Lug und Trug im Lehramt

  • Oh sorry, da hast Du mich falsch verstanden. Ich gebe Dir natürlich völlig Recht ... von einem "gebildeten" Menschen bzw. eben das, was ich als "gebildet" bezeichnen würde, erwarte ich selbstverständlich erheblich mehr. Ich definieren Lesen, Schreiben, Dreisatzrechnen gewissermassen als die 3 Grundkompetenzen, die JEDER können muss. Es ging ja um das "warum muss ich das können" oder "muss ich das wirklich können". Wenn mich das einer im Unterricht fragt - was zum Glück selten passiert - sage ich ihm ganz direkt, dass das Gymnasium für diese Frage der falsche Ort ist. Das Gymnasium ist der erste Schritt einer akademischen Ausbildung und auf diesem Niveau diskutiere ich solche Fragen nicht mehr. Am Gymnasium lernen junge Menschen selber zu entscheiden, was sie können wollen und was nicht. Von mir aus MÜSSEN die erst mal gar nichts.



    Die sinnvoll eine Meinung vertreten können zu Vorratsdatenspeicherung, EU-Mitgliedschaft, Störerhaftung, Verschlüsselungsverboten, Flüchtlingen. Und da reichen diese Kompetenzen nicht.

    Ja ... da nützen aber eben die konkreten Inhalte, die wir vermitteln, häufig nichts. Das meinte ich. Wir üben an konkreten Inhalten eben sowas wie Problemlösestrategien, Meinungsbildung, Argumentieren, etc. etc. - das verstehe ich zumindest unter kompetenzenorientierten Unterricht. Also ... wir sind grundsätzlich der gleichen Meinung. ;)

  • Ja, das habe ich missverstanden. Wir sind ähnlicher Meinung. Über Kompetenzorientierung reden wir ein andermal. :)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Über Kompetenzorientierung reden wir ein andermal.

    Ausschlag? ;) Es wird leider so viel Unfug damit getrieben ... Wir haben neuerdings einen "Kompetenzenpass" in den wir mit den SuS ernsthaft Dinge eintragen sollen wie "wir haben in Chemie ein Diagramm interpretiert ... ich hab's nicht geckeckt, daher bin ich leider inkompetent". :autsch:

  • Lustig, ich kämpfe ja auch permanent mit Schulleitung und Kollegen, wenn auch aus anderen Gründen. (Dabei sind wir oft einer Meinung, nur etwas zu ändern traut sich niemand. Wer weiß, vielleicht hast du mehr Gleichgesinnte, als du denkst?)


    Probleme der Art "das muss hier alles anders laufen!" aus anderer Feder zu lesen ist da ganz interessant und spontan würde ich sagen: such dir ne andere Schule. Wie willst du die Meinung aller anderen ändern? Hast du dazu überhaupt das Recht? Mündige Bürger und so.


    Fakt ist, ihr habt sehr viele leistungsschwache und schwierige Schüler. Fakt ist auch: du wirst sie nicht über Noten sanktionieren. Solange du das aber mit Gewalt durchziehst, wirst DU daneben liegen bleiben, weil DU permanent gestresst und gereizt bist, mit Eltern und Schulleitung Ärger bekommst. Der Schulleiter steht jedenfalls nicht hinter dir. Aus welchen Gründen auch immer, nimmt er immer wieder die Schwachen und Schwierigen und legt sich auch nicht mit irgendeiner Mutter an, lässt lieber dich ins offene Messer laufen. Insofern bleibt für dich nur: geh an eine z.B. leistungsstarke Realschule.


