Dienstliche Beurteilung für Vertretungslehrer

  • Hallo allerseits,


    ich befinde mich aktuell im Studium und arbeits gleichzeitig als Vertretungslehrer (Inforkatik). In diese Situation bin ich als berufserfahrener Softwareentwickler gekommen (beruflicher Umstieg). Erst nachdem ich meine Stelle angetreten habe, habe ich auch von der dienstlichen Beurteilung erfahren. Diese ist mir insofern ein Dorn im Auge, als dass sie angeblich darüber entscheidet, ob ich weiterhin (oder zuküntig) als Lehrer tätig sein darf. Ist da etwas dran? Hätte ich davon zuvor gewußt, hätte ich von Nebenjob des Vertretungslehrers Abstand genommen, da mir die Fähigkeiten, die man erst im Referendariat lernt letztendlich fehlen.


    Ein weiterer Punkt, der mich etwas sprachlos macht, ist meine "negative" Beurteilung des ersten Unterrichtsbesuchs.
    Gymnasium - Klasse 10 - Informatik: Thema -> Binärzahlen. Der Beurteiler ist von der Effizienz des Unterrichts nicht überzeugt und macht mich "im wahrsten Sinne des Wortes relativ dumm von den Schülern an".


    Der Stein des Anstoßes. Das Binärsystem (bei positiven, ganzen Zahlen) wäre in Klasse 5 im Fach Mathematik behandelt worden. Für dieses Thema hätte ich keine 45 Min einplanen dürfen. Zudem hätte ich die Gleitkommadarstellung der Binärzahlen behandeln sollen.


    Im Kerncurriculum steht ABER folgendes (mein Gegenargument):
    Die Schülerinnen und Schüler
    □ stellen ganze Zahlen und Zeichen in Binärcodes dar (D),
    □ interpretieren Binärcodes als Zahlen und Zeichen (D).


    Aus dieser Darstellung geht nirgends hervor, dass die Gleitkommadarstellung gefordert ist. Außerdem: wie kann man sich über Gleitkommadarstellung unterhalten, wenn man die Grundlagen des Binärsystem nicht im Informatik-unterricht behandelt. Sichtlich hatten die SuS Schwierigkeiten mit dem Thema. Und, dass das Binärsystem in der 5-ten Klasse angeblich behandelt worden ist, interessiert mich nicht. Woher soll ich das wissen, was irgendjemand (vor allem in einem anderen Fach) gemacht haben soll. Hinzu kommt, dass es fraglich ist, ob das Binärsystem behandelt worden ist, denn oft lässt die Zeit es nicht zu, das volle Curriculum durchzunehmen. Für mich ist das kein Argument. Das Curriculum lässt Spielraum.


    Außerdem sehe ich auf zahlreichen Webseiten anderer Gymsasien das Binärsystem (bei positiven, ganzen Zahlen) als Thema ink. Rechnen (Addition, Multiplikation, usw.), was bei mir in den Folgestunden auch aufgegriffen worden wäre. Darüber hinaus habe ich meinen U-Entwurf von an der Uni von 3 Dozenten (davon ist einer ein erfahrenerer Mathe-Info-Physik-Lehrer ü50, aktuell auch an einem Gym. tätig) und 1 Lehrer, den ich seit meinem Orientierungspraktikum her kenne, validieren lassen. Alle waren mit meinem U-Entwurf, der Thematik, usw. einverstanden. Von dem besasgten Lehrer meines OPs habe ich auch das ein oder andere übernommen. Die Meinung meines Beurteilers: "Besagter Lehrer hätte keine Ahnung".


    Diese Beurteilung ist meiner Meinung nach eine Farce.


    Hinzu kommt noch, dass sich mein Beurteiler bereits vor 1 Monat meinen Unterricht (genauer: Förderunterricht) angesehen hat und feststellte, dass mein Unterricht nicht dem kompetenzorientierten Unterricht entspräche. Nach diesem Urteil habe ich viel Literatur gewälzt, die Veränderungen des Bildungssystems detailliert nachvollzogen, meine Dozenten und besagte Lehrer konsultiert, mich also nach allen Seiten hin abgesichert und nun kommt mir der Beurteiler immer noch so. Für mich unverständlich.


