Politikdidaktik - Tipps für ein gutes Buch?

  • Hallo liebe Politik/SoWi-Lehrer/innen,


    kann mir jemand ein gutes Buch (oder auch eine gute Internetseite) über Politikdidaktik (bzw. generell die Didaktik des sozialwissenschaftlichen Unterrichts) empfehlen?
    Aus der Uni kenne ich einige fachdidaktische Prinzipien (z.B. Problemstudie oder Fallanalyse), mit denen ich mir bislang trotzdem nicht ganz erschließen kann, wie man daraus schlussendlich eine gute, runde Reihe insgesamt planen soll. Ich suche also ein Buch, in dem steht, wie man eine gesamte Unterrichtsreihe, aber auch die einzelnen Sequenzen plant, welche didaktischen Methoden (und Methödchen) es gibt usw.
    Toll wäre, wenn es speziell an Berufsanfänger gerichtet ist und daher z.B. viele anschauliche Beispiele etc. hat.


    Scho einmal herzlichen Dank im Voraus :).

  • http://www.amazon.de/Politisch…44&sr=8-2&keywords=detjen
    seeeeehr ausführlich, nicht alles notwendig (der Geschichtsteil ist sehr spannend aber nicht unerlässlich), aber durchaus eine tolle, wissenschaftlich fundierte Fundgrube.


    http://www.amazon.de/Handbuch-…fRID=0YHT82CPH38WH3DZN1TB
    kleiner, handlicher, kapitelweise gute Themen (natürlich dasselbe, was bei Detjen zu finden ist).

  • ach so, und ein kleiner Hinweis als Berufsanfängerin 18 Monate nach dem 2. Staatsexamen.


    Ein Buch, in welchem anschauliche Beispiele drin sind, kann meiner Meinung nach kein gutes Buch sein. Wenn du halb ausführliche Reihenplanungen brauchst, dann hol dir welche von den Verlagen oder so. Aber in einem wissenschaftlich fundierten und strukturierten Didaktikbuch solltest du eher die Prinzipien finden.
    Nicht mit der Methodik verwechseln! (die Methodik steht auch sowohl bei Detjen als auch bei Sander)

  • Hallo,


    ich bin selber SoWi-Lehrer und der "Almanach" (insb. im Ref) ist in der Tat dieses Buch http://www.amazon.de/Fachdidak…F8&qid=1436333453&sr=8-1&



    Die Problemstudie ist in der Tat schon eine (Groß)Methode, sie zerlegt ein gesellschaftliches Problem (zu unterscheiden von einem Konflikt) in ihre einzelnen Bestandteile.


    Zu Beginn wird erst das "Problem" definiert, dann werden in der Regel die "Ursachen" gezeigt (z.B. die teilweise zu billige Verfügbarkeit von Fleisch hat ihre Ursachen in der Industrialisierung der Landwirtschaft), dann die sog. "Interessen" (also wen betrifft dieses Problem überhaupt? Landwirt der Geld verdienen muss und z.B. ne Familie die günstig Fleisch kaufen muss). "Lösungsvorschlage" (bewussterer Konsum usw usf), "Konsequenzen" (wie betrifft das konkret den Schüler) und "Entscheidung" (abschließendes Gesamturteil, was hält der Schüler von der ganzen Sache jetzt wo er alles weiß, wie ist eine moralische Meinung dazu).



    Ob du in Stunde 3 jetzt ein Partnerpuzzle oder ein Gruppenpuzzle nimmst, das kommt halt auf die verfügbaren Materialien an bzw. wie du die Stunde geplant hast.


    Im Referendariat lernst du das aber alles noch. Wo genau studierst du?

  • Interessant ;-)
    Reinhardt hatte ich auch überlegt, aufzuschreiben. Hatten wir im Studium, im Ref war die aber verpönt.
    Ich würde mal behaupten: in den meisten Didaktik-Büchern steht immer wieder grob dasselbe. Nur halt mit anderem Layout. und das ist nicht zu vernachlässigen. (Reinhardt, bzw. diese Cornelsen-Bücher lesen sich tatsächlich am besten, ganz besonders im Vergleich zu Detjen, der halt eine große Bibel mit nur Text ist)
    Im Ref wirst du eh schnell merken, auf wen dein Fachleiter steht (und du also regelmässig in den Fussnoten erwähnen solltest).


