Bewertung Klassenarbeiten - Wiederholungen

  • Hallo und schönen Abend an alle !


    Ich möchte hier meine Ausführungen zur Bewertung Klassenarbeiten und ab wann sie wiederholt werden sollten zur Diskussion stellen, da der andere Tread kurz nach dem Eintrag geschlossen wurde.


    1) 02.04.2005 02:24
    Zur Problematik der Klassenarbeit schildere ich Euch zunächst die hiesige Regelung in Hessen und meine eigene Praxis - und auch meine Einschätzung:


    Laut hessischer Verordnung brauchen (nur !) 45 % der erreichbaren Punkte die Untergrenze für "4" zu bilden. Mir ist bei realistischer Aufgabenstellung ein Ergebnis unter der Hälfte zu wenig für noch "ausreichend" - und ich habe immer 50 % angesetzt - auch für die Einschätzung meines Lehrer-Erfolges.


    Bei 70 erreichbaren Punkten sind 50 % = 35 Punkte = Note 4-
    (45 % nur 31,5 P.)


    Dann habe ich mal gelernt und halte es auch für richtig, dass man nicht in gleichmäßigen Schritten von Note zu Note geht. Der Bereich der guten Noten soll kleiner sein als der Bereich der schlechteren Noten.
    "Nach oben muss die Luft dünner werden - nach unten aber breiter!"


    Ich bin ungefähr so vorgegangen:


    00 - 29 % = 30 Prozent-Punkte-Bereich - Note 6
    30 - 49 % = 20 Prozent-Punkte-Bereich - Note 5
    50 - 67 % = 18 Prozent-Punkte-Bereich - Note 4
    68 - 81 % = 14 Prozent-Punkte-Bereich - Note 3
    82 - 94 % = o9 Prozent-Punkte-Bereich - Note 2
    95 -100 % = o6 Prozent-Punkte-Bereich - Note 1


    Ihr seht, die Bereiche werden immer enger zur "1" hin.


    Nach dem Verteilungsschlüssel einer bayrischen Kollegin gib es schon bei 57 % und weniger eine "5". Das scheint mir zu hart - genauso wie die "sturen" 7-er Schritte. Ab wann gibt sie denn "6"?
    Und dass in Bayern speziell für Fremdsprachen die 50%-Regelung nicht gelten soll, verwundert mich pädagogisch auch sehr !


    In der Variante meiner Prozentabschnitte würde ich bei 70 Punkten = 100 % etwa so verteilen:


    ab 95 % = 67 Punkte ( über o4 P.) - 1
    ab 83 % = 58 Punkte ( über o9 P.) - 2
    ab 68 % = 48 Punkte ( über 10 P.) - 3
    ab 50 % = 35 Punkte ( über 13 P.) - 4
    ab 25 % = 18 Punkte ( über 17 P.) - 5
    0-<25 % = 17 Punkte ( über 18 P.) - 6

    Grundsätzlich bin ich bereit, ein wenig (!) zu schwanken mit den Grenzen, wenn ich dabei nicht ganz das Prinzip verliere.


    Ich weiß natürlich nicht, ob Ihr Obiges im Prinzip vertreten könnt.


    Ansonsten gehe ich davon aus, dass irgend etwas von seiten der Schule / des Lehrers bei der Klassenarbeit/Schulaufgabe schief gelaufen ist, wenn von 26 Arbeiten 10 (=38,5 %) mit "5" und "6" bewertet werden und ein arithmetischer Durchschnitt von nur 4,03 herauskommt.


    Zeitdruck? Überfrachtung der 3 Teile (Hörverstehen, 3 Grammatikteile, 1 freier Text in dieser bestimmten Zeit (wahrscheinlich 40 Minuten)? Doch nicht genug "gefestigt" vorher? Ich will gar nicht annehmen, dass sie die Schüler bei der Arbeit verängstigt hat ! Aber es muss irgendeinen von Schulseite beeinflußbaren und zu verantwortenden Grund geben, wenn die Schüler es am Vortag können und bei der Arbeit versagen !


    Die Lehrerin hat öfters das Argument "Logik" zu einer Französischarbeit in der 6. Klasse gebraucht. Man lernt eine Sprache nicht überwiegend (!) mit Logik, sondern nach der Einsicht durch viel Übung !


    Es kann nicht nur an den Schülern liegen, wenn sie plötzlich nach 20 Monaten Unterricht ein so schlechtes Ergebnis bringen !