    Einige von mir berücksichtigte Detail für den Unterricht:
    - Sozialform: Gruppenarbeit
    - offene Aufgabe: Transfer von der Kenntnis des Dezimalsystems auf das Binärsystem (mit Tipps vom Lehrer an mancher Stelle)
    - Medien: Tafel, Beamer/PC
    - gemeinsames zusammentragen von Zwischenergebnissen
    - ach, ich habe keine Lust alles aufzuschreiben



    Mich beschleicht so langsam das Gefühl, dass der Beurteiler nicht objektiv ist, insbes. da ich mich nach allen Seiten hin abgesichert habe.


    Was denkt Ihr darüber?


    Danke vorab für Eure Antworten.

  • In Bayern gibt es eine dienstliche Beurteilung, die hat aber kaum etwas mit dem zu tun, was du beschreibst; in anderen Bundesländern kenne ich mich nicht aus. Deshalb: Bundesland angeben!


    Allgemein: Gleitkommazahlendarstellung in 10 kann ich mir nicht sinnvoll vorstellen, aber ich kenne die Lehrpläne nicht. "Kompetenzorientierung" als Begründung für irgendwas kann ich persönlich nicht ernst nehmen.


    Das klingt tatsächlich nicht objektiv. Dein Unterricht kann natürlich trotzdem tatsächlich schlecht sein, aber es klingt nicht so, dass du hilfreiche Beratung kriegst. (Und gut kann er natürlich auch sein.)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Puh, nachdem ich mir den Frust von den Fingern geschrieben habe: herzlichen Dank für das Feedback.


    Gleitkommadarstellung kann ich mir in der 10 auch nicht vorstellen; ist mir an anderen Schulen (inkl. des angebotenen Materials diverser Schul-Websites) auch nicht begegnet.


    Um genau zu sein. Die dienstliche Beurteilung steht noch aus. Die o.g. Punkte hat mir der Beurteiler aber auf die Schnelle genannt.


    Sicherlich kann mein U. schlecht sein,schließlich bin ich noch im Studium (Sem. 4) und im Studium bekommt man von der Realität de facto nichts mit. ABER: Die Schule wußte, wen sie sich ins Haus holt. Unterstützung ist nur zw. Tür und Angel möglich. Nach meiner intensiven privaten Auseinandersetzung mit der kompetenzorientierten Thematik, bin ich mir sicher den formalen / theoretischen Kriterien zu genügen (insbes. durch das Feedback meiner Dozenten und Lehrer).


    Was also tun? Noch steht 1 Unterrichtsbesuch aus und ich fühle mich aktuell etwas paralysiert.

  • Hallo
    Zu deinem genauen Problem kann ich nichts sagen
    Aber ich kenne das so gar nicht.
    Bin auch in NRW seit 2011 als Vertretungslehrer tätig, sämtliche Schulformen einmal durch bis auf Gesamtschule, ich hatte noch nie eine dienstliche Beurteilung.
    Einmal hat sich am Gymnasium der Schulleiter eine Stunde angeguckt, aber erst nachdem ich schon 2 Monate da war.


    Vielleicht zeigst du den Unterrichtsentwurf mal anderen Informatiklehrern an deiner Schule


    Viel Erfolg weiterhin

  • Hallo,


    was genau meist du mit "... ich hatte noch ne eine dienstliche Beurteilung ..." ?
    Hattest du noch KEINE?


    Genau das meine ich. Er schaut sich meinen Unterricht 2x an (1x bereits erfolgt) und schreibt danach eine Beurteilung.

  • Ich hab's gerade korrigiert da fehlte das i


    Genau ich hatte bisher gar keine. Sowas wurde auch bisher noch nie erwähnt das es sowas für Vertretungslehrer gibt. Ich war fast zwei Jahre an einem Gymnasium, ein Jahr an einer Realschule und nun im August zwei Jahre an einer Grundschule und wie gesagt das war nie ein Thema

  • Wow, das verwundert mich etwas. Mein Schulleiter teilte mir das unverhofft mit.


    Vielleicht wird sie einem Vertretungslehrer nicht ausgehängigt und geht direkt an die Bezirksregierung. Würde mich nicht wundern, schließlich erwähnte meiner, dass sie über die weitere Zukunft entscheidet. Vielleicht ist da auch gar nichts dran und mein Beurteiler ist einfach nur ein fieses ...


    Wünschenswert wäre es.

  • Also ich hab da noch nie was von gehört und wie gesagt bis auf ein einziges Mal und das auch nur Ca 20 Minuten lang war noch nie jemand in meinem Unterricht. Daher wüsste ich auch nicht was die zur Bezirksregierung schicken sollten.


