• Und ja, es macht einen Unterschied, ob jeder zu jedem Thema befragt wird oder ob man in Abständen Vertreter wählt, die sich zu allen gesellschaftsrelevanten Themen positionieren (S.o.).

    Es geht nicht darum, dass jeder zu jedem Thema befragt wird. In der Schweiz gibt es auch ein gewähltes Parlament und die meisten Gesetze werden so wie bei uns vom Parlament verabschiedet ohne direktdemokratische Abstimmung. Das Volk hat aber die Möglichkeit über ein parlamentarisch verabschiedetes Gesetz eine Volksabstimmung herbeizuführen und dieses dann mit demokratischer Mehrheit zu stoppen oder auch eigene Gesetzesinitiativen zu starten und per Volksabstimmung durchzusetzen.


    Volksabstimmungen gibt es in Deutschland auch auf Länderebene.
    In Hamburg hat das Volk auf diese Weise grosse Teile der geplanten Schulreform verhindert.
    In Bayern wurde das strenge Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen per Volksabstimmung durchgesetzt. Ausserdem stand eine Volksabstimmung über Studiengebühren kurz bevor, die nur durch das Einlenken des Landesparlamentes verhindert wurde.


    In Baden-Württemberg gab es die Volksabstimmung über Stuttgart 21.


    In Berlin gab es Volksentscheide zum Flughafen Tempelhof oder zu der Frage, welchen Stellenwert die Schulfächer Religion und Ethik haben sollen.

  • Hamburg kippte auch Olympia und die Politiker waren ganz entsetzt, weil sie nicht bemerkt hatten, dass die Mehrheit der Bevölkerung das nicht wollte.

  • Strengeres Rauchverbot in Bayern durchgesetzt, Olympia-Bewerbung in Hamburg gestoppt, Verkürzung des Gymnasiums in Hamburg gestoppt?


    Da hat der "ungebildete, pöbelnde Mob" offensichtlich wieder gezeigt, dass er nicht verstanden hat, dass die Politiker doch nur das Beste für den unmündigen Wähler wollen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Weil es hier nicht um Intelligenz und Dummheit geht, sondern darum, dass Menschen Entscheidungen treffen sollen, die im wahren Leben Schlosser, Landwirt oder Zahnarzt sind und nicht Abgeordnete, die in Vollzeit Zeitung und wissenschaftliche Expertise lesen.

    Ach so, Schlosser, Landwirte und Zahnärzte sind nicht qualifiziert, politische Entscheidungen zu treffen.


    Und Abgeordenete lesen den ganzen Tag Zeitungen (Bild?, Spiegel?) und wissenschaftliche Expertisen.


    Hier lernt man jeden Tag etwas Neues dazu...

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Und so funktioniert die Demokratie a la EU:

    http://www.tagesschau.de/ceta-eu-101.html



    Vielleicht war der "ungebildete, pöbelnde Mob" in Großbritannien doch nicht so dumm mit seinem Brexit.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • [...] Verkürzung des Gymnasiums in Hamburg gestoppt?


    Da hat der "ungebildete, pöbelnde Mob" offensichtlich wieder gezeigt, dass er nicht verstanden hat, dass die Politiker doch nur das Beste für den unmündigen Wähler wollen...

    Wann wurde denn in Hamburg die Verkürzung des Gymnasiums gestoppt? Da muss ich wohl etwas verpasst haben :P


    Es wurde die Schulreform in Teilen gestoppt. Diese sah die Abschaffung des Gymnasiums und die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen vor. Und tatsächlich ist diese Abstimmung wohl eines der besten Beispiele gegen direkte Demokratie, das man nennen könnte. Hier hat nämlich nicht "das Volk" seinen Willen durchgesetzt, sondern eine kleine aber mächtige und ressourcenstarke Elite hat konsequent (u.a. mit ziemlich fiesen Mitteln) ihre ureigenen Interessen durchgeboxt. Wie oben schon geschrieben wurde: direkte Demokratie dient zumeist der Durchsetzung von Partikularinteressen eines kleinen Teils der Bevölkerung.