    Wenn bei dir in der Nähe eine Bib mit Zugang zu Fachzeitschriften ist, würde ich einfach empfehlen, die paar fachdidaktischen/-methodischen Zeitschriften durchzublättern. Das ist eine gute Mischung aus Unterrichtsideen und fachdidaktischen Artikeln. Insbesondere Standard-Ausgaben zum Politik-Zyklus sind da besonders hilfreich, was die Stunden- und Reihenplanung angeht.


    chili

  • Hallo,


    danke erstmal für eure Antworten :).
    Das eine Buch ist mit fast 45€ natürlich schon ein Klopper - und da frage ich mich eben auch immer, ob nicht am Ende in den Büchern mehr oder minder die gleichen Dinge drinstehen und ob es sich dann lohnt, so viel Geld für ein Buch auszugeben.
    Reinhardt kenne ich recht gut, da sie sozusagen maßgeblich für die SoWi-Didaktik-Kurse an meiner Uni ist. Ich finde die Dinge, die sie nennt, zwar nachvollziehbar etc. und insbesondere die Problemstudie habe ich auch schon häufiger versucht zu konzipieren (wobei das an der Uni ja leider immer Trockenschwimmen ist). Ich frage mich aber auch, ob das wirklich alles so anwendbar ist?! Ich habe auch die Rückmeldung bekommen, dass kaum ein SoWi-Lehrer Reinhardt kennt oder ihre Methoden anwendet (das sagen im Grunde genommen alle, die das Praktikum schon absolviert haben, bei mir ist es bald so weit).
    Die Idee mit den Fachzeitschriften gefällt mir, das werde ich wohl mal tun. Und ansonsten vielleicht doch lieber bis zum Ref warten, bevor ich mir ein Buch für 45€ kaufe und dann habe ich da doch einen Reinhardt-Fan als Seminarleiter sitzen :D.

  • Ich war ja nicht dabei und kann daher nichts Genaues dazu sagen.
    Teilweise hat - insbesondere in der Sek I an Gesamtschulen - gar kein richtiger Politikunterricht stattgefunden, da wurde im besten Fall Geschichte gemacht, im schlechtesten Fall einfach Mathe oder Deutsch, je nachdem, was der Klassenlehrer, der dann eben auch GL geben musste, für Fächer hatte. Bei den anderen gab es wohl teilweise nicht ganz durchschaubare U-Reihen, vielleicht war die Konzeption, die dahinter stand, für den Praktikanten auch schlichtweg nicht sichtbar (man ist ja nur vier Wochen dort).
    Zumindest explizit hat niemand Reinhardt oder "Problemstudie" erwähnt, wobei sicherlich auch nicht jeder nachgefragt hat.
    Aber ich werde es ja selbst sehen im Praktikum...ich habe das Glück, dass an meiner Praktikumsschule eine Referendarin ist...die wird mir sicher viel erzählen können :).

  • Bedenke bitte immer bei der "Vorverurteilung" (ich weiß, so ist es von StudentInnen nicht gemeint, aber ein anderes Wort fällt mir gerade nicht ein), dass man als "fertiger Lehrer" Sachen auch macht, ohne sie zu benennen bzw. ohne große WIssenschaftler-Namen in die Runde zu werfen.
    Mit Praktikanten habe ich mich tatsächlich nie über sowas unterhalten. Mit meinem Ref auch nur, wenn er für einen UB das Ganze verschriftlichen musste. Sonst guckt man, dass die Reihe passt, dass die meisten didaktischen Prinzipien (Schülerorientierung, Betroffenheit, Problemorientierung, ...) respektiert werden, dass der Beutelsbacher Konsens eingehalten wird (bei einigen Reihen echt wichtig, das nicht aus den Augen zu lassen), usw..

  • Mir fallen noch ein:
    1. Methodentraining für den Politikunterricht von Frech/Kuhn/Massing etc.
    Die Trennung der Begrifflichtkeiten ist umstritten, aber es gibt immerhin AnfängerInnen mal eine Sammlung von Ideen, wie sich Unterricht abwechslungsreich gestalten lässt. DAs didaktische Problem, welche Methode für welches Thema geeignet ist, wird dadurch, wie oben bereits thematisiert, natürlich noch nicht gelöst.


    2. Urteilsbildung im Geschichts- und Politikunterricht von Kayser/Hagemann.
    War hier in Berlin zeitweise eine "Bibel", die angeführten Beispiele sind aber von unterschiedlicher Qualität und zeigen, dass es nichts hilft, dieses Modell dogmatisch auf alles und jedes runterbrechen zu wollen. Trotzdem, ist es, "in Maßen" angewendet, eine sinnvolle Strukturierungshilfe für politische Urteile und eine Erweiterungsmöglichkeit über die bekannten Kategorien Effizienz und Legitimität hinaus.


    Die Aufgabe, vor jeder Sequenz und jeder Stunde zu analysieren, was ich dort warum mit welcher Zielsetzung machen will, kann mir aber sowieso kein noch so gutes Buch abnehmen!


