Berufliche Umorienterung in meinem Fall - wie seht ihr das?

  • Es ist hier schon oft thematisiert worden, aber aus persönlichem Interesse heraus wende ich mich nochmal mit diesem Themenbereich an dieses Forum. Ich habe mich in diesem Forum angemeldet, weil ich meine berufliche Zukunft aktiv gestalten will und mir nach wie vor nicht sicher bin, ob der Lehrerberuf wirklich mein berufliches Zuhause ist.


    Hierzu die Darlegung meines Werdegangs:


    Ich habe 2004 mit dem Lehramtsstudium "Lehramt für Sekundarstufe 1 und Primarstufe" (Abkürzung LS1P) mit den Fächern Musik und Deutsch begonnen.
    Meinen Abschluss erwarb ich im März 2015 und rutschte noch zum Sommer 2015 als LAA (Lehramtsanwärter) in Berlin in die Ausbildung für ISS/Gymnasium hinein, was ich von Anfang an nicht wollte (Mein Interesse oder Prägung durch das Studium und als PKB-Kraft im schulischen Kontext galt immer eher der Unterstufe). Da mein erstes Kind aber Ende Oktober 2015 geboren wurde, begann ich aktiv mit diesem Referendariat Ende August 2016 nach meiner Elternzeit. Es war mir als Mama sehr wichtig, dass ich mein Kind lange genug stillen und pflegen kann, bis ich mich selbst in der Lage sehe, mich von meinem Kind "ablösen" zu wollen.


    In meiner zugegebenermaßen langen offiziellen Studienzeit habe ich zumindest fast 5 Jahre lang freiberuflich in einem Stundenumfang zwischen 5-40 Stunden wöchentlicher Unterrichtszeit (ohne Einberechnung der Wege zu Arbeitsstätten) in zwei staatlichen Musikschulen, privat und einem Verein gearbeitet. Meine pädagogischen Einsatzgebiete waren Gitarrenlehrerin für Schulkooperationsprojekte, Lehrerin für klassische Gitarre, Babysitting und mit besonderer Hingabe widmete ich mich auch der Musikalischen Früherziehung. In diesen Jahren habe ich unheimlich viel gelernt, konnte individuell auf Lernende oder zu Erziehende jeden Alters eingehen, mich selbst auch gut als Lernende begreifen, die sich mit verschiedensten Menschen, auch Kollegen, gemeinsam auf einen Weg begibt. Dieses freie Arbeiten lag mir sehr, aber das Geld, das ich letztlich zum Leben übrig hatte, stand in keinem Verhältnis zu dem enormen Aufwand, den ich für diese ganzen Tätigkeiten betrieben hatte. Und jetzt habe ich eine Familie und wir wollen eigentlich gerne 4 eigene, gemeinsame Kinder haben (aber wenigstens zwei).


    Ich selbst fühle mich mit Leib und Seele den beiden Fächern verpflichtet, die ich im Lehramt studiert habe, aber ich muss nicht selbst unbedingt musikalisch oder germanistisch/literarisch/sprachlich tätig werden oder empfinde auch nicht so etwas wie Zwang, meine Fächer unterrichten zu MÜSSEN, um dies zu genießen oder meinen individuellen Zugang dazu zu haben. Sicherlich schreibe ich auch schon jahrelang an einem Kinderbuch, habe über 50 Gedicht(sschnipsel) auf dem Computer und habe immer gern aktiv musiziert, vor allem als Gitarristin und als Sängerin in verschiedenen Ensemblen, habe da auch viele kreative Ideen, die ich nicht unbedingt pflege und archiviere wie bei meiner Herumschreiberei...genug der Bauchpinselei!


    Jedenfalls habe ich mich aus diversen Gründen aus dem Referendariat für ISS/Gymnasium entlassen lassen, weil es mir immer und immer schlechter ging und überlege nun, wie eine professionelle (Um-)Orientierung bei mir aussehen könnte und vielleicht entsteht hier das eine oder andere anregende Gespräch darüber. Bisher habe ich folgende berufliche Varianten für mich entwickelt:


    1. Ich will mich in anderen Bundesländern als LAA für das Grundschullehramt bewerben
    2. Umorientierung zur staatlich anerkannten Erzieherin
    3. theoretische Arbeit im Bereich Forschung im pädagogischen Bereich
    4. in schulischen Aninstitutionen bzw in schulischer "Ersatzfunktion" arbeiten (z.B. als Schulsekretärin o.Ä.)
    5. Überbrückungszeiten als PKB gestalten


    Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass wir als Familie jetzt auch nach Sachsen ziehen werden, weil mein Partner als Mathematiker dort eine befristete Stelle bekommt...ich würde es sehr begrüßen, wenn er eher früher als später auf seine Promotion hinarbeitet, da wir wie gesagt noch mindestens ein gemeinsames Kind haben wollen.
    Des Weiteren sind mir mehrere Dinge klar geworden in dem kurzen Zeitabschnitt, in dem ich Schulalltag an einem Berliner Gymnasium miterleben durfte:


    1. Deutschlehrer am Gymnasium sein heißt wohl, während der Schulzeit nur am Rotieren sein, um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden in Anzahl von zu schreibenden Aufsätzen in Sek. 1 und in Sek. 2 hat man ja wohl auch irgendwie keine inhaltlichen Freiheiten - find ich total daneben....
    2. Musiklehrer am Gymnasium sein heißt wohl, einerseits in der Kursphase fachlich intensiv Unterricht machen, damit die Schüler ne inhaltlich fundierte Klausur zu einem gesetzten Thema verfassen können bei gleichzeitiger hoher Stundenausfallquote und dem "Druck", Musik auch praktisch zu erfahren und auszuüben...
    3. In meinem bisherigen Leben hatte ich den Eindruck gewonnen, dass ich mich beruflich nicht mehr tot machen machen (lassen) will als nötig. Ich möchte für meine Familie da sein.


    Wie seht ihr das?

    "unterm vollmond im mai"

    4 Mal editiert, zuletzt von Exodus ()

  • Ich weiß natürlich nicht, was für dich das Beste ist. Ich finde nur dein Ansinnen etwas bedenklich: Partner soll jetzt bitte rasch promovieren, damit er die Familie finanziert, während ich noch nach Selbstverwirklichung strebe und mich sortiere, aber erst noch zwei, drei Kinder, und um die will ich mich auch reichlich kümmern können. Du wärst nicht die erste, die mit einem solchen Lebensentwurf auf die Nase fällt.


    Du könntest in einen sicheren Job einsteigen, der dir natürlich auch Freiheiten gewährt, vor allem aber deinen Lebensunterhalt auch unabhängig vom Partner sichert. Dass das mit einer künstlerischen freien Tätigkeit nicht so einfach ist, hast du ja schon festgestellt. Warum willst du nicht Grundschullehrerin werden? Deine Gründe, die gegen das Lehramt an Gymnasien sprechen - wie du meinst - haben doch mit dem Grundschullehramt nichts zu tun.

  • Liebe Piksieben,


    vielen herzlichen Dank für deine Antwort! Du hast Recht, ich habe momentan eine wenig harmonische bzw. ausgereifte Denkweise über unsere derzeitige Lebenssituation und unsere bzw. meine Zukunft, da sich ja derzeit alles im Umbruch befindet (Umzug bewerkstelligen bis März, für das Kind Betreuung sicher stellen, in Sachsen Bewerbungen stellen usw usw). Gut, dass du mich darauf so ehrlich hinweist. Einiges ist wohl auch von mir zu stark in meinem Beitrag formuliert wie ich merke.


    Selbstverwirklichung - mhm, eigentlich ist mir das gar nicht so wichtig :-/ Aber ja, mehrere Kinder haben wollen und gleichzeitig genug Zeit usw. ist nur möglich, wenn man dann wohl dem Berufsleben den Rücken zukehrt, oder? So nach dem Motto: Wer das Eine will, muss das Andere in Kauf nehmen. Meinst du es so?


    Also ich frage mich ehrlich gesagt auch, warum ich permanent am Lehrerberuf zweifle - ich denke, dass ich da persönliche Denkweisen überwinden muss...ich agiere noch zu stark aus der Enttäuschung heraus, dass ich am Gymnasium mich so von allem überfordert gefühlt habe...


  • Aber ja, mehrere Kinder haben wollen und gleichzeitig genug Zeit usw. ist nur möglich, wenn man dann wohl dem Berufsleben den Rücken zukehrt, oder? So nach dem Motto: Wer das Eine will, muss das Andere in Kauf nehmen. Meinst du es so?

    Dem Berufsleben kann man den Rücken erst zukehren, wenn man mal einen Fuß drin hat. Ich finde es einfach ungeschickt, die Ausbildung mittendrin abzubrechen. Du könntest das Ref machen und danach erst mal zu Hause bleiben. Irgendwann willst du da raus wollen. Dann kannst du dich bewerben, mit entsprechender Qualifikation.


    Vielleicht brauchst du etwas Abstand von dem "Trauma" am Gymnasium und machst nach dem Umzug einen neuen Anlauf? Ich habe das Gefühl, du kämst an der Grundschule besser zurecht.