    Was Hamburg durch die Abstimmung bekommen hat, ist das wohl uneffizienteste Schulsystem überhaupt. Es entspricht keiner wissenschaftlich fundierten Struktur, aber Hauptsache "das Volk" hat sich durchgesetzt... wenn es mal so wäre.


    Noch ein absurderes Beispiel für direkte Demokratie aus Hamburg gefällig? Als IKEA seine erste Innenstadtfiliale in Altona eröffnen wollte, gründeten sich zwei Bürgerinitiativen, eine dafür, eine dagegen. Beide sammelten genug Unterschriften, es wurden zwei Bürgebegehren durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass das Volk sich mehrheitlich gegen und mehrheitlich für diese IKEA-Filiale ausgesprochen hat. Und nun? Am Ende musste der Senat dann doch entscheiden.


    Nein, direkte Demokratie auf Bundeseben ist auf jeden Fall abzulehnen. Wer sich auf Bundesebene aktiver in die Politik einbringen möchte, der kann sich als Abgeordneter wählen lassen.

  • Wer sich auf Bundesebene aktiver in die Politik einbringen möchte, der kann sich als Abgeordneter wählen lassen.

    So siehts aus.


    Hihi, hab eben mal geguckt, was die Schweizer so für Volksinitiativen hatten und in der Tat war der Antrag dabei: "6 Wochen Ferien für alle!".


    Also ich würde eine Abstimmung für die Legalisierung von Hanf beantragen :shit: Shit rules!


    Aber im Ernst, ich finde das sehr gefährlich. Da gehen manchmal nur 23% zur Wahl und mit einfacher Mehrheit ist dann ein Gesetz verabschiedet- sehe ich das richtig? Und auch, wenn die Kantone noch befragt werden, das Volk hat die Möglichkeit, an der Verfassung rumzudoktern.


    Nie und nimmer möchte ich den (von Mikael nun überstrapaziert vielfach zitierten) ungebildeten oder auch gebildeten, pöbelnden Mob an unserer Verfassung rütteln sehen!

    Einmal editiert, zuletzt von Schantalle ()

  • Wann wurde denn in Hamburg die Verkürzung des Gymnasiums gestoppt? Da muss ich wohl etwas verpasst haben :P
    Es wurde die Schulreform in Teilen gestoppt. Diese sah die Abschaffung des Gymnasiums und die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen vor. Und tatsächlich ist diese Abstimmung wohl eines der besten Beispiele gegen direkte Demokratie, das man nennen könnte. Hier hat nämlich nicht "das Volk" seinen Willen durchgesetzt, sondern eine kleine aber mächtige und ressourcenstarke Elite hat konsequent (u.a. mit ziemlich fiesen Mitteln) ihre ureigenen Interessen durchgeboxt.


    Du hast scheinbar absolut keine Ahnung von der Hamburger Schulreform. Die Abschaffung des Gymnasiums stand nie zur Debatte in Hamburg. Vielmehr sollten Haupt- und Realschulen abgeschafft und durch eine einheitliche "Stadtteilschule" ersetzt werden. Das Gymnasium sollte neben der "Stadtteilschule" erhalten bleiben, aber um 2 Jahre verkürzt werden, weil die Grundschule zu 6-jährigen "Primarschule" umgestaltet werden sollte.


    Die Initiative zum Volksentscheid richtete sich gegen die Einführung einer 6-jährigen Primarschule, was eine Verkürzung der Gymnasialzeit um 2 Schuljahre zur Folge gehabt hätte. Ausserdem war die Initiative strikt gegen die zuerst geplante Abschaffung des Elternwahlrecht bei der Schulwahl, die dann auch von der Bürgerschaft zurückgenommen wurde.


    Ich weiss auch nicht, von welcher "mächtigen" Elite Du schreibt. Die gesamte Hamburger Bürgerschaft hat einstimmig für die Schulreform gestimmt. Es gab de facto keine parlamentartische Opposition mehr. Auch alle Leitmedien haben Stimmung für die einstimmig beschlossene Schulreform gemacht. Die "mächtige Elite" war eindeutig für die Schulreform und wollte diese am liebsten auch wieder von oben herab durchsetzen über die Köpfe der Bürger hinweg.


