Bildungsgang Lernen - Welcher Abschluss in der Praxis?

  • Hallo,


    die Theorie besagt, dass der Unterricht im Förderschwerpunkt Lernen zum Abschluss des Bildungsganges Lernen führt. Außerdem ist der Erwerb eines dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Abschlusses möglich.


    Aber wie sieht das in der Praxis aus?
    Ich habe öfters schon gehört, dass in Kl. 9 der Förderschwerpunkt aufgehoben wird, damit das Kind dann einen Hauptschulabschluss erwerben kann.
    Wie ist das machbar?? Das sind doch sicher Einzelfälle, oder kommt das wirklich öfter vor?


    Welche beruflichen Möglichkeiten hat ein Schüler, der "nur" den Bildungsgang Lernen abschließt, also ein Zeugnis über die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten bekommt?


    Wie sind denn da eure Erfahrungen, wo kommen diese Schüler unter, um es mal platt zu formulieren.


    Würde mich über ein paar Erfahrungsberichte freuen.
    Viele Grüße!

  • Bei uns kommt es recht oft vor, dass der Förderschwerpunkt am Ende der Schullaufbahn aufgehoben wird. Meist führt das zu einem HA nach Klasse 9 und zum Besuch eines Berufskollegs.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Danke, Jule, für die Antwort.


    Dann scheint es ja doch häufig vorzukommen.


    Aber nochmal zum Verständnis: Die LE Kinder bekommen doch in der Regel keine Noten, sondern nur ein Berichtzeugnis, auch auf der weiterführenden Schule, oder wie wird das bei euch gehandhabt?


    Wenn der Förderschwerpunkt dann in Klasse 8/9 (?) aufgehoben wird, nehmen sie plötzlich am zielgleichen Unterricht teil und erreichen dann mindestens ein ausreichend in den Fächern?
    Mir ist noch nicht klar, wie das funktioniert. Dann fragt man sich ja, wieso sie überhaupt diesen Förderbedarf haben. Also holen LE Kinder oft im Verlauf der Schuljahre 5-8 einiges an Unterrichtsinhalten auf? Das wäre ja schön :-)



    edit: Es wäre für mich (GS) unheimlich interessant zu erfahren, wie das an den weiterführenden Schulen so läuft mit Schülern, die im Bildungsgang Lernen unterrichtet werden. Vielleicht mag jemand noch weiteres dazu schreiben.

  • Bei uns erhalten die Kinder das Abschlusszeugnis der Lernförderschule. Damit gehen sie ins BVJ. Dort kann man den Hauptschulabschluss erwerben, wenn man regelmäßig kommt und sich halbwegs Mühe gibt ;)


    Oder nach Klasse 7 wechseln die "Fitteren" auf eine Hauptschule, bzw. einige Förderschulen haben ein Zehntes Schuljahr in dem der HSA in abgespeckter Version (glaub bei Englisch werden Abstriche gemacht). nachgeholt werden kann.


    Der eine oder die andere kriegt die Kurve und findet Arbeit. Eine richtige Lehre mit Berufsschule ist für die meisten fern. Es gibt aber Ausbildungsgänge in Berufsbildungswerken/ Berufsförderungswerken. Dort wird man dann Beikoch oder ähnlich Schlechtbezahltes. Die meisten müssen in Maßnahmen bleiben. Bei einzelnen versuchen wir auch an Schwerbehindertenstatus zu kommen, damit die geschützte Werkstatt bleibt. Einige werden "Hartzer".


    Die Frage ist immer die nach der psychischen Gesundheit und dem familiären Background. Lesen/rechnen können ist für viele einfach zweitrangig.

  • Nee, nicht "plötzlich". Bei uns bleibt das Klassenleitungsteam von Jg. 5 bis Jg. 10 dasselbe, so dass man das betreffende Kind schon lange und genau kennt, und einschätzen kann, ob ein Regelschulabschluss erreichbar ist. Dann führt man nach und nach das Kind an den Regelstoff heran, lässt es die Regel-Klassenarbeiten probehalber mitschreiben, und wenn das aussichtsreich erscheint, lässt man den Förderschwerpunkt aufheben.


    Wir handhaben es so, dass wir nur soweit abwärts differenzieren, wie es nötig ist, und dem betreffenden Schüler möglichst den Anschluss an den Regelstoff erhalten oder anbahnen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele LE-Kinder Spätzünder sind.


    Im Förderschwerpunkt LE gibt es Wortzeugnisse, keine Noten. Wir handhaben es aber so, dass wir auf Wunsch (und die meisten Schüler wünschen das) Noten geben, wo es sinnvoll und möglich ist, ohne das Kind zu demotivieren. Dabei kann man zwischen reeller Note und "Sternchen-Note" unterscheiden. Beides hat aber keine rechtliche Relevanz, die hat nur das Wortzeugnis.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Wir müssen Noten geben, was für einige ziemlich demotivierend ist. Zumal dann im 7. Schuljahr gesiebt werden soll, es müssen also die Hauptschulkandidaten realistische Noten kriegen und die ganz Schwachen dürfen keine Zweien bekommen :/

  • Vielen Dank für eure Erfahrungsberichte, Schantalle und Jule!



    Nee, nicht "plötzlich". Bei uns bleibt das Klassenleitungsteam von Jg. 5 bis Jg. 10 dasselbe, so dass man das betreffende Kind schon lange und genau kennt, und einschätzen kann, ob ein Regelschulabschluss erreichbar ist. Dann führt man nach und nach das Kind an den Regelstoff heran, lässt es die Regel-Klassenarbeiten probehalber mitschreiben, und wenn das aussichtsreich erscheint, lässt man den Förderschwerpunkt aufheben.


    Wir handhaben es so, dass wir nur soweit abwärts differenzieren, wie es nötig ist, und dem betreffenden Schüler möglichst den Anschluss an den Regelstoff erhalten oder anbahnen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele LE-Kinder Spätzünder sind.
    ...


    Das sind natürlich super Voraussetzungen - Klassenleitungsteam von Kl. 5- 10! Da kann ich mir gut vorstellen, dass es genauso funktioniert wie du schreibst. Das ist ja super! Wenn das bloß überall so wäre.

  • Ich antworte hier mal für Bayern (falls das für dich interessant sein sollte):
    Neben dem Abschluss des Bildungsganges Lernen wird hier an den Förderzentrum generell der "Theoriereduzierte Mittelschulabschluss" angeboten. An vielen, aber längst nicht allen Schulen ist auch die Prüfung zum "externen Mittelschulabschluss" möglich. In der Regel kommen dazu die Prüfungen samt Prüfer einer benachbarten Mittelschule an die Förderschule (oder deren Schüler an eben jene MS) um dort eine gesonderte Prüfung abzulegen. Dokumentiert wird das mit einem Mittelschulabschluss-Zeugnis, auf dessen Kopf der Name der Mittelschule und nicht der der Förderschule prangt.


    Viele Grüße
    Holger

  • Das, was Schantalle schreibt, gilt auch hier (Sachsen). Vielleicht sind wir im selben Bundesland? Ist für mich gerade nicht ersichtlich.

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