Schüler AG, was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht?

  • Moin,
    sagt mal, gibt es bei Euch Betreuer von Schüler AGs?


    Wenn ja, wie läuft das bei Euch?
    Der Schülersprecher unserer Schule ist nämlich von einiger Zeit mit dem Wunsch an mich herangetreten, es soll in Zukunft doch eine Segelflug-AG geben. Ok, da hatte er bei mir genau den Richtigen gefunden, ich betreue ja schon im Rahmen des Sportvereins so eine AG an einer anderen Schule.


    Aber als ich da dann allen Beteiligten den Plan vorgelegt habe, wie sowas laufen muß, damit es auch funktioniert, wollte keiner mehr:

    • Da man für die Fluglizenz, die die Schüler ja am Ende haben wollen, ein Polizeiliches Führungszeugnis vorlegen muß, hätte ich sowas gerne schon von allen, die bei der AG mitmachen wollen. Bringt ja nichts, wenn sie nachher nach der Ausbildung die Lizenz nicht erhalten, weil es an der amtlich festgestellten Zuverlässigkeit mangelt, um die Pilotenlizenz auszustellen.
    • Wenn da einer dabei ist, der absichtlich Mist baut, fliegt er sofort raus. So ein Flieger ist kein Spielzeug und man kann sich selber damit umbringen.
    • Um ein Segelflugzeug in die Luft zu bekommen braucht man mindestens 4 Personen. Damit nicht alle ewig warten, sollten es besser 8-10 Personen sein. Davon sind nur 2 Personen (Fluglehrer, Windenfahrer) Profis. Die anderen Hilfsarbeiten müssen durch die anderen Schüler übernommen werden.
    • Neben der Fliegerei und den Hilfstätigkeiten müssen die Vögel im Winter auch noch geputzt bzw. repariert werden. Entsprechend fallen da noch Baustunden an, die abzuleisten sind. Einfach zum Flugplatz kommen, einsteigen und los, geht also nicht.
    • Da entsprechend viel Arbeit dahintersteckt, muß man sich auf die Schüler verlassen können. Es geht nicht einfach wegzubleiben, weil man "heute mal keinen Bock" hat.
    • Da so ein Segelflugzeug schon einen guten sechsstelligen Wert hat, sollte man sich mit der AG an einen örtlichen Verein dranhängen. Wo soll man sonst schon das ganze Equiptment und die Profis (siehe oben) herbekommen?

    Als ich das dann alles aufgezählt habe, wollte niemand mehr. Das mit dem Polizeilichen Führungszeugnis und dem "wenn das mal läuft, muß man auch kommen, auch wenn man heute mal keinen Bock hat", waren für die Schüler wohl zu frustrierend.


    Was habe ich da jetzt wieder falsch gemacht? ;(

  • Ich würde jetzt sagen, dass du nichts falsch gemacht hast. Den Schülern war wahrscheinlich einfach nicht bewusst wie viel Arbeit man zusätzlich in diese AG stecken muss. Ist halt doch mehr als hinkommen, fliegen, heimfahren.
    Das war ihnen dann wahrscheinlich zu viel.


    Nur das mit dem Führungszeugnis könntest du dir noch mal überlegen, brauchen sie diese Fluglizenz unbedingt? Sonst könnte man ja auch sagen, dass sie erst mal in der AG fliegen lernen und bei Bedarf dann das Führungszeugnis vorlegen.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Meiner Meinung hast du gar nichts falsch gemacht. Du hast die Fakten klargemacht. Noch mehr Ärger hättest du doch gehabt, wenn ein Schüler (aus welchen Gründen auch immer ) am Ende die Lizenz nicht bekäme. Dann heißt es nämlich, warum hat das keiner vorher gesagt. Ich glaube das liegt an der allgemeinen Arbeitshaltung einiger Schüler. Segelfliegen cool; sich abrackern uncool.
    Ich hatte mal eine ähnliche (nicht ganz vergleichbare) Situation. Ich suchte Schüler für eine Sanitäter Ausbildung für den Schulsanitäter Dienst. Es meldeten sich zu viele. Als dann gesagt wurde, dass der Kurs außerhalb der Unterrichtszeit an zwei Samstagen stattfinden, wollten nur noch 2.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Nur das mit dem Führungszeugnis könntest du dir noch mal überlegen, brauchen sie diese Fluglizenz unbedingt?

