Migration, AfD usw - ausgelagert aus Abschiebungsthread in allgemein

  • Die Verantwortung für die Veränderung des Stadtbildes tragen die Deutschen genauso wie die Migranten. Die doch recht ausgeprägte Ausländerskepsis, wenn nicht sogar -feindlichkeit in den 60er und 70er Jahren hat mit zur "Ghettoisierung" von Stadteilen beigetragen. Wenn ich als Türke, Italiener oder Portugiese (o.ä.) mich von den Deutschen nicht willkommen geheißen fühle, lebe ich eben mit bzw. bei meinen Landsleuten. Das ist ein völlig normaler Prozess. Den Schuh müssen wir Deutschen uns zum Teil selbst anziehen.


    Die Medien und die Werbung tragen einen großen Teil dazu bei, dass sich ein Teil des Mittelstands und der Schichten darunter unterprivilegiert fühlt und "Abstiegsangst" entwickelt. Das kann ich durchaus verstehen. Das Gefühl, nicht mehr mithalten zu können und gefühlt überall Leute zu sehen, die scheinbar besser, reicher, toller oder was auch immer sind als einer selbst, sucht halt die Schuld bei den noch Schwächeren.
    Darüber hinaus werden wir in Deutschland immer ein gewisses Maß an "Bodensatz" in der Gesellschaft haben, weil wir die klassischen Jobs für Geringqualifizierte brav in die Dritte Welt outgesourct haben, um günstiger einkaufen zu können. Dieses Prekariat mit ein Ergebnis von Globalisierung, von der wir in Deutschland letztlich aber mehrheitlich doch profitieren.
    Diese Menschen haben entweder gar keine oder nur geringe Perspektiven und suchen dafür natürlich einen Sündenbock. Auch hier dürfen die Ausländer, die Flüchtlinge, die Asylanten, die Migranten (irgendetwas wird schon passen) herhalten.

    Nein. Eigener Migrationshintergrund und diese ständige Leier dass die Deutschen die Migranten ausgrenzen kann ich nicht hören.


    Viele der Gastarbeiter aus Italien oder anderen südeuropäischen Staaten wollten nur hier sein um Geld zu verdienen und später zurückziehen. Haben Sie nicht gemacht. Das aber hat die Integration torpediert. Viele sprechen kaum Deutsch, also bleibt man unter seinesgleichen.


    Dass die Deutschen ebenfalls sich nicht als Einwanderungsland begriffen haben und das auch heute nur langsam tun, erschwert das natürlich.
    Aber wenn ich ins Ausland gehe, gelten für mich die Regeln des Gastlandes und dazu gehört auch die Sprache. Habe ich kein Interesse und kann mich so durchwurschteln und kommt kein Integrationsdruck des Staates dann passiert halt nichts.


    Deshalb bin auch ich für ein klares Einwanderungsgesetz.

  • Die Deutschen HABEN die Migranten ausgegrenzt. Das muss keine offene Feindseligkeit gewesen sein. Die subtileren Formen sind mitunter viel effizienter. Ich habe das als "Halbmigrant" selbst oft genug erlebt. Das ist keien Leier sondern Faktum.


    Letztlich müssen wir aber zwischen Vergangenheit und Zukunft trennen. Und hier bin ich in der Tat bei Dir, dass wir ein Einwanderungsgesetz brauchen - das dann aber auch konsequent angewendet werden muss. Dass wir ungeachtet dessen aber auch anteilig Flüchtlinge aufnehmen müssen, sofern das EU-Recht dies vorsieht, wird auch ein Einwanderungsgesetz nicht ändern.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Und solche Entscheidungen werden häufig von Personen entschieden, die mit diesen Entwicklungen persönlich nicht betroffen sind.

    Stimmt das nicht für 90% der politischen Entscheidungen?

