Platzangst bei Lehramt für Fremdsprachen

  • Hallo liebe Lehrerinnen und Lehrer,


    ich bin so etwa in der Hälfte meines Bachelorstudiums mit Lehramtsoption und studiere zwei Fremdsprachen auf Lehramt GymGe in NRW.
    Leider habe ich seit einigen Jahren mit einer Platzangst zu tun, so dass ich mich möglicherweise bei Klassenfahrten schwertun werde (Flüge, lange Bus- und Zugfahrten). Sonst habe ich keinerlei Probleme und traue mir den Lehrerberuf von der psychischen Belastbarkeit zu. Da ich die Problematik aber schon einige Jahre habe und zwei Therapien zwar Besserung, aber keine Lösung des Problems brachten, mache ich mir Sorgen, wie das in Zukunft mit meiner Einsetzbarkeit als Lehrer aussehen wird. Konkret überlege ich, ob ich ggf. die Fächer im Master auf Übersetzen/Dolmetschen weiterstudiere oder ob ich das Fach komplett wechsle (also keine Sprachen mehr).


    Wie seht ihr als Praktiker/innen die Jobaussichten, wenn sich das Problem nicht nachhaltig therapieren lassen sollte? Ich überlege schon, mal die Fachleiter im örtlichen Seminar anzusprechen, aber das sollte man vielleicht eher nicht tun, da es dann ja direkt der zukünftige Arbeitgeber weiß, oder?


    Über ehrliche Meinungen/Einschätzungen würde ich mich freuen.

  • @ MrsPace Vielen Dank für die Antwort! Das wäre ja toll, wenn es gar nicht so ein großes Problem wäre. Ich mag Sprachen nämlich sehr und freue mich wirklich darauf, Lehrer zu werden.
    Meine Einschränkung bezüglich der Schulreisen müsste ich aber sicher beim Amtsarzt vor der Einstellung ins Ref oder danach offenbaren. Dann bekommt es ja vermutlich auch der Dienstherr mit. In NRW sind Klassenfahrten sogar Dienstpflicht, glaube ich.

  • Klassenfahrten sind überall Dienstpflicht. Es kann dich aber keiner zwingen auf Klassenfahrt zu gehen, erst recht nicht, wenn medizinische Gründe dagegen sprechen.


    Grund, dich nicht (als Beamten) in den Schuldienst zu übernehmen, ist das keiner.


    Man wollte mich mal mehr oder minder "zwingen" auf Klassenfahrt zu gehen. Weil das eben in der Stufe so üblich ist und ich Klassenlehrerin war. Attest vom Arzt, schon war die dienstliche Anordnung unwirksam.


    Nach dieser Erfahrung, muss ich sagen, halte ich mich auch zurück mit außerschulischen Aktivitäten... Ich habe diese Klassenfahrt jedes, aber wirklich jedes Jahr mitgemacht... Und das eine Mal, wo ich tatsächlich (aus gesundheitlichen Gründen) mal nicht konnte, wird sofort dienstlich angeordnet... Statt das man Verständnis zeigt und als SL einfach einen Ersatz sucht...

  • So einfach, dass man Klassenfahrten anbietet oder eben nicht, ist das nicht.


    Mit 2 Fremdsprachen ist man ein guter Kandidat dafür, Klassenlehrer zu werden, außer, wenn es sich z.B. um Spanisch und Italienisch handelt. Aber als E/F oder E/L-Lehrer wird man sicher in Französisch- oder Lateinklassen als Klassenlehrer eingesetzt.