    Brauchst Du einen Führerschein, wenn Du nachher alleine Autofahren willst? ;)
    Oder anders: Solange ein Fluglehrer mit drin sitzt, brauchen sie das Zeugnis nicht. Aber irgendwann kommt der Tag der Wahrheit in der Ausbildung: Der erste Alleinflug, bei dem der Fluglehrer am Boden bleibt und nur noch per Funk erreichbar ist. Spätestens da brauchen sie ein sauberes Polizeiliches Führungszeugnis.


    Das Problem ist ja auch nicht das Zeugnis beim Einwohnermeldeamt zu bekommen. Das Problem war eher, daß das bei den Schülern nicht unbedingt leer ist.

  • Brauchst Du einen Führerschein, wenn Du nachher alleine Autofahren willst? ;) Oder anders: Solange ein Fluglehrer mit drin sitzt, brauchen sie das Zeugnis nicht. Aber irgendwann kommt der Tag der Wahrheit in der Ausbildung: Der erste Alleinflug, bei dem der Fluglehrer am Boden bleibt und nur noch per Funk erreichbar ist. Spätestens da brauchen sie ein sauberes Polizeiliches Führungszeugnis.


    Das Problem ist ja auch nicht das Zeugnis beim Einwohnermeldeamt zu bekommen. Das Problem war eher, daß das bei den Schülern nicht unbedingt leer ist.

    Verstehe schon.
    Dachte nur, dass man evtl. erst mal in der AG üben kann und sich dann entscheiden kann: weitermachen und dann Schein oder aufhören.
    Das würde natürlich für dich bedeuten, dass du wenn du Pech hast ohne Schüler dastehst. Hatte aber auch eher gedacht, dass es um die Hürde der Organisation und weniger das Zeugnis an sich geht.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Was habe ich da jetzt wieder falsch gemacht?

    gar nichts.


    Wenn sie nicht wollen, dann eben nicht.


    Du als Profi gibst die Bedingungen vor.
    Wenn sich die Schüler falsche Vorstellungen gemacht haben, okay. Woher sollen sie auch wissen, was genau mit einer Segelflug AG verbunden ist.


    Wenn sie aber zu deinen Bedingungen (die ja in ihrem eigenen Interesse sind!) nicht wollen-- so what?

  • Was habe ich da jetzt wieder falsch gemacht? ;(

    Gar nichts. Sieh das eher als Indikator, dass diese Schüler nicht die richtigen für deine AG sind. Immerhin muss man sich im Rahmen so einer AG 100%-tig auf die Schüler verlassen können. Und wenn die Schüler selbst mit den von dir aufgeführten Selbstverständlichkeiten Probleme haben, würde ich es nicht machen. Ich würde bei den Anforderungen auch keinerlei Abstriche machen!


    Gruß !

  • Also ersteinmal muss ich sagen, was für eine GEILE IDEE ich das finde!!! Hätte es so eine AG bei uns damals gegeben, ich hätts sofort gemacht. Find ich echt klasse!
    Wenn die verwöhnten nichtsnutzigen Bälger (Oh Gott, darf ich so als "Pädagoge" reden? :wink_1: ) sich zu fein für den damit verbundenen Aufwand sind, ist es deren Problem. Pech, sie verpassen eine super Chance! Typisch für die heutige Generation, Fun ja, aber bitte kein Aufwand.


    Mach dir keine Sorgen, vielleicht finden sich ja noch engagierte Personen, ansonsten bleibt es halt eine Idee, aber eine wirklich tolle!


    Sollen die Schüler halt irgend eine olle Foto-AG oder so machen. Not your fault!

  • Saugeiles Angebot, verpasste Chance offensichtlich "etwas schwierigerer" junger Erwachsener. Wenns schon am Führungszeugnis hapert :nein:


    Wieso siehst du irgendeine Schuld bei dir?

  • Ich sehe auch überhaupt nicht, wo ein Fehler deinerseits vorliegen könnte.
    Es ist nunmal keine Strick-AG, wo es nicht so schlimm wäre, wenn jemand nicht kommt, oder den Wollknäul nicht genau einrollt...
    und ja, ich würde auf dieselben Regeln bestehen, auch das Führungszeugnis!

  • Also ersteinmal muss ich sagen, was für eine GEILE IDEE ich das finde!!! Hätte es so eine AG bei uns damals gegeben, ich hätts sofort gemacht. Find ich echt klasse!
    [...]
    Mach dir keine Sorgen, vielleicht finden sich ja noch engagierte Personen, ansonsten bleibt es halt eine Idee, aber eine wirklich tolle!

