ADS = Förderschule? Brauche Rat!

  • Hallo zusammen,


    ich bin hin und her gerissen, ob ich bei einem Kind (2. Klasse, drittes Schulbesuchsjahr) ein AO-SF Verfahren einleiten soll, oder nicht.
    Nachdem ich mich seit einigen Tagen im Internet ein wenig schlau gemacht habe, bin ich der Meinung, das Kind hat ADS. Allerdings nicht das Zappelphilipp-Syndrom, sondern das Träumer-Syndrom.


    Habe u.a. folgendes im Netz gefunden:


    Betroffene Kinder
    • Beachten Einzelheiten nicht genau oder machen Flüchtigkeitsfehler
    • Haben Mühe, sich längerfristig zu konzentrieren
    • Scheinen oft nicht zuzuhören, wenn sie direkt angesprochen werden
    • Führen oft Anweisungen nicht vollständig aus oder beenden
    Aufgaben nicht
    • Haben Mühe, Aufgaben und Tätigkeiten planvoll abzuwickeln
    • Vermeiden oder verweigern oft Aufgaben, die anhaltende
    Konzentration erfordern
    • Verlieren Dinge wie Spielzeug oder Hausaufgabenhefte, die für
    bestimmte Aufgaben notwendig sind
    • Werden leicht durch unwesentliche Reize abgelenkt
    • Sind oft vergesslich bei Alltagstätigkeiten


    Das trifft alles zu.
    Darüber hinaus gibt es noch andere Anzeichen für ADS, die bei diesem Kind ebenfalls zutreffen.
    Bisher waren ich und andere Kollegen davon ausgegangen, dass dieses Kind auf eine Förderschule gehört und wollten ein AO-SF Verfahren einleiten. Ich bin mir aber nicht sicher, sowieso fehlt mir hier die Erfahrung. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob es die 3. Klasse der Regelschule schaffen würde. Seine Leistungen sind in Mathematik noch halbwegs im grünen Bereich bisher, in Deutsch allerdings mies. (evtl. LRS)


    Hat jemand auch ein ADS Kind (Träumer) in seiner Klasse und kann davon berichten?
    Ferndiagnose ist natürlich immer schwierig.
    Aber ich frage mich, wie es weiter gehen soll mit dem Kind. ?( ;(




    edit: Vielleicht gehört der Thread eher in das Unterforum "Förderschule", vielleicht kann ihn jemand dorthin verschieben, danke.

  • Ist das Kind schon einmal zurück gestellt worden? Damit könnte Zeit gewonnen werden, um eine umfangreiche Diagnostik beim SPZ oder einem Facharzt machen zu lassen. Natürlich müssten die Eltern dies in die Wege leiten. Eine Teilleistungsschwäche wie zum Beispiel LRS ist oft eine Begleiterscheinung von ADS.

  • Zitat

    Hat jemand auch ein ADS Kind (Träumer) in seiner Klasse und kann davon berichten?


    Ich habe eine ADS-Schülerin in der 6. Klasse (Gymnasium, vorher "regulärer" Grundschulbesuch). Sie ist ruhig, ja. Aber sie kann (medikamentös eingestellt) dem Unterricht gut folgen (ist aber sehr ruhig / kaum eigene Beteiligung). Zur Zeit läuft ein Versuch, wie sie ohne Medikamente klarkommt. Da sie weiß, wie das ganze "zusammenhängt", bemüht sie sich sehr, trotzdem / gerade deshalb sich regelmäßg am Unterricht zu beteiligen. Klappt eigentlich ganz gut (andere Schüler ohne ADS-Diagnose sind ruhiger...).


    Insofern: Diagnostik machen lassen. "Nur" ADS (auch wenn in Kombination mit LRS -> gleichzeitig auch diese Diagnostik...) ist noch lange kein Grund für die Förderschule... da sind andere Faktoren entscheidender...

  • Hallo,


    ja hört sich sehr nach ADS an, aber die Diagnose muss von einem Arzt /Psychologen gestellt werden. Ich habe mich schon viel mit diesem Thema beschäftigt, bin aber sehr vorsichtig mit der Diagnose, da andere Ursachen erst ausgeschlossen werden müssen!!!


    Man muss zuerst die Eltern für diese Untersuchung gewinnen: wir wollen dem Kind ja schließlich helfen. Andere Ursachen können auch Seh- oder Hörwahrnehmungsstörung oder Asperger Syndrom sein. Bitte unbedingt abklären lassen.


