DaF - Akkusativ/Dativ?

  • Ich greife hiermit nochmal das Thema von Paulchen auf. Dativ und Akkusativ zu erklären ist relativ leicht, solange man mit Präpositionen oder sogar Wechselpräpositionen arbeitet. Probleme ergeben sich aber, wenn keine Präpositionen vorhanden sind. Bsp.: 1. Ich besuche dich (Akkusativ) 2. Ich helfe dir (Dativ). Die Fragen wem und wen sind nicht verständlich für die Schüler
    Auch die grammatikalischen Erklärungen mit direktem und indirektem Objekt sind nicht sehr beliebt bei den Schülern. Dennoch ist die Sache noch ziemlich logisch beim Akkusativ. Aber warum es heißt: Ich helfe dir, aber ich unterstütze dich oder ich gratuliere dir aber ich beglückwünsche dich, ist rein grammatikalisch mit direktem und indirektem Objekt schwer zu erklären. Die Bedeutung der Verben ist sehr ähnlich und auch die Objekte sind für einen nicht Muttersprachler schwer zu unterscheiden als etwas anderes. Auch die Definitionen sind etwas schwammig. "Das Dativobjekt ist meist eine Person, die etwas empfängt" (auch im abstrakten Sinne, sie kann also auch sowas wie Vertrauen empfangen, nur keinen Besuch, denn das geht mit Akkusativ) und "das Akkusativobjekt ist das von der Handlung direkt betroffene Objekt". Schwer zu verstehen, warum im Beispielsatz Nr. 2 im Dativ, das Objekt "dir" nicht von dem Verb helfen direkt betroffen sein soll. Sicherheit bringt nur die Passiv Probe, aber das kann nicht die Lösung sein, von jedem Satz das Passiv zu bilden, um zu prüfen ob das Verb den Dativ oder Akkusativ verlangt. Ist das also der Grund warum diese Konstrukte mit direktem und indirektem Objekt so unbeliebt sind bei Schülern? Weil sie recht abstrakt sind und am Ende doch nicht alles erklären können? Mittlerweile denke ich, dass es keine schlüssige grammatikalische Erklärung gibt. Manche Verben verlangen einfach einen bestimmten Fall. Das macht die Sache für die Schüler nicht gerade einfacher.

    • Offizieller Beitrag

    Manche Verben verlangen einfach einen bestimmten Fall.

    Genau so erkläre ich es meinen Flüchtlingen, denn alle anderen Erklärungsansätze sind viel zu kompliziert.
    Wir erstellen Listen aus Texten und dann wird auswendig gelernt.
    Finden die gar nicht so schlecht.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Würde ich auch so machen. Wozu soll man sich in komplizierten linguistischen Überlegungen verlieren, die nur wenige verstehen und alle nach ein paar Tagen wieder vergessen haben. Das muss halt gelernt bzw. durch anhaltendes Sprachbad "aufgesogen" werden.
    Ich würde diesen "Problembereich" auch nicht überbewerten. Im Regelfall wird es durch eine Dativ/Akkusativverwechslung nicht zu einer nachhaltigen Störung der Kommunikation kommen.


    Verona Feldbusch hats weiland damit sogar zu ihrer eigenen Talkshow gebracht - was dann zu einer ikonisch gewordenen Werbung geführt hat: "11 88 0 - hier werden Sie geholfen".


    (Werde ich jetzt gesperrt, weil ich Werbung verbreite?)

  • :rofl:


    Sorry wenn ich mich als Nicht-Linguist hier mal ganz unqualifiziert einmische. Ich habe beim ersten Beitrag gerade wirklich ganz herzlich lachen müssen. Ich lerne in meiner Freizeit Japanisch und da stehen im Grammatikbuch auch immer so lustige Formulierungen wie die im Beitrag genannten drin. Ich sitze da immer und denke mir ... ich versteh die Erklärung ja nicht mal auf deutsch, wie soll ich das jetzt auf die Fremdsprache übertragen. Nach 10 Beispielsätzen hab ich das Prinzip in der Regel dann aber verstanden. Man darf - glaube ich - eine Fremdsprache gerade zu Beginn wirklich nicht zu technisch unterrichten. Ich finde das als Naturwissenschaftlerin ganz toll, eine Sprache technisch zu zerpflücken, aber oberste Priorität ist auch für mich immer erst mal nen Satz sagen können. Mach es wie Meike schreibt: es gilt erst mal das "ist-halt-so-Gesetz". ;)

  • Und wenn ich jetzt mal ganz ehrlich sein darf....die Probleme bestehen nicht nur im DaF und DaZ-Bereich. Ich habe mir bereits an 4. und 5. Klässlern die Zähne ausgebissen und vertrete langsam echt die Meinung: entweder man hat Sprachgefühl oder eben nicht. Da kann ich noch so oft erklären, üben, Sprachvorbild sein: viele, viiiiele meiner Speckgürtelkinder werden sozialisationsbedingt niemals Dativ und Akkusativ richtig anwenden können...

  • ... wobei Sprachgefühl und Sozialisierung schon zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind. Der absichtliche Nichtgebrauch gewisser grammatikalischer Regeln dient auch der absichtlichen Abgrenzung gegenüber anderen sozialen Gruppen (ist das grammatikalisch gerade korrekt?). ;)

  • Aha, ja. Glaub mir, meine Elternschaft macht das nicht zur Abgrenzung. Sie kann es einfach nicht besser. Es ist der Teufelskreis: geringes Bildungsniveau der Eltern, lesen den Kindern nicht vor, können nicht bei den Hausaufgaben helfen oder wenn, dann nur falsch, sprechen entsprechend verkürzt daheim ... und ich kann abertausende Mal nach dem Clown in "Der Junge gibt dem Clown die Hand." fragen lassen und beispielhaft selbst fragen- es wird immer "Wen?" bleiben. Aber ich schweife hier wieder ab. Grmpf.