  • hehe kodi, dasselbe hat die Direktorin nach meinem ersten unterrichtsbesuch auch zu mir gesagt nachdem ich meinte, ich kann so wie bisher nicht mehr weitermachen! ;)


    und weil ich finde, dass sie bzw. du damit irgendwie auch Recht habt, fühl ich mich auch hilflos...ich hatte solche angst vor dem ersten unterrichtsbesuch, dass de facto alles in die hose ging, was nur in die hose gehen konnte. zu hause hatte ich voller panik ca. 8 stunden lang versucht, einen stundenentwurf für diese 9. klasse in deutsch hinzubekommen und in der stunde haben dann quasi meine schüler die unterrichtsstunde für mich vorgeführt. von mir kam kein einziger sinnvoller stundenimpuls. nur weil die schüler mich irgendwie mochten, lief da sowas wie unterricht.


    bei der auswertung mit meiner fachseminarleiterin war diese so entsetzt über meine stunde, dass sie dachte, ich will sie mit meiner stunde verscheißern oder sowas :D und hat mich gefragt, in welche richtung ich jetzt eigentlich eine auswertung wünsche. im gespräch kristallisierte sich dann heraus, dass sie die situation si bei mir einschätzt, dass ich so ein referendariat am gymnasium nur mit hängen und würgen und enorm viel unterstützung bewerkstelligen könne und sie mir das selbst nicht zutraut - mhm, da war ich erstmal ratlos

    • Offizieller Beitrag

    Also die Haltung gegenüber der Arbeit am Gymnasium kann ich so nicht teilen - mit Englisch und Musik kann ich da aus mehrjähriger Erfahrung sprechen.
    Die Punkte 1 und 2 scheinen mir eher eine Momentaufnahme der "Schnupperzeit" am Gymnasium zu sein als wirkliche Erfahrung. Darauf eine Lebensentscheidung zu fällen halte ich für kurzsichtig.


    Spontan habe ich den Eindruck, dass Du die Freiheiten, die Dir Dein Musikerdasein gelassen hat, nicht aufgeben möchtest. Gleichzeitig möchtest Du aber die finanzielle und berufliche Sicherheit Deiner Familie sicherstellen.
    Der Schuldienst ist formal betrachtet repressiv und gibt klare Vorgaben, die auch erfüllt werden müssen. Ich habe dieses "repressive System" aber nicht explizit als solches empfunden sondern die vielen gestalterischen Freiheiten ausgenutzt und schätzen gelernt. Nirgendwo kann ich trotz aller Rahmenbedingungen so frei in meiner Methodik und konkreten inhaltichen Akzentsetzung arbeiten - und das in allen drei bzw. vier Fächern, die ich unterrichte.


    Ich denke, dass Du in dem Dilemma zwischen Freiheit, dem Gefühl des individuellen Eingeschränktseins sowie bestimmten Ansprüchen an das Leben (Kind, ggf. Haus, Auto etc.), die aber nur durch ein gewisses Maß an Anpassung an die Erfordernisse eines Berufs erfüllbar sind, gefangen bist. Möglicherweise möchtest Du auch zu viel auf einmal.


    Mit einer vollen Planstelle in der Tasche ist man nicht per se so reglementiert wie Du glaubst. Als Musilehrer stehen Dir an den Schulen auch die Leitung von Ensembles etc. offen - das ist ganz anderes Arbeiten - annähernd so, wie Du es während Deines Studiums beschrieben hast.
    Mit der vollen Planstelle kann man auch die Familienplanung viel entspannter angehen, weil dann nicht alles vom Erfolg des Partners abhängt.


    Natürlich muss man sich auch den Bedingungen des Schulsystems ein Stück weit unterwerfen. Das ist der Preis, den man bezahlen muss - ganz gleich an welcher Schulform man unterrichtet.


    Wäre ich mit der Lebenserfahrung, die ich heute habe, in Deiner Situation, dann wäre mir wichtig, dass ich bei allen Bedürfnissen und Ansprüchen, die ich an mein Leben habe, vor allem eines mir bewahre:
    Die Kontrolle über mein eigenes Leben.


    Die kann man auch schnell ohne es zu merken verlieren.
    Sei es ein Beruf, der einem nicht liegt.
    Sei es ein Haus, das zu teuer ist und bei dem die Finanzierung die Lebensweise diktiert.
    Sei es eine Partnerschaft, die nicht glücklich macht.
    Sei es eine Entscheidung, die man dem Partner zuliebe trifft, die aber das eigene Leben völlig umkrempelt.

  • Lieber Bolzbold,


    ich danke dir sehr für den Post. Ich versuche das auf mich wirken und in mir arbeiten zu lassen.