    Lustig fand ich aber das Beispiel mit dem Fach "Werte und Normen". Keine Ahnung was das ist, ich schätze Ethik. Aber gerade dort abfragbares Wissen vermitteln und in einem Test hochwürgen lassen, wo deine Schüler kaum lesen und schreiben können, klingt schon ein bisschen absurd. Was um Himmels Willen willst du ihnen denn da vermitteln? welche Werte und Normen meine ich. Hast du schon mal überlegt, andere Leistungsbewertung anzusetzen, als klassische schriftliche Abfragerei? Bei Jugendlichen, die die Schule schwänzen, x mal sitzengeblieben sind etc.pp. und null Unterstützung von zu Hause haben "Wir schreiben jetzt einen akademischen Test über Werte in eurem Leben"? Was soll denn da deiner Meinung nach rauskommen? Und den Kindern zu erzählen, warum dies oder jenes für ihr Leben ganz doll wichtig sei ist genauso großer Käse. Entweder es ist wichtig für ihr Leben, dann vermittle es so, dass sie das merken. Oder es ist nicht wichtig, dann behaupte es auch nicht.


    Und noch was: sich mit Kollegen in Konferenzen anlegen über Dinge, die sie hätten erledigen müssen etc. ist ganz schlechter Stil. Also wenn du dich nicht auch noch mit deinen Kollegen zerfleischen willst, kläre das besser auf anderem Wege.

  • Irgendetwas hält ja die Leute derziet noch auf "der anderen Seite", also musst du, logischerweise, etwas Attraktiveres anbieten können. Wenn du das nicht kannst und auch nicht weißt, warum du das unbedingt willst: vergiss es. Du wirst weiter allein da stehen.

    Ja. Aber: Ob Attraktivität alleine da reicht? Prinzipiell ist positives Vorbild sein sicher besser, als nur zu nölen. Aber wenn die Schulleitung systematisch Kinder versetzt, die sitzen bleiben müssten/ die Kinder aufnimmt, die sonst überall (leistungsmäßig oder vom Verhalten her) abgeschoben wurden/ Kindern bessere Noten erteilt, als sie haben müssten, weil eine Mutter mit der Behörde droht- dann ist Hopfen und Malz verloren fürchte ich. Und dies sage ich mit Blick auf meine mir manchmal traurig erscheinende Lage- man kann nicht die Ängste seiner Schulleitung ändern.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn man das Vorgehen von Schulleitung als ehernes Gesetz und unabänderbar betrachtet... ist das wohl so.
    Einfluss darauf zu nehmen, wie eine Schule /Leitung denkt, ist ein dickes Brett zum Bohren, aber keins, das nicht schon gebohrt worden wäre. Man braucht halt solide Kenntnisse über das, was man will und eine gute taktische Vorstellung davon, über welche Mitbestimmungsgremien man welche Akzente setzen kann. Und Zeit, und eine stetig wachsende Gruppe an Unterstützern, die zu gewinnen wieder an Punkt 1 hängt: ich brauch eine sinnvolle Gegenidee.


    Im hier vorliegenden Fall sehe ich die noch nicht. Da scheint es mir darum zu gehen, die eigenenen Vorstellungen von Notengebung (und die hast du, wie ich finde, sehr sinnvoll hinterfragt) und Unterricht durchzusetzen, wenn's sein muss auch gegen die Realität der Kinder, die da eben sind. Tja...

  • Da scheint es mir darum zu gehen, die eigenenen Vorstellungen von Notengebung (und die hast du, wie ich finde, sehr sinnvoll hinterfragt) und Unterricht durchzusetzen, wenn's sein muss auch gegen die Realität der Kinder, die da eben sind. Tja...

    "Noten dursetzen gegen die Realität der Kinder" muss ich im Moment auch. Was ist denn die Alternative? Für nicht erbrachte Leistungen oder Arbeit auf aller niedrigsem Niveau gute Noten verteilen? Welches Signal gebe ich den SuS denn damit? In meinen Augen nur, dass es in Ordnung ist, sich einen faulen Lenz zu machen und sich asozial zu benehmen. Will ich das? Nein!
    Dazu kommt, dass es in den höheren Klassen durchaus relevant für Bewerbungen ist. Im Zweifelsfall steht dann ein Bewerber mit "gefakten", für nichts hinterher geworfenen guten Noten vor jemandem, der sich minimal schlechtere Noten hart erarbeitet hat und viel mehr kann. Das kann ICH nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.