    Fü NRW legt die BASS bzw. der Erlass des Schulministerium fest:


    Die Teilnahme an nach dem Fahrtenprogramm festgelegten Schulfahrten gehört zu den dienstlichen Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer. Die Leitung obliegt in der Regel der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer bzw. der Kursleiterin oder dem Kursleiter, soweit nichtwegen des besonderen Charakters der Veranstaltung die Leitung ei.ner anderen Lehrerin oder einem anderen Lehrer übertragen wird.


    https://www.schulministerium.n…ien-fuer-Schulfahrten.pdf


    Auf Klassenfahrt zu fahren, ist also dienstliche Pflicht. Es kann sein, dass eine Schulleitung sagt, dass jemand mit Platzangst nicht fahren muss, aber grundsätzlich nur freiwillig zu fahren, das geht nicht. Wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht fahren kann, wird das wohl anders aussehen, aber wie gesagt: Klassenfahrten sind Pflicht.


    Und nebenbei: Wenn man in einem Kollegium eine Gruppe von Leuten hat, die ganz selbstverständlich NICHT auf Fahrt fahren, kann das durchaus ein Konfliktstoff sein.


    An den meisten Schulen hat man als Klassenlehrer übrigens durchaus Einfluss auf das Ziel einer Fahrt. Und wenn es dann eben nicht die Fahrt ist, für die man 10 Stunden im Bus sitzen muss, dann können die Schüer darüber zwar motzen, aber sie können das nicht per Mehrheitsbeschluss kippen. Auch die Eltern nicht...

  • Theorie und Praxis sind halt oft zwei unterschiedliche Dinge...


    Eine Kollegin von mir arbeitet z.B. halbtags, weil sie ihre Mutter pflegt. Wie soll diese Kollegin bitte auf eine einwöchige Klassenfahrt gehen???


    Eine weitere Kollegin ist in Elternzeit und arbeitet derzeit unterhälftig. Ihr Mann ist oft tagelang auf Montage, ihre und seine Eltern sind selbst noch berufstätig und wohnen beide 600km entfernt. Wie soll diese Kollegin bitte auf eine mehrtägige Klassenfahrt???


    Wie gesagt... Ja, in der Theorie sind Klassenfahrten Dienstpflicht. In der Praxis sieht es jedoch anders aus.


    Wie gesagt 80% unseres Kollegiums bieten grundsätzlich keine Fahrten an. Oft auch einfach so, weil sie sich den Stress nicht geben wollen... Damit kommen sie bisher ohne Probleme durch...

  • Ich bin an einer beruflichen Schule in BaWü, aber einen großen Unterschied macht das nicht. Auch in BaWü sind Klassenfahrten Dienstpflicht. Auch bei uns gibt es Hüttentage in der 11, Studienfahrten in der 12, Abschlussfahrten in der 13. Fahrten zu den Üfa-Messen in Deutschland und in New York, Betriebsbesichtigungen mit den Berufsschülern, teilweise auch mehrtägig, da in Hamburg, etc.


    Nebenbei finde ich es auch eine finanzielle Belastung. Für die letzte Studienfahrt, die ich gemacht habe, bekam ich schlappe 90€ erstattet. Kosten lagen bei 400€ plus das, was ich noch vor Ort brauchte.


    Solange die Kosten nicht komplett übernommen werden, finde ich es ein Unding, Kollegen zu zwingen solche Fahrten anzubieten.


    Wir haben zum Beispiel 2014 gebaut... Die 600€ wären anderswo besser investiert gewesen...

  • Üfa Messen in ganz Deutschland? Alleine das ist schon eine Kostenbelastung für die Schüler. Wie finanziert ihr dann die Reise nach NY? Ich halte das mit diesen riesigen Üfa-Messen derart für lächerlich und überteuert.


    Wir hatten vor einiger Zeit einen Thread, in dem eine Kollegin daraufhin gewiesen hat, dass Lehrer Freiplätze nutzen dürfen. Also wenn dich die SL wieder einplant, dann den dezenten Hinweis, dass der Reiseveranstalter die Freiplätze miteinkalkulieren soll.


    Die Betriebsbesichtigungen werden wohl im Rahmen eines Dienstreiseantrags wohl übernommen. Oder was für eine seltsame Schule seid ihr? Bei uns werden alle Kosten übernommen.


