Kann ich mich weigern, einen Jungen zu unterrichten?

  • Schulfähigkeit oder eben -unfähigkeit durch Amtsarzt feststellen lassen. Ich halte den Jungen so nicht für vernünftig beschulbar... Was da von dir verlangt wird, ist unter aller Kanone. Ich würde mich vehement weigern...

  • Also bei uns wäre der Amtsarzt da so was von gar nicht zuständig, sondern erst einmal der zuständige Schulpsychologische Dienst.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Wir hatten auch so einen Schüler. Aggressiver Asperger Autist, IQ über 140. Konnte kaum beschult werden, nicht am Stuhlkreis teilnehmen, wollte nicht arbeiten, aggressiv im Unterricht, in Pause und Bus. Die Eltern waren sehr unkooperativ, da verlangte meine SL eine ärztliche Diagnose, sonst könnten wir die weitere Beschulung nicht verantworten. Es drohte Schulausschluss. Nicht nur die Klassenlehrerin war am Ende, alle anderen auch. Nach der Diagnose bekam er sehr schnell eine Lernbegleitung und es ging viel besser.
    Wenn das mit dem Psychologen zun schwammig ist und alles nur vor sich leise hinbrutzelt, ohne richtig ernst genommen zu werden, solltet ihr schon Schulausschluss für eine bestimmte Zeit in Erwägung ziehen. Es geht auch um deine Gesundheit und nicht zuletzt um die anderen Kinder.


    https://www.landesschulbehoerd…hueler/ordnungsmassnahmen


    Es geht bei dem Schüler um nachhaltige Unterrichtsstörungen.



    Alles Gute dir. Du musst das nicht ertragen.

  • Wir hatten auch so einen Schüler. Aggressiver Asperger Autist, IQ über 140. Konnte kaum beschult werden, nicht am Stuhlkreis teilnehmen, wollte nicht arbeiten, aggressiv im Unterricht, in Pause und Bus.

    Wir sind eine große Schule und haben auch immer wieder solche Schüler. Die Autisten haben in den letzten Jahren zugenommen. Einen schlimmen Fall hatten wir unlängst; der bewarf in seiner blinden Aggression seine konsequente und freundliche Klassenleitung mit dem Stuhl und stieß wüste Bedrohungen gegenüber der Lehrkraft aus, die ich hier nicht wiederholen möchte. In solchen Fällen lassen wir die Kinder abholen.


    Aufgrund solcher Schüler, die wir an unserer Grundschule immer wieder haben, waren wir in den letzten Jahren gezwungen, zu den üblichen Ordnungsmaßnahmen und Unterstützungssytemen, folgende "Hilfen" an unserer Schule einzurichten:
    - Wir haben schon sehr lange - da waren wir eine der ersten Grundschulen - einen Sozialarbeiter. Dieser fängt vieles im Vorfeld auf.
    - Wir haben ein Trainingsraumkonzept, wo alle Lehrer mit eingebunden sind, d.h., Schüler bekommen eine "Nachdenkzeit" in einer für die Stunde eingeteilte Klasse, Eltern erhalten davon Kenntnis, bei mehreren Trainingsraumaufenthalten gibt es einen runden Tisch mit vielen Beteiligten.
    - Wir haben ein Notfallprogramm für die Klasse entwickelt, wenn ein Schüler ausrastet und die Lehrkraft deswegen die Klasse verlassen muss.
    - Schwierige Schüler müssen sich öfter einmal, wenn das mit dem Abholen nicht klappt, im Nebenraum des Rektorats "beruhigen" und dort die fälligen Arbeiten erledigen.


    Das Problem bei kleinen sehr auffälligen Grundschülern ist, dass man da nicht viel mit Vernunft kommen kann und Ordnungsmaßnahmen (z.B. in By übliche Verweise) sich oft nur potenzieren, aber selten eine Verhaltensänderung bringen.


    Die andere Seite der Medaille: Wir haben leider nicht viele Möglichkeiten in der Hand, ein unbeschulbares Kind irgendwohin zu schicken, weil es nach Elternwille geht. Bei uns in der Nähe gibt es für solche Kinder nur eine zeitweise stationäre Unterbringung mit Schulanschluss, aber das müssen die Eltern wollen. Schulbegleitungen für verhaltensauffällige Kinder haben wir bisher noch nie bekommen. Also müssen wir uns darum bemühen, dass wir Eltern überzeugen, dass das Kind in psychologische Behandlung kommt (da haben wir Glück, denn wir haben ein sehr gute Kinderpsychologin vorort) und sie einen Familienbeistand in der Familie zulassen. Ansonsten bleiben uns die Beratungen von Beratungslehrern, Schulpsychologen und MSD (=Sonderpädagogen, arbeitet manchmal auch mit dem Kind, wenn wir ihn bekommen).


    kann ich mich irgendwann weigern, diesen jungen zu unterrichten?

