Lehrer auf dem Land oder in der Stadt

  • Wofür habt ihr euch entschieden?


    Vorteile Stadt:

    • mehr Freizeitaktivitäten / Kultur
    • Internationalität / Weltoffenheit

    Vorteile Land:

    • höherer Lebensstandard
    • höheres Ansehen
    • angenehmere Schüler
    • ideal für Lehrer mit Familie
  • Ich frage mich, ob viele unserer (jungen) Kollegen überhaupt vor so einer Wahl stehen. Meistens bekommt man eine Planstelle angeboten und nimmt die dann :D


    Ansonsten: deine Aufzählung spricht in meinen Augen für sich. Was gibt es da noch groß zu entscheiden?

  • Und nicht zu vergessen: oft werden gerade die Lehrer "auf dem Lande" gesucht. Die meisten meiner ehemaligen Studienkollegen wollten alle gerne in einer Großstadt bleiben, um die Annehmlichkeiten einer Großstadt weiterhin nutzen zu können.

  • Hätte ich die Wahl, dann definitiv Stadt. Deine Einschätzung zur Schülerklientel würde ich auch nicht so pauschal unterschreiben. In der Stadt kommt es da auch sehr auf den Stadtteil, teilweise sogar die Einzelschule und das dort herrschende Schulklima an. Was die "Landschüler" angeht kann ich keine Einschätzung abgeben, ich habe noch keine erlebt. Einen Vorteil den ich in der Stadt noch sehe: Höherer Anonymitätsgrad erlaubt besseren Schutz des Privatlebens.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Beruflich: Stadt! Man ist einfach näher dran am Leben. Ich mag multikulti.


    Privat: Auch Stadt. Neben dem oben schon genannten genieße ich es, alles mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mir dem Rad machen zu können und z. B. weder zum Einkaufen oder bei Arztbesuchen kilometerweit mir dem Auto fahren zu müssen. Das gehört für mich auch zum höheren Lebensstandard.

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

  • Ich habe den Eindruck, dass meine KollegInnen, die in D'dorf wohnen und darauf schwören, weil das Kulturangebot so groß ist, zwar einerseits Recht haben. Andererseits frage ich mich, wie oft sie dieses Angebot pro Woche/Monat tatsächlich nutzen können, wenn sie erst einmal Familie haben und beruflich entsprechend eingespannt sind.
    Wenn man dann noch die Miet- oder Immobilienpreise im Speckgürtel D'dorf berücksichtigt, weiß ich nicht, ob ich dazu bereit wäre, im Wesentlichen für die bloße Möglichkeit, sofort etwas in der Großstadt unternehmen zu können,
    mein (finanzielles) Leben danach auszurichten.


    Hier am Niederrhein lebt es sich auch gut, ruhig und für Familien ideal. Eine halbe Autostunde von D'dorf entfernt sind die Immobilienpreise auch noch deutlich moderater - und wenn man denn doch mal das Kulturangebot der Großstadt nutzen möchte, gibt es auch hier Babysitter.


    Nur am Rande:
    Zum Kinderarzt sind es fünf Minuten, zu den meisten Fachärzten 15 Minuten und zum Einkaufen mit dem Rad 2 Minuten. Das bietet auch ein Städtchen mit ca. 70.000 Einwohnern.
    Ein Dorf irgendwo im Nirgendwo käme für mich allerdings auch nicht infrage.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich komme vom Land und ich bin nun ein Landei (ok, im Niederrhein ist es vielleicht anders als in Bayern).


    Ich genieße die Wärme und die Charmen der ländlichen Schule, wohne aber in einer etwas größeren Stadt 20km entfernt.


    Großstadt ist mir persönlich zu laut, zu teuer und zu hektisch ABER jedem das seine ;)

  • Zitat von Shadow

    Dass die Schüler auf dem Land soviel "angenehmer" sind, als in städtischen Gebieten, halte ich für ein Gerücht.

    Problematisch sind vor allem soziale Brennpunkte und noble Stadtviertel.