    Wer noch nie mit "SOLCHEN" SuS gearbeitet hat, von denen Krystian berichtet, sollte doch bitte erstmal die Füße still halten, anstatt diejenigen zu verurtelen, die Tag für Tag versuchen, das Beste aus Nichts zu machen!

  • "Noten dursetzen gegen die Realität der Kinder" muss ich im Moment auch. Was ist denn die Alternative? Für nicht erbrachte Leistungen oder Arbeit auf aller niedrigsem Niveau gute Noten verteilen? Welches Signal gebe ich den SuS denn damit? In meinen Augen nur, dass es in Ordnung ist, sich einen faulen Lenz zu machen und sich asozial zu benehmen. Will ich das? Nein!Dazu kommt, dass es in den höheren Klassen durchaus relevant für Bewerbungen ist. Im Zweifelsfall steht dann ein Bewerber mit "gefakten", für nichts hinterher geworfenen guten Noten vor jemandem, der sich minimal schlechtere Noten hart erarbeitet hat und viel mehr kann. Das kann ICH nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.


    Wer noch nie mit "SOLCHEN" SuS gearbeitet hat, von denen Krystian berichtet, sollte doch bitte erstmal die Füße still halten, anstatt diejenigen zu verurtelen, die Tag für Tag versuchen, das Beste aus Nichts zu machen!

    Niemand verurteilt hier irgendjemanden, es gibt nicht nur schwarz und weiß. Es geht um die grundsätzliche Frage, wie man an einer Schule arbeiten kann, in der überwiegend leistungsschwache und demotivierte Kinder umherirren.
    Eine Möglichkeit ist sicherlich, seinen Unterricht durchzuziehen, 2/3 der Kinder sitzen zu lassen und sie schließlich an die Hauptschule weiterzureichen. Wenn aber der Schulleiter das nicht möchte, steht man ziemlich alleine auf weiter Flur mit "seinen" schlechten Noten, muss sich vor aller Welt rechtfertigen.


    Eine weitere Möglichkeit wäre, seinen Unterricht an die Schüler anzupassen, die möglicherweise in der falschen Schule sitzen aber nunmal da sind. Dazu gehört an erster Stelle, dass man sich durchsetzen kann, was wiederum mit einer Beziehung zu den Schülern einhergeht. Dabei muss man aber weder grantig 6en verteilen, noch 1en verschenken, noch den Lehrplan vernachlässigen. Aber man kann sich auf Methoden verlagern, deren Schwerpunkte mehr auf Anschaulichkeit, freiem Sprechen, viel Üben in der Schule liegen. Bewerten könnte man dann ein Plakat mit Vortrag, die Fähigkeit zu diskutieren oder eine Projektarbeit. Die Kriterien dafür hat man selbstverständlich mit seinen Schülern erarbeitet und geübt, ohne sie getrennt in einer Klassenarbeit abfragen zu müssen.


    Gerade wenn du von Ausbildungsreife sprichst: Dann möchte ich doch von meinen Schülern, dass sie frei sprechen können, ihre Stärken kennen, höflich sind, sich selber steuern lernen etc. Wie ich das erreiche, ob ich im Gymnasialstyle Fakten abfrage- so wie ich es aus meiner eigenen Schulzeit kenne, oder in dem ich möglichst viele meiner Schüler auf einer persönlichen Ebene anspreche, ihnen jahrelang ein Vorbild bin, sanktioniere oder lobe oder von allem ein bisschen oder ob ich das in vielen Einzelfällen gar nicht erreichen kann, das kann nur jeder für sich ausprobieren.


