Verpflichtende Fortbildung und Leben

  • *Dies ist mein erster Beitrag hier*


    Liebe KollegInnen,


    mir kam eine Vorladung zu einer verpflichtenden Fortbildung zu einem neuen Curriculum ins Haus. Diese Fortbildung findet an genau einem Nachmittagstermin statt. In anderen Regionen findet sie mit gleichen ReferentInnen an anderen Tagen statt, aber man ist gebunden an genau den einen Termin der eigenen Region. Ich als Vertreterin der betroffenen Fachgruppe habe also die Pflicht, an diesem Nachmittag dort teilzunehmen.
    Explizit steht da: "sofern nicht dienstliche Gründe entgegen stehen".


    Nun stehen für mich aber nicht dienstliche, sondern private Gründe entgegen. Es ist der 6. Geburtstag meines einzigen Kindes. Ich kann mir nicht vorstellen, an seinem Geburtstag von 14-18 Uhr fort zu sein. Mein Sohn hat besondere Bedürfnisse und zudem als Adoptivkind ein besonders schwieriges Verhältnis zum Feiern seines Geburtstages. Mit "schwierig" meine ich nicht, dass er es schöner fände, wenn ich dabei bin, sondern dass er auf meine Abwesenheit an seinem Geburtstag mit einem ernsten emotionalen Problem zu kämpfen hätte.


    Würdet ihr in diesem Fall der Bitte an die Behörde um ausnahmsweise Genehmigung der Teilnahme in einer anderen Region den ehrlichen Grund hinzufügen, einen anderen (auch für Unkundige nachvollziehbareren) Grund erfinden oder euch einfach vom Kinderarzt des Kindes krankschreiben lassen (Indikation wäre ja gegeben, Kind liefe im Falle meiner Abwesenheit Gefahr wieder mal retraumatisiert zu werden)?


    Liebe Grüße
    Frau Citas

  • Naja, wenn du ganz ehrlich bist und eine Ablehnung erfährst, gibt es keinen Plan B mehr. Wenn du eine Krankschreibung erhältst, bist du jedenfalls auf der sicheren Seite.
    So wie ich es einmal mitbekommen habe, würdest du nach dem Dienstrecht in NRW nur für die Beerdigung einen Verwandten ersten Grades einen Tag Sonderurlaub bekommen.

  • Einerseits sage ich ja, Lehrer ist kein Halbtagsjob und es gibt nun einmal Dienstpflichten. Aber in deinem Fall wäre der Besuch einer anderen -wohlgemerkt identischen- Veranstaltung für mich begründet. Hast du ein vertrauensvolles Verhältnis zu deiner Schulleitung und kannst das dort besprechen bzw. bekommst dort Rückhalt? Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, dass ausnahmsweise eine Vertretung für dich einspringt und die Veranstaltung besucht? Alternativ: Lehrer70 hat es ja schon gesagt, bei einer Ablehnung ist die Situation blöd. Wenn es für euch aber tatsächlich einen solch dramatischen privaten Rückschlag bedeutet, dann wäre eine "Kinderkrankschreibung" ja nicht mal gelogen...

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Ich habe 3 Kinder und konnte dreimal aus dienstlichen Gründen bei Einschulungen nicht dabei sein (einmal Grundschule, zweimal Gymnasium). Ich habe jedes Mal gefragt und nicht frei bekommen. Heute würde ich das anders machen. Es tut mir so leid.

  • Ich würde "Möglichkeit 4" wählen: zur Fortbildung in Deinem Hause gehen.


    (lamaison kann ich da schon besser verstehen, denn Einschulung ist nunmal nur einmal im Leben, und außerdem ein "Lebens-Wendepunkt".)


    Hamilkar

  • Ähmm...es gibt an deiner Schule doch sicher auch noch andere Deutsch-Lehrkräfte, oder? Warum musst ausgerechnet du auf diese Fortbildung? Auch als Fachkonferenzleiter bist nicht zwangsläufig du die Person, die zu jeder entsprechenden Veranstaltung muss, das kann durchaus auch delegiert werden (und sollte es auch mit Blick auf gleichmäßige Aufgabenverteilungen).

  • Wenn du nicht ruhig in der Fortbildung sitzen kannst, weil du Sorge hast, das Leben dieses Kindes zu zerstören und einen Arzt, der es krank schreibt. Wo ist das Problem?


    Problem könnte natürlich sein, dass ihr keinen normalen Geburtstag feiern könnt, weil das Kind ja krank ist. Oder dass du in jedem Fall ein schlechtes Gewissen haben wirst :P aber ich fürchte, da musst du allein durch. Du hast ein Kind und du weisst mit Sicherheit, was gut für ihn und dich ist.