    Dagegen stand nur eine relativ kleine Elterninitiative, die mit einer engagierten Kampagne für den Erhalt des 8-jährigen Gymnasiums gestritten haben und am Ende in der Volksabstimmung auch gewannen.

  • Wann wurde denn in Hamburg die Verkürzung des Gymnasiums gestoppt? Da muss ich wohl etwas verpasst haben :P

    Ich glaube, du hast so einiges verpasst, anders kann ich mir deine Postings mittlerweile nicht mehr erklären.


    Den Rest hat Claudius schon gesagt.


    ps: Es ist schon in gewisser Weise erschreckend, dass mehrere Nutzer den Beitrag von Xiam, der vor Falschinformation nur so strotzt, mit einem "Gefällt mir" versehen haben...

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Du hast scheinbar absolut keine Ahnung von der Hamburger Schulreform. Die Abschaffung des Gymnasiums stand nie zur Debatte in Hamburg. Vielmehr sollten Haupt- und Realschulen abgeschafft und durch eine einheitliche "Stadtteilschule" ersetzt werden. Das Gymnasium sollte neben der "Stadtteilschule" erhalten bleiben, aber um 2 Jahre verkürzt werden, weil die Grundschule zu 6-jährigen "Primarschule" umgestaltet werden sollte.


    Die Initiative zum Volksentscheid richtete sich gegen die Einführung einer 6-jährigen Primarschule, was eine Verkürzung der Gymnasialzeit um 2 Schuljahre zur Folge gehabt hätte. Ausserdem war die Initiative strikt gegen die zuerst geplante Abschaffung des Elternwahlrecht bei der Schulwahl, die dann auch von der Bürgerschaft zurückgenommen wurde.

    Jop, stimmt, da habe ich ein bisschen schnell geschossen. Aber darum geht ja in dieser Diskussion gar nicht, es geht um einen Volksentscheid (interessant, dass du dich auf diesen Nebenkriegsschauplatz verlegst, das eigentliche Thema aber gar nicht mehr berührst ;) )


    Es wurde ein absolut sinnvolle, wissenschaftlich fundierte, Reform der Hamburger Schullandschaft verstümmelt und ins Absurde getrieben, weil eine kleine Clique von wohlhabenden Bürgern, die ihre Ansichten keinesfalls wissenschaftlich untermauern konnten, ihre Ressourcen und ihre Connections genutzt haben, um etwas durchzusetzen, was -- wie sie auch mehrfach zugegeben haben -- in erster Linie ihrer eigenen kleinen Bevölkerungsschicht zu Gute kommt. Studien, die nachweisen konnten, dass Kinder aus ärmeren Bevölkerungsschichten vermehrt erst nach 6 Jahren gemeinsamer Grundschule die Kompetenzen entwickeln, um eine gymnasiale Laufbahn einzuschlagen, wurden ignoriert. Klar, die "Eliten" wollten auch nicht, dass ihren Kindern, die schon nach vier Jahren auf's Gymnasium können, eine größere Konkurrenz droht.


    Die Reformgegner haben in der Folge viel Geld in die Hand genommen, um die Werbetrommel zu rühren, so viel Geld konnten Gegeninitiativen nie aufbringen. Gerecht? Viel schlimmer aber, die Anwälte und Juristen unter den Reformgegnern haben die Gegeninitiativen teilweise mit absurden Klagen überzogen, die zur Folge hatten, dass einer Gegeninitiative nach der anderen die finanziellen Mittel ausgingen, um sich gegen die Klagen zu wehren.


    Es hat am Ende nicht "der Bürger" entschieden, sondern es hat ein kleiner Teil der Hamburger Bürger entschieden, der mit Macht, Verbindungen und vor allem Ressourcen einen ungleichen Kampf führen konnte. Das soll gerechte Politik sein?