  • Das stimmt natürlich. Ein bisschen Bodenkontakt sollten aber auch Politiker in höheren Positionen weiterhin behalten und da wäre es von Vorteil, wenn Politiker sich als Vertreter ihres gesamten Zuständigkeitsbereichs sehen würden und nicht nur von Gegenden, in denen sie selbst wohnen. Hannelore Kraft beispielsweise meinte hochnäsig, dass es in NRW keine No-Go-Areas gäbe. Das hilft den Bürgern in den jeweiligen Brennpunkten natürlich viel.


    Trantor: In meinem Stadtteil gibt es auch einen im Verhältnis zum Durchschnitt des Landkreises relativ hohen Ausländeranteil (der natürlich nicht so hoch ist wie bei euch) und ich spüre dabei auch keinen direkten Nachteil in meiner Lebensqualität. Ich finde aber auch, dass man da eine gewisse Sensibilität zeigen und Verständnis haben muss, dass es einen gewissen Punkt gibt, an dem viele Bürger (darunter durchaus auch solche mit Migrationshintergrund) sagen, dass sie sich nicht der wohl fühlen, weil der Anteil der Deutschen dann langsam doch zu niedrig ist. Ich würde mal schätzen, dass bei vielen Leuten der Punkt dann erreicht ist, wenn in der Tat mehr Bürger mit Migrationshintergrund in einem Viertel leben als Bürger ohne Migrationshintergrund. Und der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund deutet ja darauf hin, dass der Anteil in der Gesamtbevölkerung deines Stadtteils noch eher steigen als sinken wird. Gäbe es einen Punkt, an dem du sagen würdest, dass es dir zu viel wird oder würdest du sagen, dass der Anteil gerne noch ansteigen dürfe?

    2 Mal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • Ich arbeite in einem Viertel, in dem der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund den ohne übersteigt. Das Leben und Arbeiten empfinde ich als deutlich angenehmer als damals, als ich auf der "Eltern-und-ihr-Anwalt"-Speckgürtelschule war...


    Ob es schlimm für mich wäre, wenn mehr Menschen mit Migrationshintergrund als ohne in Deutschland lebten?
    Nein. Warum? Was ändert das für mich? Das wäre dann zunächst lediglich nur wie in Amerika seinerzeit: (fast) alle haben Migrationshintergrund.


    Ich fände es schlimm, wenn ich in einem Land mit überwiegend Idioten leben müsste.
    Ich fände es schlimm, wenn ich in einem Land mit überwiegend sturzkonservativen Reaktionären leben müsste.
    Ich fände es schlimm, wenn ich in einem Land mit überwiegend religiösen Bibel- oder Koranschwingern leben müsste, die mir vorschreiben wollen, wie ich zu leben habe.
    Ich fände es schlimm, wenn ich in einem Land mit überwiegend egomanischen Narzissten leben müsste, die auf die Zukunft des Planeten scheißen.
    Ich fände es schlimm, wenn ich in einem Land mit überwiegend frauen/kinder/menschen/xyfeindlichen "Ich und meine Kultur sind das einzig Wahre"-...isten leben müsste.


    Die Nationalität, der Migrationshintergrund(oder nicht) sowie das Geschlecht oder die Sexualität oder die Religion derselben sind mir egal.


    Ich will einfach am liebsten mit coolen Leuten in einem Land/auf einem Planeten leben.
    Ich wäre sehr (!) für eine Obergrenze für Vollidioten, Sozio/Psychopathen, Fanatikern, Irren und Terroristen, ob weiß oder schwarz oder gepunktet. Die darf auch gerne bei null liegen.


