Lehramt Gymnasium

  • Guten Tag liebe Forumsmitglieder,


    ich bin sehr dankbar, dass ich hier meine Frage stellen darf, welche mir vllt bei der Entscheidung hilft. Mir ist bewusst, dass ihr nicht für mich entscheiden könnt und das ich das für mich alleine tun muss - aber schaden wird es wohl auch nicht :)


    Ich bin 24 Jahre alt und studiere momentan im 3. Semester Maschinenbau dual, also in Kooperation mit einer Firma. Irgendwie liegt mir die Tätigkeit nicht so wirklich, ich komme nicht an und es befriedigt mich nicht, dass ich den ganzen Tag nur vor dem PC sitze. Generell liegt es mir nicht ein Produkt zu schnell, billig wie möglich unter Zeitdruck zu erstellen, da ich dem Konsum kritisch gegenüberstehe, aber in meinem Beruf nichts anderes mache. Ich weis, dass es mit Maschinenbau viele Branchen gibt, aber wenn ich die Stelle früher oder später schon wechsele, wäre ein Wechsel auf Lehramt vllt dennoch sinnvoller.
    Ich habe bereits vor dem Studium das zweiwöchige Orientierungspraktikum absolviert. Es hat mir gut gefallen und ich durfte sogar unterrichten. Die Lehrer dort haben bestätigt, dass ich Selbstvertrauen ausstrahle und mir die Lehrertätigkeit zutraubar wäre.
    Dennoch habe ich mich damals für den leichteren Weg (finanziell gesehen) entschieden, und ich hadere sehr damit. Ich bin mir unsicher, ob es nicht jetzt der richtige Zeitpunkt wäre doch noch das Lehramtstudium zu machen, jedoch traue ich mich nicht ganz es zu wagen, da es nun finanziell nochmal schwieriger ist, das Studium zu kündigen.


    Warum ich mich damals dagegen entschieden habe war, dass es mir Sorgen bereitete, nach 10-15 Berufsjahren die Motivation für das Klassenzimmer nicht mehr aufbringen zu können, wenn man eine immer größere Distanz zu den Jugendlichen bekommt. Solche Persönlichkeiten habe ich auch in meinem Praktikum kennengelernt. Und auch aus meiner Schulzeit kenne ich Lehrer, denen im Laufe der Jahre der positive Blick auf die Lehrertätigkeit abhanden gekommen ist und daran zu Grunde gehen. Ein Weiterer Grund dafür war, dass ein Freund von mir nach seiner Kaufmannsausbildung Lehramt studiert hat und nach dem Praktikumssemester gesagt hat, dass es eine Katastrophe war und er wieder in das Büro will. Ich habe einfach Sorgen, dass es mir genauso geht. Das wäre natürlich worst case.
    Privat leite ich schon seit längerem sportlich eine Jugendgruppe und weis, dass mir der Umgang mit jungen Menschen Spaß macht. Prinzipiell glaube ich nicht, dass es mir einmal so gehen wird, aber es ist eben auch Fakt, dass es vielen Lehrern so ergeht.


    Würdet ihr zur heutigen Zeit das Studium nochmal machen? Seit ihr zufrieden mit dem Beruf?


    Vielen Dank und liebe Grüße Peter

  • Falls es sich bei Dir um NRW handelt: Ich habe einige Kollegen, die direkt nach dem Studium (Bsc. Maschinenbau) den Quereinstieg ins Berufskolleg gemacht haben. Ich selbst habe es nach einem FH-Studium und einigen Jahren Berufstätigkeit gewagt. Es gibt extra ein Programm für diese Zielgruppe, die dann die Fächer Maschinentechnik/Fertigungstechnik oder MT mit Mathe oder so unterrichten. Dann wäre es sinnvoll, das Studium durchzuziehen und anschließend den Quereinstieg zu wagen.


