Fragen zu Rechtschreibfehlern bei Fünftklässler

  • Liebe Primarstufenkolleginnen und -kollegen,
    ich habe einen Schüler, bei dem ich gerne mal wüsste, ob/was da beim Schreiblernprozess schief gelaufen ist oder ob da ein anderes Problem vorliegen könnte. Schreibbeispiele sind:
    - Hollz
    - Hutte
    - trüg
    - Gold schwert / gold Schwert / gold schwert
    - tur (statt "tu")
    - dehn (statt "den")
    - wo bei den ("wobei denn)
    - ich so (statt "ich soll")
    - zu rück hohlen
    - nesten (statt "nächsten")
    - Prinzesinn (korrigiert nach Tippfehler)
    - wegen den Wolf
    - kammen (kamen)
    - ihmer (korrigiert nach Tippfehler)


    Sind das nur nicht angewendete Rechtschreibregeln (die wir seit Wochen wiederholen)?

    Einmal editiert, zuletzt von Aktenklammer () aus folgendem Grund: Tipp- bzw. Autokorrekturfehler korrigiert

  • Wenn das aber "einfach" keine gelernten Rechtschreibregeln sind, dann sind die Kenntnisse so rudimentär, dass ich mit 0 von 2 Punkten für Rechtschreibung nicht "auskomme" und sagen muss, dass die Arbeit insgesamt heruntergesetzt werden müsste - von "Zuhause" wird es so erklärt, dass er sich halt mehr für Mathe interessiert ...

  • Jaja, natürlich kommt gleich wieder die Standardantwort von der Sek I: Die Grundschulen sind schuld, weil die Kinder da IMMER so schreiben dürfen, wie sie es hören... Selbst wenn das so wäre (was natürlich nicht der Fall ist), passen einige Beispiele von oben nicht dazu. Damit lässt sich das Problem des Kindes allein bestimmt nicht erklären. Einige Sachen könnten eine Übergeneralisierung von Regeln sein (z.B. das falsche Dehnungs h), aber viele Sachen kann ich mir auch nicht erklären. Vielleicht können die Deutsch Experten dazu mehr sagen.
    Kann das Kind denn die Wörter richtig aussprechen und ist Deutsch die Erstsprache?

  • Jaja, natürlich kommt gleich wieder die Standardantwort von der Sek I: Die Grundschulen sind schuld, weil die Kinder da IMMER so schreiben dürfen, wie sie es hören...

    Dafür, dass Aktenklammer ja wohl den Thread gerade dazu eröffnet hat, um andere Erklärungen zu finden, finde ich diese Antwort ehrlich gesagt sehr gereizt!

  • Das war halt auf hanutas Ergüsse bezogen. Überhaupt nicht hilfreich und mit Sicherheit lernt kein Kind in Deutschland, dass die "Regeln nicht so wichtig sind". Die Beispiele oben sind auch keinesfalls nur Wörter die so geschrieben wurden, wie sie gehört werden.


    Teilweise Übergeneralisierung (kammen). Er weiß also dass manchmal verdoppelt wird, aber nicht wann. Er kennt theoretisch auch das Dehnungs-h. Lange und kurze Vokale würde ich mal abtesten.


    Ich finde gerade Beispiele "wo bei den" könnte man an eine falsche Hörverarbeitung denken. Wurde da schonmal nachgeforscht?


    Was bei Prinzessin und ihrer falsch ist , weiß ich nicht. ;)

  • Ich finde gerade Beispiele "wo bei den" könnte man an eine falsche Hörverarbeitung denken. Wurde da schonmal nachgeforscht?


    Was bei Prinzessin und ihrer falsch ist , weiß ich nicht. ;)

    Da hatte die Autokorrektur zugeschlagen :) Ich habe es korrigiert: Originalfassung ist "Prinzesinn" und "immer"


    Ein Ohrproblem bzw. -verarbeitungsproblem hatte ich auch schon mal als Idee, ich werde das morgen mal erfragen.

  • Kann sich natürlich um eine auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsproblematik handeln.


    Muss es aber nicht. Es gibt genug Kinder, die den Unterschied zwischen langen und kurzen Vokalen "hören" könnten, die es aber nie auf einem für sie verständlichen Niveau erklärt bekommen haben, was es damit auf sich hat.


    Ansonsten erinnert es mich auch an Schüler mit Deutsch als Zweitsprache?


    <u> vs. <ü> ... Vereinfachung von Mehrfachkonsonanz: "nesten". Auch die Kasusproblematik, ...