    Ich glaube nicht, dass die deutsche Kultur an sich definierbar ist.
    Ich glaube, Goethe sollte man kennen. Wie Shakespeare. Und Brecht. Grimm. Und Tausendundeine Nacht. Nasreddin Hodscha. Till Eulenspiegel. Und Salman Rushdie.
    Ich finde die deutschen Philosophen großartig, und meine, man sollte studiert haben, was sie uns und was sie anderen Ländern/Kulturen bedeuten.
    Ich finde, man sollte grüne Sauce kennen. Wie Döner. Und Curry. Und wissen, wo was jeweils herkommt.
    Ich finde, man sollte über das Christentum Bescheid wissen. Wie über den Islam und den Buddhismus und Hinduismus und die Religionen der native Americans...
    Ich finde, es gibt viele, viele bewahrenswerte lokale Traditionen - von der grünen Soße über den Weihnachtsmarkt - die sehe ich durch Zuwanderung aber auch nicht als gefährdet und weiß noch nicht mal, ob sie wirklich "deutsche Kultur" sind. Sie enthalten alle möglichen Elemente. Grüne Sauce hat Goethe glaub ich aus Italien mitgebracht. Verdammt! :D
    Was ist "deutsche Kultur"? Was davon ist bewahrenswert?


    Wie gesagt: wichtiger als das finde ich ein gutes Zusammenleben. Wenn schon eine deutsche Kultur, dann sollte sie eine der Offenheit, des Friedens, des Respekts, der Verhandlung, der Freundlichkeit, der Freiheit, der Gleichberechtigung, des nachhaltigen Fortschritts sein. Diese Werte sind aber auch nicht "typisch deutsch", es gab sie vor einigen Jahrhunderten/zehnten in Deutschland noch nicht - da gab es noch Leibeigene und Prügelstrafe und andere "teutsche" Tugenden. Waren die deutscher oder weniger deutsch als die heutige "deutsche Kultur"? Oder waren die einfach international arschloch?
    Von daher... halte ich es für müßig, ein Deutschsein zu bewahren, das eh nicht älter als ein paar Jahrzehnte ist, das irgendwie keiner definieren kann und das es - vermute ich mal - so gar nicht gibt.


    Und da es Deutschsein auch nicht biologisch / genetisch gibt - das Germanen-Gen oder so - bleibt die Frage: was soll das sein? Was gilt es zu verteidigen?
    Ich finde: die oben genanten Werte. Die vertreten aber nicht allein die Deutschen (manche davon tun das explizit nicht!) - sondern die Menschen, die sie wollen. Aller Herkunft.

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  • Bei "Bahnhofklatscher" und "aufgewacht" wird mir so ein bißchen übel.
    Obwohl...bei "aufgewacht" kann ich mir auch das Kichern nicht verkneifen. Das ist ja so reinrassiger Bullshit-Sprech. Das ist ja nur noch ganz kurz vor "Die Bilderbeger/Illuminaten/Freimaurer/Reptiloiden haben dafür gesorgt, dass DIE alle herkommen, um Deutschland zu vernichten!!einsdrölf!"
    "Schlafschafe" fehlt noch.


  • ...weil der Anteil der Deutschen dann langsam doch zu niedrig ist.

    Zu niedrig für was?


    Ich bin gerade an 2 verschiedenen Schulen. An meiner Stammschule gab es bis vor kurzem wenige Schüler mit Migrationshintergrund. (Aktuell sind es mehr, wegen der Flüchtlinge. Die aber mit dem prägenden Bild bisher nichts zu tun haben.)
    An meiner anderen Schule ist der Anteil sehr hoch. (Ich weiß nicht, wie viele es genau sind. Aber in einer - durchaus repräsentativen Klasse- mit 30 Schülern sind 4 ohne Migrationshintergrund.)
    Schwierig ist es an beiden Schulen, einfach wegen des jeweiligen Einzugsgebietes. Der Anteil an Kindern, deren Eltern Hartz IV beziehen ist hoch. Der Anteil an Kindern, bei denen die Elterm sich nicht angemessen um ihre Kindern kümmern können ebenfalls. Aber das ist völlig unabhängig von der Nationalität. Wobei... Die auffälligsten Kinder an Schule 2 sind deutsch.
    An meiner Stammschule gibt es auffallend viele Kinder, die gar nicht bei ihren Eltern leben. Das sind auch nicht gerade die "pflegeleichtesten" Schüler. Alle diese Kinder haben deutsche Eltern (wenn man die denn so nennen mag).


