Lehrer lässt sich "entamten"

  • Eben bei SPON las ich folgenden Artikel, der sicher auch für interessant ist. Eigentlich mag ich diese Link-Posts ja nicht, aber hier...also echtt!


    Lehrer lehnt Verbeamtung ab und arbeiter freiwillig als Angestellter


    Ok, was bezweckt das jetzt alles? Nur plumpe Werbung fürs (wahnsinnig wichtige) Buch? Ich bin selbst nicht zu 100 % überzeugt vom Beamtenstatus, aber ich bin ja auch noch grün hinter den Ohren. ;) Kann es stimmen, wenn dort steht, man hätte ihn nicht gefragt, ob er Beamter (auf Probe) werden möchte?


    Generell denke ich, es ist einfach unsinnig, so jemanden zu interviewen und das so darzustellen, wie es SPON (wieder einmal mehr) hier tut. Der Mann hat keine volle Stelle, aber eine Frau, die richtig schön viel Geld nach Hause bringt. Er hat es einfach nicht NÖTIG, den Beamtenstatus zu haben. Ok, sein Bier. Die meisten anderen Kollegen werden aber nun nicht das Glück haben, Partner/innen in leitenden Positionen zu haben, die so viel Geld mit nach Hause bringen. Das ist für mich die einzige Motivation, die in diesem "Interview" vorgebracht wird. Wie oft schon hier im Forum diskutiert, ist es auch als Beamter möglich, seinen Unmut zu äußern - nur eben vielleicht anders. Und der angestellte Lehrer geht doch auch nicht radikal auf die Barrikaden - es ist also nichts, was man "vermissen" müsste.


    Ok, ihr merkt, ich bin ein bisschen durch den Wind. Der Typ regt mich ein kleines bisschen auf! Stx mit 3,5 und lehnt eine Beamtenstelle ab, die extra für ihn geschaffen wurde. Das ist nicht nur blöd, das ist total UNDANKBAR. Und dann stellt er seinen eigenen Weg auch noch als unüblich dar und sagt ernsthaft, die Kollegen würden ihn dafür belächeln, dass er sich von Vertretungsstelle zu Vertretungsstelle gehangelt hätte. Nein, konkret steht dort, er würde wahrgenommen als jemand mit einem "etwas anderen Lebenslauf" Sitzt der echt so hoch (ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das Bergische seinen Namen zurecht trägt), dass er bzw. die Kollegen die Realität so ausblenden kann?



    :autsch:

  • Ich wüsste nicht, wieso mich Lebenswegentscheidungen anderer Menschen aufregen sollten. Insbesondere dann, wenn ich mit diesen Menschen keine Berührung habe.
    Da ist jemand, der seine Überzeugung konsequent lebt und niemanden damit schadet - oder übersehe ich etwas?
    Dieser Mensch muss doch damit in erster Linie alleine glücklich werden, da ist es doch gänzlich unerheblich, ob wir in seinem Fall anders entschieden hätten oder seine Beweggründe und Entscheidung nicht nachvollziehen können.
    Das Wort "undankbar" hätte ich in diesem Zusammenhang nicht gewählt, aber ehrlicherweise muss ich gestehen, dass mich diese Geschichte auch gar nicht weiter interessiert und schon gar nicht aufregt.


    Im Grunde gibt es Millionen Menschen, die täglich andere Entscheidungen treffen, als ich das tun würde, die andere Leben leben und andere Haltungen und Meinungen vertreten.


    Und ehrlich gesagt, das ist auch gut so.


    :)


    Herzliche Grüße
    strubbelsuse

  • Mich regt auch weniger die Tatsache auf, dass er es ablehnt, als vielmehr die Art und Weise, wie er sich darstellt - oder wie er dargestellt wird. So..gönnerhaft irgendwie.
    Und noch viel befremdlicher finde ich eben, dass heruntergespielt wird, wie schlimm es ist, sich mit Vertretungsverträgen über Wasser halten zu müssen. Auf eine unschöne Art und Weise klingt das ganze Interview für mich so "von oben herab".


    Meine erste Frage war aber wirklich ernst gemeint: Kann man nicht von vornherein sagen "Nein, ich will nicht?". Die Aussage, ihn hätte ja niemand gefragt, finde ich wirklich sehr irritierend.

  • Jedem Tierchen sein Pläsierchen.


    Dass er das nun im Spiegel präsentiert, kann man ja nur als Werbe-Gag für sein Buch verstehen. Vermutlich erhofft er sich, dass da unterm Strich mehr rüber kommt.
    Aber da dürfte er sich von den Einnahmen als Autor zu viel versprechen.


    Bei einer Vorleseaktion an unserer Schule hat ein kinderbuchautor mal aus dem Nähkästchen geplaudert:
    Buchpreis 18 € - Autorenhonorar davon : 78 ct.


    Da muss er VIELE Bücher verhaufen, bis sich das rechnet.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich habe mir das Interwiev jetzt durchgelesen und kann so gar nichts Gönnerhaftes daran feststellen. Dass er sein Buch gern verkaufen möchte, ist doch klar. Solange ich es nicht gelesen habe, kann ich mir darüber kein Urteil erlauben. Prinzipiell finde ich aber alles gut, was zu einem realistischeren Bild und möglichst auch zu mehr Wertschätzung unseres Berufes in der Öffentlichkeit führt.