    Und letzten Endes muss sich natürlich die Schule fragen: wie wollen wir mit unserer Schülerschaft umgehen? Sind die Klassen zu groß? Müssen sie 15 verschiedene Fachlehrer haben und vielleicht noch für jedes Fach den Raum wechseln? Haben wir strukturierte Elternarbeit? Gute Schulsozialarbeit? Einen Timeout-Raum? etc. Viele Haupt-/ Realschulen schmieden sich ihre Probleme auch selbst, wenn sie sich aus Prinzip nicht auf die Schülerschaft einstellen.

  • Ich arbeite an einer GESAMTschule. Da ist nichts mit "an der falschen Schule" und nach unten durchreichen. 99% unserer SuS kommen mit einer Hauptschulempfehlung (nein, das ist nicht übertrieben, wir haben in jeder Jahrgangsstufe zwischen 1 und 4 SuS mit Realschulempfehlung). SuS mit Gymnasialempfehlung sucht man bei uns vergebens. Wir sind also de facto eine Hauptschule, nennen uns nur anders.


    Unterricht an die SuS anpassen klingt in der Theorie wirklich super. Blöd nur, wenn die SuS dann ebenfalls die Arbeit verweigern weil alles "total ätzend, langweilig und blöd" ist und sie einfach keine Lust zum Arbeiten haben... Glaubst du ernsthaft, dass wir das nicht alles ausprobiert haben? Es gibt Klassen, da klappt es. Da unterrichte ich auch wirklich gerne. Es gibt aber auch Klassen, da geht gar nichts mehr - selbst bei den Klassenlehrern.


    Wir haben sogar zwei Sozialarbeiter. Die machen ihren Job echt prima. Blöd nur, wenn sie in Gruppengesprächen ürhaupt nicht zu Wort kommen weil die SuS auch dazu keine Lust haben. Klar, in Einzelgesprächen geht´s aber in manchen Fällen wäre ein Gespräch mit der ganzen Gruppe hilfreich.


    Klassenregeln gibt es natürlich aber Papier ist seeeehr geduldig. Wenn man zwei, drei "Störer" in der Klasse sitzen hat, kann man damit arbeiten, wenn die Klasse abr zu 80% aus solchen besteht, hat man keine Chance mehr. Mir tun nur die leid, die eigentlich lernen wollen. Die können sich leider nicht durchsetzen.


    Elternarbeit ohne Eltern funktioniert auch schlecht...


    Viele Unserer SuS legen ein extrem asoziales Verhalten an den Tag und finden das völlig normal. Viele werden auch von den Eltern noch darin bestätigt.

    • Offizieller Beitrag

    Und 99% eurer Schüler mit so schlechten Noten entlassen, dass sie ohne Abschluss dastehen, würde dann gesamtgesellschaftlich weiterhelfen? Wie genau? Mehr Harz-4 Empfänger, aber immerhin welche mit "gerechten Noten"?! Super.


    Wenn sie durch "zu gute" Noten - man bedenke hier, dass die "Standards" auch nur willkürlich von Menschen festgesetzte solche und keine ehernen Naturgesetze sind - immerhin einen Abschluss hätten und damit eine vielleicht minimale Chance auf Vermittlung in einen Job: was ist daran schlechter, als lauter Menschen ohne Abschluss in die Welt, aka Sozialsysteme zu entlassen?


    Motivieren schlechtere Noten und Sitzenbleiben wirklich zu mehr Mitarbeit? Gibt es irgendeine Studie, die das belegt? Solche, die das Gegenteil belegen, kenne ich.


    Klar, es ist eine Urangst der Lehrer, dass durch "Noteninflation" "das Niveau" (was ist DAS Niveau??) gesenkt würde, in der Annahme "das Niveau" stünde in der Bibel als auch im Koran und sei unumstößlich. Diese Niveauabsenkung gilt es unbedingt zu verhindern. Man meint, man könne das durch das Vergeben schlechter Noten und Sizenbleiben erreichen. Dafür gibt es keinen Beleg, aber es wird daran festgehalten, als sei es der Strohhalm, an dem das Bestehen des Abendlandes hinge.