    Viel Spaß und Erfolg
    traumjob-teacher

  • Was ja auch erst einmal legitim ist. Aber nicht besonders praktikant/inn/enfreundlich :D. Über dieses Spannungsfeld wurde in diesem Forum ja auch schon geschrieben und es ist bestimmt auch nicht immer notwendig und/oder wichtig, den Praktikant/inn/en die Vorgehensweise zu erläutern (und es gibt ja auch solche, die das gar nicht wollen). Aber oft ist es ja leider so, dass man sich hinten in den Raum setzen darf und die Lehrer/innen einen eher noch als Schüler ansehen, dem gegenüber sie sich auch nicht anders verhalten müssten als gegenüber ihren SuS.
    Ich habe aber auch schon ganz tolle andere Erfahrungen machen dürfen, wo die Lehrer/innen wirklich mit einem gesprochen und mich ins Bild gesetzt haben, sodass mir das Praktikum am Ende sogar etwas gebracht hat. Natürlich muss man dazu nicht jede Kleinigkeit erwähnen, aber die Grobstruktur der U-Reihe würde ich als Lehrer den Praktikant/inn/en wohl schon vermitteln, da die ganze Chose ansonsten wirklich recht sinnlos bleibt und man das Praktikum eher absitzt. Da kommt es dann auch nicht auf Namen oder Theorien an, sondern einfach über einen Überblick, was man gemacht hat, jetzt macht und machen will.


    So oder so, danke für all eure Antworten. Ich werde mir die Bücher mal anschauen und in Zeitschriften blättern und das Praktikum abwarten, vielleicht hat die Referendarin ja auch etwas Gutes zu sagen (ggf. komme ich ja sogar an das gleiche Studienseminar wie sie, dann wären ihre Hinweise natürlich goldwert). Die Planung soll mir ein solches Buch ja auch gar nicht abnehmen, aber bei der Masse didaktischer/methodischer Bücher, sieht man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr :D.

  • oh, noch kurz zur Erläuterung:
    Wenn mir ein Praktikant jemals danach fragen würde, wie und warum ich geplant habe, dann würde ich es auch machen!
    In SoWi hatte ich nur einmal einen Praktikanten bisher und er hatte kein Interesse und nie gefragt (und meine Arbeitsblätter nach der Stunde in den Müll zerknüllt geworfen, da war meine Motivation eh gering).
    Ich hatte auch schon mal Praktikanten (Französisch, Deutsch), mit denen ich eine komplette Klassenarbeit entwickelt habe, besprochen und dann auch teilweise korrigiert, um zu gucken, wie man eben eine Klassenarbeit korrigiert.
    Wenn jemand mich fragt, antworte ich auch gerne, in SoWi hatte ich tatsächlich keine besondere gute Erfahrung. und mein Referendar war zum Beispiel sehr eigenständig und soweit in der Ausbildung, dass er mir eben seine Reihenplanung abgegeben hat und da ich nichts Wichtiges anzumerken hatte, haben wir nur ein paar Sachen umformuliert oder neu fokussiert.
    Alles zu seiner Zeit :-)

  • Ich frage mich aber auch, ob das wirklich alles so anwendbar ist?! Ich habe auch die Rückmeldung bekommen, dass kaum ein SoWi-Lehrer Reinhardt kennt oder ihre Methoden anwendet (das sagen im Grunde genommen alle, die das Praktikum schon absolviert haben, bei mir ist es bald so weit).


    Ist anwendbar. Das Problem ist häufig halt nur, dass ich z.B. als Fach Gesellschaftslehre mache und wenn ich dann die alten Ägypter habe, brauche ich da gar nicht erst mit Politikdidaktik ankommen.


    Aber grundsätzlich geht das, ja. Dass viele SoWi-Lehrer Reinhardt nicht kennen liegt eben daran, dass in vielen Fachseminaren die gar nicht benutzt wird. In anderen wird sie total hochgehalten. Ansonsten hat sie selber ja nicht die SoWi-Didaktik neu erfunden, sondern sie hat viele andere Theorien etwas alltagstauglicher gemacht.

  • Ja, okay, das hört sich natürlich plausibel an. Immerhin kenne ich sie schon, dann werd ich erst einmal abwarten, was am Studienseminar so empfohlen wird und halte mich solange weiterhin auch an Reinhardt.


    Chilipaprika, ich hoffe, du hast das jetzt auch nicht als "Angriff" gesehen. Ich merke ja selbst, dass viele meiner Kommiliton/inn/en kein großes Interesse an Fachdidaktik etc. zeigen. Dass du aber antworten würdest, finde ich schön - es gibt eben auch immer Lehrer/innen, die das leider nicht machen würden. Aber so gibt es wohl auf jeder Seite Idioten :D.

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