    Ich habe mir niemals eine Arbeit "genehmigen" lassen - das hätte ich als Armutszeugnis für meinen Unterricht gewertet.
    Nur einmal bin ich mit einer zu schlecht ausgefallenen Arbeit zurückgekommen und habe den Schülern gleich gesagt, dass da was schief gelaufen sei und wir den Stoff noch ein paar Stunden üben müssten - gezielt die bei der Korrektur erkannten Schwachstellen - und die Arbeit dann neu schreiben würden.

    Ich empfände es als "arrogant" , wenn ich die Verantwortung für ein schlechtes Ergebnis nur "auf die lieben Kleinen" abschieben würde. Dabei könnte ich nie ein gutes Gewissen haben. So abgehoben über allen eventuellen Einflüssen schulseits sollte ein Lehrer nicht stehen !


    Sie hat 2 gleiche Fehler mit "faire du" ( betreiben) zitiert: da ist doch der Gebrauch von "faire du .." nicht sicher gelernt/eingeübt worden: "Je fais du sport" (ich treibe Sport) anstatt fehlerhaft "je suis du sport" (ich bin Sport).


    Zitat aus dem anderen thread:
    "... sind sie immer noch genug abgeschreckt "
    Das wäre nie mein Ziel.


    Zitat aus dem anderen thread:
    " ...den Kleinen gehörig mal die Meinung geigen."
    Das ist unpädagogisch, u.a. weil es Angst macht. Die Schüler sprechen dann demnächst so wenig Französisch wie die anderen in der 10. Klasse, die den Mund nicht mehr aufbekamen.

    Irgerndwo schreibt die Lehrerin, dass sie den Stoff nach Rückgabe der Arbeit wiederholen will. Sie könnte doch zuerst den Stoff wiederholen und erst danach die Arbeit noch mal schreiben lassen .
    In der vielen Zeit, die diese Lehrerin zu ihrem Problem gepostet hat, hätte sie auch eine zweite Arbeit konzipieren und korrigieren.



    2) 02.04.2004 um o2:55


    Die Mutter Enja geht nur auf Schülerseite von eventuell mangeldem Potenzial aus - kann das nicht auch eine Frage auf Lehrerseite sein ?


    Vergleichsarbeiten sollen nur "auch" hin und wieder geschrieben werden.


    Und ich bin sicher, man wird aufgrund der Vergleichsarbeiten demnächst darüber reden, dass schlechte Resultate auch schulbedingt sind. Und man wird dort ansetzen.


    Man wird nicht nur Schülerleistungen in Vergleich setzen, sondern auch Lehrerleistungen unter die Lupe nehmen. Wer da immer "schlechte Klassen" hat, wird als schlechter Lehrer benannt werden.


    "Aussieben" allein bringt nichts. Bei PISA wird nicht nach der Schulform untersucht, sondern es wird der ganze Geburtsjahrgang geprüft.
    Wenn man alle in die Hauptschule runtersiebt, wird das PISA-Ergebnis nicht besser.


    Jeder Klassenarbeitsschritt unter 3,5 ist zu hinterfragen.


    Was ist davon zu halten, wenn Leiter von Gymnasien bei der Aufnahmefeier schon sagen "Wenn Sie Eltern nicht regelmäßig mit ihrem Kind arbeiten, ist es hier fehl am Platz!" ? Wenig von ihm.


    Was ist davon zu halten, wenn in einer Kleinstadt mit insgesamt 2500 Schülern 7 festetablierte Nachhilfeinstitute plus viele mobile Nachhilfelehrer existieren können ?
    Wenig von den Schulen.


    Sind das nicht eindeutige Symptome der Unzulänglichkeit der Schulen am Ort ? Ja, ich sehe es so.

    gemo = Georg Mohr mit vielen Grußen.
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    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln.

  • Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass ein Thread, auch wenn er geschlossen ist, noch gelesen werden kann!


    Sie können also auf ihre Ausführungen dort verweisen, ohne sich die Mühe machen zu müssen, sie im genauen Wortlaut zu wiederholen.


    MfG, Melosine

    Für mich gibt es wichtigeres im Leben als die Schule.


    (Mark Twain)


    Auf dem Weg zur Weltherrschaft! :teufel:

  • Ich kann jeden Notenschlüssel akzeptieren, der rechtlich akzeptabel und pädagogisch sinnvoll ist. An meiner Schule haben wir allerdings in den Fachkonferenzen die Erlasse in verbindliche Schlüssel umgesetzt. Das erscheint mir auch sinnvoll, schon aus Fairness den Schülern gegenüber.