    Nicht, das ich es toll finde, wenn Schüler nicht mehr so viel auf die Reihe kriegen wie früher. Ich gelte nun wirklich auch nicht als Konfettilehrerin (Punke! Wer will Punkte!!) und bemühe mich um echte Herausforderungen im Unterricht - aber wenn es um die Wurst (den Abschluss) geht, kann es nicht sinnlos sein, im Sinne der Schüler zu entscheiden, solange wir kein besseres System als unsere scheinobjektiven Noten und "Standards" gefunden haben, und so lange man hier in der Gegend kaum noch einen Ausbildungsberuf mit "nur" mittlerer Reife bekommt. Vermittlungsquote Hauptschule: 15%.


    Nein, ich habe kein Rezept, das allem Übel abhilft. Ich weiß nur, dass reines "Aussieben" durch miese Noten kein Erfolgsrezept ist. Vielleicht wäre es einen Versuch wert, gar keine Noten mehr zu geben, um das Lernen-für-die-Note-und-für-die-Note-allein abszustellen und eben für was anderes lernen zu lernen. Hilft natürlich nicht bei den Pflänzchen, denen eh alles wurscht ist. Was hilft denen? Tja... vielleicht noch mehr persönlicher Zuspruch (=> Personal), vielleicht ein ganz anderer Fokus beim Lernen, vielleicht gar nichts.

  • Seit Jahren frage ich mich, woher eigentlich die Überzeugung kommt, dass durch das Curriculum die genaue Definition und Quantifizierung von "Leistung" erfolgt. In bösen Momenten ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass da wohl eher die fehlende Kompetenz der Kollegen eine Rolle spielt, die Genese von Curricula als gesellschaftlichen Diskurs zu durchschauen.

  • Same procedure as every century.... die Schüler sind furchtbar, faul und ungeeignet ...


    ...jaja...die Jugend von heute!


    und - by the way:


    Zitat


    "Die Jugend recht bilden ist etwas mehr als Troja erobern."


    Philipp Melanchthon (1497 - 1560)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • @Finchen, meine Ausführungen bezogen sich in erster Linie auf die Anfrage des TE und dieser arbeitet an einer Realschule.


    Du musst dich auch nicht rechtfertigen, du bist nicht die einzige, die an einer Brennpunktschule arbeitet. Ja, manchmal kann man am Sinn seiner Arbeit zweifeln. Wenn man aber anfängt darüber zu verzweifeln, nur noch auf Schüler und Eltern schimpft, schlechte Noten als einzige Chance sieht, zu reagieren- dann finde ich, sollte man darüber nachdenken, ob einem der Schultyp, an dem man arbeitet, wirklich liegt. Der eigenen Gesundheit zuliebe.


    Die meisten Klassenlehrer können sich ja deswegen durchsetzen, aufgrund ihrer Funktion, der Zeit, die sie mit den Schülern verbringen und der Konsequenz, die sie bislang haben walten lassen. Womit wir wieder beim Thema Beziehungsaufbau wären. Und wenn der Sozialpädagoge (oder wer auch immer) einer Schule nicht mal mit anwesendem Klassenlehrer ein Gespräch mit der Klasse führen kann, läuft in dieser Schule definitiv etwas falsch.