    @Andreas
    Sich jetzt schon Gedanken über solche Dinge zu machen bringt nichts. Allerdings ist eine (weitere) Therapie schon sinnvoll. Du schränkst dich in deiner Lebensqualität derart ein. Du kannst ka nicht einmal privat große Fernreisen machen. Und das ist schon schade.

  • In NRW ist es eine Dienstpflicht UND wir kriegen die vollen Kosten zurück (plus Tagegeld).
    Es ist durchaus ein Unterschied.
    Natürlich eird keine Schulleitung, die noch bei Sinnen ist, jdn richtig zwingen, mitzufahren, aber mir fallen gerade mindestens 3 Fälle der letzten 3 Jahre ein, die über eine Fahrt nicht besonders glücklich waren. Egal ob zeitlich, oder die bestimmte Klasse oder was auch immer.
    Solange man nicht Teilzeit arbeitet und Kinder/Pflegeverwandte hat, wird es mit womöglich zwei Hauptfächern schwer, sich komplett und für immer rauszureden.


    Chili

  • Kurzum: ist nicht schön, aber kein wirklich ernsthaftes Hindernis auf deinen Weg ins und im Lehrerleben (solange Du keine Platzangst im Klassen- und Lehrerzimmer hast). Gut, vor allem im Referendariat ist es nicht schön, einer Aufforderung, eine Klassenfahrt mitzumachen, nicht nachkommen zu können (dann musst du halt mit offenen Karten spielen, wenn du einen' guten' Kernseminarleiter hast, dann erklärt der dich aber z.B. im Seminar für unabkömmlich und in der Ausbildungsschule kriegt keiner was mit - im richtigen Lehrerleben reicht dann aber sicherlich ein Attest (und sollte auch jeder Kollege verstehen: wer Flugangst hat, kann kein Flugzeug besteigen)


    Aufpassen würde ich in der Therapie, das da nicht noch 'nebenbei' irgendwas anderes noch als Platzangst behandelt wird, dann könnte es evtl. Probleme bei der Verbeamtung geben (man kann natürlich auch als Angestellten Lehrer sein, hat dann aber bei gleicher Qualifikation un Tätigkeit viel schlechtere finanzielle Bedingungen. Im Lehrerberuf gilt der Grundsatz nicht: 'gleicher Lohn für gleiche Arbeit nicht - und in der Politik stört das keinen'). Platzangst allein dürfte aber kein Verbeamtungshindernis darstellen.

  • Unserer Schule steht im Jahr ein bestimmtes Budget für solche Unternehmungen zu. Diese wird Ende des Schuljahres anteilig aufgeteilt. Und dann springen halt mal nur 90€ raus, wobei die Reise aber 600€ gekostet hat.


    Die deutsche Üfa-Messe ist halt jedes Jahr in einer anderen Stadt und da wird dann halt hingefahren. Nach NY auch. Natürlich bezahlen das die Schüler und die Kollegen aus eigener Tasche.


    Betriebsbesichtigungen werden nicht übernommen.


    Freiplätze, ja... Da werden dann halt die Kosten auf die Schüler umgelegt und es kommt ein höherer Reisepreis für die Schüler bei raus...

  • Als Vater würde ich der Schule aber was husten. Reisen nach NY :autsch: . Kein Förderverein kann da massiv Unterstützung zahlen. Kann man dann sagen, dass nur die Schüler gutbetuchter Eltern ihre Sprösslinge mitschicken?
    Und welcher Lehrer zahlt sowas freiwillig? Ja bei uns gibts auch Schulfahrten. Aber wir achten auf die Bezahlbarkeit. Und die Lehrer zahlen nichts
    Somit erhöht sich im Rahmen der Freiplätze der Schüleranteil nur wenig.


    Das die Kosten für Betriebsbesichtigungen nicht übernommen werden ist ein Witz. Warum Lehrer das mit sich machen verstehe ich nicht. Habt ihr ein Geschäftswagen? :P
    Auch diese Kosten werden von mir immer per Dienstreiseantrag eingereicht. Ich schenk doch kein Geld her.