    Ich glaube, du hast so einiges verpasst, anders kann ich mir deine Postings mittlerweile nicht mehr erklären.
    Den Rest hat Claudius schon gesagt.


    ps: Es ist schon in gewisser Weise erschreckend, dass mehrere Nutzer den Beitrag von Xiam, der vor Falschinformation nur so strotzt, mit einem "Gefällt mir" versehen haben...

    Das ärgert dich so richtig, was? Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Einzelheiten der Hamburger Schulreform für das eigentliche Diskussionsthema, nämlich die Sinnhaftigkeit direkter Demokratie, vollkommen unwichtig sind. Und was letzteres angeht, stimmen mir anscheinend viele zu.


    Ich kann aber nachvollziehen, dass die Strategie, dich jetzt auf eine Nebensächlichkeit, bei der ich etwas zu voreilig war und mich geirrt hatte, zu stürzen, um mich komplett zu diskreditieren. Klappt nur leider nicht, die anderen sind nicht so blöd ;)

  • Beim Brexit stimmen die überdurchschnittlich Gebildeten für den Verbleib und werden vom "Mob" überstimmt. Schlecht.
    In Hamburg überstimmte das Bildungsbürgertum (also die eher überdurchschnittlich Gebildeten) den Rest. Auch Schlecht.
    So ganz kohärent will mir die Argumentation nicht erscheinen.


    Mehrere Staaten (ich glaube 9 in der EU) schreiben Referenden zwingend bei Entscheidungen gewisser Tragweite vor. Mit welcher Berechtigung sagt man deren Gründungsvätern und -müttern ins Gesicht "Ihr seid Deppen, dass ihr auf die Idee kommt den Mob zu fragen"?
    Nebenbei: Das "Referendum" in England scheint nicht mehr als ein Stimmungsbild gewesen zu sein, den Brexit kann nach überwiegender Meinung der Juristen wohl nur das Parlament (nicht jedoch die Regierung Cameron) anstoßen.


    Schlussendlich lassen sich die Argumente für oder gegen Volksentscheide reibungslos in Argumente für oder gegen die parlamentarische Demokratie ummünzen, nur dass man hier halt die Wähler der nicht genehmen Parteien zu unreifen Volltrotteln erklärt. Die CDU wird auch im Wesentlichen von den "Alten" und "Dummen" gewählt.


    Insgesamt scheint mir mal wieder, dass viel zu viele Leute die richtigen(TM) Antworten haben und viel zu wenige Leute die zielführenden Fragen stellen.



    Damit bin ich wieder raus aus dem Thread.

  • Insgesamt scheint mir mal wieder, dass viel zu viele Leute die richtigen(TM) Antworten haben und viel zu wenige Leute die zielführenden Fragen stellen.

    Du hast deine Aussagen zwar als Fragen formuliert, es traten dabei aber trotzdem keine neuen Erkenntnisse zutage ;)

  • Hihi, hab eben mal geguckt, was die Schweizer so für Volksinitiativen hatten und in der Tat war der Antrag dabei: "6 Wochen Ferien für alle!".

    Was ist daran lustig? Die Initiative wurde abgelehnt und ist übrigens ein schönes Beispiel, für ein eklatantes innerschweizerisches Problem, das sich "Röstigraben" nennt (ähnliches Problem gibt es in UK). Wer sich mal die Zeit nimmt, sich ein bisschen mehr mit der schweizerischen Halbdirektdemokratie auseinander zu setzen, versteht ganz schnell, dass das nicht das einzige Problem dabei ist.

  • Ich kann aber nachvollziehen, dass die Strategie, dich jetzt auf eine Nebensächlichkeit, bei der ich etwas zu voreilig war und mich geirrt hatte, zu stürzen, um mich komplett zu diskreditieren.

    Ich glaube, das Diskreditieren machst du schon ganz alleine. Da brauchst du meine Hilfe nicht.

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Das ist dann die nächste Stufe der Argumentation dieser selbsternannten "Demokraten". Warte es nur ab.
    Gruß !