    Bei diesen Träumerkindern hilft es auch sehr, diese im Unterricht z.B. auf einem Sitzball sitzen zu lassen; dann sind sie mehr in Bewegung und die Aufmerksamkeit erhöht sich. - Ich habe solche Kinder immer in meiner Reichweite sitzen, lege immer wieder mal meine Hand auf ihren Kopf, um sie sanft "zurück zu holen".


    Sehr häufig sind Teilleistungsschwächen oder Hochbegabung bei diesen Kindern zu finden.

  • Ich denke unabhängig von der Frage, was das Kind nun genau hat, sollte man sich ja Fragen, ob das Förderschulverfahren notwendig ist. Steht zu erwarten, dass das Kind die Lernziele von Klasse 2 nicht erreicht? Hat das Kind im letzten Schuljahr Fortschritte gemacht oder tritt es auf der Stelle?
    Wenn das Kind in Mathe einigermaßen im grünen Bereich ist und v.a. in Deutsch Probleme hat, könnte man es ja auch diesbezüglich in Lerntherapie geben.

  • Danke erstmal euch allen, für die Rückmeldung! :)




    Zitat


    Ist das Kind schon einmal zurück gestellt worden?


    Ja, das Kind hat die 1. Klasse bereits wiederholt, es kann also nicht noch ein Jahr in der SEP verbleiben. Das wäre sonst erstmal die naheliegendste Lösung gewesen.



    Zitat

    Steht zu erwarten, dass das Kind die Lernziele von Klasse 2 nicht erreicht? Hat das Kind im letzten Schuljahr Fortschritte gemacht oder tritt es auf der Stelle?


    Tja. Also ich würde schon sagen, dass das Kind leichte Fortschritte gemacht hat, zumindest ist es in Mathe sicherer geworden. Deutsch ist allerdings nach wie vor schwierig. Dazu kommen halt die o. g. Punkte, die alle für ADS sprechen.
    Und das ist auch mein Problem: Das Kind MUSS ja in die 3 versetzt werden. Aber was ist, wenn es doch noch mehr einbricht, ich aber im Winter KEIN AO-SF eingeleitet habe? ?( Ich würde mal sagen, in Mathe würde es vielleicht sogar noch eine 3 schaffen. Aber Lesen, Sprachgebrauch, Rechtschreiben etc... das wird schwierig. ;(





    Zitat

    Diagnostik machen lassen. "Nur" ADS (auch wenn in Kombination mit LRS -> gleichzeitig auch diese Diagnostik...) ist noch lange kein Grund für die Förderschule... da sind andere Faktoren entscheidender...


    Ja, das das hab ich mir auch gedacht. Ich habe auch schon einen Termin zum Gespräch mit den Eltern. Aber ich frage mich, ob sich das so "auf die Schnelle" noch machen lässt. Und so gesehen müsste ich ja trotzdem schonmal ein AO-SF einleiten, um auf der sicheren Seite zu sein ?( Weil was ist, wenn ich es dann doch nicht in die 3 versetzen kann?




    Zitat

    Man muss zuerst die Eltern für diese Untersuchung gewinnen: wir wollen dem Kind ja schließlich helfen. Andere Ursachen können auch Seh- oder Hörwahrnehmungsstörung oder Asperger Syndrom sein. Bitte unbedingt abklären lassen.


    Ich denke, die Eltern werde ich dafür gewinnen können.
    Seh- oder Hörwahrnehmungsstörung wäre durchaus auch noch eine Möglichkeit, aber angeblich wurde in dieser Hinsicht das Kind schon untersucht und es wäre "alles normal". Über Asperger habe ich mich auch schon informiert... das wird ja auch öfter mal mit AD(H)verwechselt. Möchte ich auch nicht ausschließen, wobei ich momentan eher zu ADS tendiere, aber das können nur die Fachleute herausfinden.

  • Ich kenne das Dilemma auch, dass man nicht weiß, ob AO-SF oder nicht.


    Zwei Gedanken könnte ich noch beisteuern. Bei Schülern, bei denen eine große Unsicherheit über die möglichen Lernfortschritte da ist, versuchen wir erst einmal, Förderschulkollegen unabhängig von einem Verfahren zur Hospitation zu bitten, um ihre Meinung zu hören. Meistens können diese noch eher sagen, ob es überhaupt Sinn macht, eine Beschulung auf der Förderschule in Betracht zu ziehen.