    Schau mal hier: https://www.schulministerium.n…EOTexte/Erlasse/FH_BK.pdf

  • Ich hatte 1999 mein Lehramtsstudium für die Primastufe abgeschlossen, dort jedoch nie eine feste Stelle bekommen. Da ich 2000 mein erstes Kind bekam, musste ich Geld verdienen und wünschte mir eine langfristige Perspektive. Ich wechselte ins Hauptschulkapitel, da es nur dort sofort unbefristete Stellen mit Verbeamtung für mich gab.
    Ich bin direkt ins kalte Wasser gesprungen (Brennpunktschule, sofortiger Unterricht in Klasse 10). Ich war mit Abstand die Jüngste (zweitjüngste Kollegin 15 Jahre älter als ich) und wurde von niemandem wirklich ernst genommen. Am liebsten hätte ich alles hingeschmissen und das studiert, was ursprünglich mein Traum war: Medizin. Aber von welchem Geld? Also habe ich gekämpft und dabei in der Regel inkl. persönlicher Fortbildung 60 Stunden pro Wochen gearbeitet. Und das hat sich gelohnt. Schon nach wenigen Jahren bin ich statt mit Bauchschmerzen jeden Morgen gern zur Arbeit gefahren.
    Heute - mit 39 - möchte ich nichts anderes mehr machen. Das Beruf macht mir mit jedem Jahr mehr Spaß, und trotz ständiger Neuerungen (z.B. Inklusion), dreier Korrekturfächer und dem Einsatz an einer neu gegründeten Sekundarschule schaffe ich es, Vollzeit zu arbeiten und Mutter von vier Kindern zu sein.
    Dass ich jetzt während meiner fünften Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot habe, macht mir zwar sehr zu schaffen. Aber das ist ja nur vorübergehend, und ich hoffe, ich komme bald wieder "in Form".
    Lange Rede, erschreckend kurzer Sinn: Ich bin fest davon überzeugt, dass du nie den Spaß am Lehrerberuf verlieren wirst, wenn du bereit bist, ständig an dir zu arbeiten und offen für Neues bleibst. Man ist auch meines Erachtens nach dem Referendariat nicht "fertig", sondern dann fängst du erst an, der Lehrer zu werden, der du sein willst. Mit deinen 24 Jahren bist du definitiv noch jung genug dafür!

  • Vielen Dank schon mal für die Antworten. Also ich komme aus bw. Macht man dann für den Quereinstieg nach dem Bachelor den Master of Education?
    (Ich studiere B. Eng an der dualen Hochschule BW, Ich weiß nicht wie das eingestuft wird).
    Eigentlich möchte ich aber unbedingt ein geisteswissenschaftliches Fach unterrichten. Physik Geschichte Stelle ich mir sehr interessant vor und ich möchte eher keine Fächer unterrichten, die mich selbst nicht begeistern. (Fertigungstechnik).
    Vielen Dank Binemei für deine Antwort, das ermutigt mich. Dann heißt es jetzt wohl wagen, oder nicht wagen.
    Freue mich über weitere Anregungen.


    Grüße Peter


  • Eigentlich möchte ich aber unbedingt ein geisteswissenschaftliches Fach unterrichten. Physik Geschichte Stelle ich mir sehr interessant vor und ich möchte eher keine Fächer unterrichten, die mich selbst nicht begeistern. (Fertigungstechnik).

    Bitte bedenke: Mit Begeisterung ist das so eine Sache. Mag sein, dass du Geschichte und Physik spannend findest. Für die meisten Schüler gilt das eher nicht. Unterrichtest du dagegen in einem Fach wie Fertigungstechnik oder Maschinenbau, dann hast du zumindest eine Auswahl an Schülern, die sich genau für so eine Richtung entschieden haben und bei denen du auf Interesse stößt.


    Mal abgesehen davon bist du, wenn du solche Fächer unterrichten kannst, natürlich sehr begehrt. Lehrer für Maschinenbau werden (am Berufskolleg) händeringend gesucht.


    Deine andere Frage: Ja, je älter man wird, desto weiter sind die Schüler von der eigenen Lebenswelt weg. Ich finde das nicht schlimm, im Gegenteil, es hilft ungemein, Privates und Berufliches auseinanderzuhalten. Ansonsten ist es wie in jedem anderen Beruf auch: Es hängt sehr von einem selbst ab. Immer wieder etwas Neues probieren kann man auch als Lehrer. Langeweile ist eher in einem selbst als außen.


    Es gibt hier irgendwo einen Thread mit einem ähnlichen Thema, auch jemand mit dualem Studium. Findest du bestimmt.


    Schwierig, so eine Entscheidung. 3. Semester schon geschafft? So aus dem Bauch würde ich sagen: Lieber fertig machen, nachher kannst du weitersehen.

  • Ein Weiterer Grund dafür war, dass ein Freund von mir nach seiner Kaufmannsausbildung Lehramt studiert hat und nach dem Praktikumssemester gesagt hat, dass es eine Katastrophe war und er wieder in das Büro will. Ich habe einfach Sorgen, dass es mir genauso geht. Das wäre natürlich worst case.
    Privat leite ich schon seit längerem sportlich eine Jugendgruppe und weis, dass mir der Umgang mit jungen Menschen Spaß macht. Prinzipiell glaube ich nicht, dass es mir einmal so gehen wird, aber es ist eben auch Fakt, dass es vielen Lehrern so ergeht.

