Dürfen Eltern jeden zum Gespräch mitbringen?

  • Folgender Fall: Ein Lebensgefährte einer Schülermutter hat Hausverbot erhalten, weil er auf dem Schulhof handgreiflich ggü. Schülern wurde. Die Polizei konnte den Mann nicht ausfindig machen, weil sich die Mutter weigerte, dessen Namen preiszugeben. Nun taucht dieser Mann aber zu Elterngesprächen wieder auf und unsere SL weiß nichts mehr von einem Hausverbot.


    Muss ich diese Person zum Elterngespräch mit dazunehmen, wenn die Mutter das wünscht? Oder kann ich zumindest, wenn er spontan mit dazukommt, das Gespräch aktuell verweigern und einen neuen Termin zusammen mit der SL verlangen?

  • Grundsätzlich ist die Schule ja ein Amt, und daher kann jeder einen Beistand nach Wahl mitbringen. Die Grenze wäre hier erreicht, wenn es ein rechtskräftiges Hausverbote gäbe, gegen das der betroffene allerdings Widerspruch einlegen könnte. Auf alle Fälle wäre das Hausverbot aber ein einseitiger Verwaltungsakt, der schriftlich bekanntgegeben werden müsste, was her wohl nicht der Fall ist. Daher darf er grundsätzlich erst mal dabei sein. Bei einem triftigen Grund, könntest du allerdings das Gespräch verweigern, z.B. bei einer Bedrohung oder ähnlichem.


    Allerdings: Wenn Du dich weigerst, mit ihm zu sprechen, dann ist es erst mal so. Dann liegt der Ball bei der Mutter, und die müsste rechtlich tätig werden, um das Gespräch zu erzwingen, und spätestens dann hast du auch die Schulleitung involviert. Bei eventuellen Anweisungen, das Gespräch dann durchzuführen, könntest du noch remonstrieren, zusätzlich steht es dir aber auch frei, weitere Personen mit zum Gespräch zu bitten, dass kann zur Not dann auch das komplette Klassenteam inklusive Sozialpädagoge sein, die müssen eben aber auch mitspielen.

  • Das klingt logisch, danke. Kann ich denn verlangen, dass mir der Mensch seinen Personalausweis zeigt? Ich muss doch zumindest wissen, mit wem ich es zu tun habe, bevor ich über die Belange eines Kindes rede. Oder reicht es tatsächlich, dass jeder ein Anrecht auf x-beliebigen Beistand hat?

  • Kann ich denn verlangen, dass mir der Mensch seinen Personalausweis zeigt?

    Da würde ich jetzt keine Rechtsgrundlage sehen, da die Mutter ja nach dem jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetz jeden als Beistand mitbringen kann. Anders wäre es, wenn Du Zweifel an der Identität der Mutter hättest.

  • Grundsätzlich ist die Schule ja ein Amt, und daher kann jeder einen Beistand nach Wahl mitbringen.

    Das stimmt (zum Glück) nicht. Du beziehst dich damit auf das VwVfG §14.4: Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen.


    Dieser Paragraph ist aber in der Schule nicht gültig. Selbst Anwälten kann man die Teilnahme am Gespräch untersagen.

  • Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist Bundesrecht. Bula müsste also egal sein?
    @Trapito, wie kommst du darauf, dass das für Schule nicht gilt? Vielleicht gilt das von dir zitierte Gesetz nur für Verwaltungsverfahren, ein Infogespräch zählt aber nicht dazu?


    Das Gespräch wünscht übrigens die Familie, ich hab sowieso keinen Pöbel- äh Redebedarf mehr. Die bestehenden Probleme sind längst Sache des Jugendamts...

  • Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist Bundesrecht. Bula müsste also egal sein?
    @Trapito, wie kommst du darauf, dass das für Schule nicht gilt? Vielleicht gilt das von dir zitierte Gesetz nur für Verwaltungsverfahren, ein Infogespräch zählt aber nicht dazu?

    Das Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (!) schränkt seine eigene Gültigkeit in §2 u.a. für den Bereich der Schulen ein.


    Davon abgesehen: Wenn ein Erwachsener gegenüber Kindern handgreiflich wird und die SL nichts von einem Hausverbot weiß, macht die SL da keinen sehr souveränen Eindruck, wenn es wirklich feststeht, dass der Mann mit Recht beschuldigt wurde.

