Das Gefühl unabkömmlich zu sein

  • Hallo zusammen,
    kennt ihr das Gefühl zur Schule gehen zu müssen, obwohl ihr krank seid und ihr wisst, dass ihr dafür "büßen" werdet?


    Mir persönlich fällt es immer noch sehr schwer mich krank zu melden.
    Letztes Schuljahr war ich mit 39 Grad Fieber in der Schule und hatte auf dem Heimweg im Auto ernsthaft Sorge, dass ich es heil heim schaffe.
    Blöd. Ist mir klar.
    Und trotzdem komme ich nicht gegen mein Kopfkino an...
    "Ich schaffe meinen Stoff nicht", "Ich geh lieber, wer weiß, wie oft ich noch wegen der Kinder ausfalle", "Meine Kollegen werfen kot.. , wenn sie mich vertreten müssen"...
    Ich befürchte einen schlechteren Stundenplan wenn ich zu oft fehle.
    Unsere Schulleitung gibt einem unmissverständlich zu verstehen wie unmöglich das Fernbleiben wegen Krankheit ist.
    Das alles stresst mich total, dabei könnte ich mich rational sagen, dass ich mir nicht den Kopf zerbrechen soll, denn ich habe letztes Schuljahr lediglich 3 Tage gefehlt und das trotz Lungenentzündung des Kindes und einer OP (diese war gut gelegt).
    Und trotz allem nutzt mir meine Ratio nichts.
    Momentan bin ich seit heute Morgen heftig erkältet und ich weiß, dass ich am Montag eigentlich nicht arbeiten sollte und mich jeder Arzt krankschreiben würde.
    Und dann geht's wieder los: " Am Montag wollte ich das neue Projekt starten, ich kann nicht fehlen, das muss einführen...", "Andere Kollegen sind in anderen Projekten, die können mich gar nicht vertreten...".


    Kennt ihr solche Gedsnken?
    Und falls ja, wie geht ihr damit um?


    Kollegiale Grüße

  • Ein paar kurze Gedanken:


    Drei Tage in einem Schuljahr gefehlt? Das ist lachhaft.
    Die Kollegen kotzen wenn sie Vertretung machen müssen? Das gehört zu ihrem verdammten Job.
    Deine SL hat ein Problem damit, dass Menschen krank fehlen? Das irritiert massiv und bräuchte vielleicht etwas mehr Details hier - die SL hat eine Fürsorgepflicht, und dazu gehört im Zweifelsfall sogar, jemanden, der offensichtlich nicht fit ist (mit 39°C in der Schule) nach Hause zu schicken. Ich hätte für die Aktion ein anderes Wort als "blöd" gewählt, das darfst Du Dir selbst aussuchen.
    Du befürchtest einen schlechteren Stundenplan wegen Deiner minimalen Fehlzeiten? Aus etwas Erfahrung in der Stundenplanerstellung kann ich Dir sagen, dass der Aufwand, absichtlich einen schlechten Stundenplan zu machen, jeden Stundenplaner mit etwas Hirn davon abhalten wird.


    Ganz ehrlich... für mich klingt das so, als würde bei Euch einfach Einiges an der Schule, vor allem im Verhältnis SL<->Kollegium, schieflaufen. Das, oder Du nimmst es aus irgendeinem Grund als viel zu krass war.


    Was die Erkältung betrifft: Geh zum Arzt, lass Dich krankschreiben, und handel bloß nicht die Dauer runter. Wenn Du etwas verschleppst (und dadurch länger für die Genesung brauchst) tust Du niemandem einen Gefallen.


    Gruß und gute Besserung,
    Tarjon

  • Solche Gedanken kenne ich. Während des Referendariats und in der Probezeit war ich keinen einzigen Tag krank krankgeschrieben.


    Mit der Zeit ging die Angst bei mir zurück. Es gibt für alles ein erstes Mal!


    Lass Dich krankschreiben. Gute Besserung!

