Welche Faust-"Aufführung" auf DVD ist "die beste"?

  • Da es wahrscheinlich mit einem Theaterbesuch nichts wird, werde ich wohl auf eine Verfilmung von Faust ist empfehlenswert?
    Ich habe eigentlich eine Bühnenaufführung im Kopf, habe aber gesehen, dass es wohl auch "anderes" gibt ...

  • Meine Kollegin meinte, die mit Will Quadflieg, also die von Gustav Gründgens, sei "zum Vergessen", sie schwört auf die mit Gustav Ganz ... Die findet man in ihren Teilen auch bei Youtube (die DVD kostet 50 Euro aufwärts); sie wird ja gelobt, aber scheint mir zum Schauen in der Gänze zu lang, für Ausschnitte ist sie wohl geeignet. Aber auch hier wieder die scheinbar 'obligatorischen' Genitalien auf der Bühne :-/

  • Naja, Gründgens' "Mephisto" ist ein Klassiker des neueren deutschen Films - man kann sicher den Standpunkt vertreten, dass der "zu vergessen" sei, das muss man dann aber diskutieren.


    Das ist allerdings auch ein Problem bei der Ausgangsfrage - was ist "die beste" Inszenierung? Nach welchen Kriterien?

  • Da viele unserer Schüler bisher kaum Theater-Erfahrung haben und ich sie ungern mit übergroßen Geschlechtsteilattrappen 'verstören' möchte, scheint mir die mit Bruno Ganz evtl. etwas 'schwierig'. Ich muss mal schauen, wie die Szenen sind, die ich als Ausschnitt zeigen will.

  • Ich schaue keine Inszenierung ganz an, aber ich vergleiche Szenen der Quadflieg-Fassung mit der von Dieter Dorn. Lustigerweise fahren meine Schüler immer sehr auf die Quadflieg Fassung ab, weil es für sie eben die Geschichte erzählt und wenig ablenkt. Die Dorn-Inszenierung stört sie eher, weil sie mit den Theatereffekten wenig anfangen können. Zum Vergessen finde ich Gründgens auf keinen Fall.


    Deswegen finde ich den Vergleich ganz gut, auch um zu zeigen, dass ein Drama zu lesen oder es inszeniert zu sehen ein erheblicher Unterschied ist.
    Ich selbst habe die Dorn-Inszenierung damals auch in der Schule erstmals gesehen. Damals war sie brandneu. Und ich weiß, wie schockiert ich als Schülerin von dem übergroßen Gummipenis war. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mir als Lehrerin die DVD angesehen habe, so nachdrücklich war das Bild, was ich den Schülern auch meist vorbereitend erzähle.
    Der Gummipenis schockt meine Schüler heute eher nicht mehr, zumindest nicht erkennbar.
    Ich hatte diesmal den Luxus, dass ich es noch mit der aktuellen Inszenierung im Münchner Residenztheater vergleichen konnte. Da bin ich mit einem Teil der Schüler auf freiwilliger Basis hin. Denn die Inszenierung ist in Teilen schon schockierend, wenn man wenig Theatererfahrung hat.


    Die ungekürzte Stein-Fassung habe ich auch schon eingesetzt, aber natürlich in Auszügen. Aber das finde ich im Unterricht mühsam, weil ohnehin nie genug Zeit ist.


    Fazit: Gründgens sozusagen für den Plot und dann kontrastierend Dieter Dorn, weil das gute Anknüpfungspunkte zur Vertiefung bzw. Interpretation gibt.

  • Meine Kollegin meinte, die mit Will Quadflieg, also die von Gustav Gründgens, sei "zum Vergessen", sie schwört auf die mit Gustav Ganz ...

    Cool, wusste gar nicht, dass es von "Faust" auch ne Disney-Adaption gibt... Pluto spielt dann wohl den Pudel, und Gundel Gaukeley ist Mephisto?

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • ...ein Drama zu lesen...

    Macht man das heute auch noch? Ich fand das zu meiner Schulzeit schon ziemlich ätzend.
    Ich meine, bei einem Film lese ich doch auch nicht das Drehbuch, den schaue ich mir an.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • natürlich liest man noch dramen! allgemeinbildung und so? dramen gibt es seit über zweitauend jahren und sie sind ein zentraler baustein unserer kultur! himmel, genauso wie ich als gebildeter mensch in der lage sein sollte, grundlagen des naturwissenschaftlichen denkens nachzuvollziehen, sollte ich in der lage sein, grundformen des kutlurellen ausdrucks wenigstens meiner eigenen kultur zu kennen und zu verstehen (!).


    die kinder finden den "faust" mehrheitlich nicht ätzend, wenn man das entsprechend literaturdidaktisch und -methodisch verpackt und schülernah und vor allem aktivierend angeht. da geht ganz viel in sachen (geistes-)wissenschaftlicher propädeutik, da geht ganz viel an allgemeinbildung, und im übrigen ist das ein toller text, wenn man sich mal die mühe macht, daran und damit zu arbeiten. und selbst wenn es jemand "ätzend" findet - ja mei. mathe mögen auch eher wenige, physik fast keiner, und trotzdem ist das wichtig.


    verfilmung: gründgens. dorn zum kontrastieren, aber da würde ich eher ausschnitte aus der aktuellen resi-inszenierung nehmen (wir hatten den luxus, einen sehr guten workshop dazu durch die theaterleute im haus zu haben). das hat bei mir letztes jahr gut funktioniert.

  • dramen gibt es seit über zweitauend jahren und sie sind ein zentraler baustein unserer kultur! himmel, genauso wie ich als gebildeter mensch in der lage sein sollte, grundlagen des naturwissenschaftlichen denkens nachzuvollziehen, sollte ich in der lage sein, grundformen des kutlurellen ausdrucks wenigstens meiner eigenen kultur zu kennen und zu verstehen (!).

    Da bin ich ganz bei dir! Aber warum das "Drehbuch" zum Drama lesen und nicht die Inszenierung anschauen, oder mehrere?


    Den Film schaue ich mir doch auch an, oder lest ihr in der Schule das Drehbuch zu z.B. "Krabat"?

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  • wir lesen den roman, und schauen dann vielleicht, ganz vielleicht, den ganzen film. ich mache eher ein paar filmische mittel anhand einiger wesentlicher szenen mit den kindern und arbeite dann heraus, wie erzählhaltungen etc. im film umgesetzt/nicht umgesetzt werden bzw. lasse selbst filmen. bei "krabat" und anderem aus der unterstufe freilich entsprechend heruntergekocht und vereinfacht.


    "krabat" ist ein roman, war immer einer, wird immer einer sein. "faust" ist ein drama, war immer eins, wird immer eins sein. dass diese texte auch in anderen medien (bühne, film, comic...) verarbeitet werden, ist bei klassikern zu erwarten und bietet prima unterrichtsmaterial. aber deshalb den ausgangstext nicht lesen? wäre unlogisch. das ist ja eben gerade der text, auf den sich die anderen texte (auch filme, bühnenaufführungen usw. kann man im kulturwissenschaftlichen sinn als "text" sehen) beziehen.


    dramentexte haben freilich einen gewissen bezug zur bühne, aber trotzdem ist der text das eine (literaturwissenschaftlich: das entscheidende), die wechselnden inszenierungen das andere (und deren filmische umsetzung nochmal was ganz anderes!).

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