    Das von dir vorgestellte Konzept der "Luft nach oben dünner" entspricht übrigens nicht unbedingt den Gepflogenheiten in anderen Ländern. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, das an anderen Orten die Einteilung genau andersherum erfolgt - was auch seine Vorteile hat. Einheitlichkeit erscheint mir daher wichtig.


    Selbstverständlich kann der Fehler auf Seiten der Lehrkraft liegen. Mir ist aber in meinen Jahren im Schuldienst etwas aufgefallen. Die Lehrer, die viele Fehler in ihrem Unterricht machen, haben fast nie die schlechten Noten, sondern sind im guten Bereich, mit zufriedenen Schülern und Eltern. Hinter vorgehaltener Hand wird auf Seiten der Eltern und Schüler zwar mal gelacht oder getuschelt, aber beschweren tut sich da niemand - denn zumindest die Note stimmt ja.


    Aber nach dem Lehrerwechsel gibt es dann Probleme. Und wer ist dann schuld? Klar, der neue Lehrer, der zuviel verlangt, zu schnell vorgeht, zuwenig übt, zuviel aufgibt... Das Getuschel ist dann vergessen. Dank Zentralabi und Vergleichsarbeiten kann man dieses Problem zumindest belegen, aber einfach zu lösen ist es nicht.


    Kurzum, ich lasse eine Klassenarbeit absegnen, wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass das schlechte Ergebnis von den Schülern zu vertreten ist. Indikatoren dafür wäre z.B. eine Aufgabe, die bereits als Hausaufgabe gegeben war, besprochen und verglichen wurde und dann erneut gestellt wird. Ist mir in den letzen 10 Jahren 2x vorgekommen. Damit kann ich leben.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Zitat

    Dann habe ich mal gelernt und halte es auch für richtig, dass man nicht in gleichmäßigen Schritten von Note zu Note geht. Der Bereich der guten Noten soll kleiner sein als der Bereich der schlechteren Noten.
    "Nach oben muss die Luft dünner werden - nach unten aber breiter!"


    Logisch: Es muss mehr schlechte Schüler geben, als gute!
    Nicht alles, was man gelernt hat, macht auch Sinn. Das sollten besonders Lehrer wissen


    Es gab mal ein Urteil eines Verwaltungsgerichtes - das ich leider nicht mehr mit Fundstelle zitieren kann, weil ich den Zeitungsartikel damals nicht aufgehoben hatte - dessen Tenor mir jedoch einleuchtete:


    Wenn man Punkte linear vergibt (und damit die erreichte Leistung misst) , muss auch die Notenskala linear darauf abgebildet werden.


    Das Urteil erstreckte sich auf eine Hochschulprüfung, ist jedoch m.E. auch für die allgemein bildenden Schulen richtig.


    Ich vergebe seit damals (und das sind nun schon mehr als 10 Jahre) bei 50% die Note 3/4. Falls nun jemand aufschreit: "Der vergibt viel zu gute Noten!!" entgegne ich:


    Wer glaubt, mit einem besonders "scharfen" Punkte-Notensystem "objektiver" zu bewerten, verfällt einer Scheinobjektivität. Es kommt nämlich wirklich NICHT darauf an, bei welchen Punktanzahlen man welche Noten vergibt, sondern es ist entscheidend, für welche Leistung man wie viele Punkte vergibt.


    Der Vorteil der linearen Notenskala liegt auf der Hand: Sie ist transparent und für jeden Schüler (und die Eltern) problemlos nachvollziehbar - und somit EINE wichtige Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.


    Davon abgesehen kann ich als Lehrer mit der damit verbundenen mathematischen Formel Punkte vergeben, wie ich es für richtig halte - und unterwerfe mich nicht den Beschränkungen einer "Skala" - womöglich noch der unseligen 20-Punkte-Skala..!
    Wenn bei mir eine Klassenarbeit insgesamt 76,5 Punkte ergibt - no Problem. Mit der Formel :
    6 - 5*(erreichte Punkte/Gesamtpunkte)
    habe ich in Nullkommanix die zugehörige Note errechnet.


    Damit kann ich eine schwierigere Aufgabe auch mit mehr Punkten belohnen - wodurch sich ebenso eine Notenspreizung ergibt, die mir jedoch viel deutlicher zeigt, wer was kapiert - oder eben noch nicht kapiert hat.