    Es hat schon seine Gründe, warum jemand die Arbeit in einem Büro vorzieht. Es sind nicht die Jugendlichen, die das Problem darstellen. Die meisten sind, zumindest am Gymnasium, ganz in Ordnung. Auch Eltern finde ich nicht schlimm. Das Problem sind die Rahmenbedingungen an der Schule.
    Die Schulleitung ist eine Position vergleichbar mit einem absolutistischen Herrscher, viel schlimmer als das in der Wirtschaft möglich ist, wo man Personalräte hat, die für die Rechte der Arbeitnehmer eintreten. An Schulen hat man fast immer Personalräte, die ihre Aufgabe eher darin sehen, Glückwunschgeschenke zu allerlei Anlässen zu besorgen.
    Auch wenn Du zum Beispiel Teilzeit arbeiten möchtest später mal aus irgendwelchen Gründen, dann ist der Lehrerberuf der denkbar schlechteste. Du kannst eigentlich nur Vollzeit arbeiten oder du zahlst drauf, weil Du trotz Teilzeit an tausenden sogenannten unteilbaren Aufgaben (die natürlich per se nicht unteilbar sind, aber aus Ausbeutungsgründen so definiert werden) teilnehmen musst und im Endeffekt für eine 3/4 Stelle arbeitetest und eine 1/2 Stelle bezahlt bekommst.
    Dass Du mit Jugendlichen gut kannst ist eigentlich gar nicht so entscheident, ich habe auch gedacht, dass das Unterrichten das Wichtigste sei. Dem ist aber nicht so, das Unterrichten läuft so nebenbei. Das finde ich sehr demotivierend, wenn es doch das ist, warum man Lehrer geworden ist. Ich weiß nicht ob es früher anders war, aber von Kerngeschäft braucht man da heute nicht mehr reden.
    Es interessiert auch schlicht keinen, ob Du einen Großteil deiner als Beamter wöchentlich zu leistenden Stunden in Unterrichtsvorbereitung und damit anspruchsvollen, durchdachten Unterricht steckst.
    Viel wichtiger in dem Beruf ist, den Unterricht ganz marginal zu gestalten, aber immerhin so, dass es keine Elternbeschwerden gibt, und mit den gewonnenen Zeit irgendwelche Zusatzangebote zu liefern oder irgendwelche, meist unsinnigen Arbeitsgruppen zu besuchen und dadurch als engagiert zu gelten. Im Sinne nachhaltigen Lernens ist das nicht, aber solche Kollegen haben extreme Vorteile gegenüber denen, die "nur" einen gut durchdachten Unterricht liefern.

  • Nur ein kleiner Tipp von mir Peter222:


    lass dich bloß nicht von so einer extrem negativen Einzelmeinung wie der von firelilly abschrecken.
    Das sind die Kolleg/innen, die einem jedesmal den ganzen Tag verderben können. :neenee::flieh:

  • Die Schulleitung ist eine Position vergleichbar mit einem absolutistischen Herrscher

    Naja, das ist schon übertrieben.

    Nur ein kleiner Tipp von mir Peter222:


    lass dich bloß nicht von so einer extrem negativen Einzelmeinung wie der von firelilly abschrecken.
    Das sind die Kolleg/innen, die einem jedesmal den ganzen Tag verderben können. :neenee::flieh:

    Aber insgesamt hat Firelilly schon ein bisschen recht. Dass es für eine Schule und damit auch für den einzelnen Lehrer heutzutage wichtiger ist, möglichst oft in der Zeitung zu stehen (und zwar im Kontext von "Preis gewonnen", "Projekt" und "Auszeichnung" und nicht etwa im Zusammenhang mit "Suizid", "Mobbingfall" oder "Missbrauchsskandal", notabene!) als gescheiten Unterricht zu machen, ist wohl unbestritten. Desgleichen die Tatsache, dass Teilzeit sinnvoll nur für idealistische GutverdienerInnengattInnen möglich ist.


    Viel wichtiger in dem Beruf ist, den Unterricht ganz marginal zu gestalten, aber immerhin so, dass es keine Elternbeschwerden gibt, und mit den gewonnenen Zeit irgendwelche Zusatzangebote zu liefern oder irgendwelche, meist unsinnigen Arbeitsgruppen zu besuchen und dadurch als engagiert zu gelten. Im Sinne nachhaltigen Lernens ist das nicht, aber solche Kollegen haben extreme Vorteile gegenüber denen, die "nur" einen gut durchdachten Unterricht liefern.