    Insgesamt finde ich das für die 5. Klasse noch nicht soo problematisch, zumal man eig. alles lesen kann, aber da gehe ich als Sonderpädagoge sicher auch von einem anderen Standard aus.


    Eine Frage noch: Handelt es sich dabei um Auszüge aus einem Text? Falls ja, gibt es dann einen Unterschied dazu, wenn man ihn Einzelwörter schreiben lässt und betont, dass er besonders auf die Rechtschreibung achten soll?

    • Offizieller Beitrag

    Frage: Welche Regeln genau habt ihr geübt? Doppel-Konsonanten? Dehnungs-h? Beides?


    Wenn die Wörter als Einzelwörter geschrieben wurden, würde ich das bereits im 2. Halbjahr der 3. Klasse bedenklich finden, erst Recht in der 5. Bei einem Fließtext nicht, da können die Kinder die Regeln erst mit deutlicher Verzögerung anwenden.
    Er differenziert schlecht zwischen kurzem und langem Vokal, das schrieb hier schon jemand.
    Es existieren wenige "Wortbilder", sonst würden "wobei", "-in" am Wortende, "zurück" nicht diese Probleme bereiten. Liest das Kind normal und freiwillig?
    Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsschwäche wurde schon genannt.
    Wie sieht es mit Konzentration und Aufmerksamkeit aus?
    Linkshänder? Beidhänder?
    Lese-Rechtschreib-Schwäche eventuell?
    Hat das Kind verspätete begonnen zu sprechen, Sprachprobleme gehabt?
    Gab es motorische Probleme? Ergotherapie?

  • Der Junge ist in Deutschland geboren und spricht akzentfrei Deutsch.
    Es handelt sich um Auszüge aus einem Text. Bei einem Diktat war es genauso, wenn nicht sogar noch schlimmer ("Stockschin" für "Stöckchen" "ede" für "Idee")

  • Das muss ich alles morgen mal erfragen. Vieles kann ich kaum beantworten, weil der Schüler im Unterricht kaum spricht bzw. mal einen Satz am Stück sagt.
    Geübt haben wir vor allem die Konsonantenverdopplung nach kurzem Vokal und bei den anderen Wörtern mit langem Vokal wurden Merkwortlisten angelegt. Aber er scheint die Regeln ja wild durcheinander anzuwenden (oder eben gar keine).

  • Stockschin hört sich ja nun stark nach Verschriftlichung der Aussprache an. Spricht er das Wort so?

    Er spricht wenig im Unterricht; ich hatte aber bei den Aussagen, die ich gehört habe (Wenn man ihn im Unterricht anspricht, hat er fast Tränen in den Augen, deswegen habe ich schon fast Hemmungen), klang aber nicht irgendwie in der Aussprache 'begrenzt'.

  • Der schreibt einfach so, wie er spricht. "Prinzesinn" mit weichem s ich schätze mal, dass er sich das genauso im Geiste vorsagt. So gut wie alles andere ist übergeneralisiert, weil irgendwo schon mal gehört.


    Der Knabe sollte m.E. anfangen, zu Hause zu üben. Und zwar weg vom auditiven hin zum visuellen merken. Pro Woche 10 Übungswörter zu irgendeinem Rechtschreibthema (z.B. aus deiner Merkwortliste) und dann
    1. "abfotografieren"
    2. abdecken
    3. aufschreiben
    4. Buchstabe für Buchstabe kontrollieren.
    Jeden Abend. Wenn die Eltern aber finden, dass es wurscht ist, wie er schreibt, wird er sich kaum den Allerwertesten dafür aufreißen. Vielleicht sind die Eltern selbst nicht ganz firm in allem, was so mit Schule zu tun hat?


    Und natürlich: lesen, lesen, lesen. Aber auch das ist in eher bildungsfernen Familien nicht immer Usus. Schenk ihm ein spannendes Buch für Drittklässlerniveau :) Was interessiert ihn denn? Gold schwerter und Prinzesinen? oder eher Fußball oder Eidechsen? Macht doch sowas, wie Lesefrühstück- wenn die Zeit dafür reicht.

  • Danke für den Tipp, das ist eine gute Idee!
    Danke an alle für eure schnellen Rückmeldungen!

  • Wenn man ihn im Unterricht anspricht, hat er fast Tränen in den Augen, deswegen habe ich schon fast Hemmungen.


    Dann scheint aber Rechtschreibung nicht sein einziges und auch nicht sein Hauptproblem zu sein?


    Oder ist das nur im Deutschunterricht der Fall, weil er sich hier selbst so negativ erlebt?

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