Spoken English Unterricht in Indien

  • Hallo zusammen,


    ich habe dieses Jahr mein Abitur gemacht und befinde mich momentan in Indien, genauer gesagt in Tamil Nadu. Hier arbeite ich in einem Kinderdorf. Meine Aufgabe ist es, drei mal am Tag Unterricht in "Spoken English" zu geben. Das heißt, den Kindern praktische Erfahrung in der englischen Sprache zu vermitteln, indem ich mit ihnen spreche oder diverse Übungen mache. An dieser Stelle das große Problem:
    Die Kinder hier können leider kaum Englisch, was auch verständlich ist, da sie zwischen 7 und 11 Jahre alt sind. Jeden Tag habe ich eine von vier Klassen, dabei können die ältesten noch am besten Englisch, aber selbst die können einfache Fragen nicht verstehen. Die Landessprache Tamil kann ich persönlich aber auch nicht. Das bedeutet, dass ich den Mädchen und Jungs irgendwie die englische Sprache vermitteln muss, ohne ihnen allerdings irgendwelche Wörter oder Fragen erklären zu können. Wenn ich sie was frage, schauen sie mich meist irritiert an oder wenden sich zu ihrer Lehrerin, die im Hintergrund sitzt, und die übersetzen kann. Nur kann auch sie nur ganz schlechtes Englisch und außerdem bringt der Unterricht dann auch nicht wirklich was. Ich stehe also vor einer echten Herausforderung.


    Ein weiteres Problem ist das Schulsystem, ein Überbleibsel der Kolonialzeit. Die Kinder sind es gewöhnt, einfach nur im Chor die Wörter in den Raum zu rufen, die der Lehrer an die Tafel schreibt, oder etwas vorzulesen, ohne eine Ahnung zu haben, was da überhaupt steht.


    Habt ihr Ideen, wie ich diese vertrackte Situation lösen kann? Bisher habe ich schon ein paar Unterrichtsstunden gehalten, in denen ich über Deutschland erzählt habe, aber da haben sie auch kaum was verstanden. Habt ihr vielleicht Material, Arbeitsblätter oder Lernspiele, die ich mit den Kleinen spielen könnte? Leider habe ich als Medium hier nur eine Tafel und ein Stück Kreide zur Verfügung, eventuell kann ich hin und wieder was ausdrucken, aber nicht zu oft.


    Liebe Grüße
    David

  • Am einfachsten ist es vermutlich, in chunks zu lernen, also zusammenhängende Phrasen, die man aus dem Kontext verstehen kann, am besten mit Gesten/ Schauspiel und, wenn es die Infrastruktur zulässt (oder du gut genug zeichnen kannst, an die Tafel), mit Bildern unterstützt.


    "Hello, my name is..."
    "What is your name?"
    "I like eating rice."
    "I like playing soccer."
    "What do you like?"


    So in diese Richtung. Es übertrieben vorspielen/ vorsprechen. Dann ruhig im Chor nachsprechen lassen und dann evtl. immer kleine Teams es vorspielen lassen.


    Restaurant spielen. Einkaufen kann man spielerisch vorstellen und nachmachen lassen. usw. usf


    Viele Wörter kann man über Bilder einführen (table, chair, chalk, blackboard, teacher, student, window... die Farben, Essen...). Dann kann man einfache Märchen erzählen, sehr langsam, übertrieben, mit vielen Gesten usw., zwischendrin ganz einfache Fragen stellen ("The girl goes into the house. - Where does the girl go? - Into the house, that's right. In the house she sees two big bears. - What does she see in the house?")
    So in die Richtung.


    Viel Spaß!

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Wenn sie sich mit einfachen Sätzen vorstellen können, würde ich mit einfachen Begriffen aus der Lebenswelt der Kinder beginnen, z.B. die Namen für Obst und Gemüse, welches es dort auf den Märkten gibt. Bring einen Korb voll in den Unterricht mit und führe bestimmte Fragen und Antworten ein, z.B. "Was ist das? Das ist ein ....". Das können dann auch alle im Chor antworten, wenn sie es so gewohnt sind. Als nächstes anhand dieser Gegenstände Farben mit der entsprechenden Frage und Antwort, Größe (groß und klein), Sätze wie "I like ..." "I don't like", später Einkaufen spielen (I want ...) dabei Zahlen einführen etc. Versuch so viel wie möglich mit ihnen zu sprechen, einfache Lieder sind auch gut geeignet.
    Später, wenn die Schüler deinen Unterricht kennen und wissen was sie machen sollen, kannst du sie auch partnerweise üben lassen. Zunächst würde ich allerdings bei den gewohnten Unterrichtsmethoden bleiben.
    Das mit dem Übersetzen würde ich nach Möglichkeit vermeiden. Wenn die Schüler schon etwas mehr verstehen, kannst du Begriffe umschreiben, pantomimisch vorführen, durch Realgegenstände zeigen etc. Und überfordere sie nicht! Wenn sie dich ohne Übersetzung durch die Lehrerin überhaupt nicht verstehen, mach es einfacher.

  • Alles nicht so schlimm. Ich habe die letzten 8 jahre im outback Australiens aboriginals unterrichtet. Einfach mal vom geregelten voll durchgeplanten unterricht weg und die phantasie voll einsetzen. Das was alle menschen verbindet ist die musik, in deinem fall würde ich mal mit englisch/ australischen kinder liedern anfangen. Kann man zusammen singen,hinterfragen, nachspielen usw. Alphabet genauso, hier sind mal 2 links:



    Außerdem die australischen und englischen education sites nach activites durchsuchen. Hauptsächlich aus der umgebung der kinder gegenstäde usw. voll in den unterricht einbeziehen. Auch viele einfache sätze verwenden. This boy sits on the table, under the table, on the chair etc. We walk on the sand, on the grass, und alles im spiel mode machen.
    Viel glück, passt schon

  • Hallo, vielen Dank für die Antworten! Die Vorschläge sind echt gut.


    Hab mittlerweile angefangen mit "sich vorstellen", hab erst mit einigen Fragen nach Name, Alter, Lieblingsfarbe etc gestartet und dann ein kleines Rollenspiel gemacht. Lief ganz gut, hab das in allen vier Klassen gemacht.


    Ich kann Gitarre spielen, leider haben die keine Gitarre hier. Sonst wäre das natürlich perfekt für die Lieder. Aber die kann man ja auch A capella singen.

  • Wow, das ist ja mal ein grandioses Auslandsjahr! :respekt:
    Noch als Idee: Vielleicht magst du mal nach den Threads suchen, die sich mit "Deutsch als Zweitsprache" befassen? Die KollegInnen hier haben im Grunde dasselbe Problem im Unterricht mit Asylsuchenden: fachfremd Kindern eine Sprache beibringen, ohne dass man ihre Sprache kann... du bist also nicht allein mit dieser Frage.

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