    Womit wir beim eigentlichen Sinn von Klassenarbeiten sind:
    Nachzuprüfen, ob die Schüler verstanden haben, was man vermittelt hat - oder ob man bestimmte Bereiche nochmals ansprechen muss. Wer Klassenarbeiten schreibt, damit er seine Schüler effektiv in Gauss'sche Normalverteilungsschächtelchen packen kann, hat den Sinn des Lehrerberufes falsch verstanden.



    Just my 2 cents.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Darf ich einen Text von mir zitieren? Er ist lang, aber zu diesem Thema habe ich halt schon mal ausführlich was in meinem Blog geschrieben; meine Meinung hat sich nicht geändert:


    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Hatte schon mal einen Beitrag geschrieben, aber irgendwie ist der nicht gespeichert worden.
    a) Finde ich es nicht gerade vorteilhaft um nicht zu sagen rücksichtslos, das Forum hier mit Threads gleichen Themas zu überfluten- ich habe das Thema aufgebracht, meine Fragen sind beantwortet worden, deshalb hab ich das Thema geschlossen.
    b) Die 50% kommen wie schon erwähnt vom zentral gestellten Abitur- also der Prüfung, die dem Schüler die Hochschulreife bestätigen soll. Da wird vom KM der Notenschlüssel sogar immer mitgeschickt.
    Wenn die "normalen" Schulaufgaben dem Schwierigkeitsgrad dieser Prüfung entsprechen, dann sind wohl 50% auch angemessen.
    Herr Rau für diese Ausführungen- ich bin wirklich begeistert und sie entsprechen genau meiner Meinung.
    Lg, Hermine

    "Ein Mann, der noch keinen Fehler begangen hat, hat noch nie etwas getan."
    Sir Robert Baden-Powell, Earl of Gilwell

    Einmal editiert, zuletzt von Hermine ()

  • Hallo Hermine,


    schön, dass deine Fragen beantwortet wurden. Meine eigentlich nicht. Insofern finde ich es sehr sinnvoll weiter zu diskutieren. Gerne in allgemeinerer Form als in deinem Beispiel.


    Bei uns war es so, dass die "Schuld" uns Eltern zugeteilt wurde. Wir sollten die Mängel bei unseren Kindern gefälligst beheben, da deren Lücken dem neuen Lehrer nicht zuzumuten seien. 99% der Eltern fanden das völlig in Ordnung.


    Bei uns haben die verschiedenen Fachkonferenzen die Bewertungskriterien sehr stark festgeschrieben. Dadurch kam es dazu, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Klassen sich erstmals bemerkbar machten. Da kommen dann Fragen auf.


    Ich habe bei einem meiner Kinder folgendes erlebt. Englisch und Französisch. Die Klassenarbeiten haben den gleichen Schnitt und auch eine ähnliche Verteilung. Der eine Lehrer wird von den Kindern heiß geliebt, den anderen können sie nicht leiden. Bei dem einen sind die Zeugnisnoten sehr viel besser, also die Noten für die mündliche Beteiligung.


    Der Unterschied ergibt sich zum großen Teil aus den geschriebenen Vokabeltests. Der eine Lehrer schreibt sehr frühzeitig und vergibt zum Teil über 50% Sechsen. Der andere schreibt erst kurz vor der Arbeit. Die Tests fallen sehr gut aus.


    Der Lernerfolg ist aus meiner Sicht eigentlich der gleiche. Nur die Benotung völlig unterschiedlich. Für uns Eltern natürlich ein massives Ärgernis.


    Grüße Enja

  • Vielleicht sollten wir uns erst mal darauf einigen, von welcher Art Test wir reden:


    Bei Vokabeltests oder Tests, die Grundrechenarten in Mathematik abtesten, lege ich natürlich einen schärferen Maßstab an.


    Aber bei Klassenarbeiten, die ich auch bewusst ausdifferenziert gestalte, ist die 50%=3/4 - Regel angemessen.


    Wenn die Gymnasialkollegen "scharf" werten, ist das ihr Bier. Dass diese Schulart auf Selektion ausgelegt ist, ist bekannt und schließlich wollen auch die vielen Nachhilfe-Institute leben. Ich bin froh, dass es mich nicht an diese Schulart verschlagen hat und ich somit pädagogischer arbeiten darf und mich nicht als Selektionsbeamter beweisen muss.


    Wenn ich einem Schüler an der Hauptschule bestätigen kann, dass er etwas "gut" gemacht hat, ist das auch ein Stück Gewaltprävention.