    Einer der besten Schüler meiner 9. Klasse kam in Klasse 6 frisch aus Syrien. Konnte da kein Wort deutsch und war 3 Jahre lang nicht in einer Schule. Und hat das alles superschnell aufgeholt. Bei "DIE bringen ihre Kultur mit" denke ich da 'ja, bitte! Gebt unseren hier geborenen Schülern und Eltern was davon ab.'

  • Zu niedrig für gute schulische Leistungen. Unter Kontrolle von kognitiven Grundfähigkeiten, sozioökonomischem Status,Bildungsniveau der Eltern, Wohlstandsinvestitionen, kulturellen Ressourcen, kulturellen Aktivitäten und kommunikativer Praxis sinkt die Gesamtleistung des Schulverbandes (also sowohl mit als auch ohne Migrationshintergrund) ab >40% Kinder mit Migrationshintergrund signifikant ab, das war Teil der PISA-E Studie, wer nachlesen möchte: Klick mich!


    Die Folge daraus ist nicht, dass Menschen mit Migrationshintergrund schlecht für das Schulsystem wären oder andere am Lernen hindern, sondern ganz einfach, dass es keinen Sinn macht Zuwanderer oder auch Flüchtlinge zu ghettoisieren, die müssten im Grunde über alle Wohnviertel/Schulen gleichmäßig verteilt werden. Obwohl es selbst dann Auswege gibt. In San Francisco werden die Schüler den Schulen zugelost zur besseren Durchmischung und es bringt nix, weil die gut situierten Eltern dann auf Privatschulen ausweichen...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • hanuta: Du hast einen wichtigen Punkt genannt! Es geht nicht alleine um den Migrationshintergrund, sondern vor allem um den sozioökonomischen Hintergrund, den das Kind elternhausbedingt mitbringt. Zumindest in unserem Land geht ein Migrationshintergrund oftmals mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund einher, was auch die Motivation für Bildungserfolg durch die Eltern beeinflusst. Ausnahmen gibt es auch hierbei, z.B. insbesondere in Bezug auf asiatischstämmige Kinder. Dennoch sind es gerade finanziell besser gestellte Elternhäuser mit Migrationshintergrund, die bemüht sind, ihren Kindern gute Weichen für ihre Schulbildung legen wollen (da kommt dann z.B. ganz gerade heraus ein Satz wie "Wir wollen für unser Kind eine Schule mit nicht so vielen Ausländern." - ein Satz, den sich die meisten Deutschen wohl nicht auszusprechen trauen). Und natürlich gibt es auch Kinder, die trotz (oder gerade wegen?) problematischem Elternhaus, erkannt haben, dass ihr Schlüssel für eine bessere Zukunft in der Bildung liegt. Leider aber nicht in der Regelfall.


    meike: Im Idealfall sollte man über die Kultur des eigenen Landes ebenso wie über Welt(-kultur-)wissen beherrschen und die Idee eines gemeinschaftlichen Zusammenhalts, unabhängig von Behinderung, Herkunft, etc., ist natürlich super - in der Theorie. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich in Bezug auf unsere (aktuell suboptimale) Einwanderungspolitik folgender Auffassung bin: lieber eine geringe Portion qualitativ hochwertiger Migration als einer großen Portion qualitativ geringwertiger Migration. Unser Land profitiert von Bürgern mit guter Schulbildung, wirtschaftlichen Bestrebungen und insbesondere Interesse für die Sprache und Kultur Deutschlands. Das ist jedoch nur bei einem geringen Teil der Migranten der Fall, von denen aber Deutschland im Gegenzug wirklich profitiert. Ich bin mir sicher, dass, wenn Deutschland entsprechend nach außen hin Werbung macht, dass man ein strenges Einwanderungsgesetz habe, dass das langfristig Deutschland nicht schadet, sondern eher noch nützt, weil die Interessenten gar nicht schnell genug Deutsch lernen würden, nur um diese Chance wahrnehmen zu können, unter die geringe Anzahl der offenen Plätze zu fallen. Damit könnte Deutschland auch endlich der Armutsmigration ein Ende setzen.