    Ich finde das Vorgehen eher komisch an deiner Schule. Ich war bisher insgesamt an 6 verschiedenen Schulen und keine davon hat das gemacht.


    Sehr seltsam

  • Mein Tipp: Wende dich an den Lehrerrat deiner Schule. Der soll erstmal herausfinden, auf welcher Basis der Schulleiter eine dienstl. Beurteilung von einer Vertretungslehrkraft erstellen will.
    Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen, habe aber andererseits von NRW auch keine Ahnung.


    Was das fachlich-didaktische Problem angeht: Wende dich an den Fachsprecher (- falls das nicht der Kollege ist, der dich besucht hat) und frage ihn nach konkretem Feedback zu deinen Fragen/Unsicherheiten. Es dürfte deinem Betreuungslehrer deutlich schwerer fallen, einen Kollegen an seiner Schule als inkompetent darzustellen als irgendwelche Leute, die er noch nie gesehen hat.

  • Das ist gut :D Einen Betreuungslehrer gibt es nicht. Ich muss mich dort alleine durchschlagen. Der Vorschlag des Beurteilers = Schulleiter war der, dass ich mit den Kollegen sprechen solle oder die Referendariatsbetreuerin fragen solle, welche mir sofort signalisierte, dass sie von Informatik keine Ahnung habe und mir nicht helfen könne.


    Ich schlage mich somit alleine durch. Der 2-te Unterrichtsbesuch ist in 2 Tagen. Da bleibt nicht mehr viel Zeit. Augen zu und durch.

  • Mit NRW kenne ich mich nicht aus, aber ich war sehr erstaunt, als ich dein Post las. Ich habe mehrere Jahre in RLP als Vertretungslehrerin gearbeitet und hatte auch nie eine dienstliche Beurteilung. Wäre mal interessant herauszubekommen, auf welcher rechtlichen Grundlage dein Schulleiter dies macht. Und generell würd ich von ihm eine detailliertere Rückmeldung erbitten, was du an deinem Unterricht genau verbessern sollst. Dein Stundenziel solltest du strikt am Lehrplan ausrichten, dann kann er dir nicht vorwerfen, du würdest das Falsche unterrichten. Viel Glück!

  • In NRW können Vertretungslehrkräfte beurteilt werden, und ich halte das ehrlich gesagt auch für sehr sinnvoll. Bei nicht ausgebildeten Vertretungslehrkräften kenne ich das aber nur so, dass da ganz geringe Maßstäbe angelegt werden, so nach dem Motto, wenn die Schüler nicht beleidigt und geschlagen werden, ist alles okay.

  • Ich würde jetzt keine Diskussion über Unterrichstinhalte führen, sondern Personalrat oder besser noch gleich die zuständige Behörde fragen, die dich eingestellt hat.

    Diese ist mir insofern ein Dorn im Auge, als dass sie angeblich darüber entscheidet, ob ich weiterhin (oder zuküntig) als Lehrer tätig sein darf.

    1. Wo steht das? Halte ich für ausgeschlossen.


    2. Für Vertretungslehrkräfte ohne Abschluss in NRW heißt es: "Sie sind grundsätzlich geeignet, wenn Sie über eine entsprechende Qualifikation für das ausgeschriebene Fach/die ausgeschriebenen Fächer verfügen. Darüber entscheiden die Schulleitungen und Schulaufsichtsbehörden." Die Entscheidung ist bereits gefallen, da du zugelassen wurdest.


    3. Ich vermute, wie Karl-Dieter, dass dein Unterricht überhaupt nicht bewertet werden darf, allenfalls dienstliches Verhalten o.ä. ob du noch mal so eine Vertretungsstelle bekommst. Beim Ministerium findet man dazu jedenfalls nüscht. Wie gesagt, frag gleich eine Etage weiter oben nach, der SL benimmt sich m.E. seltsam.

  • Wie gesagt, frag gleich eine Etage weiter oben nach, der SL benimmt sich m.E. seltsam.

    Also, ich würde nicht gleich die übernächste Eskalationsphase einleuten. Der Lehrerrat ist hier absolut die richtige Anlaufstelle, auch damit der mal die rechtlichen Hintergründe abfragt und überprüft.