  • Mit einer vorangegangenen Psychotherapie und einen weiterhin bestehenden psychischen Problem wird es mit der Verbeamtung u.U. kritisch.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • 2009 stellte Andy aus nrw dieselbe Frage im Referendareforum und im letzten Jahr ein Bernie und auch damals gab es Antworten von "du darfst deine Ängste nicht dein Leben diktieren lassen" bis "wie wird das in der vollen Aula werden? Ohne Therapie wird das nichts".


    Ich schätze, du musst dir über deine Probleme selber im Klaren sein, ob du den Job auf Dauer schaffst, oder nicht. Eine einheitliche Antwort à la "mach oder mach nicht" kann dir niemand geben.

  • Unserer Schule steht im Jahr ein bestimmtes Budget für solche Unternehmungen zu. Diese wird Ende des Schuljahres anteilig aufgeteilt. Und dann springen halt mal nur 90€ raus, wobei die Reise aber 600€ gekostet hat.

    Und? Das ist NICHT DEIN PROBLEM! Ohne vollständigen Kostenersatz kann dich niemand zwingen, eine Fahrt zu begleiten.


    Falls man dich demnächst wieder einmal "zwangsverpflichten" sollte und dir im Anschluss nicht die vollen Kosten erstattet, empfehle ich dir https://www.online-mahnantrag.de/


    Wenn deine Schule erst einmal einen Mahnbescheid von dir bekommt, der dir, sollte die Schule immer noch nicht zahlen und auch nicht widersprechen, im Anschluss die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das schulische Girokonto eröffnet, wirst du garantiert nie wieder für eine Fahrt zwangsverpflichtet werden!


    Gruß !

  • Und? Das ist NICHT DEIN PROBLEM! Ohne vollständigen Kostenersatz kann dich niemand zwingen, eine Fahrt zu begleiten.
    Falls man dich demnächst wieder einmal "zwangsverpflichten" sollte und dir im Anschluss nicht die vollen Kosten erstattet, empfehle ich dir https://www.online-mahnantrag.de/


    Wenn deine Schule erst einmal einen Mahnbescheid von dir bekommt, der dir, sollte die Schule immer noch nicht zahlen und auch nicht widersprechen, im Anschluss die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das schulische Girokonto eröffnet, wirst du garantiert nie wieder für eine Fahrt zwangsverpflichtet werden!


    Gruß !

    Bei uns ist das so, dass die Schule gar keine eigenen Mittel, sprich auch kein eigenes Konto hat. Es läuft alles über den Landkreis, d.h. wenn ich zum Beispiel ein Buch für die Fachschaft kaufen möchte, muss ich das beim Landkreis beantragen. Das geschieht natürlich dann über die Schulleitung, klar, aber im Endeffekt ist der Landkreis der Geldgeber und nicht die Schule an sich.


    D.h. den Mahnbescheid müsste ich dann eigentlich an den Landkreis schicken, wenn ich das richtig sehe.

  • Flüge machen nur recht wenige Schulen.
    Bei Flügen, Busfahrten und Zugfahrten ist es aber i.d.R. kein Problem wenn jemand Platzangst hat. Es wäre schlimmer, wenn jemand Raumangst hätte; so einer hätte Probleme mit solchen Fortbewegungsmitteln. Ich frage mich allerdings, ob solche Leute nicht schon allgemein ein Problem als Lehrer haben werden, wenn ich mir so mache Klassenräume mit 34 Schülern oder am Anfang/Ende der Pause so machen überfüllten Flur ansehe.

  • Mrs Pace, in BW müssten doch auch bei einer Kreisschule Reisekosten des Personals Sache des Landes (LBV), Sachkosten Angelegenheit des Trägers (bei dir Landkreis) sein - dein RK-Antrag müsste doch auch ans LBV gehen, oder? Die Mahnung müsste demnach ans LBV gehen. Würde nur zu gerne wissen, was die dann sagen :pfeifen:

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