    Ich muss dir an der Stelle zwei für mich wichtige Erkenntnisse aus meinem letzten Praktikum schildern, die mich auch fast ein Jahr später geprägt haben:
    Zur Info vorweg - relativ gut bürgerliches Viertel einer Großstadt, durchschnittlicher (für Großstadtverhältnisse unterdurchschnittlicher) Ausländeranteil, 2. Klasse.
    1. Wir waren auf dem Schulhof, freie Spielzeit, einige Jungen (darunter auch welche mit Migrationshintergrund) auf einer Vogelnestschaukel. Einer dieser Jungen begann plötzlich, die deutsche Nationalhymne zu singen, und die anderen Kinder stimmten mit ein. Ich war gerührt, weil es zeigt, dass, trotz all der Probleme in unserer Gesellschaft, es scheinbar doch möglich ist, eine Gemeinschaft zu bilden.
    2. Gegen Ende des Praktikums erfuhr ich, dass einer der Jungen (mit arabischem Hintergrund) vor einem Jahr (also zu Beginn der 1. Klasse) noch kaum ein Wort Deutsch konnte. Da war ich sehr überrascht und beeindruckt, weil er zu dem Zeitpunkt altersgerecht Deutsch sprach und ich keinen sprachlichen Unterschied zu den anderen Kindern, die bereits seit der Geburt in Deutschland leben, feststellen konnte. Der Junge hatte auch mit den Kindern (auch mit den deutschen) ganz normal geredet und gespielt, als sei es das Normalste der Welt. Dieses Erlebnis machte mich stolz und zugleich nachdenklich: Warum schaffen es manche Bürger auch nach mehr als einem Jahrzehnt Aufenthalt in Deutschland nicht, mehr als rudimentäres Deutsch zu sprechen? Und warum haben manche Migranten derart Berührungsängste mit Deutschen und verweilen nur in "ihren" Kreisen, wenn es für diesen Jungen das Selbstverständlichste der Welt war?


    Insbesondere in sozialen Brennpunkten mit hohem Migrationsanteil leidet der Gemeinschaftsgedanke. Es ist ja gerade die deutsche Kultur, die alle vereinen sollte, dennoch sind es gerade die individuellen kulturellen Hintergründe, die dafür sorgen, dass die Bürger in ihren Kreisen verweilen und deine genannten schönen Ansätze nicht ermöglichen.


    Du bist ja Oberstufenlehrerin. An dem Punkt ihrer Schulkarriere können Schüler durchaus ihren Schwerpunkt eher auf weltwissentliche Themen setzen. Ich finde jedoch gerade bei meiner Zielgruppe, dass da erst das Landeswissen (bzw. auch Wissen über das jeweilige Bundesland - man denke an die grie Soß ;) ) im Vordergrund stehen sollte, da Wissen hierüber leider nicht in allen Elternhäusern (auch von Kindern ohne Migrationshintergrund) als wichtig eingeschätzt wird ;( .

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  • Unter Kontrolle von kognitiven Grundfähigkeiten, sozioökonomischem Status,Bildungsniveau der Eltern, Wohlstandsinvestitionen, kulturellen Ressourcen, kulturellen Aktivitäten und kommunikativer Praxis sinkt die Gesamtleistung des Schulverbandes (also sowohl mit als auch ohne Migrationshintergrund) ab >40% Kinder mit Migrationshintergrund signifikant ab, das war Teil der PISA-E Studie, wer nachlesen möchte: Klick mich!

    Ja, in der verlinkten Studie allerdings differenzierter: "Der Leistungsnachteil in diesen Schulen, von dem Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund gleichermaßen betroffen sind, scheint allerdings nicht spezifisch an den Migrantenanteil gekoppelt zu sein, sondern mit einer mehrfachen Benachteiligung der Schülerschaft einherzugehen. Es handelt sich hierbei um Schulen, in denen viele Schülerinnen und Schüler nicht nur aus zugewanderten Familien stammen, sondern auch im Hinblick auf den sozioökonomischen Hintergrund und die kognitiven Grundfähigkeiten über wenig günstige Eingangsvoraussetzungen verfügen. Diese Aspekte der Benachteiligung sind in einem Maße konfundiert, dass sich ihre Effekte kaum voneinander trennen lassen."