    Je häufiger ich mir meinen Beitrag durchlese desto kurzsichtiger und kindischer erscheint er mir. Ja, ich merke selbst, dass ich irgendwie noch verstellte oder irgendwie abgehobene Vorstellungen habe. Ich hoffe, dass ich dazu einen anderen Zugang zu bekomme...


    "Ich denke, dass Du in dem Dilemma zwischen Freiheit, dem Gefühl des individuellen Eingeschränktseins sowie bestimmten Ansprüchen an das Leben (Kind, ggf. Haus, Auto etc.), die aber nur durch ein gewisses Maß an Anpassung an die Erfordernisse eines Berufs erfüllbar sind. Möglicherweise möchtest Du auch zu viel auf einmal." -Bolzbold


    -ja, das stimmt!


    mist, das mit der Kontrolle über das Leben ist mir fast ein bisschen viel - bzw. weiß ich nicht, ob ich diese aussage wirklich verstehe...muss mich jetzt erstmal zurückziehen und dinge in mir arbeiten lassen :-/


  • im gespräch kristallisierte sich dann heraus, dass sie die situation si bei mir einschätzt, dass ich so ein referendariat am gymnasium nur mit hängen und würgen und enorm viel unterstützung bewerkstelligen könne und sie mir das selbst nicht zutraut - mhm, da war ich erstmal ratlos

    Du glaubst ja nicht, wie viele Unterrichtsbesuche schief gehen und nachher kommt doch noch ein guter Lehrer dabei heraus ... In so einer Situation braucht man Mitstreiter und Freunde, die einem helfen - welchen Wert hat eine Diagnose auf Grund einer Dreiviertelstunde, die jemand gesehen hat? Hattest du denn danach noch einen Besuch, oder hast du das gleich aufgegeben?

  • ach mann, irgendwie wirkt es jetzt doch zunehmend so, als hätte ich mich dieser stressigen situation zu schnell entzogen, denn ja, piksieben, ich hab tatsächlich gleich aufgegeben -.- naja, aber dennoch hatten sich da mehrere ungünstige faktoren summiert: das ganze jahr 2016 über stand es für uns als familie im raum, dass wir nach sachsen umzuziehen haben, wenn mein partner beruflich weiterentwickeln will in seiner bisherigen Forschungsgruppe - hab ich falsch dargestellt: also mein partner und ich haben der chefin dargelegt, dass es jetzt erstmal darum geht, dass ich das referendariat mache. nachdem sie erfuhr, dass ich es niedergelegt habe, hast seine chefinihm die vollzeitstelle in aussicht gestellt unter der bedingung, dass wir nach sachsen ziehen. der entscheidungsdruck dazu erhöhte sich dazu genau zum ende des jahres hin, wo ich mich sowieso schon mit startschwierigkeiten im ref herumgeschlagen habe :( ich weiß, das sieht für mich nich so toll aus und ja, vielleicht hab ich es mir jetzt an falscher stelle zu leicht machen wollen, indem ich mich entlassen ließ, um eben der möglichkeit des neuanfangs in sachsen den weg zu ebnen?

    "unterm vollmond im mai"

    Einmal editiert, zuletzt von Exodus () aus folgendem Grund: falsche darstellung von sachverhalten


  • Also ich frage mich ehrlich gesagt auch, warum ich permanent am Lehrerberuf zweifle -

    Bevor du das nicht für dich klar herausgefunden hast, macht es auch nicht viel Sinn, sich auf die Suche nach neuem zu begeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass du woanders genauso unglücklich bist, ist sehr groß. Und das sage ich, weil ich das kenne, selber immer wieder Phasen habe, in denen ich "suche".


    Nehmen wir deine Alternativbeispiele:
    1. Sekretärin. Hast du an den Verdienst gedacht? und an die Rente, die du als aufopfernde Mutter am Ende später mal verdienen wirst? Außerdem solltest du dir überlegen, wie es dir in 10 oder 20 Jahren geht, wenn du täglich Akten sortierst, anstatt mit Kindern Musik zu machen.


    2. Erzieherin. Die Ausbildung geht ewig und du verdienst miserabel. Wenn dein Hauptproblem Prüfungssituationen sind, so wisse, dass die Prüfungssituationen als ErzieherIn ähnlich stressig sind, wie die von LehrerInnen. Nur weil Kinder jünger sind, ist der Umgang nicht leichter mit ihnen, die Gruppen nicht leichter zu führen, die Ansprüche an pädagogisch durchdachte Angebote nicht geringer, als in anderen pädagogischen Bereichen. Außerdem dauert die Ausbildung ewig. Es gibt aber durchaus Leute, die später noch umsatteln, wenn das dein Ding ist, dann trau dich.