    Weiterhin wird meines Wissens in NRW zu allererst eine Beschulung im GU in Betracht gezogen. In den letzten Jahren galt immer weniger der Grundsatz, dass das AO-SF eine Umschulung nach sich zieht. Viel wahrscheinlicher wird es sein, dass dieses Kind im Klassenverband gefördert wird. Wenn du Glück hast, bekommst du zwei Förderstunden für dieses Kind. Somit könnte das Kind auch zieldifferent in der Klasse verbleiben und du müsstest dir erstmal keine Sorgen um die Versetzung machen.

  • Hey,


    also aus meiner Sicht als Förderschullehrerin würde ich dir raten das Verfahren einzuleiten.
    Wie bereits erwähnt, heißt das ja nicht, dass das Kind dann automatisch auf die Förderschule wechselt. Wenn das Kind allerdings bereits eine Klasse wiederholt hat und du befürchtest, dass es die Lernziele der 3. Klasse nicht erreicht, sollte auf jeden Fall mal nachgeschaut werden, woran das liegen könnte.
    Für dich liegt der Vorteil eines Verfahrens gegenüber einer Diagnostik beim Kinderpsychologen o.ä. darin, dass du mit dem Gutachten spezielle Förderhinweise erhältst und -im Falle von GU- natürlich Unterstützung im Unterricht. Die Untersuchung bei einem SPZ oder einem Psychologen kann ja durchaus zusätzlich erfolgen. In schulischer Hinsicht ist das sonderpädagogische Überprüfungsverfahren aber vermutlich effektiver.
    Und wenn am Ende wirklich zusätzlich zum ADS eine Lernschwäche diagnostiziert wird, ist der rechtzeitige Wechsel zur Förderschule sicherlich auch nicht verkehrt... Oft werden Schüler aus "falscher Rücksichtnahme" durch die Grundschule mit "durchgezogen" und wechseln dann in der 6./7. Klasse zur Förderschule. Eine Rückschulung vor Beendigung der Schulzeit ist dann im Prinzip nicht mehr möglich! Je früher die entsprechende Förderung einsetzt, desto besser!


    Viele Grüße
    Potilla

    Man muss nicht immer jeden da abholen, wo er steht - manchmal ist es auch wichtig jemaden da zu lassen, wo er sein will!

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  • Vielen Dank Tintenklecks und Potilla noch für eure Tipps!


    Auf die Idee, einen Kollegen von der Förderschule zur Hospitation zu bitten, bin ich noch gar nicht gekommen, dabei ist das doch so naheliegend 8o
    Ob die das wohl kurzfristig machen würden?! Da muss ich mich gleich mal informieren.


    Wir haben an unserer Schule bisher keinen GU, daher denke ich, dass im Falle des Falles doch ein Wechsel auf die Förderschule bevorständ.



    @ Potilla
    Ich habe mich zwar schon länger über das AO-SF Verfahren informiert, aber blicke trotzdem noch nicht ganz durch.
    Einmal muss ich als Klassenlehrer doch selbst erstmal eine Art Gutachten schreiben, so eine Begründung, oder?
    Und das Gutachten das du meinst, ist dann das abschließende Gutachten?
    Danke!

  • Ich finde es übertrieben ein Kind nur wegen ADS und ggf. LRS auf eine Förderschule zu schicken. Zuerst sollten alle anderen Fördermöglichkeiten und / oder Therapiemöglichkeiten ausschöpfen! Als Mutter würde ich auf die Barrikaden gehen, da die Gefahr besteht, dass meinem Kind die ganze Zukunft verbaut wird.
    Sowohl für ADS als auf für LRS gibt es andere Möglichkeiten als ein Kind zur Förderschule "abzuschieben"


    Lg

  • Ich glaube nicht, dass "abschieben" der richtige Ausdruck und das eigentlich Motiv ist. Wenn ein Schüler schon drei Jahre in der Schuleingangsphase war und dann immer noch nicht sicher ist, dass vorgegebene Ziele erreicht werden, hat man als GS- Lehrer ein ernsthaftes Problem. Es bringt nämlich überhaupt nichts, einen Schüler nur von Jahrgang zu Jahrgang mitzuschleifen.


    Selbstverständlich sollten alle Möglichkeiten der Förderung ausgeschöpft werden, dazu gehört aber auch, dass ein zusätzlicher Förderbedarf von Seiten der Schule festgestellt und überprüft wird. Über einen Förderort wird dann erst in zweiter Linie entschieden. Bei den letzten Verfahren, an denen ich teilgenommen habe, ging die Tendenz und auch die abschließende Entscheidung immer zugunsten des "gemeinsamen Unterrichts".