    Das alte Problem: Den gut durchdachten Unterricht sieht halt keiner.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Nur ein kleiner Tipp von mir Peter222:


    lass dich bloß nicht von so einer extrem negativen Einzelmeinung wie der von firelilly abschrecken.
    Das sind die Kolleg/innen, die einem jedesmal den ganzen Tag verderben können. :neenee::flieh:

    Ich habe extrem viel Spaß am unterrichten, beim Erklären von Modellen, beim Experimentieren mit den Schülern. Ich habe eine negative Einstellung gegenüber den Rahmenbedingungen, die mir das Unterrichten erschweren anstatt den Rücken frei machen dafür, dass ich mich voll den Schülern und dem Unterricht widmen kann.
    Und das sollte eine Anfänger wissen. Ich bin auch in dem Glauben in die Schule gegangen, dass das Wichtigste sei den Schülern etwas beizubringen. Das ist es aber nicht, wichtiger ist es beim Tag der offenen Tür eine Show zu machen, zig Nachmittagsangebote zu geben, in irgendwelchen Gruppen irgendwelche unnötigen Änderungen zu bekakeln, mehrere Stunden in Lehrerkonferenzen zu sitzen, obwohl ein Rundbrief + ein Treffen zur Abstimmung gereicht hätte und damit mehrere Stunden gespart hätte usw.
    Mir verderben ehrlich gesagt Kolleginnen den Tag, die mit meinen Klassen ständig auf Ausflügen sind (wo die SuS einen Tag rumdödeln und fast nichts lernen) und sich dafür feiern lassen, in jeder Steuerungsgruppe mitmischen und den Ton angeben, und dann aber in Biologie den Schülern so einen bullshit vermitteln, dass ich als Chemielehrerin erstmal Stunden darauf verwenden muss das richtig zu stellen. Das kommt eben davon, wenn man auf zu vielen Hochzeiten tanzt und sich vornehmlich um andere Dinge als den Unterricht kümmert.
    Und ja, mich regt es auch auf, wenn von mir Professionalität gefordert wird, aber ich finanziell schlechter ausgestattet bin als das kleinste Büro.
    Farbkopien? Wo kämen wir da denn hin! Personal um aufzuräumen, Geräte zu reinigen und warten, eine Sekretärin oder ein Azubi um Sachen für mich zu kopieren oder auszuschneiden? Bei anderen Akademikern normal, im Schulalltag geradezu verpönt da auch nur darüber nachzudenken.
    Tja, all das würde professionelles Arbeiten ermöglichen. Dann könnte man sich voll den Dingen widmen, für die man Akademiker braucht: Komplizierte Sachverhalte didaktisch zu reduzieren, sich um Planung von Unterricht Gedanken zu machen, Schüler beraten, Schüler auch über den Unterricht hinaus fördern etc.
    Komisch, dass mein Onkel (seines Zeichens Chirurg) anscheinend so wertvolle Arbeit im OP leistet, dass man ihm alles andere durch geringer qualifizierteres Personal hinterher trägt (Reinigung und Vorbereitung des OP-Saals, Wartung der Geräte usw.), damit er sich in seiner Arbeitszeit voll auf die Dinge konzentrieren kann, für die man seine hohe Qualifikation benötigt.
    Der Lehrer scheint hingegen auch gleichzeitig Sekretärin, Erzieherin, Kinderpflegerin, Hausmeisterin usw. in einem zu sein, weil man seine Arbeit nicht für so wichtig erachtet, dass man ihn sich voll auf seine Expertise konzentrieren lassen sollte.
    Es ist für so viele Dinge Geld da, aber mal einen gering qualifizierten Mitarbeiter einzustellen, der einfache Arbeiten wie Kopieren, Laminieren, Beaufsichtigen von SuS in der Mittagspause, Begleiten von SuS auf Aktionen wie dem Klettergarten, übernimmt, damit man das enorme Pensum an Unterricht und Korrekturarbeiten (was eben niemand ohne Fachstudium übernehmen könnte!) sinnvoll erledigen kann, kommt kategorisch nicht in Frage.
    Und dann als Schulleitung von Professionalität sprechen, sowas von lachhaft. Wie die einen dann angucken, wenn man sagt: Nein, das übernehme ich nicht, ich muss noch einen Versuch abbauen, die Schwermetalle ausfällen und die Schwefelsäure neutralisieren.


    Sollen sie doch jemanden einstellen, der das für mich macht, dann habe ich Zeit zur Verfügung und kann die Spirenzchen mitmachen.

  • Firelilly hat mit vielem Recht. Allerdings sind viele Aspekte auch von der jeweiligen Schule abhängig.