    Tja, in Großbritannien scheint die Diskussion schon in diese Richtung zu gehen:


    Zitat

    Why elections are bad for democracy
    Our voting system worked well for decades, but now it is broken. There is a better way to give voice to the people.

    http://www.theguardian.com/pol…ons-are-bad-for-democracy



    Zitat

    Politisch vertritt der Guardian traditionell eine linksliberale Position, im Gegensatz zu den meisten anderen britischen Tageszeitungen, die eher konservativ ausgerichtet sind.

    https://de.wikipedia.org/wiki/The_Guardian



    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Es hat gewonnen wer am lautesten schreien konnte. Geld fuer die NHS und Schulen statt an die EU.

    Und genau das ist das Problem: mitterweile rudern diejenigen, die irgendwas von NHS versprochen haben, heftig zurück - wie bei vielen Versprechen! http://money.cnn.com/2016/06/2…y/brexit-broken-promises/
    http://www.telegraph.co.uk/new…nd-the-nhs-was-a-mistake/

    Zitat

    Nigel Farage: £350 million pledge to fund the NHS was 'a mistake'

    Ebenso beim Thema immigration: die leave-gewählt-Habenden warten nämlich drauf, dass direkt morgen die Grenzen zu sind. Passiert aber nicht. Es wird auch weiter Immigration geben und es gibt schon die erste Empörung darüber, das man nicht die bereits Immigrierten wieder weg schickt, die laufen alle immer noch auf der Straße rum.




    Und - noch schlimmer: Immigranten oder Briten, die so aussehen, sind (noch) heftige(re)n Anfeindungen ausgesetzt. Denn, wenn man mal ehrlich ist - es ging nie um die Brüsseler Bürokratie. Es ging um Immigration. Das war der Hauptgrund der allermeisten "leave" zu wählen. Und jetzt ist leave gewählt und die Straßen immer noch voller Schwarzer, Turbanträger, Muslime und Polen: da entlädt sich der Hass. http://www.npr.org/sections/pa…e-crimes-and-racist-abuse

    Zitat

    Dog excrement thrown at a German woman's door. "Go back to Africa" screamed at a military veteran. A Polish cultural center vandalized. Born-and-bred Britons told to "go home." Why? Because "we voted you out."


    Police in the U.K. have registered a noticeable rise in hate speech and complaints of racial abuse since last week's historic vote to pull Britain out of the European Union. The National Police Chiefs Council reported Monday that there had been a 57 percent jump in hate crime reports to its online reporting site since Friday, compared with the same time frame a month ago.

    Auch: http://www.independent.co.uk/n…ndum-latest-a7106116.html
    Und: http://www.independent.co.uk/n…immigration-a7104191.html
    Und: http://time.com/4383404/brexit-hate-crime-uk-racism/
    Und so weiter. Die Kampagne war eine, die in den Köpfen der meisten weniger auf die Handels- und Wirtschaftsvereinbarungen abzielte, sondern Hass und Immigrationsängste schürte und freisetzte.
    [Blockierte Grafik: https://pbs.twimg.com/media/ClzMCDvXIAA9QhS.jpg:large]



    Und auch sehr schlimm: die Briten sind durch die ganze Kampagne tief gespalten. Das Heilen dieser Wunden, die teilweise durch Familien gehen, wird lange dauern und vielleicht nicht mehr funktionieren, wenn sich die Gesellschaft weiter durch die Haspropagandisten spalten lässt.
    Bei geschätzten Freunden von mir war Politik am dinnertable immer ein no-go. Während der Kampagne waren die politischen Meinungen so intensiv, dass sie angefangen haben, zu diskutieren, dann zu streiten, dann nicht mehr gemeinsam zu essen. Jetzt, nachdem die Hälfte der Familie "leave" und die andere Hälfte "in" gewählt hat, treffen sie sich kaum noch: "I can't have dinner with racists and stupid egomaniacs". Sie berichten von vielen, vielen Familien, in denen das ähnlich ist. Diese Erfahrung ist natürlich kein Einzelfall aus meinem Leben sondern hoch symbolisch und typisch http://www.nytimes.com/2016/06…rendum-families.html?_r=0 , aber für mich besonders bedeutsam, weil ich es live verfolgen musste und jetzt eigentlich gar nicht mehr weiß, wie ich dem einen oder anderen Teil der Familie begegne, wenn sie über die andere lästert und schimpft - wobei es da nicht um einen kurzen Familiengrummel geht, sondern um wirklich tief sitzende Enttäuschung und Erkenntnis fundamental gegensätzlicher Werte. Im Moment sehen sie nicht, wie es wieder zu kitten ist.