    3. "Forschung im pädagogischen Bereich", so unklar, wie du das formulierst, so unwahrscheinlich, dass du irgendwie an die Uni zurückkommst. Hast du mit hervorragenden Noten abgeschlossen? Zumal du das Bundesland wechselst, du kennst also niemanden an der Uni. Hinterhergeworfen bekommt man die Stellen sicher nicht.


    Was sagt dein Bauchgefühl? wo wärst du glücklich? Wenn du Lust auf Grundschule hast, dann schau wie du umsatteln kannst. In Sachsen werden Grundschullehrer gebraucht. Wenn du dich mit deinen Ensemblen über Wasser halten kannst und mit wenig Verdienst zufrieden bist: dann spiel Gitarre.
    Ich würde allerdings an deiner Stelle das Referendariat neu starten, dann bist du ruckzuck fertig und die Schulart kannst du dir nachher aussuchen. Wenn du Gymnasiallehrerin bist, kannst du auch an Grundschulen unterrichten (mit Grundschullehrergehalt).
    (Oder du wirst Förderschullehrerin, z.B. für Geistigbehinderte. Kann mir vorstellen, dass das dein Ding wär, wenn du Zeit und Geld hast, Studieninhalte nachzuholen).

    • Offizieller Beitrag

    -ja, das stimmt!


    mist, das mit der Kontrolle über das Leben ist mir fast ein bisschen viel - bzw. weiß ich nicht, ob ich diese aussage wirklich verstehe...muss mich jetzt erstmal zurückziehen und dinge in mir arbeiten lassen :-/

    Ich kann gerne versuchen das zu erklären.


    Nehmen wir folgendes Beispiel:
    Wenn ich zum Zeitpunkt, an dem beide Partner voll verdienen ein teures und großes Haus in einer guten Wohngegend baue oder kaufe und auf der Basis beider Einkommen rechne, dann geht das eine Weile gut.
    Bis die Kinder kommen. Oder die Arbeitslosigkeit. Oder die temporäre längere Krankheit.
    Dann bestimmt der Kredit bzw. die monatliche Rate das weitere Leben und auch einige Entscheidungen wie Zahl der Kinder oder die Dauer der Elternzeit. Das (nicht) vorhandene Betreuungsangebot vor Ort habe ich da noch gar nicht einbezogen.
    Man lebt und arbeitet dann im Wesentichen FÜRS Haus und muss darauf setzen, dass alles andere reibungslos läuft und ineinander greift. Das tut es meiner Erfahrung nach nur selten.


    Klingt bescheuert? Trifft aber auf einige Nachbarn und auf einige Kolleginnen voll zu. Das Gejammere ist dann groß.


    Nehmen wir ein Beispiel aus dem Forum.
    Jemand ist aufgrund der Jobsicherheit, des Idealismus oder der scheinbar vorhandenen Machbarkeit von Familie und Beruf Lehrer geworden. Nach ein paar Jahren stellt man aber fest, dass der Beruf nichts für einen ist.
    Dann tut man sich in der Regel schwer, den sicheren Futtertrog aufzugeben und sich der Unsicherheit eines anderen Berufs, in der Regel im Angestelltenverhältnis, zu stellen.
    Die Existenzangst, die Angst vor dem Ungewissen und die Bequemlichkeit bestimmen dann das Leben - oder man leidet still (oder manchmal auch laut) als Lehrer vor sich hin.


    Wie behalte ich also Kontrolle über mein Leben?


    Alle Entscheidungen, die ich treffe, sollten andere wichtige Entscheidungen in anderen Feldern nicht präjudizieren. Das lässt sich natürlich nie ganz vermeiden. Komme ich dennoch an den Punkt, muss ich den Mut haben aktiv gegenzusteuern oder aber mich mit der gegenwärtigen Situation abzufinden und auf der Basis des status quo weiterdenken.


    Konkret:
    Die Höhe des Darlehens sollte beispielsweise also nicht bereits die Zahl der Kinder festlegen. Die beruflichen Bedürfnisse des einen Partners sollte die Entfaltungsmöglichkeit des anderen Partners nicht nachhaltig oder endgültig hemmen.
    Kritiker würden jetzt womöglich Optimierungszwang unterstellen. Darum geht es aber gar nicht. Es geht nicht darum, von allem das Beste zu haben. Es geht darum, überhaupt eine Wahl zu haben und sich langfristig möglichst viele Ansprüche und Bedürfnisse erfüllen zu können.