    Und ich werde nie so werden, wie jener unselige Lehrer, den ich am Gymnasium "genießen" durfte. Zitat dieses "Pädagogen": "Wer eine 1 will, muss so viel wissen wie ich!"


    Der Mann war knapp 50, hatte also einige Jahrzehnte Vorsprung. Moralisch war er jedoch präpubertär retardiert.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Kurze Anmerkung zur linearen Notenskala: Eine lineare Skala ist Voraussetzung für die Mittlung der Noten. Verzichtet man auf eine lineare Skala, so kann man die Noten eigentlich nicht mitteln.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Also erstmal finde ich es gut, dass das allgemeine Thema der Leistungsmessung in einem neuen thread diskutiert wird.


    Ich möchte zu den überaus fundierten Beiträgen - besonders von alias und Herrn Rau - noch ein paar Punkte anmerken:


    1. In B-W haben wir zentrale Abschlussprüfungen. Natürlich steht es nach § 38 Schulgesetz in der pädagogischen Verantwortung der Lehrer, Notenmaßstäbe zu ermitteln und anzuwenden. Gott sei Dank muss sich in B-W auch niemand Arbeiten genehmigen lassen; welche Irrwüchse das hervorruft, haben wir schon oft im Forum lesen müssen. Allerdings empfehlen meines Wissens alle Fachberater und Fachleiter - zumindest in Richtung auf die zentralen Prüfungen hin - sich die verbindlichen Notenverteilungen der Abschlussprüfungen zum Vorbild zu nehmen. Und die haben in B-W zwei Formen:
    a) Die lineare Variante ohne Sockel, die 3,5 liegt - wie alias bereits geschildert hat - bei 50%. Standard z.B. in Haupt- und Berufsschulen.
    b) Die lineare Variante mit Sockel, etwa die 3,75 (= 6 NP) liegt bei 50%. Erst nach dem Überschreiten eines gewissen Punktesockels fängt die lineare Punkteverteilung an. Wer sich das mal für das Fach Gkde anschauen möchte:
    http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za301/osagk/abitur.htm
    (Tabelle findet ihr ganz unten).


    2. Dass man am Gymnasium etwas mehr leisten muss und sich das in einer "schlechteren" Notenskala äußert, finde ich gerechtfertigt. Der Bildungsplan von Berufskollegs und Kursstufe des Gymnasiums im Fach Gemeinschaftskunde ist fast identisch. Die einen bekommen aber "nur" die Fachhochschulreife (und werden von mir nach Schema a) bewertet), die anderen das allgemeine Abitur (und müssen nach Schema b) ) bewertet werden.


    3. Im Übrigen nimmt gemos vordergründig sachlicher Beitrag sofort wieder das Schema "ihr da unten, ich da oben" ein. Denn gemo beurteilt härter (50%=4), lässt aber durchblicken, dass er eben generell erfolgreicher sei:

    Zitat


    Ich habe mir niemals eine Arbeit "genehmigen" lassen - das hätte ich als Armutszeugnis für meinen Unterricht gewertet.
    Nur einmal bin ich mit einer zu schlecht ausgefallenen Arbeit zurückgekommen und habe den Schülern gleich gesagt, dass da was schief gelaufen sei und wir den Stoff noch ein paar Stunden üben müssten - gezielt die bei der Korrektur erkannten Schwachstellen - und die Arbeit dann neu schreiben würden.


    Gemo, wir scheinen in unterschiedlichen Welten zu leben. Nachdem mein 2. Lehrjahr (mit dem ich mich blendend verstehe) eine Arbeit weit unter seinen Möglichkeiten geschrieben hatte, fragte ich, woran das gelegen habe. Meine Schützlinge antworten: Wir haben zu spät/gar nicht/nicht genug die KA vorbereitet. Nach dem angemessenen "Anschiss" fiel die nächste Arbeit wesentlich besser aus.
    Aber du hättest wahrscheinlich eine großes "mea culpa" gesungen, nochmal geübt und die Arbeit erneut schreiben lassen
    OT: Inzwischen ist mir auch klar, warum du so mutig mit Klarnamen hier auftrittst: Wer alles weiß und hier keine Hilfe sucht, hat auch keinen Grund sich aus Schutz der eigenen oder fremden (=Schüler, Eltern, Kollegen) Persönlichkeitsrechte zu anonymisieren.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hallo,


    Timm schrieb:

    Zitat

    2. Dass man am Gymnasium etwas mehr leisten muss und sich das in einer "schlechteren" Notenskala äußert, finde ich gerechtfertigt.