    Die jüngere Generation rechnet so: 70% haben gewählt, davon 51% "leave". Also entschieden c.a. 35% der Gesamtbevölkerung über etwas, das, wie sie selbst finden, nicht dem Volk hätte überlassen werden sollen, weil die Konsequenzen zu groß, vielschichtig, umfassend und tiefgreifend sind um sie zu verstehen - sie reichen von der Wirtschaft über die Innenpolitik zur Außenpolitik und betreffen fast alle Bereiche des Lebens. Sie sind natürlich gezwungenermaßen trotzdem wählen gegangen um einen Gegenpunkt zu setzen, hätten sich aber gewünscht, das Referendum fände nicht statt.


    Es fand statt, weil Cameron zeigen wollte, dass er mit Europa richtig liegt und das Land befrieden wollte. Er rechnete mit einem klaren "in" und hat die Spaltung im eigenen Land massiv unterschätzt. Dann kam die Kampagne, die so viel mehr zerschlagen hat, als die unterschwellige Diskussion vorher. Es wurde gehetzt, übertrieben, Angst geschürt, die latent eh schon da war, gespalten, gespalten, gespalten. Ein komplettes Desaster für die britische Gesellschaft. Und dann das von ihm unerwartete Eregbnis mit alle seinen unschönen Konsequenzen: Hate crimes, social divide, ein schwerer Schaden am sonst sehr britischen Gemeinschaftsgefühl und irreparable Schäden am Ruf des Landes, tiefe Angst derer, die als Immigranten oder Kinder von Immigranten dort leben, weitere Radikalisierungstendenzen. Die langfristigen Konsequenzen - wirtschaftlichund politisch - stehen noch aus.


    Ich bedauere, stellvertretend für alle in GB, meine tief gespaltene Freundesfamilie und schüttele den Kopf über diesen politischen Irrsinn. :/

  • Zitat von Meike

    Die jüngere Generation rechnet so: 70% haben gewählt, davon 51% "leave". Also entschieden c.a. 35% der Gesamtbevölkerung über etwas, das, wie sie selbst finden, nicht dem Volk hätte überlassen werden sollen, weil die Konsequenzen zu groß, vielschichtig, umfassend und tiefgreifend sind um sie zu verstehen - sie reichen von der Wirtschaft über die Innenpolitik zur Außenpolitik und betreffen fast alle Bereiche des Lebens. Sie sind natürlich gezwungenermaßen trotzdem wählen gegangen um einen Gegenpunkt zu setzen, hätten sich aber gewünscht, das Referendum fände nicht statt.


    So ein Unsinn. Von der jüngeren Generation sind 2/3 überhaupt nicht zur Wahl gegangen. Nur knapp 25% der wahlberechtigten Briten unter 25 haben für die EU gestimmt. Offenbar herrscht aus eingeprägtes Desinteresse der jüngeren Generation an der EU.


    Kleiner Hinweis:


    Bei der britischen Unterhauswahl 2015 lag die Wahlbeteiligung bei 66% (beim Brexit-Referendum waren es 72,2%). Die Tories gewannen knapp 37% der abgegebenen Stimmen. Damit haben sie im wahlberechtigten Volk insgesamt eine Unterstützung von knapp 25%. Im Unterhaus haben die Tories die absolute Mehrheit und können nun 5 Jahre allein regieren.


    So viel zum Thema "demokratische Legitimation".

  • Boris Johnson, einer der wichtigsten Brexit-Befürworter, erklärt er wolle nicht die Nachfolge von Cameron antreten und Premierminister werden.


    Was soll man nun davon halten? Die das Referendum herbeigeführt haben, drücken sich jetzt um seine Umsetzung herum.

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