  • Brick in the wall, danke für die Info. Und ja, unsouverän triffts ganz gut. Deswegen suche ich nach Möglichkeiten, mich -rechtlich sicher- zu schützen. Die Elternschaft überschreitet ihre Grenzen zu oft, das kann bei uns wirklich sehr unangenehm werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Schantalle () aus folgendem Grund: Worterkennungssalat

  • Der Lebengefährte der Mutter lebt vermutlich mit Mutter und Kind unter einem Dach. Insofern sehe ich da, wenn die SL sich an das Hausverbot nicht merh erinnert und/oder es nicht durchsetzen möchte, keine Handhabe, den Stiefvater auszuladen.
    Manchmal sind solche Gespräche durchaus sinnvoll, weil die Kommunikation dann nicht über drei Ecken geführt werden muss.


    Natürlich steht es Dir frei, den Weg der Konfrontation zu gehen und die SL zu informieren bzw. das Gespräch im Beisein der SL zu führen. Ich würde hier tatsächlich "Augen zu und durch" machen.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Dieser Paragraph ist aber in der Schule nicht gültig. Selbst Anwälten kann man die Teilnahme am Gespräch untersagen.

    Wo hast du das her? Ist das schon mal durchgeklagt worden? Ich bezweifle, dass das vor Gericht Bestand hätte, denn die Schule kann gar nicht entscheiden, ob ich als Elternteil der Unterstützung bedarf oder nicht.

  • Wo hast du das her? Ist das schon mal durchgeklagt worden? Ich bezweifle, dass das vor Gericht Bestand hätte, denn die Schule kann gar nicht entscheiden, ob ich als Elternteil der Unterstützung bedarf oder nicht.


    Das habe ich neulich in der Rechtsfortbildung gelernt. Die Schule selbst verbietet das gar nicht. Der Paragraph 14 ist für den schulischen Bereich grundsätzlich nicht gültig. Dafür gibt es eine Vorschrift, die.... ich einfach nicht mehr finden kann. Aber ich habe sie irgendwo in meinem Papierhaufen auf den Schreibtisch. :angst:


    dumdidum..........


    Guck, da ist sie, es steht in §2 der VwVfG:
    (3) Für die Tätigkeit [...] der Schulen und Hochschulen gelten nur die §§ 3a bis 13, 17 bis 52, 79 bis 80 und 95. [...]


    D.h. § 14 gilt für Schulen explizit nicht.


    Ich glaube im aktuellen VwVfG ist die Formulierung etwas anders, offenbar habe ich ein altes Blatt bekommen. Wie auch immer.

  • Natürlich steht es Dir frei, den Weg der Konfrontation zu gehen und die SL zu informieren bzw. das Gespräch im Beisein der SL zu führen. Ich würde hier tatsächlich "Augen zu und durch" machen.

    Möglicherweise. Aber: Ein gewaltbereiter Mensch, der bereits mehrfach in unserer Einrichtung durch verbale und körperliche Entgleisungen auffällig wurde, der das Kind um das es geht, psychisch unter Druck setzt, vor dem unsere SL Angst hat, der also immer wieder kommen darf und jedes sinnvolle Gespräch mit der Mutter unterbindet, in dem er den "coolen Macker" mimt, den kann ich praktisch nur rauswerfen.
    Es geht um akute Kindeswohlgefährdung, Gewalttätigkeiten in der Familie, Suizidandrohungen, Schuleschwänzen usw. alles Dinge, die außerhalb meiner Macht liegen und die bereits schon jahrelang durchdiskutiert wurden.
    Es geht hier explizit aktuell nicht darum, in sinnvolle Gespräche zu kommen sondern lediglich, Macht zu demonstrieren, um sinnvolle Gespräche überhaupt erst wieder zu ermöglichen. Wer nichts mit Menschen zu tun hat, die nach Gesetzen der Straße leben, wird das nicht nachvollziehen können.
    Trotzdem muss ich natürlich sachlich bleiben...

  • Das habe ich neulich in der Rechtsfortbildung gelernt.