    Zitat von Midnatsol

    Einen Vorteil den ich in der Stadt noch sehe: Höherer Anonymitätsgrad erlaubt besseren Schutz des Privatlebens.

    Die Privatsphäre wird heutzutage eher durch die digitale Welt (soziale Netzwerke, ...) geprägt.


    Zitat von TMFKAW

    Ich mag multikulti.

    Ich nicht.



    Zitat von TMFKAW

    Neben dem oben schon genannten genieße ich es, alles mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mir dem Rad machen zu können und z. B. weder zum Einkaufen oder bei Arztbesuchen kilometerweit mir dem Auto fahren zu müssen.

    Will man als Akademiker wirklich öffentliche Verkehrsmittel (meist überfüllt und verdreckt) verwenden? Besonders mit Familie?

  • Klingt mir auch etwas stark nach studentischer Idylle. Ich habe mit ÖPNV kein Problem, aber gerade Einkaufen und Arztbesuchen sind eigentlich das, wo ich gerade ein Auto vorziehe. Ich habe in 300m Entfernung einen Rewe, da fahre ich auch zum Einkaufen mit dem Auto hin (natürlich nicht, wenn ich nur ne Packung Butter hole).


    Multikulti in Großstädten ist allerdings auch häufig so etwas - Klick.

  • Zitat: "Problematisch sind vor allem soziale Brennpunkte und noble Stadtviertel."


    @ Landlehrer


    Das kann man meiner Erfahrung nach so nicht pauschalisieren. Ich habe mittlerweile sowohl Brennpunktschulen als auch noble Stadtviertel und Landidylle durch.
    Ich kann definitiv nicht bestätigen, dass auf dem Land die Schüler "angenehmer" sind als in der Stadt.


    Wenn ich wählen könnte, würde ich trotzdem immer LAND bevorzugen, nicht wegen der Schule, sondern wegen des Drumherums. Landei halt.




    PS. Ich komm mit der Zitierfunktion nicht klar, die will nicht so, wie ich will.

  • Will man als Akademiker wirklich öffentliche Verkehrsmittel (meist überfüllt und verdreckt) verwenden? Besonders mit Familie?

    Sollte man nicht gerade als Akademiker ÖPNV benutzen, weil man zumindest einen Bildungsgrad hat, der es ermöglichen sollte, die negativen Folgen des Autofahrens zu erfassen? Sollte man nicht gerade als Akademiker intellektuell erfassen können, dass Bildung keine besseren Menschen macht?

  • Direkt zur Frage: Wie definierst du "Stadt" bzw. "Land"? Hier im Raum sind die Übergänge fließend und genau deshalb lebe ich hier so gerne.
    Da ich keine Großstadtschule erlebt habe, halte ich mich mit Urteilen über die Schülerschaft im Vergleich zurück.

  • Zitat von blabla92

    Sollte man nicht gerade als Akademiker ÖPNV benutzen, weil man zumindest einen Bildungsgrad hat, der es ermöglichen sollte, die negativen Folgen des Autofahrens zu erfassen?

    Die Vorteile überwiegen für mich.


    Zitat von blabla92

    Sollte man nicht gerade als Akademiker intellektuell erfassen können, dass Bildung keine besseren Menschen macht?

    Ich halte mich für keinen besseren Menschen. Ich habe aber mehrere Jahre studiert, um mir unter anderem einen gewissen Lebensstandard zu ermöglich. Zu diesem passen öffentliche Verkehrsmittel, hinsichtlich Flexibilität und Komfort, eher nicht.