  • Was sagt dein Bauchgefühl? wo wärst du glücklich?

    das ist wohl eine der wichtigsten Fragen, die ich mir seit 6 Wochen täglich mehrmals stelle -.- also mein Bauchgefühl sagt mir jedenfalls, dass ich zu früh abgebrochen habe, aber gleichzeitig geriet ich so unter Druck, dass ich nicht mehr weitermachen konnte. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen und nichts mehr essen...gleichzeitig war ich davon überfordert, dass mein Kind zu Hause vor meiner Tür nun auch noch regelmäßig anfing zu weinen und ich ja auch noch viel weg war :( Das lag nicht nur an dem einen missglückten Unterrichtsbesuch in Deutsch, sondern auch an dem Musikgrundkurs, den ich zu unterrichten hatte, denn da hab ich mich von den Unterrichtsinhalten überfordert gefühlt und dann hatte ich den FBL der Schule gebeten, ob er mir helfen kann, denn ich hätte nur noch zu wenig Stunden bis zum Klausurtermin (und da sind ja auch wieder einige Stunden ausgefallen) und auf einmal sah ich mich außerstande diesen Kurs überhaupt noch zu unterrichten, weil ich mich in Angst reingesteigert hatte und auf einmal dachte, in deren Augen muss ich doch jetzt der absolute Looser sein, da ich unterrichten lassen muss und dann war ich auch zusätzlich nicht in der Lage, die Klausur zu konzipieren :(


    Und ich glaube, dass ich an der Grundschulidee auf Grund vermehrter Erfahrungen festhalte, aber ich hab eben auch den Arbeitsaufwand für das Fach Deutsch total unterschätzt - und glaube, dass mir das an der Oberschule pensummäßig zu viel wäre...ich hab bereits geklärt, dass ich in Sachsen das Referendariat mit meinem Abschluss an der Grundschule machen darf. Ich habe mein Abschlusszeugnis prüfen lassen.



    Nehmen wir ein Beispiel aus dem Forum.
    Jemand ist aufgrund der Jobsicherheit, des Idealismus oder der scheinbar vorhandenen Machbarkeit von Familie und Beruf Lehrer geworden. Nach ein paar Jahren stellt man aber fest, dass der Beruf nichts für einen ist.
    Dann tut man sich in der Regel schwer, den sicheren Futtertrog aufzugeben und sich der Unsicherheit eines anderen Berufs, in der Regel im Angestelltenverhältnis, zu stellen.
    Die Existenzangst, die Angst vor dem Ungewissen und die Bequemlichkeit bestimmen dann das Leben - oder man leidet still (oder manchmal auch laut) als Lehrer vor sich hin.


    Wie behalte ich also Kontrolle über mein Leben?

    Und genau deshalb bin ich hier! Bolzbold spricht mir mit seinen Worten sehr aus dem Herzen! Mein Partner hat auch wiederholt zu mir gesagt, dass ich nicht zu sehr an das Finanzielle denken soll und das mache ich auch nicht, aber dennoch versuche ich mich konstruktiv zu verhalten

    Kritiker würden jetzt womöglich Optimierungszwang unterstellen.

    Auch diesen Gedanken habe ich mir selbst bereits vorgeworfen..., aber noch zu keiner tieferen Einsicht gelangt :(

  • Was die Aufnahme von Darlehen angeht, gebe ich Bolzbold Recht: Man legt sich auf Jahre fest und begibt sich unter Umständen in eine Abhängigkeit, die das ganze Leben bestimmt. Da kennt wohl jeder Leute, bei denen das so ist.


    Andererseits: Vieles lässt sich nicht so planen, und über viele Dinge hat man nun mal keine Kontrolle. Noch nicht mal darüber, wie man sich selbst entwickelt. Ich stelle bei mir fest, dass mich viele Dinge, die mir früher wichtig waren, nicht mehr interessieren - dafür beschäftigt mich anderes. So eine Berufswahl ist zwar eine folgenreiche Entscheidung, aber es bleiben immer Optionen. Ich merke erst jetzt, nach fast zehn Jahren im Job, wie viel Gelegenheiten ich habe, Dinge zu tun, die mir sehr liegen und Spaß machen, neben der Routine, die sich eingestellt hat und Freiräume bietet (einfach dadurch, dass der Kopf für anderes frei ist, weil das Arbeitsblatt schon fertig ist).


    Was ich sagen will: Exodus, nach dem Fehlstart hast du neue Chancen. Du wirst irgendwie einen Weg finden, das zu tun, was dir am Herzen liegt, Potential ist ja offenbar da. Zerfleische dich nicht so, versuche, etwas positiver heranzugehen, mit mehr Vertrauen zu dir und deiner Zukunft. Schon deinem Kind zuliebe. Denn das braucht dein Vertrauen genauso. Es wird seinen Weg machen. Und du auch.