    Moin,


    also mit dem örtlichen Gymnasium machen wir das schon seit Jahren. Deren AG hängt sich an den Sportverein mit dran. Und da habe ich, als meine Schüler aus dem Berufskolleg fragten, einfach mal deren Regelungen als Vorlage genommen, um ihnen zu erklären wie der Laden laufen muß. Wie gesagt kenne ich diese AG am Gymnasium aus Vereinsperspektive.


    Das mit dem Führungszeugnis ist nicht unsere Idee, die kommt vom Luftfahrtbundesamt bzw. den Landesämtern. Seit dem 11. September 2001, an dem zwei Flugschüler nach nur wenigen Stunden Training zwei Passagierflugzeuge kaperten (kennt sicher jeder die Geschichte), gucken die da halt besonders genau hin wer ins Cockpit kommt.


    Die Arbeiten, die neben dem reinen Flugbetrieb anfallen, sind z.B.:

    • Mähen der Landewiese (800m*100m)
    • Flugzeugwartung und -reparatur bzw. bei unserem Oldtimer war sogar eine Restaurierung fällig, haben die aber auch hinbekommen :)
    • Putzen, putzen, putzen! Ja, jede Mückenleiche auf der Tragfläche kostet Flugleistung
    • hier brauchts mal Farbe, da muß man ein Anhänger zum TÜV gebracht werden, ...
    • die Akkus der Golf-Karren, mit denen auf dem Flugplatz rumgegurkt wird, wollen regelmäßig geladen werden
    • ...

    Der Flugbetrieb und die Hilfsarbeiten dabei werden nicht als Baustunden abgerechnet. Da wird davon ausgegangen, daß die Schüler dafür ja auch ins Cockpit kommen.
    Da gibt es dann noch folgende Arbeiten:

    • Tragfläche zu Beginn des Starts festhalten, damit die nicht über den Boden schleift während die Ruder noch keine Wirkung haben, weil der Vogel noch zu langsam ist
    • Gelandetes Flugzeug mit Golf-Karre zum Start zurück ziehen, wieder muß einer dabei einer die Tragfläche halten und nebenherlaufen, damit die Fläche nicht übern Boden schleift, während der andere die Golf-Karre fährt
    • Schleppseile neu ausziehen
    • Startleiter: Segelflieger am Start wieder ins Schleppseil einhängen, Kontrolle ob Luftraum hinterm Flugzeug frei, Funk
    • Buchführung wer wann gestartet und gelandet ist
    • Helfer für das Aus- und Einsteigen und dem damit verbundenen Anlegen des Rettungsfallschirms

    Ach ja, ab dem Alter von 14 kann man mit der Ausbildung anfangen. Das Alter ist also für alle kein Problem. Eine Bushaltestelle direkt am Flugplatz haben wir auch.


    Und was die IDEE angeht: Die Fliegerei ist bei uns halt Lokalsport, nicht umsonst haben wir hier den weltweit zweitgrößten Segelflugplatz, was die Anzahl der Starts angeht und das Stadtwappen bzw. der komplette Briefkopf der Stadtverwaltung sprechen doch wohl auch Bände, oder?
    --> Briefkopf


    :gruss: Plattyplus

  • Ich finde die Idee super, als ehemaliger Schüler, der das Glück hatte, in Stölln an sowas teilzunehmen: Hut ab vor der Idee und dem Aufwand, er würde sich lohnen, Verlässlichkeit ist aber dabei das A und O und wenn das nicht gegeben ist bzw. den Schülern zu viel Aufwand, hast du nichts verkehrt gemacht!

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Cool, danke für die Einblicke! Ich würde sowas auch gerne bei uns etablieren, leider haben wir keinen Flugplatz in der Nähe :(


    Das Einzige, was wir mal hatten (abgesehen von Foto, Journalismus etc.), war eine Tauch-AG im benachbarten, immerhin recht großen See, aber nachdem ein Schüler dort (aus eigenem Verschlulden heraus!) in eine brenzlige Situation geriet, musste die AG begraben werden.. Eltern :autsch:


    P.S Was für Kosten wären auf die Interessenten zugekommen?