    Die Schulleitung ist eine Position vergleichbar mit einem absolutistischen Herrscher, viel schlimmer als das in der Wirtschaft möglich ist, wo man Personalräte hat, die für die Rechte der Arbeitnehmer eintreten. An Schulen hat man fast immer Personalräte, die ihre Aufgabe eher darin sehen, Glückwunschgeschenke zu allerlei Anlässen zu besorgen.

    Soetwas kann sein, muss aber nicht. Es gibt genügend Schulen, die über qualifizierte Schulleitungen und entsprechende Personalräte verfügen, so dass ein gutes Schulklima herrscht und man gut arbeiten kann.

  • Geh auch mal bei der Studienberatung vorbei. Als Maschbauer hast du ja in der Regel sehr früh sehr lange Praktika gemacht. Vielleicht ist ja auch der direkte Wechsel in das Berufsschullehramt möglich.


    Lehrer ist ein toller Job. Allerdings sind die Arbeitsbedingungen in der Schule doch sehr anders als in einer Maschinenbaufirma. Einiges ist schlechter (Arbeitsmaterialien, Ausstattung, Bezahlung, etc.), einiges besser ("Kunden"kontakt, Sicherheit, Teilzeitmöglichkeiten, etc.).


    Falls du dich doch entscheidest bei deinem jetzigen Studium zu bleiben, dann gibt es neben dem Quereinstieg in die Berufsschule später ggf. auch die Möglichkeit auf einen Aufgabenbereich in der betrieblichen Bildung hinzuarbeiten. Das ist natürlich schwer planbar und hängt von der Firma, deinem Netzwerk, deinem Tätigkeitsbereich, den sich eröffnenden Jobs/Positionen, etc. ab.

  • An firelilly -
    finde ich interessant - mir ist Schule oft viel zu basisdemokratisch, wenn ich anmahne, dass in der Wirtschaft ein Chef die Entscheidung einfach fällen würde, werde ich oft ermahnt - bei Lehrers muss das diskutiert werden. Und das kann dann oft dauern.... Habe ich so in der Wirtschaft nie erlebt. Da wurde ich zwar auch um meine Meinung zur Sache gebeten, manche Dinge wurden auch vom Team in Mehrheitsabstimmung entschieden, das Gros der Entscheidungen urde aber auf GF-Ebene gefällt.


    Jeder Lehrer hat die Möglichkeit, an seiner Schule das Prinzip "Guter Unterricht zählt und muss mehr geschätzt werden" zu stärken - eben über die Diskussionen, über kollegiales Feedback, offenen Unterricht, Schüler und Elternfeedbacks, Verstärkung der Fobis im unterrichtlichen Bereich, ...
    Ich habe sogar den Eindruck, dass viele Schulleiter es durchaus schätzen, wenn man sie daran erinnert, dass Unterricht der Hauptzweck ist.
    Nur mit moosern, liebe Lilly, wirst du nichts erreichen, wenn du aber Mitstreiter findest hat dein Anliegen gute Aussichten.


    Dass die NWTler besonders geschlagen sind mit Vor- und Nachbereitungen ist mir bewusst. Ich kenne es so, dass die Fachschaften dafür aber durchaus Poolstunden verteilen können. Dieselbe Zeit verbringt dann aber der Deutschkollege mit den zusätzlichen Gutachten beim Abi, der Geschichtslehrer mit Aktionen zu Erinnerungstagen (Europatag gestalten etc - bleibt bei uns immer bei der G-Fachschaft hängen...) und so hat jeder sein Päckchen zu tragen. Wenn du das zu ungerecht verteilt findest, würde ich auch da einen Fachschaftsentscheid herbeiführen - die SL kann Lehrer durchaus entlasten (allerdings nicht mit Assistenten und Sekräteren).

  • Du kannst eigentlich nur Vollzeit arbeiten oder du zahlst drauf, weil Du trotz Teilzeit an tausenden sogenannten unteilbaren Aufgaben (die natürlich per se nicht unteilbar sind, aber aus Ausbeutungsgründen so definiert werden) teilnehmen musst und im Endeffekt für eine 3/4 Stelle arbeitetest und eine 1/2 Stelle bezahlt bekommst.

    Das hängt ganz stark vom Organisationstalent des Stundenplaners ab. Unserer schafft es eigentlich immer, mir bei einem 86 % Pensum einen freien Tag pro Woche freizuschaufeln. Was die Anwesenheitspflicht an Konventen etc. betrifft, gilt an vielen Schulen die "pro-rata-temporis-Regelung". Kann man also nicht pauschalisieren. Wenn das schlecht läuft, läuft es an der jeweiligen Schule schlecht, aber nicht allgemein.