    Mich würde einmal interessieren, ob jemand das einmal geschafft hat und damit durchgekommen ist, sich zu weigern, einen Schüler zu unterrichten. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass das möglich ist, außer man lässt sich krank schreiben, weil man einfach nicht mehr kann.

  • Caro07: Wir sind ja nur 4 Lehrerinnen an der Schule für knapp 100 Kinder. Schulsozialarbeiter, Trainingsraum, alles Fehlanzeige. Wir konnten diesen Schüler weder vor dem Unterricht, noch in den Pausen oder an der Bushaltestelle ohne 1:1 Betreuung lassen. Irgendwann konnten wir alle nicht mehr. Die Klassenlehrerin ist mal weinend zusammengebrochen. So etwas geht nicht. Wir haben den Schüler auch oft abholen lassen.

  • Caro07: Wir sind ja nur 4 Lehrerinnen an der Schule für knapp 100 Kinder. Schulsozialarbeiter, Trainingsraum, alles Fehlanzeige. Wir konnten diesen Schüler weder vor dem Unterricht, noch in den Pausen oder an der Bushaltestelle ohne 1:1 Betreuung lassen. Irgendwann konnten wir alle nicht mehr. Die Klassenlehrerin ist mal weinend zusammengebrochen. So etwas geht nicht. Wir haben den Schüler auch oft abholen lassen.

    Ich verstehe eure Not. Was ich aber nicht verstehe ist, warum die Schulleitung nicht eingreift? Zu eurem Schutz und zu dem der anderen Kinder. Ordnungsmaßnahmen, Schulamt, Beratungsstellen - komplettes Programm, welches ihr als "einfache" Lehrer gar nicht abspulen könnt. Aber das ist auch oft ein Problem von Grundschulen (also den kleinen), da sind die Schulleitungen ja oft hauptsächlich Lehrer und dann erst Schulleitung.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • @ Zweisam
    Du sprichst etwas Wichtiges an: Die Rolle der Schulleitung (und auch des Schulamts). Vielleicht sollte man einmal daran erinnern, dass eine Schulleitung (Schulamt) eine sozusagen verbriefte Fürsorgepflicht für die KollegInnen hat. Als Schulleitung kann man doch nicht sehenden Auges zuschauen, wie einer untergeht, sondern da ist Unterstützung angesagt.

  • LIebe Zauberwürfel, du hast ja schon viele Antworten erhalten. Ich denke, dass deine einzige Chance wirklich ist, Paragraph 61 konsequent und Schritt für Schritt durchzuziehen.
    Ich bin nicht mehr in Nds., darum kenne ich mich nicht mehr zu 100% aus.
    Bei uns läuft es jetzt so (nach dem ganzen üblichen BlubbundBla was man ja pädagogisch eh schon gemacht und dokumentiert hat, bevor man zu Ordnungsmaßnahmen greift):
    - Vorfall
    - Konferenz mit Beschluss der Ordnungsmaßnahme
    - In Kenntnissetzung der Eltern durch einen Brief, hierin wird die Ordnungsmaßnahme mitgeteilt und auch bereits die nächste (!) (bei uns nennt sich das nun gestuftes Verfahren, darum ist die nächste Stufe immer schon definiert), falls sich eben wieder ein Vorfall ereignet).
    - Durchführung der Ordnungsmaßnahme


    ...und dann fängt das ganze Spielchen wieder von vorne an. Wenn man gut dokumentiert und das straff durchzieht (Konferenzen direkt am selben oder darauffolgenden Tag ansetzt etc.), dann ist man recht schnell bei Kurzbeschulungen, Versetzungen in andere Klassen und Ausschlüsse vom Unterricht. Spätestens DANN werden Eltern oftmals auch wirklich aktiv, kümmern sich, suchen Hilfen und nehmen Hilfen an, die sie bis dato noch abgelehnt haben (in deinem Fall ggf. der KLinikaufenthalt).


    Ich wünsche dir viel Kraft und Durchhaltevermögen!!!


    Edit: achja: Die Schulleitung unbedingt mit ins Boot holen!!! Soll sie mal hospitieren o.ä.. Über alle Vorfälle direkt in Kenntnis setzen, auf Eigen - und Fremdgefährdungen aufmerksam machen - schriftlich per Kurznotiz! (Kopie davon am besten aufheben!)