  • @ Flipper
    Die Fördermöglichkeiten wurden bei besagtem Kind schon völlig ausgeschöpft, mehr geht momentan an unserer Schule nicht.
    Es ist so, wie Tintenklecks es schreibt.


    Klar, für die Eltern ist das schwer zu akzeptieren, das wird wahrscheinlich so sein. Aber von "Zukunft verbauen" kann ja auch nicht sofort die Rede sein.
    Ich hoffe, ich kann das den Eltern klar machen, falls es so weit kommen sollte.

  • Hey,


    ich kann dir zum AO-SF Verfahren (was bei uns übrigens VÜFF) heißt, nur sagen, wie das in Hessen läuft...
    Du musst als Lehrer den Meldebogen ausfüllen; sprich die Daten der bisherigen schulischen Laufbahn, evtl. eine stichpunktartige Aufzählung der bisherigen Fördermaßnahmen und eine kurze Beschreibung des derzeitigen Lernstandes abgeben. Du könntest auch noch Zeugnisse und falls vorhanden Förderpläne anhängen. Insgesamt ist das eigentlich nicht so sehr viel Arbeit...
    Der Förderschullehrer erstellt dann ein (ca 10 seitiges) diagnostisches Gutachten mit seinen Testergebnissen und Förderempfehlungen.


    Und habe bitte keine Bedenken wegen einer "Abschiebung" auf die Förderschule! Wie gesagt, ein Schulwechsel ist nicht immer unbedingt erforderlich, aber manchmal halt eben doch die bessere Wahl.
    Das hat absolut nichts mit Abschiebung zu tun!!!


    In deinem Fall wäre das Gutachten jetzt vorrangig erstmal wichtig, um dem Kind entsprechende Hilfen zukommen zu lassen und um zu schauen, welche Bedingungen es für erfolgreiches Lernen benötigt. Mit einem AO-SF-Verfahren schiebst du ein Kind nicht ab, sondern ebnest vielmehr den Weg für eine ihm zustehende Förderung!


    Viele Grüße
    Potilla

    Man muss nicht immer jeden da abholen, wo er steht - manchmal ist es auch wichtig jemaden da zu lassen, wo er sein will!

  • bei einem aosf musste ich nachweisen, welche diagnosemittel ich genutzt habe bzw welche fömaßnahmen nicht gegriffen haben, ich musste nachweisen, dass der lernrückstand nicht durch eine wiederholung aufzuholen ist.


    dann ist die frage, in welche richtung du das aosf stellen würdest, wenn das kind auch 3 steht, müsstest du es in richtung körperbehinderung stellen - damit bin ich schon mal durchgekommen...


    die eltern können aber auch selber tätig werden - dazu würde ich raten, aber nur bei spezialisierten ärzten. wenn es sich nur auf den bereich deutsch bezieht, was macht dich sicher, dass es sich nicht um eine legasthenie handelt. Viele der von dir aufgezählten symptome passen auch dabei.


    flip

  • @ Potilla: Vielen Dank für deine Infos!
    Ich glaub in NRW ist das Klassenlehrer-"Gutachten" etwas ausführlicher, aber daran solls ja nicht scheitern. ;)
    Ich denke auch, dass die Förderschule für manche Kinder einfach die geeignetere ist.




    @ elefantenflip


    Zitat

    ich musste nachweisen, dass der lernrückstand nicht durch eine wiederholung aufzuholen ist.


    Wie will man so etwas nachweisen? ?(
    Das Kind hat ja schon wiederholt, es kann nicht noch ein Jahr länger in der SEP bleiben.
    Ich könnte es natürlich in die 3 versetzen, wenn irgendwie möglich, und dann würde es die 3. Klasse dann wahrscheinlich nochmal wiederholen...



    Zitat

    dann ist die frage, in welche richtung du das aosf stellen würdest, wenn das kind auch 3 steht, müsstest du es in richtung körperbehinderung stellen - damit bin ich schon mal durchgekommen...


    Damit müsste ich mich in nächster Zeit nochmal genauer beschäftigen.
    Ist dies wirklich so, wenn ein Kind in einem Hauptfach eine 3 hat? 8o



    Zitat

    was macht dich sicher, dass es sich nicht um eine legasthenie handelt. Viele der von dir aufgezählten symptome passen auch dabei.


    Sicher macht mich so gesehen gar nichts ;)
    Die Symptome beziehen sich ja nicht nur auf den Deutsch-Bereich, sondern sie sind immer und überall feststellbar.

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