  • Ja, kenne ich. Ich war im ersten Jahr an meiner jetzigen Schule ausnahmslos JEDE Ferien krank und zwar richtig krank, mit Fieber und allem, aber bis zum heutigen Tag meines Lehrerdaseins noch keinen einzigen Tag krank geschrieben. Ich habe vor den letzten Sommerferien 7 Klassensätze Klausuren mit dem rechten Arm im Gips korrigiert (rechts ist natürlich die Schreibhand). Das ist nicht nur blöd, das ist saublöd. Meine Schulleitung erwartet das nicht von mir und auch meine Kollegen hätten überhaupt keine Schmerzen damit, mich in so einer Situation zu vertreten. Ich bin selbst das "Problem" dabei. Saublöd ist das. Sowas sollte man nicht machen. Wir können uns ja gemeinsam vornehmen, in Zukunft vernünftiger zu sein. :rose:

  • Ich habe insgesamt 17 Tage in 9 Dienstjahren gefehlt. Ich hatte aber das Glück, selten krank zu sein.


    Wenn ich aber merke, es geht nicht, erfülle ich als Beamter meine Dienstpflicht zur Gesunderhaltung. Wenn ich nicht kann oder können sollte, dann bleibe ich zu Hause.


    Krank ist krank.
    Punkt.

  • Oh je! Bezüglich der völlig unverantwortlichen Schulleitung und den unsolidarischen Kollegen wurden weiter oben ja schon die richtigen Worte geschrieben.


    Ich möchte mit Nachdruck auf die Gefahren aufmerksam machen, wenn man Krankheiten verschleppt: Vor wenigen Jahren ist ein unglaublich lieber und engagierter Schüler von mir eine Woche vor den Abiturklausuren verstorben, weil er trotz dicker Erkältung weiter Sport gemacht hat, um die Mannschaft nicht im Stich zu lassen. Eine nicht erkannte Herzmuskelentzündung infolge der Überlastung hat ihn über Nacht umgebracht. Seitdem bin ich buchstäblich davon kuriert, gegen mein (zum Glück recht ausgeprägtes) "Alarmsystem" in Bezug auf angehende Erkrankungen zu handeln.


    Sollten noch irgendwelche weiteren Argumente notwendig sein: Was ist gegenüber dem Dienstherrn, den Kollegen und den Schülern verantwortungsbewusster:
    - Sich ein bis drei Tage schonen, bevor man richtig flachliegt und dadurch die Kurve kriegen oder
    - durchpowern, bis man für mindestens eine ganze Woche ausfällt?


    In welchem Fall mehr vertreten werden muss, ist natürlich klar! Es scheint aber immer noch sehr schwer zu sein, gegen diese völlig bescheuerte preußische Mentalität anzukommen, nach der man gefälligst so lange arbeiten geht, bis andere für einen den Krankenwagen rufen... weil man selber vor lauter fiebrigem Tunnelblick gar nicht mehr mitbekommt, dass man bereits wie aus einem Zombiefilm entlaufen aussieht!

  • Der eigentliche Witz ist ja auch, dass gerade im System Schule praktisch jeder sehr einfach ersetzbar und alles andere als unverzichtbar ist. Der Betrieb läuft auch ohne einen nahezu problemlos weiter. Das beißt sich zwar mit dem Eigenempfinden (kenne ich auch), aber es ist hilfreich, sich das immer mal wieder in den Kopf zu rufen: Die Schule funktioniert auch, wenn ich mal nicht da bin.

  • Der eigentliche Witz ist ja auch, dass gerade im System Schule praktisch jeder sehr einfach ersetzbar und alles andere als unverzichtbar ist. Der Betrieb läuft auch ohne einen nahezu problemlos weiter. Das beißt sich zwar mit dem Eigenempfinden (kenne ich auch), aber es ist hilfreich, sich das immer mal wieder in den Kopf zu rufen: Die Schule funktioniert auch, wenn ich mal nicht da bin.