    Die Schlussfolgerung "nicht ghettoisieren" teile ich allerdings voll und ganz.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Ich hab mir die Rechenmodelle in der Studie auch angeschaut, der Effekt wird schwächer unter Kontrolle all der genannten Variablen, aber er verschwindet nicht (am Ende ist er nicht mehr signifikant aber immer noch mehr als eine halbe Standardabweichung groß, das liegt einfach daran dass selbst bei PISA das n auf Schulebene nicht groß genug ist). Ein Problem bei der ganzen Statistik dürfte allerdings einfach sein, dass sozialer Hintergrund/Migrationshintergrund/Ausstattung der Schule/etc. so eng zusammenhängen, dass man da mathematisch nicht wirklich rankommt mit der Varianzanalyse, das müsste man experimentell machen und bei so einem Experiment explodieren glaube ich Eltern und Politiker gleichermaßen.


    BTW: Ignorier bei empirischen Studien fast immer Abstract (da wird am meisten "gelogen" um den Gutachtern zu gefallen) und Diskussion (da wird am meisten "gelogen" um die eigenen Thesen zu stützen), wenn schon empirisch, dann Methode und Ergebnisse. Das gelogen ist in Anführungszeichen, weil es keine Lügen sind, sondern eher weite Interpretationen der Ergebnisse...

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    Einmal editiert, zuletzt von Valerianus ()

  • Und was hat das jetzt mit meinem Beitrag zu tun?


    Ich sage: "die deutsche Kultur" ist nicht wirklich definierbar. Das ist auch für jeden Deutschen was anderes. Das habe ich in dem Beitrag ausgeführt.


    Du sagst "die deutsche Kultur" soll uns zusammenhalten. Ja - welche genau? Wie? Du definierst sie auch wieder nicht, und schreibst ihr trotzdem eine zusammenhaltende Wirkung zu.
    Dann gibst du Beispiele wo das angeblich funktioniert und wo das nicht funktioniert. (Wobei ich das Absingen der Nationalhymne, das für Kinder erstmal nur ein Lied ist, noch nicht als Funktionieren bezeichnen würde).


    Und schlussendlich sagst du, weltwissens-Themen erst ab der Oberstufe. Wieso? Die kids aus türkischen oder bildungsfernen (Wissen um lokale Traditionen ist auch nicht nationengebunden) Familien brauchen Wissen über lokale Besonderheiten, die bildungsnahmen biodeutschen oder bildungsnahmen Migranten vielleicht nicht so sehr, weil sie es von zu Hause kennen, die erweitern halt ihren Horizont durch Begegnung mit dem "anderen".
    Die Mischung macht's. Gilt für alle Jahrgangsstufen.


    Insgesamt weiß ich nicht, was du damit in Bezug auf meien Beitrag sagen willst.


    Und zum Gemeinschaftsgedanke: wenn die deutsche Kultur "angenommen werden" soll, muss sie halt "da sein". Aber was ist sie? Was genau soll ich denn als Mensch aus einem anderen Kultrkreis nun genau annehmen? Was darf ich behalten? Woher sollen das die Migranten wissen? Wie ich sagte: wenn Kultur geschichtliche "Tradition" ist - dann möchte ich BITTE nicht, dass alle Elemente sich halten bzw bin froh, dass diese Elemente §deutscher Kultur" sich nicht gehalten haben: Kinder und Weibsvolk prügeln, Leibeigenschaft, Fürsteltümerlei, oder Stechschritt und Seitenscheitel - alles nein, danke.
    Die anderen Eigenschaften, die angeblich urdeutsch sind - sind es nicht. Es gibt sie in vielen Ländern. Nationale Grenzen definieren halt eher keine Verhaltensmuster.