  • Ich habe die letzte Woche genutzt, um das bisher Geschriebene nochmal auf mich wirken zu lassen und habe Vieles nochmal durchdacht. Besonders das folgende von Bolzbold Geschriebene beschäftigte mich besonders, denn ich habe den Eindruck, dass das auf lange Sicht besondere Relevanz hat, denn dadurch, dass mein Partner und ich nicht nur als Partner zusammen leben, sondern auch seit knapp 15 Monaten Eltern sind, veränderte ja auch die gesamte Lebenssituation schlagartig. Ich persönlich empfand die Geburt unseres Kindes sowieso schon als starken Einschnitt, weil mir in genau in dem Moment die Verantwortung bewusst wurde, die von nun an zu tragen ist.


    Was die Entscheidung angeht, die man dem Partner zuliebe trifft, stellt sich die Situation auf uns bezogen aber noch neutral da, da ich ja, wenn ich im Grundschullehramt das Referendariat von vorn beginne, vorerst keine negativen Auswirkungen von dem Umzug nach Leipzig habe. Es wird ja erst kompliziert, wenn ich feststelle, dass ich mir auch da keine weitere berufliche Zukunft vorstellen kann.



    Wenn ich aber auch Piksieben und Bolzbold in den weiteren Beträgen richtig verstanden habe, wäre auch eine gewisse Zähigkeit erforderlich, um überhaupt die schönen Seiten des Lehrberufes kennen lernen zu können. Diese Erfahrung habe ich ja bereits in meinen freiberuflichen Tätigkeiten ebenfalls schon machen können. Auch dort habe ich gemerkt, dass man sehr oft erstmal ziemlich viel herumexperimentiert, bis man Lehrmethoden auf einen Inhalt usw. für sich gefunden hat, die bei einem selbst funktionieren. Diesen Sachverhalt akzeptieren die Schüler viel eher als Kollegen. Da hab ich dann auch Ungeduld erlebt bis fast hin zu Resignation, wann denn bei mir mal welcher Knoten platzt. Letztlich funktioniert das doch auch bei jedem Menschen anders...Leider wurde ich dann auch in einer Einrichtung, in der ich viel gearbeitet hatte, sowas wie in Richtung gemobbt, obwohl ich wie jeder andere Lehrer viel Arbeit in Stundenvorbereitungen gesteckt hatte und letztlich dennoch erstmal sehr viel nicht funktioniert hat und es ist bisher nicht meine Stärke gewesen, sofort wenn ich solche Dinge beobachte, das so zu kommunizieren, dass ich nicht schnell in eine Opferrolle gerate. Diese zusätlichen Erfahrungen rumoren auch in mir, da ich ja auch lernen will, mich stärker zu behaupten, um eine gewisse Selbstwirksamkeit zu erfahren.


    Gleichzeitig frage ich mich aber auch, warum nach wie vor hierzulande so ein destruktiver Umgang mit Fehlern gepflegt wird.
    Und warum die Menschen dazu neigen, gleich von einer Berufswahl abzuraten und schnell sagen: "Die bringt´s doch nicht."

    "unterm vollmond im mai"

    2 Mal editiert, zuletzt von Exodus ()

  • Mit Ratschlägen anderer Leute muss man prinzipiell vorsichtig umgehen. Viele unken erst mal rum, stimmt.


    Ich wundere mich aber schon ein bisschen, dass du erst nach Ankunft des Kindes erkennst, dass du nun Verantwortung trägst. Ja, das tust du. Und du wirst Kompromisse machen müssen. Ist das schlimm?


    Du wirkst auf mich übermäßig - hm - verkopft. Alles ist so kompliziert und wird x-mal durchgenudelt und du kommst nirgendwo an. Was sagt dein Herz? Was möchtest du gern? Das ist mir nicht klar. Und du wirkst von deinen Erfahrungen traumatisiert. Es kann anderswo wirklich anders sein und du kannst von Anfang an das Gefühl haben, dass du besser klar kommst und das vorher ein Albtraum war. Kann. Und natürlich kann man Fehler machen!


    Wie steht es mit deiner Belastbarkeit? Man wächst mit seinen Aufgaben und auch die Sicherheit wächst - andererseits sehe ich auch Leute, die auch nach Jahren noch mit relativ einfachen Situationen überfordert sind (organisieren z. B.: Es ist halt immer Gewusel, da muss man ein System haben).