  • Schöne AG, aber auch "ungewöhnlich", da es über die üblichen 1-2 Schulstunden pro Woche für ein Jahr wohl deutlich hinausgeht. (Alleine für den Theorieunterricht wird da ja schon die Zeit gebraucht.)
    So schön es auch ist (ich fliege seit einiger Zeit selbst; allerdings keine Segelflugzeuge); als Schüler hätte ich aufgrund des Sportvereins, Computerclubs, Musikschule, ... (Und einen Tag zum Abschalten braucht man auch mal) schlicht und ergreifend keine Zeit gehabt.
    Insofern würde ich da jetzt nicht alle Schüler für "faul" abstempeln. Da haben einige bestimmt schon 1-2 Hobbys/Nebenjobs/... und können sich so ein zeitintensives weiteres Hobby nicht leisten.
    Evtl. sollte man den Schwerpunkt anders legen und z.B. "nur" ein Modellflugzeug bauen. Da braucht man dann wesentlich weniger Zeit für Theorie und Praxis und käme mit den "üblichen" 1-2 Schulstunden pro Woche aus. Und als Abschluss des Kurses kann man ja mal gerne einen Tag am Flughafen verbringen und sich die "echten" Flieger angucken.

  • P.S Was für Kosten wären auf die Interessenten zugekommen?

    Moin,


    für Erwachsene sieht es bei uns so aus, daß man jährlich 200,- € Vereinsbeitrag zahlt und zusätzlich 20 Baustunden ableisten muß. Bekommt man die 20 Stunden nicht zusammen, muß man für jede fehlende Stunde 15,- € zusätzlich zahlen. Maximal werden da also jährlich 500,- € fällig.


    Für Jugendliche gibt es da noch die Sonderregel, daß sie auch die 200,- € Basisbeitrag über Baustunden abtragen können. Die Stunden werden wieder mit 15,- € /Std. abgerechnet. Bringt ein Jugendlicher also im Jahr 33,5 Stunden zusammen, zahlt er gar nichts.


    Da der Jugendabteilung vor einigen Jahren die Arbeit ausgegangen ist, haben sie eine alte ka8 komplett restauriert. Die wollten noch Baustunden ableisten, es gab aber nichts mehr zutun.
    --> http://www.flyingoerlies.de/up…ugzeuge-O8/D-5802_003.JPG


    Der Vogel hing früher unter an der Decke des Heimatmuseums, heute fliegt er wieder. :)
    Die Stadt spendete den Vogel, die örtliche Brauerei das Material (neue Bespannung und so) und die Jugendabteilung die Arbeitszeit. Dann gabs klassischen Flugzeugbau wie im 1. Weltkrieg, die Bespannung mußte komplett erneuert und auf dem Rumpfgerüst aus Aluminium-Rohren vernäht werden, dazu noch Lager erneuern, Korrosion bekämpfen... und alles so gut machen, daß der alte Vogel Baujahr 1960 nachher wieder durch die Zulassung kam.


    Das Design war so durchschlagend, daß schon Revell und Co. angefragt haben, ob sie ihre Modelle genauso anpinseln dürfen. :top:


    Evtl. sollte man den Schwerpunkt anders legen und z.B. "nur" ein Modellflugzeug bauen. Da braucht man dann wesentlich weniger Zeit für Theorie und Praxis und käme mit den "üblichen" 1-2 Schulstunden pro Woche aus.

    Mmh,
    also im Bezug auf den Bau mag Modellflug einfacher sein, aber was die Praxis angeht, muß ich zugeben, daß sich ein "richtiges" Flugzeug einfacher fliegen läßt. Da sitzt man nämlich in der Kiste drin und braucht nicht umzudenken, wenn der Vogel auf einen zu fliegt.

  • Mit "Praxis" meinte ich vor allem das "Bauen" (nicht das "Fliegen"). Muss ja auch nicht ferngesteuert sein. Selbst ein nicht steuerbares Segelflugzeugmodell ist ja nicht mal so eben gebaut. Das "Fliegen" wäre dann nur einmal eine Stunde. (Wenn du noch etwas Theorie aus dem "richtigen" Segelflugbereich mit einbindest, dann wirst du bei einer 1-stündigen AG zeitlich schon in Bedrängnis geraten.)

  • Selbst bauen und selbst fliegen spricht meiner Meinung nach aber unterschiedliche Zielgruppen an.
    plattyplus: Tolle Idee und super Einsatz deinerseits, die Schüler sind echt selbst schuld, wenn sie den Aufwand scheuen und du hast ja selbst noch ein paar andere Ansätze für Erklärungen genannt. Versuch's doch im nächsten Jahr nochmal, evtl. klappt es dann ja. :)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

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