    Das ist aber wahrscheinlich auch eine Erkenntnis, mit der nicht alle gut umgehen können. Allzu menschlich... Ich war vor Jahren mal an einer Schule, an der der Schulleiter lange Zeit ausfiel. Das war einer von der Sorte, der immer alles kontrollieren wollte und meinte, ohne ihn läuft rein gar nichts. Was soll ich sagen? Es lief und zwar recht gut - wenn auch nicht immer perfekt, aber das lief es vorher auch nicht ;)

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Als ich im Frühjahr das erste Mal in 12 Jahren wirklich über einen längeren Zeitraum (drei Wochen) krankgeschrieben war, habe ich einige Dinge sehr deutlich gemerkt und gelernt.


    a) Ich BIN ersetzbar. Vielleicht nicht sofort genauso gut und effizient, aber mit der Zeit definitiv ersetzbar. Auch die KollegInnen, die pensioniert, versetzt oder in Elternzeit sind, waren letztlich allesamt ersetzbar.
    b) Die Schule läuft auch ohne mich weiter!!!
    c) Es gibt wenigstens vier Menschen unmittelbar um mich herum, die mir wichtiger sind als Schule - und denen ich als Ehemann und dreifacher Vater mit absoluter Gewissheit um ein Vielfaches wichtiger bin als ich es der Schule jemals auch nur ansatzweise sein könnte.


    Gerade Letzteres wird künftig dafür sorgen, dass, wenn die Symptome, wegen der ich so lange krankgeschrieben war, wiederkommen, ich mich solange krankschreiben lasse, bis ich wieder gesund bin und den Schulalltag schaffe.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Das Gefühl kenne ich schon lange nicht mehr. Ja, zu Prüfungsterminen, da würde ich mich wahrscheinlich reinschleppen, zu allem anderen - Lehrplanerfüllung, Prüfungsvorbereitung - nicht; ich weiß, dass ich überhaupt nicht unabkömmlich bin und dass das keiner von uns ist. Das gilt auch für Schulleitung, Stundenplaner, Oberstufenkoordinator, Systembetreuer - es hat noch immer irgendwie geklappt.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Ich befürchte einen schlechteren Stundenplan wenn ich zu oft fehle.
    Unsere Schulleitung gibt einem unmissverständlich zu verstehen wie unmöglich das Fernbleiben wegen Krankheit ist.

    Ganz ehrlich? Ich würde die Schule wechseln!

  • Vielleicht hilft es dir, dir mal die Ansteckungsgefahr vor Augen zu führen. Bei uns kommen die Kollegen auch reihenweise krank zur Schule und stecken wiederum andere Kollegen und auch Schüler an. Ganz ehrlich, diese Kollegen könnte ich manchmal echt an die Wand klatschen! Wenn man krank ist, bleibt man zuhause. Punkt!


    Natürlich ist es meistens ungünstig, wenn man krank ist, aber die Welt geht davon nicht unter.

  • dieser thread tut mir gerade sehr gut!!


    bin 3 wochen krankgeschrieben wegen eines armbruchs (NICHt die schreibhand) und arbeite von zu hause aus zu.
    dachte, das sei ja kein problem -- ist es aber doch.
    ob jetzt von den schmerzmitteln, auf die ich noch angewiesen bin, ob als nachwirkung von der op --- ich bin einfach nicht so belastbar wie sonst und bin völlig platt, wenn ich etwas gearbeitet habe. und mittlerweile auch gestresst :heul:
    denn auch der alltag ist mit nur einer hand deutlich anstrengender und mühsamer zu bewältigen.


    da habt ihr mir netterweise gerade die augen geöffnet --danke!!! :bussi:

  • Unsere Schulleitung gibt einem unmissverständlich zu verstehen wie unmöglich das Fernbleiben wegen Krankheit ist.

    Einer solchen Schulleitung würde ich bei meiner nächsten Grippe demonstrativ die Hand schütteln und ihr zufällig ins Gesicht niesen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Meine SL gibt immerhin zu, dass sie immer hin- und hergerissen ist, wenn jemand offensichtlich krank ist und kommt. Erfreut, weil wir ein kleines Kollegium sind und Vertretung immer irgendwie schwierig ist und besorgt, weil sie weiß, dass sich das Kranksein dadurch nur kumuliert und am Ende umso länger dauert, wenn der Kranke nicht im Bette ist und gesundet.

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