    Das ist es aber nicht, wichtiger ist es beim Tag der offenen Tür eine Show zu machen, zig Nachmittagsangebote zu geben, in irgendwelchen Gruppen irgendwelche unnötigen Änderungen zu bekakeln, mehrere Stunden in Lehrerkonferenzen zu sitzen, obwohl ein Rundbrief + ein Treffen zur Abstimmung gereicht hätte und damit mehrere Stunden gespart hätte usw.

    Auch das hängt von der jeweiligen Schule ab, und wie "prestigegeil" man dort im Allgemeinen ist. Ich kenne da beides. Habe aus diversen Gründen an meiner alten, "prestigegeilen" Schule gekündigt. Übrigens ... in der ach so hochgelobten freien Wirtschaft geht es nicht selten auch nur darum. So ein Gruppenleiter bei der Roche in der Forschungsabteilung rennt auch nur von einer Konferenz zur nächsten. Da sind mir unsere sinnlos-im-Kreis-Diskussionen an der Schule irgendwie lieber ... die muss ich zur Not nicht ernst nehmen. ;)

  • @Stille Mitleserin
    Bei uns sieht die Schulleitung es als normal an, dass man guten Unterricht machen muss. Da zählt nur, was darüber hinaus an Zusatzleistungen kommt.
    Übrigens stehen Kollegen besser da, die allerlei Zirkus veranstalten und dann regelmässig krank sind (bzw. krank machen). Wir dürfen das dann vertreten und kriegen hinterher noch an die Backe "Kollegin XY organisiert zusätzlich am Freitag Nachmittag den YZ Wettbewerb". Ja, dafür ist die gute halt gleich mal Montag krank. Wer ist immer da und zieht ihren Unterricht durch? Tja, dreimal kannst du raten.


    Bei uns gibt weder die Fachschaftsleitung noch die Sammlungsleitung Entlastungsstunden. In einem Fach ist eine Person sogar Sammlungsleitung und Fachleitung gleichzeitig und bekommt folglich gar keine Entlastungsstunden für die wirklich umfangreiche Tätigkeit.
    Man muss dazu sagen, dass die Sammlungen aber auch dementsprechend aussehen. Was dazu führt, dass die NW-Fachschaften gerne Schulentwicklungstage nutzen würden um, wenn sie schon keine Stunden bekommen, an diesen etwas gemeinsam als Fachschaft für die Sammlung zu tun. Das verbessert natürlich den Unterricht enorm, wenn die Sammlung aufbereitet wird. Stattdessen arbeitet man an irgendwelchen dummen pädagogischen Konzepten, trägt den Müll vor und am Ende kommt eh nichts sinnvolles raus. Aber man kann sich den Mund fusselig reden, Schulentwicklungstage hätten eben nichts mit Sammlung aufräumen zutun.


    Wie gesagt, die Schüler sind wirklich toll und ich würde einfach gerne mein Ding machen. Guten Unterricht, Schüler auch nach dem Unterricht beraten, das ein oder andere Experiment für einen Wettbewerb zusammen testen.
    Aber lasst mich doch einfach in Ruhe mit der ganzen Schulentwicklungskacke, den erzwungenen Begleitungen für Klassenfahrten und Wandertagen, den tausenden Elternabenden (fremder, nicht der eigenen Klasse, da seh ichs ein!) wo man als Nebenfachlehrer, weil die Kinder begeistert erzählen was da für Experimente laufen, eingeladen wird, weil die Eltern einen mal sehen wollen, man dann extra anfährt um dann 2 Minuten zu sagen "Hallo ich bin XY, ich unterrichte Chemie. Wir machen das und das, es läuft gut, die Kinder sind gut dabei...bla) und dafür sein Training absagen muss, was eigentlich jede Woche an dem Abend stattfindet.
    Und hat man dann mal Wettkämpfe dann heißt es "Sie müssen zum Elternabend, wenn Sie geladen sind, es ist ihre Dienstpflicht". Es wird über mein Privatleben am Abend bestimmt als wäre ich ein Leibeigener, sinnvoll Sport mit Wettkämpfe ist nicht möglich. All solche Dinge sind es, die es einem richtig verleiden. Ich wäre gerne mein eigener Herr und ich bin mit Sicherheit nicht faul, ich mache einiges für den Unterricht und beteilige mich auch an außerunterrichtlichen Dingen. Aber an Dingen, die ich mir aussuche, die mir in mein Konzept und in meinen Zeitplan passen. Diese Fremdbestimmtheit habe ich so extrem noch nicht erlebt, weder als ich im Studium gejobbt habe, noch in der Forschung. Da kriegt man auch vom Chef mal zu hören, machen Sie XY. Aber Feierabend war Feierabend. Nie wär man da auf die Idee gekommen mich donnerstags abends um 20.00 Uhr, wo ich beim Leistungssport bin, einzubestellen.
    Auch ist man nicht auf die Idee gekommen meinen Einsatzplan einfach so zu verändern. Es wird einem ja einfach alles diktiert als Lehrer und als Beamter ist eigentlich ALLES Dienstpflicht.