  • Ich verstehe eure Not. Was ich aber nicht verstehe ist, warum die Schulleitung nicht eingreift? Zu eurem Schutz und zu dem der anderen Kinder. Ordnungsmaßnahmen, Schulamt, Beratungsstellen - komplettes Programm, welches ihr als "einfache" Lehrer gar nicht abspulen könnt. Aber das ist auch oft ein Problem von Grundschulen (also den kleinen), da sind die Schulleitungen ja oft hauptsächlich Lehrer und dann erst Schulleitung.

    Die Schulleitung hat bei uns schon geholfen. Die Eltern mussten auf ihren Druck hin endlich in einem Kinderzentrum abklären lassen, was los ist. Daraufhin kam ziemlich schnell eine Lernbegleitung, allerdings nur für 2-3 Schulstunden am Tag und in der großen Pause. Aber immerhin. Außerdem haben wir ihn immer abholen lassen, wenn es nicht mehr ging. Bei uns haben auch die Eltern der anderen Kinder massiv Druck gemacht. Da muss man ja auch glaubwürdig bleiben.
    Von daher, manchmal müssen auch rigorose Schritte sein. Nicht zuletzt, um sich selbst und die anderen Kinder zu schützen und sich nicht die ganze Kraft von einem einzigen Schüler rauben zu lassen. Es gibt noch genug andere Kinder, denen man auch gerecht werden sollte.

  • 2 Dinge, die mir beim Lesen auffielen:
    1. Es ist schade, dass ein Kind bereits in diesem frühen Stadium Schulfrust entwickelt. Wir beleuchten die Sache ja aus Lehrersicht, ich bin mir aber sicher, dass es dem Kind dabei auch nicht gut geht. Und das, obwohl es erst in der 2. Klasse ist, ein Zeitpunkt, an dem die meisten Kinder noch sehr gerne in die Schule gehen. Wie wird sich das erst in der weiterführenden Schule weiterentwickeln?
    2. Solche Fälle sind sicher nicht die Regel, aber es ist schade, dass insbesondere solchen Kindern (und deren Lehrern natürlich) derart wenige Unterstützungsmaßnahmen (und das schließt entsprechend geschultes Fachpersonal ein) zur Verfügung gestellt werden. Wie ich schon vorab schrieb, die Förderschule ist nicht die Antwort auf alle Probleme, aber die Handhabe in Niedersachsen ist dann doch etwas zu kurz gedacht (nach dem Motto "Wenn wir die Förderschulen schließen, gibt es automatisch auch keine Schüler mit Förderbedarf mehr") und nicht nur Lehrkräfte wie die Threaderstellerin dürfen darunter leiden, sondern auch der Schüler, der in dem derzeitigen Setting offensichtlich vollkommen überfordert ist.


    Zumindest klingt es so, als ob die Eltern vernünftig sind und bereit sind, mit der Threaderstellerin an einem Strang zu ziehen. Das ist ja leider vor allem bei den Eltern schwieriger Kinder nicht immer der Fall :) !

  • Schüler abholen lassen, ist ja auch nur eine Option solange die Eltern mitspielen. Wir haben es nicht selten, dass Eltern einfach sagen, sie können nicht. Oder auch sie wollen nicht. Ein Vater sagte mal, dass ein Pädagoge doch wohl in der Lage sein sollte, mit seinem Sohn umzugehen. (der hatte zuvor in einen Schrank gepinkelt, 1. Klasse)

  • @ Anja82: Wenn ein Kind schreit, beißt, um sich schlägt, der Lehrerin in den Bauch tritt, von anderen Eltern angezeigt wird, ist das nicht tragbar. Den Eltern unseres Schülers haben wir klargemacht, dass ihn in dem Fall irgendwer abholt oder wirklich mal Schulausschluss eintritt. So rigoros wurden wir aber erst am Ende der 2. Klasse. Und da war schon ganz viel vorgefallen. Die Busfahrer haben ihn übrigens auch nicht mehr mitgenommen, die Eltern mussten ihn in die Schule bringen.

  • Letztlich zählt zumindest bei uns Verlässlichkeit der Grundschule...


    Nach Klassenkonferenzen sieht das anders aus... aber wenn Eltern sagen sie holen ihr Kind nicht, müssen wir es beaufsichtigen.