  • Ein Scherz meines ehemaligen Deutsch Professors (ich bin Brite und habe Deutsch erst an der Uni gelernt)
    ** MIT VORSICHT ZU GENIESSEN **


    "Aller Verben, die mit einem Gehirnprozeß zu tun haben, sind akkusativ.


    ich denke an DICH
    ich vertue MICH
    ich kenne DICH


    AUSSER bei Verben, die nichts mit den Deutschen zu tun haben:


    ich verzeihe DIR
    ich vertraue DIR
    ich verspreche DIR"



    Spaß beiseite, ich kann als nicht Muttersprachler sagen, learning by doing anhand von Floskeln bringt viel mehr, als Sachen "reinzudrillen".

  • Aha, ja. Glaub mir, meine Elternschaft macht das nicht zur Abgrenzung. Sie kann es einfach nicht besser.

    Das glaube ich Dir sofort. Nur sprechen wir dann immer noch nicht von Sozialisierung, sondern - sofern sie es wirklich einfach nicht können - von mangelndem Intellekt bzw. das was Du eben als mangelndes Sprachgefühl bezeichnest. Wenn jemand nur aufgrund seiner Sozialisierung den Dativ/Akkusativ in der gesprochenen Sprache falsch benutzt, sollte er zumindest in der geschriebenen Sprache in der Lage sein, die Regeln richtig anzuwenden.

  • "Aller Verben, die mit einem Gehirnprozeß zu tun haben, sind akkusativ.
    ich denke an DICH
    ich vertue MICH
    ich kenne DICH

    Ich schlag DICH gleich! Pass bloß auf. Ich werde DEINER gedenken. :)

  • Zitat von Wollsocken

    Wenn jemand nur aufgrund seiner Sozialisierung den Dativ/Akkusativ in der gesprochenen Sprache falsch benutzt, sollte er zumindest in der geschriebenen Sprache in der Lage sein, die Regeln richtig anzuwenden.

    Och, Mensch! Ich versteh dieses Hickhack jetzt nicht. Ich würde ungern aus/mit Elternmails, Elternbriefen und Schülerschriftstücken zitieren und belegen - sie können es auch schriftlich nicht, weil sie dieses Sprachgefühl nicht haben. Für sie hört sich "Sie schüttelt DEN Clown die Hand." NICHT falsch an. Wen schüttle ich die Hand? Den Clown. Fertig. Immer und immer wieder.

  • Och, Mensch! Ich versteh dieses Hickhack jetzt nicht.

    Ruuuuhig ... Ich glaube, hier liegt gerade ein klassisches Mistverständnis vor ;) Ich bin voll bei Dir. Manche Leute bekommen es einfach nicht Gebacken mit der Grammatik. Für mich bedeutet nur offensichtlich "Sozialisierung" was anderes, als das, was Du gerade meinst. Vielleicht ist meine Interpretation des Begriffs aber auch falsch. Wie auch immer ... :rose:

  • Ich habe meinen Kids eine Liste gemacht, bei der sie nachschauen können, was wohin kommt. Die Fragen stehen immer dabei. Obwohl ich an einer Schule L arbeite, schleift sich die Verwendung so langsam ein. Die Fragen sind hier wirklich immer wichtig. Man muss wirklich sehr lange und zäh am Ball bleiben, dann klappt es meist. Zudem habe ich die Fälle immer in der gleichen Farbe markiert, so dass die Kids wissen z.B Dativ= rot. Die Fälle hängen an meiner großen Filztafel, so, dass ich immer darauf verweisen kann. Wir tauschen dann nur einfach aus. Z.B statt Nomen Personalpronomen usw. Das hat auch den Vorteil, dass wir die Kärtchen immer abnehmen und sie spielerisch wieder an die richtige Stelle hängen können. Dazu gibt es jede Menge Arbeitsblätter, die das Thema aufgreifen.


    https://de.islcollective.com/r…onomen-grundstufe-a2/4465


    Hier gibt es die Regeln und auch Übungen:
    http://deutsch-als-fremdsprach…matik.de/DaF/pronomen.pdf

  • Wir führen die Verben gleich entsprechend ein: jemanden kennen, jemandem etwas glauben...


    Als nicht DaFler, der derzeit DaF unterrichtet finde ich es hochgradig spannend auf diese Art über unsere Sprache nachzudenken und dann mit den Kollegen, die Deutsch als Zweitsprache gelernt haben, zu diskutieren. Oft kommen dann so Aussagen wie: Versuch es nicht zu erklären, das muss einfach mitgelernt werden.

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Meine SuS lernen chunks mit Eselsbrücken.... auf dem Tisch, auf dem Bett, in der Küche etc (wo?-Dativ; wohin?-Akkusativ). Deutsch lernen funktioniert ja nicht anders als jede x-beliebige Fremdsprache zu lernen, im Grund genommen.


    Meinen Syrern gebe ich aber noch die entsprechende Grammatikerklärung in arabischer Schrift mit, weil die gerne mit Mama und/oder Papa zu Hause lernen möchten.


    Das schlimmste was man machen kann, ist die ollen Fragen zu den 4 Fällen zu stellen. Das schaffen die nicht, weil man dazu ein intuitives Sprachgefühl brauch, was nur Muttersprachler besitzen.... oder besitzen sollten.

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