  • Stimmt, ich gehe immer von meinem PR aus, der wüsste sowas nicht. Mit "beim Amt nachfragen" meinte ich auch eher diese allgemeinen Fragen, nach Bewertung etc., dann kann der TE dem Schulleiter entspannter zuhören, weil es egal ist, was dieser erzählt. Panik über verhauene Zukunftsaussichten und Diskussionen um Materialeinsatz etc.pp. stressen alle Beteiligten unnötig.

  • Ich war vor meiner OBAS-Ausbildung an zwei Schulen jeweils ein Jahr Vertretungslehrer. Bei beiden wurde ich einige Zeit nach Tätigkeitsbeginn von der Schulleitung besucht. Ich konnte mir die Lerngruppen selbst aussuchen, sollte vorher eine kurze Verlaufsskizze erstellen und nach der Stunde erfolgte eine - in beiden Fällen - konstruktive Nachbesprechung. Ich konnte Fragen stellen und bekam nützliche Tips.
    Nach beiden UBs wurde eine sachliche Beurteilung erstellt, die an die BR gesendet wurde.

  • Hallo,


    vielen Dank für die nützlichen Informationen, die mich einerseits hoffen ließen, andererseits aber zeigen, dass an der Beurteilung doch etwas dran ist. Der letzte Beitrag zeichnet genau mein Szenario: 2 Besuche und danach die Beurteilung.


    Die Nachbesprechung gibt es morgen. Auf viel Positives hoffen kann ich nach den Andeutungen meines Beurteilers nicht, obwohl ich meinen Unterricht nach Vorgaben (Theorie: moderner U. + kompetenz-orientierter U.) entworfen und durchgeführt habe. Nach Plan ist er auch letztendlich mehr oder weniger erfolgt (bis auf die Tatsache, dass die meisten SuS ca.5 Min verspätet eintrafen, da sie einen Termin zur Klärung von irgendetwas wahrgenommen haben).


    Mein subjektiver Eindruck ist der, dass mein Beurteiler speziell nach irgendwelchen Schwachstellen sucht. In den 2-3 Min., die ich im direkt nach dem U. abringen konnte, ließ er nichts Gutes am Unterricht, den ich ja bewußt habe durch andere Personen absichern lassen. Vor allem seine Vorstellung über den Inhalt der Stunde ist für mich zweifelhaft, da ja das Curriculum Spielraum lässt, er sich auf einen Gegenstand SEINER Wahl fixiert. Schließlich hätte, wenn er etwas bestimmtes hätte sehen wollen, mir das auch vor meiner U-Planung sagen sollen: meine Meinung. Wie schon gesagt, ich habe mich auch auf Webseiten anderer GYMs umgeschaut und nirgends das Thema in dieser Stufe als zu absolvierenden Inhalt entdeckt. Um ehrlich zu sein, "Gleitkommadarstellung" ist mir damals erstmalig sogar im Studium begegnet, definitiv nicht in der Schule. Das kann sich heute geändert haben, dennoch geht das Thema nicht aus dem Curriculum hervor und darauf reitet mein Beurteiler eben mitunter herum.


    Die Frage, die sich mir nun stellt: Soll ich mir die Kritik kommentarlos anhören oder soll ich ihm auch eröffnen, dass ich mich bei anderen Personen kundig gemacht / abgesichert habe.


    Eine weitere Sache, die mich nervt ist der Umstand, dass er sich bereits vor einiger Zeit meinen U. provisorisch gesetzt hat, und mir konstruktive Kritik gegeben hat. Bis dahin habe ich versucht möglichst viel Stoff pro Stunden durchzubringen. Genau nach dieser Kritik habe ich nun die besagte Stunde ausgerichtet: den SuS Zeit gelassen lassen, die Dinge genau und detailliert erläutert, um effizientes Lernen in der Folge zu ermöglichen, usw. Gut ausgebildete Grundlagen (erste Stunde bgzl. eines neuen Themas sichert somit die Folgestunden ab). Das wiederum wird NUN kritisiert. Für mich nicht nachvollziehbar. Er scheint mir so oder so einen Strick aus meinem Tun zu drehen.

  • Mal andersrum gefragt:
    Warum sollte er das denn tun sollen? Wenn er dich loshaben möchte, muss er doch deinen Vertrag nicht verlängern?
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein SL seine knappe Zeit mit einer Vendetta gegen einen Vertretungslehrer verschwendet.
    Deshalb: Der Lehrrat soll da mal nachfragen, um zu sehen, ob da was dran ist!

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