    Diesen Satz kann ich gar nicht akzeptieren.
    Am Gymnasium herrscht schon ein höheres Lehr- und Lernniveau. Die Klasssenarbeiten sind von vornherein inhaltlich schwieriger. Warum sollte da noch zusätzlich eine harte/härtere Notenskala eingesetzt werden ? Dies erscheint mir ei pures hartes Aussieb-Argument.


    Grüße, gemo = Georg Mohr

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln.

  • Genau anschließend an das Zitat bringt Timm doch ein konkretes Beispiel. In diesem Fall finde ich eine schärfere Regelung auch gerechtfertigt.


    Im übrigen ist es leider Fakt, dass unser System ständig aussiebt und selektiert, das sollte von Grund auf geändert werden. Durch unterschiedliche Notenskalen geht das sicher nicht.


    Gruß leppy

  • Ja - wie leppy es anmerkt-, Gemo, du hast meinen Beitrag mal wieder nicht ganz gelesen.
    Außerdem setzt doch deine hier veröffentlichte Notenskala bei 50% die vier an. Du "siebst" nur nach unten grobmaschiger, nach oben feinmaschiger. Das kann aber einem Schüler genau so zum Verhängnis werden, der zum Beispiel für zwei schlechte Leistungen in naturwissenschaftlichen Fächern gute Noten in deinen Fächern zum Ausgleich für die erfolgreiche Versetzung braucht.


    Übrigens - Frage an alle Realschullehrer in Bundesländern mit zentraler Abschlussprüfung:
    Welche Note ist dort bei 50% vorgesehen?


    Zum Schluss finde ich es schade, dass sich Gemo nicht mit meinem Argument/Beispiel auseinandergesetzt hat, dass Schüler auch selbst für schlechte KA-Schnitte verantwortlich sein können.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Hallo Timm,


    es gibt da so einen Spruch:


    "Jeder bekommt seine Note für seine Leistung. Die steht unter der Arbeit. Und der Schnitt, der da steht, das ist die Note des Lehrers."


    Ist zwar grob vereinfacht, aber irgendwas ist schon dran, wie man bei Lehrerwechseln oft sehen kann.


    Grüße Enja

  • Enja: Tut mir leid, wenn ich dir widerspreche, aber ein Lehrer ist ja wohl nur zu einem gewissen Grad am "Misserfolg" einer Klassenarbeit/Klausur verantwortlich. Ich kann doch nicht sagen, dass ein schlechtes Ergebnis nur die Schuld des Lehrers ist, der die Klasse nicht ausreichend auf die Arbeit vorbereitet hat?!
    Wie oft habe ich schon den Fall erlebt, dass wir im Unterricht bis zum Erbrechen geübt haben und dann in der Arbeit einige Schüler so richtig auf die Nase gefallen sind. Zu einer guten Arbeit gehören mehrere Faktoren: Ich als Lehrer muss meinen Job gut machen, aber genauso muss der Schüler auch etwas dafür tun, um eine gute Note zu bekommen. Oder sehe ich das falsch?

  • Hallo Paulchen,


    "der Schüler" schon. Aber alle gemeinsam werden ja vermutlich nicht ständig gerade einen schlechten Tag haben.


    Will sagen, wenn so ein Misserfolg die komplette Klasse betrifft, ruft das immer nach Ursachenforschung. Und das sollte nicht so enden, dass es immer heißt, die Eltern hätten mit den Kindern nicht genug geübt.


    Wenn ich als Elternvertreterin in solchen Fällen nachfrage, bekomme ich schnell die Antwort: "Das ist eine leistungsschwache Klasse, die die Entschuldigung für ihren Misserfolg beim Lehrer sucht." War in dem Fall so, dass es wohl eher der Unterrichtsausfall im vergangenen Halbjahr war, der aufgearbeitet werden musste. Der neue Lehrer hatte sich dafür unzuständig erklärt und einfach dort weitergemacht, wo die Klasse laut Lehrplan hätte sein müssen.


    Nachdem die Klasse kurz darauf bei einer Vergleichsarbeit in einem anderen Fach extrem gut abschnitt, konnten wir dann "mangelndes Potenzial" als Erklärung ausschließen und bekamen einen Plan zum Nachholen des Versäumten.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Und der Schnitt, der da steht, das ist die Note des Lehrers


    Enja: Wenn du dir meinen ersten Post im Thread anschaust, findest du ein gängiges Szenario, welches deiner Hypothese genau entgegen steht.


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

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