  • In solchen Fällen wirkt ein Anruf beim Jugendamt oft Wunder, zumindest wenn die Eltern ein grundlegendes Interesse an ihrer Außenwirkung haben, bei wiederholter Gewaltanwendung durch einen Schüler kann auch die Polizei eingeschaltet werden (nicht im Sinne einer Strafanzeige, sondern im Sinne von: Wir dürfen den nicht ruhigstellen, ihr schon), die einen solchen Gewaltausbruch auch definitiv beendet, verlässliche Grundschule und Strafunmündigkeit hin oder her, hier geht es darum die Mitschüler und auch das Lehrpersonal zu schützen...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Letztlich zählt zumindest bei uns Verlässlichkeit der Grundschule...


    Nach Klassenkonferenzen sieht das anders aus... aber wenn Eltern sagen sie holen ihr Kind nicht, müssen wir es beaufsichtigen.


    OVG Nordrhein-Westfalen · Beschluss vom 30. April 2010 · Az. 19 A 993/07




    1. Eltern sind nicht nur zivilrechtlich gegenüber ihrem minderjährigen Kind, sondern, wenn es Schüler einer Schule ist, auch dieser gegenüber öffentlichrechtlich zur Aufsicht über das Kind verpflichtet.
    2. Aus dem Schulverhältnis ergibt sich die Pflicht der Eltern, ihr Kind von der Schule in ihre alleinige Obhut zurückzuübernehmen, sobald seine Teilnahmepflicht am Unterricht oder an einer sonstigen Schulveranstaltung endet (§ 43 SchulG NRW, § 8 ASchO NRW) und soweit ihnen dies nach den tatsächlichen Umständen möglich und zumutbar ist.
    [...]





    Sollte für andere Bundesländer ähnlich gelten, und möglich und zumutbar ist bei dieser Vorgeschichte wohl eher streng auszulegen. Ist natürlich leichter gesagt als getan, das konsequent (Polizei, Jugendamt etc.) durchzuziehen.

    --

    Keine Daten, keine Quellen? Kein Interesse.

    Einmal editiert, zuletzt von TwoEdgedWord () aus folgendem Grund: Typo

  • solange es zumutbar ist... Dann sagen die Eltern sie können nicht und fertig. Am Ende sind wir trotzdem verlässlich und müssen das Kind beaufsichtigen.

  • Doch sind Grundschulen eben doch. ;) Wir haben es mehrfach durch und auch von unser Rechtsstelle checken lassen. Zumindest in HH.

  • @ Zweisam
    Du sprichst etwas Wichtiges an: Die Rolle der Schulleitung (und auch des Schulamts). Vielleicht sollte man einmal daran erinnern, dass eine Schulleitung (Schulamt) eine sozusagen verbriefte Fürsorgepflicht für die KollegInnen hat. Als Schulleitung kann man doch nicht sehenden Auges zuschauen, wie einer untergeht, sondern da ist Unterstützung angesagt.

    Letztlich zählt zumindest bei uns Verlässlichkeit der Grundschule...


    Nach Klassenkonferenzen sieht das anders aus... aber wenn Eltern sagen sie holen ihr Kind nicht, müssen wir es beaufsichtigen.

    Keine Ahnung wie es in HH ist, aber grundsätzlich kann eine Schulleitung wenn Gefahr besteht bzw. richtig krasse Sachen laufen eine Eilmaßnahme wie sofortige Suspendierung veranlassen - dann müssen die Eltern kommen.


    Aber zusammenfassend ist es absolute Aufgabe eurer Schulleitung und die darf und muss dann auch gerne massiv werden. Massiv heißt für mich auch, dass man nicht nur den Schüler abholen lässt und mal eine Klassenkonferenz macht - ich finde, die Schulleitung muss massiv Druck aufbauen.Da sollte Konferenz auf Konferenz folgen, inkl. Berichte an Schulamt, Schulpsychologischen Dienst etc. Wenn ihr vorher alles gut dokumentiert und schon viel probiert habt, dann werden da auch andere Maßnahmen folgen. Das bedarf aber einer Schulleitung mit Rückgrat und Biss.
    Ich weiß, dass wir Lehrer uns immer verantwortlich fühlen und möglichst alle "retten" wollen - kann man aber nicht, schafft man nicht. Da gehen jetzt alle anderen Beteiligten vor. Außerdem ist das Kind jetzt noch jung, wenn da alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, hat er zumindest eine Chance... abwarten und rumprobieren und aushalten bringt dem Jungen auch wenig.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • danke für die vielen antworten!
    ich werde morgen antworten!


    dann kommt auch eine externe beratung, mal schauen, vielleicht gibts es ja dann schon was neues.....

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

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