    Die Sprache lernen, das ist wichtig zum hier Leben. Die ist Deutsch (naja, außer in Hintertupfingen in Bayern, da versteh ich auch wieder keinen). Das ist der Nenner, der Sinn macht. So kommunizieren wir.
    Das Grundgesetz als Rahmenrichtlinie achten. Das ist aber keine Kultur. Das sind Rechtsnormen.


    Von allem anderen, was man so "deutsche Kultur" nennt, gibt es unter den "Biodeutschen" so verschiedene Vorstellungen wie sie über nationale Grenzen hinaus verschieden sind.
    Was hab ich als liberale Großstadtatheistin mit einem sturzkatholischen, erzkonservativen Bauern von der Alm gemein, in Bezug auf Kultur und Werte? Oder dem Pegidisten aus Dresden? Dem schlagenden Burschenaftler aus dem Kaff am Rhein, wo die immer abfeiern, saufen, gröhlen und gerne mal was verwüsten? Ich ess noch nicht mal Weißwurst oder Eierschecke, ich trink kein Bier, ich verabscheue DickeBacken-Musik. Hab aber dafür Germanistik studiert. Ha! Wer ist denn nun deutscher? Die oder ich?


    Ansonsten siehe mein Beitrag von weiter oben.
    Wichtiger als Migrationshintergrund oder "Kultur"(tm) sind Verständigungen über Freiheit, Gleichberechtigung, Respekt, Soziales, Rechte. Die sind aber nunmal nicht deutsch. Sondern mensch. Die Menschenrechtscharta ist eine super Richtlinie. Da könnte man, jenseits von Natioalität, Hautfarbe, Religion und Geschlecht, ansetzen. Mit Menschen, die das umsetzen wollen, kann ich weltweit zusammenleben.

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  • Mein Ortsteil von Harburg (schon immer recht großer Migrationsanteil aber dennoch eher dörflicher Charakter) findet gerade eine dramatische Verschiebung statt. Gut situierte und bildungsinteressierte Elternhäuser mit Migrationshintergrund ziehen weg, mit den Worten "ich möchte nicht, dass mein Kinder unter so vielen Ausländern aufwächst). Da ich an der niedersächsischen Landesgrenze arbeite, ziehen diese Familien dann aufs niedersächsische Land. Zurück bleiben immer mehr sozialschwache Elternhäuser (sowohl deutsch als auch mit Migrationshintergrund). Gleichzeitig bekommt Harburg im Moment überproportional (auf ganz HH gesehen) Flüchtlinge zugewiesen.


    Diese Entwicklung ist seit ca. 4-6 Jahren zu beobachten. Ich finde man spürt diese Ghettoisierung sehr.

  • Mein Ortsteil von Harburg (schon immer recht großer Migrationsanteil aber dennoch eher dörflicher Charakter) findet gerade eine dramatische Verschiebung statt. Gut situierte und bildungsinteressierte Elternhäuser mit Migrationshintergrund ziehen weg, mit den Worten "ich möchte nicht, dass mein Kinder unter so vielen Ausländern aufwächst). Da ich an der niedersächsischen Landesgrenze arbeite, ziehen diese Familien dann aufs niedersächsische Land. Zurück bleiben immer mehr sozialschwache Elternhäuser (sowohl deutsch als auch mit Migrationshintergrund). Gleichzeitig bekommt Harburg im Moment überproportional (auf ganz HH gesehen) Flüchtlinge zugewiesen.


    Diese Entwicklung ist seit ca. 4-6 Jahren zu beobachten. Ich finde man spürt diese Ghettoisierung sehr.