  • Hallo,


    was Pausenbrot sagt, finde ich ganz wichtig. Es ist vor allem Zeit und Zuwendung, die problematische Kinder brauchen, eben weil sie dies zu Hause nicht in erforderlichem Maße bekommen.
    Ich würde auch nicht auf die "Jugend von heute" schimpfen, sondern lieber auf "manche Eltern von heute".
    Ich arbeite an einer inklusiven Sekundarschule. In meiner Klasse haben ein gutes Drittel der Schüler sonderschulischen Förderbedarf. Dadurch sind fast durchgängig zwei Lehrer gleichzeitig in der Klasse. Dieses Teamteaching erlebe ich als sehr gewinnbringend. Nicht nur, dass während des laufenden Unterrichts doppelt so vielen Schülern individuelle Zuwendung geschenkt werden kann. Auch kann so viel mehr hoch differenziertes Material hergestellt werden. Und nicht zuletzt ist man permanent im Gespräch: über die Schüler, über die eigene Art zu unterrichten, ....
    Zusätzlich ist mir als ehemaliger Hauptschullehrerin aufgefallen, dass ich eigentlich schon immer Schüler unterrichtet habe, die - hätte man sie entsprechend getestet - eigentlich den Kriterien von Förderschülern entsprochen hätten. Mit einem "offiziellen Status" hätten sie der Schule mehr Lehrerstellen beschert, und man hätte ihnen mehr Zuwendung zukommen lassen können. Hier ehrlich zu sein ist dann doch allemal besser als Leistungen schön zu reden und - anstatt wirkliche Förderung zu betreiben - verhaltensauffällige Schüler, die wahrscheinlich tief in ihrem Innern wissen, dass sie den Ansprüchen nicht genügen und dies mit destruktivem Benehmen kompensieren müssen, in einem riesigen Kraftakt durch die Schulzeit zu zerren.
    Wenn man die Lehrerstellen trotzdem nicht bekommt (es gibt ja leider enorm viele unterbesetzte Schulen), dann sind meine Ausführungen natürlich völlig unbrauchbar.


    Frohe Weihnachten weiterhin wünscht
    Bine.

  • Für nicht erbrachte Leistungen oder Arbeit auf aller niedrigsem Niveau gute Noten verteilen? Welches Signal gebe ich den SuS denn damit? In meinen Augen nur, dass es in Ordnung ist, sich einen faulen Lenz zu machen und sich asozial zu benehmen. Will ich das? Nein!

    Ich kann den Frust verstehen aber andersrum gefragt ... wem schadest Du denn damit den fraglichen SuS trotz dürftiger Leistungen einen Abschluss zu geben? Die Ausbildungsbetriebe in den Lehrberufen haben doch alle ihre Einstellungstest. Gib den SuS doch wenigstens die Chance, sich mal irgendwo mit einem Zeugnis bewerben zu können. Wie weit sie damit kommen, ist noch mal ein ganz anderes Ding. Vielleicht ist aber einer von hundert oder so dabei, der dann beim Einstellungstest die Arschbacken zusammenkneift, wer weiss.

  • Mir wird angst und bange, wenn ich derartige Beiträge lese. Letztendlich führt all das zu einer Entwertung des Bildungssystems.


    Steigende Abiturientenquote und Abiturschnitte, Gesamtschulen, Inklusion, Abschaffung des Sitzenbleibens, ...

  • Was genau kannst du nicht nachvollziehen? Das Verschenken von Bildungsabschlüssen, wie es besonders in den neuen Bundesländern praktiziert wird, stellt natürlich eine Entwertung des Bildungssystems dar.

  • Das Verschenken von Bildungsabschlüsse, wie es besonders in den neuen Bundesländern praktiziert wird, stellt eine Entwertung des Bildungssystems dar.

    Welche Bildungsabschlüsse werden denn verschenkt? Ich denke, hier wird gerade über Äpfel und Birnen diskutiert. Ich bezog mich mit meinem Beitrag darauf, dass ich den Sinn nicht verstehe, wenn man einem Schüler das Abschlusszeugnis der Hauptschule verweigert oder verweigern möchte.


    Wie kommst Du eigentlich darauf, dass gerade in den "neuen" Bundesländern (halte ich sowieso für eine komisch Wortwahl im Jahre 2015) irgendwas verschenkt wird? Hast Du dafür Belege oder ist das nur so ein "Gefühl"? Ich könnte hier jetzt auch mal über mein "Gefühl" zum bayrischen Zentralabitur schreiben, ich hab's ja immerhin selber gemacht ...

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