    Möglicherweise stimmt es dann für dein Bundesland, aber ich habe da so meine Zweifel, insbesondere nach mehreren recht zweifelhaften Rechtsfortbildungen, die ich schon genießen durfte. Man muss es ja nur mal weiter denken, mit der Begründung könnte ich ja allen nicht Deutsch sprechenden Eltern den Übersetzer verweigern, darüber hinaus gibt es ja auch durchaus Eltern mir Behinderungen, die ebenfalls der Unterstützung bedürfen. Ich wäre da definitiv mal interessiert, wie es aussehen würde, falls das mal durchgeklagt wird.

  • Es geht hier explizit aktuell nicht darum, in sinnvolle Gespräche zu kommen sondern lediglich, Macht zu demonstrieren, um sinnvolle Gespräche überhaupt erst wieder zu ermöglichen. Wer nichts mit Menschen zu tun hat, die nach Gesetzen der Straße leben, wird das nicht nachvollziehen können.
    Trotzdem muss ich natürlich sachlich bleiben...

    Machtdemonstration im Elterngespräch kann manchmal sinnvoll sein:


    In dem Fall würde ich zunächst für ein zahlenmäßiges Ungleichgewicht im Gespräch sorgen. Du darfst natürlich auch Vertrauenspersonen mitbringen. Zunächst einmal eventuelle Co-Klassenleitung oder andere KollegInnen, die dich im Gespräch sachlich zum Kind unterstützen können. Dann die Schulleitung, denn du fühlst dich in dem Gespräch nicht sicher und wenn sie sich schon nicht mehr an das Hausverbot erinnern kann/will, dann brauchst du Schutz im Gespräch.
    Als weitere Unterstützung im Bereich Kindeswohlgefährdung würde ich eventuell jemanden vom Jugendamt oder den Jugendschutz dazu bitten. Augenscheinlich neutral beratende Personen, die eher dazu neigen, auf Seiten der Schule zu stehen.


    Du könntest auch mittels Sitzordnung einiges nonverbal ausdrücken: keinen runden Tisch, der ist für lösungsorientierte Gespräche reserviert, du möchtest konfrontieren. Also entweder in deinem Klassenraum oder im SL-Büro. In deinem Klassenraum hast du leider nur kleinere Stühle für SuS (und natürlich für "deine" Seite vorher höhere Stühle organisiert). Je nach Beziehungsgeflecht kannst du deinen Schüler auch mit auf deiner Seite sitzen lassen, ihn scheinst du nicht "anklagen" zu wollen. Bei Machtdemonstration per Sitzordnung und Gesprächen mit gewaltbereiten Eltern/Schülern immer den Fluchtweg zur Klassentür frei lassen und im Blickfeld der Eltern/Schüler liegen haben.
    Grundsätzlich noch: in solchen Gesprächen fertige ich immer ein Gesprächsprotokoll an, das am Ende von allen Anwesenden unterschrieben wird. Die Eltern erhalten dann auch eine Kopie.


    Die Grundideen erscheinen auf den ersten Blick manchem übertrieben. Sie stammen aus einer Fortbildung zur konfrontativen Pädagogik, die ich im Ref offenbar nicht verstanden und daher inhaltlich abgelehnt habe, mittlerweile aber einiges an Ansätzen für mich im Alltag nutzen kann. In der Erziehungshilfe sind solche Praktiken leider manchmal notwendig.


    Ich wünsche dir viel Erfolg und gute Nerven bei deinem Gespräch!

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • Vielen Dank für alle Hinweise, danke an dzeneriffa, angenehm zu wissen, dass jemand solche Situationen kennt und nachvollziehen kann. Ist ja nicht immer alles so schön, wie mans gerne hätte oder meinte, sich das schon erarbeitet zu haben. Immer wieder bei Null anfangen ist auch nicht mein Traum von guter Arbeit :weissnicht:

  • Ich finde es immer wieder gruselig zu lesen, wie allein viele Schulleitungen ihre Kollegen in schwierigen Situationen lassen (oder sie erst hineinbringen).
    Ich meckere öfters über meine SL, aber wenn ich solche Dinge hier lese, weiß ich doch, was ich an ihr habe.
    Ganz sicher würde meine Stufenleitung an einem solchen Gespräch teilnehmen wollen.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

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