    Liebe Anja82,


    das ist leider eine Entwicklung, die nicht nur auf Hamburg zutrifft. Ich wohne in einer größeren, sehr armen Stadt. Mir gefällt es sehr, auch wenn die Probleme wirklich unübersehbar sind. Nun bin ich schwanger und natürlich blicke ich schon auf die Schulsituation. Ich habe schon viele Kollegen befragt, eine Einschulung bei uns ist quasi ein no-go und alle, die Familie planen, ziehen in den Speckgürtel (auch mit dem Schulargument). Ich habe mich auch schon mit dem Gedanken angefreundet, dass ich in spätestens 5 Jahren hier weg muss. Dorfleben war früher für mich völlig undenkbar.

  • Zur "deutschen Kultur":
    Deutsche Kultur erlebe ich am ehesten als einen diffusen Gefühlszustand in Abgrenzung zu anderen Kulturen. Das ist häufig irgendwie undefiniert patriotisch und vielleicht nationalistisch - das ist dann die Pegidavariante. Es kann aber auch ganz harmlos sein, wenn man sich im Auslandsjahr nach einem Vierteljahr der aktiven Integration in der Zielkultur einfach mal gut dabei fühlt, sich ein Schnitzel in die Pfanne zu hauen oder sich tierisch darüber freut, dass der Besuch aus Deutschland "echtes" Brot oder deutsche Schoki mitbringt. Das ist alles irgendwie deutsche Kultur, aber zu einer echten Leitkultur taugt das auch nicht.
    Ich will damit sagen: Ich kenne schon vereinzelte Situationen, in denen ich mich auf diffuse Weise "deutsch" fühle, was dann auch durchaus positiv affektiv besetzt ist. Ich bin dann nicht "stolz" darauf, Deutscher zu sein, aber ich realisiere, dass ich mich in Deutschland und als Deutscher durchaus wohl fühle. Aber dennoch könnte ich jetzt Cem, Samira oder Tachina nicht sagen, sie sollen sich doch gefälligst mal an die deutsche Kultur anpassen, weil ich diese einfach nicht definieren könnte. Abgesehen davon würde ich nicht in einer Kultur leben wollen,
    die so einfach auf ein paar Elemente festzulegen ist und die sich nicht beständig durch äußere Einflüsse weiterentwickelt.

    Warum schaffen es manche Bürger auch nach mehr als einem Jahrzehnt Aufenthalt in Deutschland nicht, mehr als rudimentäres Deutsch zu sprechen? Und warum haben manche Migranten derart Berührungsängste mit Deutschen und verweilen nur in "ihren" Kreisen, wenn es für diesen Jungen das Selbstverständlichste der Welt war?

    Kinder haben weniger Hemmungen, Kontakte mit anderen zu knüpfen. Dein Schüler war sofort in einem sozialen Umfeld, mit dem es sprachlich interagieren musste. Bei Erwachsenen ist das schwieriger - das wirst du vor allem merken, wenn du mal aus der Uni raus bist. Dann lernt man nicht mehr so schnell und so einfach neue Leute kennen. Ein erwachsener Einwanderer hat also nicht so schnell das deutschsprachige Sozialleben wie ein Kind. Die ersten Leute, die er besser kennenlernt, sind Menschen in der gleichen Situation, also auch Einwanderer, die dann oft die gleiche Sprache sprechen oder zumindest kein gutes sprachliches Vorbild abgeben.
    Kinder haben auch weniger Hemmungen, Fehler zu machen. Sie plappern darauf los und üben dadurch die Fremdsprache, was zu schnellerem Lernerfolg führt. Erwachsene schämen sich eher, wenn sie sich nicht sicher sind, ob sie sich korrekt ausdrücken ("affective filter" nach Stephen Krashen) und vermeiden desahlb auch Kommunikationssituationen in der Fremdsprache. Das behindert natürlich den Lernerfolg.
    Deshalb ist es ja so wichtig, die Integration nicht nur von den Einwanderern einzufordern, sondern sie dabei auch aktiv zu unterstützen, eben um Gheottisierung zu vermeiden, die sonst eine ganz natürliche, menschliche Reaktion auf Überforderung ist und nichts mit mangelndem Willen oder Abgrenzungstendenzen der pösen, pösen Ausländer zu tun hat.

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