gewährleisten. "


    Ganz ehrlich, obwohl NRW im ersten Teil klare Beispiele nennt (und Mobben in der Freizeit da nicht auftaucht), wäre der zweite (von mir hervorgehobene Teil) für mich durchaus eine Grundlage für eine Ordnungsmaßname bei Mobbing in der Freizeit (Zusammenleben gestört oder gefährdet usw.). So ausgeschlossen wie für Dich ist das für mich nicht.


  • "Das Verwaltungsgericht Köln gab jedoch der Schulleitung Recht. „Wer seine Mitschüler über ein soziales Netzwerk oder andere Foren mit beleidigenden Äußerungen schikaniert, muss im schulischen Bereich mit Konsequenzen rechnen, beispielsweise mit der Versetzung in eine Parallelklasse“, urteilte das Gericht. Ein weiterer Verbleib in einer Klasse sei den Opfern nicht zuzumuten. Die gewählte Strafe sei angemessen und eher mild."


    http://www.news4teachers.de/20…rklasse-verwiesen-werden/

    Widerlich, wenn Eltern dann auch noch Klage einreichen!



    Jedenfalls egal ob irgendwo festgelegt oder nicht, die Begründung, dass das Mobbing in die Schule reinreicht greift demnach und das können wir immer begründen.


    Bleibt Diebstahl in Läden auf dem Schulweg. Habt ihr dazu auch eine Meinung?
    :danke:

  • Gut, wieder was gelernt. Halte ich persönlich zwar für etwas fragwürdig, aber die Richter werden sich dabei auch was gedacht haben.



    Übrigens ist das kein Freifahrtschein für Mobber, selbst wenn eine Einwirkung durch die Schule nicht möglich wäre. Mobbing findet selten nur außerhalb der Schule statt. Abgesehen davon, ist auch irgendwo die Aufgabe der Schule zuende, sie ist keine Polizei, sie ist keine Staatsanwaltschaft und sie ist im Wesentlichen für Bildung zuständig.

  • Jedes Verhalten eines Schülers, das in die Schule hinein wirkt und den Erziehungsauftrag oder Mitschüler gefährdet, kann - und muss - von der Schule beachtet und zum Schutz der Kinder auch geahndet werden.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll


  • Abgesehen davon, ist auch irgendwo die Aufgabe der Schule zuende, sie ist keine Polizei, sie ist keine Staatsanwaltschaft und sie ist im Wesentlichen für Bildung zuständig.

    Wie kann man sicherstellen, dass das Opfer diese Bildung auch erhält, indem es sich beispielsweise aktiv am Unterricht beteiligt und nicht nur passiv dabei sitzt dank der Täter?

  • Diskussion heute im Lehrerzimmer:
    Vor zwei Monaten war Klasse 09 auf Klassenfahrt. Schülerin A ging zur Zeit mit Schüler B der gleichen Klasse. Mittlerweile hat B mit A Schluss gemacht. (War halts nichts mit ewiger Liebe)
    Schülerin A weint sich bei Klassenlehrerin aus und gesteht, dass es damals zum Sex während der Klassenfahrt gekommen ist.
    Große Frage: Müssen wir jetzt pädagogische Erziehungs- oder Ordnungsmassnahmen ergreifen wegen Ereignissen, die vor zwei Monaten stattfanden, im beiderseitigen Einverständnis erfolgten und auch ausserhalb der Schule mit Einverständnis der Eltern weiterhin erfolgten?? (P.S. Der Lehrerin wurde übrigens von niemanden irgendwas von "Verletzung der Aufsichtspflicht" vorgeworfen.)
    Nachdem das Mädchen noch mal ein Gespräch mit der Klassenlehrerin hatte, war klar, dass der Sex freiwillig erfolgte und dass keine Gewalt oder Zwang angewendet wurde. Und damit war für uns dann eindeutig:
    Ein bisschen das liebeskranke Mädchen trösten, aber mehr geht uns als Lehrer wirklich nichts mehr an.
    Wir sind keine Liebeskummertherapieeinrichtung und keine Heilanstalt oder Erziehungsanstalt für alle.

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