  • Hallo FrauCitas,
    bei deiner Fortbildung handelt es sich aber nicht um die Module 1 oder 2 zur "Implementation des KCGO", oder?
    Die könntest du nämlich auch als z.B. Nordhessin in dem Bereich "Rhein-Main" etc. besuchen, wenn der Termin in deinem Bereich nicht passt.

  • Was machen eigentlich die Väter und Mütter, die bei VW am Band oder Rewe an der Kasse stehen?

  • Was machen eigentlich die Väter und Mütter, die bei VW am Band oder Rewe an der Kasse stehen?

    Das frage ich mich auch. Eine Vielzahl von Nicht-Lehrern kommt jeden Tag erst nach 18 Uhr von der Arbeit nach Hause...



    Ich kann mir nicht vorstellen, an seinem Geburtstag von 14-18 Uhr fort zu sein.

    Daher kommt wohl der Spruch, "Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei." :-/



    Fazit: Diese FoBi ist eine dienstliche Veranstaltung. Es wird Gründe geben, warum du zur Veranstaltung DEINER Region gehen sollst und ein Ausweichen nicht erlaubt ist. Also musst du wohl oder über hin gehen.


    Wenn du eine Krankschreibung bekommst, ist das so. Wenn nicht dann nicht.


    Der Junior freut sich an seinem Geburtstag sicher auch über ein Abendessen bei McDonald's...

  • Was machen eigentlich die Väter und Mütter, die bei VW am Band oder Rewe an der Kasse stehen?

    sie arbeiten nach der Adoption womöglich teilzeit oder ein Elternteil nicht mehr.
    Ich bin absolut gegen solche Sachen wie "oh, mein Kind wird heute 14 Monate alt und muss auf mich bis 13uhr warten"-Jammereien, aber mit der Aufnahme eines Pflege- bzw. Adoptivkinds kommen ganz andere Begleitprobleme als mit einem gesunden Kind einher.
    ich gehe mal davon aus, dass FrauCitas den Begriff "besondere Bedürfnisse" nicht einfach so gewählt hat und Geburtstagsfeier sind nicht für alle Kinder / Menschen einfach nur ein Hütchen aufsetzen, Kuchen essen und Geschenke bekommen, sondern kann auch durchaus seeeehr viele problematische, dramatisierende Erinnerungen hervorrufen.


    @Frau Citas:
    wenn ihr nicht gerade eine ziemlich unkollegiale Fachschaft seid, wird wohl ein Kollege / eine Kollegin gerne für dich einspringen, oder? Die Situation mit deinem Kind wird sicher halbbekannt sein, rede im Vertrauen mit einem Kollegen.
    Abgesehen davon: zumindest bei uns bedeutet "Fachvorsitz" zum Glück nicht, dass man alles machen muss / darf. Ich bin zum Beispiel NICHT Fachvorsitzende, habe schon einige Fortbildungen gemacht,wo der Termin mir besser passte, als meiner Fachvorsitzenden, oder zum Beispiel, weil ich auch inhaltlich mehr davon habe (Oberstufenarbeit). Ich habe dann auf dem Kurzweg meine Fachschaft informiert, was wir alles gelernt haben und gut.


    Ich wünsche dir eine ruhige, zufriedenstellende Lösung und dir und deinem Kind eine gute Entwicklung!
    chili

  • Was machen eigentlich die Väter und Mütter, die bei VW am Band oder Rewe an der Kasse stehen?

    Die nehmen sich am Geburtstag ihres Kindes einen Tag Urlaub. So wie mein Mann. Der kommt sonst auch nicht vor 18 Uhr nach Hause und mehrmals im Monat auch gar nicht. Aber das ist bei uns selbstverständlich. Unsere Kinder wären sehr traurig, wenn ein Elternteil nicht am Geburtstag da wäre. Und dem anderen Elternteil zuzumuten, einen Kindergeburtstag alleine durchzuführen ist auch nicht gerade fair.


    Leider können wir Lehrer ja keinen Urlaub nehmen. Und die bei Rewe an der Kasse werden wohl nicht gerade während ihres Urlaubs eine Fortbildung haben ;)

  • Die nehmen sich am Geburtstag ihres Kindes einen Tag Urlaub.

    Wenn sie den bekommen, zumal ja streng genommen der Jahresurlaub von der Gesetzeslage her am Stück zu nehmen ist.