  • @MarlboroMan und Landlehrer:


    Gerade die Möglichkeit, auf das Auto (das ich auch bei Bedarf benutze) zu verzichten, bedeutet Flexibilität. Ich habe etwa zweieinhalb Jahre in einem Städtchen mit immerhin etwa 1000 Einwohnern gelebt, da gab es keine größeren Geschäfte um die Ecke, keinen Metzger, gar keinen Arzt, keine Apotheke, nur stündliche Busverbindungen... Ohne Auto ging da gar nichts. Klar nehme ich für den wöchentlichen Großeinkauf mein Auto, und schon mal für Urlaubsfahrten und Wochendausflüge. Aber wir haben auch schon über Carsharing nachgedacht, denn ein eigenes Auto benötigen wir eigentlich nicht mehr. Wenn das mal erstzt werden muss, wird es - glaube ich - abgeschafft.


    Und was die Schülerschaft angeht: Ich war nie an einer ländlichen Schule und könnte mir schon vorstellen, dass es da etwas ruhiger zugeht. Die Großstadtkids sind schon in Ordnung. Und "Arschlochklinder" gibt es bestimmt auch auf dem Land. Unabhängig von der Nationalität.

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

  • Letztlich muss es jeder mit sich ausmachen. Ich wohne in einem Dorf mit 3.000 Einwohnern für 300 Euro für 90 qm Wohnung und arbeite an einem Kleinstadtgymnsasium in einer Stadt mit 30.000 Einwohnern und habe einen Arbeitsweg von 7 km. Bis zur nächsten Großstadt sind es 45 bis 50 km.
    Und ich habe ca. 10 jüngere Kollegen, die lieber in dieser Großstadt wohnen bleiben, weil sie sich nicht vorstellen können, in der Kleinstadt zu leben. Allerdings, wenn diese anfangen zu jammern: "Ach, ich brauchte heute fast 1 h, weil es wieder eine Umleitung gab....."/ "Ich muss heute eher los, weil ich noch vor dem Berufsverkehr wieder daheim sein..."/ "Nein, an abendlichen Schulveranstaltungen nehme ich nicht teil, das ist mit zu weit..."/ "Mein Kind geht aber in den Kindergarten/ Schule in der Großstadt und ich muss los..." dann drehe ich mich um und gehe. Dafür habe ich überhaupt keine Zeit und kein Verständnis dafür. Wenn sie auch persönlichen Gründen in der Großstadt wohnen bleiben wollen, dann ist das allein deren Angelegenheit und ich muss kein Verständnis oder Mitgefühl dafür haben, dass sie jeden Tag ca. 1 Stunde für den Arbeitsweg brauchen.
    Außerdem weiß ich als Einwohner wenigstens, was hier los und lesen die Regionalzeitung und kenne mich daher in gewissen Dingen aus, z.B. Artikel in der Regionalzeitung über unsere und andere Schulen/ Berichte über kulturelle Veranstaltungen/ Informationen über große Betriebe (Sponsoren)/ Wer ist wer in der Stadt/ Kulturleben usw.

  • Naja, bei uns gibt es zwischen Dorf und Kleinstadt morgens und nachmittags Stau und die Kollegen und vor allem die Schüler wohnen verteilt über die Dörfer und Städtchen, fahren bis zu einer Stunde zur Schule und und haben es eilig, heim ins Dorf/Kleinstadt zu kommen. Das hat nichts mit fehlgeleiteter Liebe zur Großstadt, sondern mit Entfernungen, (fehlenden) ÖPNV-Verbindungen und Verkehrsdichte zu tun.

  • Zum Kinderarzt sind es fünf Minuten, zu den meisten Fachärzten 15 Minuten und zum Einkaufen mit dem Rad 2 Minuten. Das bietet auch ein Städtchen mit ca. 70.000 Einwohnern.

    Immer wieder interessant, wie unterschiedlich doch die Maßstäbe sein können. Hier in Bayern ist eine 70.000-Einwohner-Stadt (Beispiele wären Passau, Landshut, Bamberg oder Bayreuth) im Normalfall ein veritables Oberzentrum. "Städtchen" ist hier alles bis maximal 30.000... und meine 12.000-Einwohner-Heimatstadt wäre für Dich wahrscheinlich trotz Fachärzten und mehreren Supermärkten ein Dorf im Nirgendwo.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

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