  • "Das hängt ganz stark vom Organisationstalent des Stundenplaners ab. Unserer schafft es eigentlich immer, mir bei einem 86 % Pensum einen freien Tag pro Woche freizuschaufeln. Was die Anwesenheitspflicht an Konventen etc. betrifft, gilt an vielen Schulen die "pro-rata-temporis-Regelung". Kann man also nicht pauschalisieren. Wenn das schlecht läuft, läuft es an der jeweiligen Schule schlecht, aber nicht allgemein."


    Dieser freie Tag schützt weder vor Elternabenden, noch vor Fachschaftssitzungen, noch vor Lehrerkonferenzen, noch vor Schulentwicklungstagen, noch vor Projektwochen, noch vor pädagogischen Konferenzen, noch vor Zeugniskonferenzen, noch vor nachmittäglichen Klassenfesten, noch vor Informationsveranstaltungen auf denen man etwas vortragen soll, noch vor Klassenfahrten.. alles unteilbare Aufgaben. Dann hat man im Endeffekt zwar nur einen Mini Termin am Tag, aber allein mit der Fahrerei, dem Zurechtmachen usw. geht da so viel Zeit rein, dass man auch gleich noch ein paar Stunden hätte unterrichten können. Freie Tage sind der Schule nicht heilig. Als ich im Studium gejobbt habe, habe ich meinen Schichtplan bekommen. Und der galt. Ohne Firlefanz. Nicht einmal ist es vorgekommen, dass man mich da am freien Tag behelligt hätte.
    Lehrerberuf und Teilzeit geht nicht. Man muss als Beamter immer, zu jeder Tag und Abend Zeit abrufbar sein. Freier Tag hin oder her, Feierabend hin oder her. Mein Trainer ist drauf und dran mich aus der Mannschaft zu nehmen, weil ich aufgrund von Elternabenden, Tagen der offenen Tür und tausend anderen Dingen einfach zu unberechenbar bin. Ich kann ihm ja überhaupt keine langfristige Auskunft geben. Es kann sein, dass ich plötzlich wieder irgendwo vorgeladen werden von Eltern und dann muss ich nächste Woche da hin.

  • @Firelilly So scheisse wie Du Deine Schulleitung findest ... wieso kümmerst Du Dich nicht um eine Versetzung? So viel Energie wie Du ins Meckern verschwendest ist echt nicht gesund. Sieh zu, dass Du woanders unterkommst, wo es besser für Dich ist. Das mein ich toternst, ganz ohne Ironie und so.