  • Ich glaube da greift dann der "in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen" Passus. Das Gesetz ist zum Schutz des Arbeitnehmers gedacht, damit der Arbeitgeber den Urlaub nicht auf jeden zweiten Freitag stückeln kann, sondern dir mindestens 12 zusammenhängende Tage gewähren muss...und die "dringenden betrieblichen Gründe" würde ich gerne sehen die VW oder Rewe (deine Beispiele) anführen wollen um dir einen Tag Urlaub zu verweigern. Die zerfetzt dir jeder halbwegs brauchbare Arbeitsrechtler in der Luft, wenn die bei einem Tag Urlaub auftreten ist die Betriebsorganisation schlicht mangelhaft.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Das Gesetz ist zum Schutz des Arbeitnehmers gedacht

    Jein! Du hast recht, das der Arbeitsgeber so den Urlaub nicht stückeln darf, andererseits dient der Urlaub dazu, die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers zu erhalten, daher ist der Arbeitsnehmer quasi dazu "verpflichtet", sich zu erholen, wozu nach Ansicht des Gesetzgebers und der Arbeitsgerichte ein zusammenhängender Urlaub notwendig ist. Diesen Fall haben wir übrigens auch gerade mit einer Schulsekretärin, die ihren Urlaub stückeln wollte, und dies nun untersagt bekam. Interessanterweise ergibt sich daraus aber nicht, dass man als Arbeitnehmer seinen Urlaub nehmen muss, was das ganze natürlich wieder etwas unsinnig macht.

  • Vielen lieben Dank für die vielen konstruktiven Antworten.


    Ich habe auch die weniger konstruktiven Antworten nutzen können - sozusagen als Lackmustest - und mich entschieden, die Bitte um ausnahmsweise Teilnahme an der FB an einem anderen Ort nicht zu begründen, sondern erstmal nur zu äußern. Ich habe bereits befürchtet, dass die Lage nur für informierte Leute nachvollziehbar sein wird und wurde hier ja durchaus bestätigt.


    Bin gespannt, welche Antwort ich auf meine Bitte ohne Grund bekomme.


    Die Lösung wird wahrscheinlich wirklich sein, dass ein Kollege mich freiwiilig vertritt. Von der Sache her finde ich es nach wie vor schade, wenn es keine andere Lösung gibt, denn nur genau einen Termin so klar festzulegen finde ich nicht gerade "arbeitnehmerfreundlich".
    Da hilft es ja auch nicht, wenn in anderen Berufen ebenfalls familienunfreundliche Bedingungen herrschen.


    Selbst arbeite ich seit Annahme unseres Sohnes übrigens TZ, mein Mann war 3 Jahre in EZ und arbeitet erst seither wieder projektweise.

  • Alternativ: Lehrer70 hat es ja schon gesagt, bei einer Ablehnung ist die Situation blöd. Wenn es für euch aber tatsächlich einen solch dramatischen privaten Rückschlag bedeutet, dann wäre eine "Kinderkrankschreibung" ja nicht mal gelogen...

    ...und blöd wäre es dann ja eigentlich auch nicht, denn den Grund einer solchen Krankschreibung würde ich dann auch gern der Behörde gegenüber offen kommunizieren. Was sollen sie schon groß dagegen machen?


    Aber noch toller wäre es natürlich, wenn es bessere Bedingungen gäbe und man unkomplizierter entscheiden könnte, wann und wo man so eine FB besucht. :)

  • Ich würde "Möglichkeit 4" wählen: zur Fortbildung in Deinem Hause gehen.


    (lamaison kann ich da schon besser verstehen, denn Einschulung ist nunmal nur einmal im Leben, und außerdem ein "Lebens-Wendepunkt".)


    Hamilkar

    Du meinst mit "in Deinem Hause", dass du am vorgesehenen Termin zum vorgesehenen Ort gehen würdest?


    Spannend.
    Warum würdest du so entscheiden?

  • Wenn du nicht ruhig in der Fortbildung sitzen kannst, weil du Sorge hast, das Leben dieses Kindes zu zerstören und einen Arzt, der es krank schreibt. Wo ist das Problem?


    Problem könnte natürlich sein, dass ihr keinen normalen Geburtstag feiern könnt, weil das Kind ja krank ist. Oder dass du in jedem Fall ein schlechtes Gewissen haben wirst :P aber ich fürchte, da musst du allein durch. Du hast ein Kind und du weisst mit Sicherheit, was gut für ihn und dich ist.

    Ehrlich gesagt hätte ich gar kein schlechtes Gewissen.


    Ich nehme meinen Beruf sehr ernst, aber genau darum gibt das Leben eben auch klare Grenzen für beruflichen Einsatz vor. Der Moment, wo der Beruf weiter als verträglich die Entwicklung meines Sohnes beeinträchtigt, stellt hier die Grenze dar.


    Einen "normalen Geburtstag" können und wollen wir hier ohnehin nicht feiern. Trotzdem wird es Kuchen geben, und es wird der beste Freund eingeladen, und wir machen eine Schnitzeljagd - und da genau das der Gesundheit des Kindes zuträglich sein wird, habe ich absolut kein Problem damit, das in der Öffentlichkeit zu tun und auch genau so zu kommunizieren.

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