  • Liebe Piksieben,


    es tut mir ziemlich weh, von dir zu lesen, dass ich erst mit Ankunft meines Kindes erkenne, dass ich Verantwortung trage. Wie möchtest du die Sätze des zweiten Absatzes verstanden wissen? Das liest sich für mich sehr appellierend, so als ob ich nicht verstünde, was es bedeutet, Verantwortung zu tragen und das empfinde ich als anmaßend und falsch. Denn das stimmt auch einfach nicht. Da zieht sich alles bei mir zusammen, wenn ich sowas lese. Ja, ich werde Kompromisse machen müssen. Auch das ist mir bewusst und ich mache doch bereits viele Kompromisse für meinen Partner und mein Kind.


    Wenn es dir hilft, mich als verkopft zu bezeichnen, dann stimme ich gerne zu, und wenn du dann auf eine intuitive Bauchentscheidung von mir appellierst, kannst du das gerne tun, aber das hilft mir leider nicht weiter -.- Ich denke, du hast meine Persönlichkeit gut erkannt. Ich habe hier ja auch nicht versucht, etwas zu verstecken.


    Derzeit is der Stand so, dass ich mich entscheiden kann, ob ich mich für Mittelschule oder Grundschule in Sachsen bewerben will. Die Bewerbung muss bis spätestens 25.02.2017 für das kommende Schuljahr abgeschickt sein und bisher schlägt mein verkopftes Pendel eher in Richtung Mittelschule aus. Gleichzeitig zweifle ich aber schon jetzt wieder daran, ob das richtig ist.


    Meine Belastbarkeit stufe ich als sehr gering ein, weil ich ja wie bereits beschrieben immer noch nicht über die negativen beruflichen Erfahrungen hinweg bin und deshalb Äußerungen tätige, dass ich der Berufswelt gleich ganz abtrünnig werden will :( Außerdem bin ich auch in meiner Elternzeit eingerostet. Du kannst mich auch gern als Phlegmatiker bezeichnen, wenn dir das hilft :D


    Weißt du, spätestens jetzt kommt meist der Moment, in dem mir Leute im Leben schon gesagt haben: "Ach Gottchen, so sind Sie wieder diese Künstler: so sensibel." (*hüstl, verklärt, aber auch leicht abfällig guckend) Und auch da kann ich leider nur sagen, was mich betrifft: "Das stimmt leider." Und ich sehe mich noch nicht mal als richtigen Künstler an! Ich mach´gern irgendwie kreatives Zeug, aber das bringt kein Geld ein. Zumindest was das angeht, bin ich schon mal pragmatisch genug. Ich arbeite gerne auf ein konkretes Ziel hin, wenn aber das Ziel "Künstlerdasein" von der Bauchentscheidung her sich als so unrentabel gestaltet, werde ich schnell faul.

  • Hey, Exodus, schön, dass du dich noch einmal meldest. Ich habe in meinem Post versucht, dir zu spiegeln, wie du hier so rüberkommst, in meinen Augen. Verletzen wollte ich dich natürlich nicht, eher ein bisschen anstupsen. Deinen Zwiespalt zwischen deinen künstlerischen Ambitionen und dem Geldverdienenmüssen kann ich besser nachvollziehen, als du vermutlich denkst, dasselbe gilt für deine schlechten Erfahrungen an der Schule.


    Ich empfinde es als sehr angenehm, wenn das Geld zuverlässig aufs Konto kommt und ich meine kreativen Hobbys (z. B. Zeichnen, siehe Avatar) ohne Zwang und Druck ausüben kann - aber es war nicht einfach, an diesen Punkt zu kommen.


    Ob das auch dein Weg ist, weiß ich natürlich nicht.

  • Hallo Exodus,


    Ich hätte noch eine anderen Idee für dich: Lehrkraft für angehende Erzieher. An meiner alten Schule gab es einen Fachbereich, in welchem Schüler in den Berufen Erzieher und Kinderpfleger ausgebildet wurden. Dabei gab es u.a. die Fächer Deutsch und Musikerziehung. Als Klassenlehrer war man auch öfter freigestellt, weil man die Schüler an den Ausbildungsorten besucht hat. Ich war an einer privaten beruflichen Schule in BaWü, aber sowas gibt es sicherlich auch in Sachsen. Und die Lehrer hatten kein zweites Staatsexamen, die das unterrichtet haben (dennoch haben sie gut verdient). Du unterrichtest dann zwar auch Jugendliche bis hin zu Erwachsenen, aber eben ohne großen Leistungsdruck und vor allem unterrichtest du den Inhalt, für den du (wenn ich deinen Anfangspost richtig gelesen habe) lebst ;)

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