  • Weißt du, Firelilly, ich möchte der Stillen Mitleserin hier zustimmen.
    In der Sache hast du ja überhaupt nicht unrecht. Die Rahmenbedingungen sind manchmal wirklich übel und dass man oft genug seine (vom Staat teuer bezahlte) Arbeitszeit mit Tätigkeiten verbringen muss, die streng genommen nicht ins eigene Aufgabengebiet fallen, ist eigentlich ein Skandal, den man dem Steuerbezahler mal so richtig bewusst machen muss.
    Das Problem ist in der Regel der larmoyante Ton, in dem du deine Kritik vorbringst, gepaart mit dem Nimbus des Naturwisschenschaftlers. Die Lösungsansätze, die du vorschlägst, sind reine Trotzreaktionen, die nichts an der Grundsituation verändern.
    Wenn euer PR ein typischer Freud&Leid-PR ist, wie es sie leider tatsächlich allzu häufig gibt, dann lass dich bei der nächsten Wahl aufstellen. Lies dich schon jetzt in die Mitbestimmungsrechte der Gesamtkonferenz in deinem BL ein und tritt dem PR kräftig in den Hintern, diese einzufordern, indem er Personalversammlungen zur Vorbereitung von entsprechenden Anträgen einberuft. Und wenn er zu träge/unfähig/schulleitungsnah ist, um das umzusetzen, dann stell die verdammten Anträge selbst. Am besten auf Basis von fundierter Kenntnis des Schul- und Beamtenrechts deines Bundeslandes, nicht nur mit ein paar falsch verwendeten Schlagwörtern in der Hinterhand ("Remonstration"). Vielleicht erstmal auf Fachkonferenzen zu Themen, die deine Fächer betreffen, um dich dann zur Gesamtkonferenz und zu allgemeinen Themen vorzuarbeiten.
    Such dir Verstärkung durch die Gewerkschaft - ihr habt doch sicher einen GEW-Obmann an eurer Schule.
    Zeig deinem Schulleiter, dass du konstruktive, durchdachte Verbesserungsvorschläge hast und die Prozesse kennst, mit denen du sie durchsetzen kannst, dann ist er vielleicht auch bereit, etwas zu ändern. Auf trotziges Jammern und auf Verweigerungshaltung wird er nicht reagieren. Würde ich auch nicht.
    Übrigens sind manche Kollegen genau deswegen in allen Steuergruppen, weil sie da an der Position sind, die Schule in ihrem Sinne zu gestalten. Auch DAS ist nämlich Schulentwicklung. Wenn dies aber pauschal als "Schulentwicklungskacke" abtut, ohne sich damit zu beschäftigen und die Gestaltungsmöglichkeiten auszuloten, dann disqualifiziert man sich als Akademiker einfach nur selbst.
    Ich möchte eigentlich in keinem Job arbeiten, in dem ich den Arbeitsplatz, die "Firmenphilospohie" und die Arbeitsbedingungen nicht aktiv mitgestalten kann. Aber vielleicht bist du ja zufrieden damit, einfach nur tumber Erfüllungsgehilfe zu sein. Aber so wirken deine Posts halt nicht.
    Dann bleibt dir eigenlich als Alternative nur, diesen furchtbaren Ausbeuterjob hinzuwerfen und dir einen Job im locus amoenus der freien Wirtschaft zu suchen, wo in der Kantine Milch und Honig fließen und gut gebaute Masseure dir mit nacktem Oberkörper die Schultenr massieren, wenn sie vom Bücken über topmodern ausgestatteten Labortischen angespannt sind. Wo der Chef dich fragt, wann es genehm ist, zur Arbeit zu erscheinen und dir der gesamte Firmenvorstand jeden Tag persönlich die Hand schüttelt, um dir zu danken, dass du deine wertvolle, naturwissenschaftliche Qualifikation seinem nichtswürdigen Betrief zur Verfügung stellst.


    @TE: Sorry fürs OT

  • Vielen Dank für die Diskussion und für die Eindrücke. Ich gebe zu, dass ich auf mein Augenmerk bisher weniger auf die Dinge neben dem Unterricht gelenkt habe, aber man muss sich ja auch darauf einlassen und kann nicht alles planen.
    Ich habe in der Nachbarschaft auch einen Lehrer den ich aber nicht näher kenne und er soll in der Schule sehr geschätzt und zufrieden sein. Ich sehe ihn zwar oft nachts arbeiten, aber auch viele zeitaufwändige Hobbys machen, die er mit dem Beruf in Einklang bringt. Also ist es wohl auch eine Typ- und Orginisationsfrage, wie man mit der Arbeitszeit umgeht. Ich für meinen Teil bin von 7.30 bis 17.00 Uhr im Büro (meistens vorm Pc) das ist auch nicht das gelbe vom Ei. Mit Hilfe von Teilzeit einen Tag in der Woche frei zu haben, klingt erstrebenswert. Aber natürlich nur, wenn mir an den anderen Tagen der Beruf Spaß macht. Ich denke, ob einen die Umstände in der Schule kaputt machen oder nicht, hängt auch damit zusammen, wie man damit umgeht. Ich bin eher der humorvolle Typ, der sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt (was nicht heißt, dass ich faul bin). Könnte mir gut vorstellen, dass mir die Tätigkeit liegt. Ich hab auch nicht vor die Welt zu verbessern- bin ja selber noch vor nicht all zu langer Zeit in der Schule gewesen und kenne die Realität.


    Grüße Peter

  • Eine Frage hätte ich noch. Ich denke ich traue mir den Lehrerjob zu, aber nach meiner Selbsteinschätzung bin ich der falsche Mann für eine Brennpunktschule. Ich glaube nicht, dass ich die Nerven dazu hätte und meine Freude am Schulalltag aufrecht erhalten könnte.
    Da ich später so und so in einem Gymnasium auf dem Land arbeiten möchte, denke ich, dass man nicht in der schlimmsten Ecke landet. Bei meinem Praktikum war der Migrationsanteil gering und Integration hat gut funktioniert. Es war soweit ein harmonisches Miteinander.


    Dennoch frage ich mich, ob ich mit dieser Einstellung der Richtige für den Schulalltag bin. (Nicht falsch verstehen, ich bin politisch in der gesunden Mitte beheimatet)

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