    Bei einer 55%-Stelle ist die Differenz zwischen Angestellten- und Beamtennetto auch nicht so gravierend, weil sich die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge nach dem Einkommen richten (ist halt ein Solidarsystem), während die PKV nach Alter, Vorerkrankungen usw. geht. Und so ganz jung ist der Autor ja auch nicht mehr.


    Recht hat er auch damit, dass die gravierenden Unterschiede schnell Geschichte wären, wenn die Angestellten die Mehrheit bilden würden. In Berlin wird ja schon ein nicht unerheblicher Zuschuss zum Angestelltenbrutto gezahlt, obwohl es leider nicht fester Bestandteil des Vertrages ist.


    Die gravierenden Unterschiede in der Altersversorgung führen doch jetzt schon zu üblen Neiddebatten, denen gegenüber sich die Politik sicher auf Dauer nicht verschließen können wird. Das Forum in SPON ist da nur ein kleiner Vorgeschmack. Hier möchte ich eine derartige Debatte keinesfalls führen!


    Eure (ebenfalls freiwillige) Angestellte mit normalverdienendem (entspricht ca. 1 vollem Beamten-Lehrernettogehalt) Gatten

  • Ich finde auch nicht, dass er gönnerhaft oder "von oben herab" spricht.
    Und eigentlich hat er schon recht, das Beamtensystem ist veraltet und für angestellte Lehrer einfach total ungerecht. Schließlich machen wir die gleiche Arbeit und Beamte bekommen nicht nur erheblich mehr Geld, sondern genießen noch viele weitere Vorzüge.

  • Aber die Konsequenz kann doch dann nicht sein, das Beamtentum abzuschaffen, in dem Sinne, dass alle auf Basis der Angestellten bezahlt und behandelt werden, sondern eher andersrum: Alle auf dem Niveau der Beamten.

  • Ich finde seine Antworten auch nicht von oben herab. Und es ist ja auch ungerecht, dass Angestellte für dieselbe Arbeit weniger Geld bekommen.


    Also im Klartext: Sein Kollege bekommt weniger Geld, weil er dick ist.Ich bekomme weniger Geld, weil ich zu alt bin.


    Und überall gibt es Lehrer, die sich auf ihrem Beamtenstatus ausruhen und über die wir uns ärgern, weil die Schüler unter ihnen leiden und wir nichts tun können.


    Und dass er offen von seinen Problemen mit Klassen spricht, finde ich super. Leute, die heucheln, "alles im Griff" zu haben, gibt es schon viel zu viele.

  • Und überall gibt es Lehrer, die sich auf ihrem Beamtenstatus ausruhen und über die wir uns ärgern, weil die Schüler unter ihnen leiden und wir nichts tun können.


    Weil ja natürlich Lehrer im festen Angestelltenverhältnis ständig unter dem Damoklesschwert der fristlosen Kündigung zittern, wenn sie sich nicht jeden Tag zu "110%" anstrengen, wie wir alle aus täglicher Erfahrung wissen. :rolleyes:


    Mal ernsthaft. Bloß weil derartiger Unfug in den Gossenzeitungen und den Kommentarspalten regelmäßig verzapft wird, muss man das als Insider doch nicht gedankenlos nachplappern.


    Nele

    • Offizieller Beitrag

    Dieser Lehrer wurde auch schon in einem Artikel bei heute.de erwähnt. Dort hat er noch heftiger über die charakterlichen Defizite der verbeamteten Lehrer gelästert.
    Die Tatsache, dass der Mann tut, was er tut, kann mich auch nicht aufregen. Was mich aufregt, ist der Umstand, dass er im Grunde ein Nestbeschmutzer ist und Wasser auf die Mühlen der ewigen Neider und Beamtenhasser gießt.
    Wer die ersten Seiten des Diskussionsthreads bei SPON gelesen hat, der weiß, wovon ich spreche.


    Nun ja, immerhin wechseln wir Beamten uns in der Rolle der Deppen und der faulen Charakterschweine je nach Konjunkturlage regelmäßig ab.
    Geht es der Wirtschaft gut, sind wir die Deppen und man schaut auf uns herab.
    Geht es der Wirtschaft schlecht, sind wir die Maden im Speck und die Schmarotzer.


    Ohne Feindbild und Hassobjekt geht es in diesem Lande offenbar nicht mehr.


    Gruß
    Bolzbold

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Und das Problem scheint wohl besonders die Kombination "Lehrer und Beamter gleichzeitig" zu sein... ;) Schlimmer geht wohl nicht. 8)

  • Da fällt mir immer der Ausspruch meines stellvertretenden Schulleiters ein, dessen schlimmster Alptraum bei seiner Beerdigung irgendwann einmal eine Aussegnungshalle voller Lehrer wäre.

  • Zitat

    Dieser Lehrer wurde auch schon in einem Artikel bei heute.de erwähnt. Dort hat er noch heftiger über die charakterlichen Defizite der verbeamteten Lehrer gelästert.
    Die Tatsache, dass der Mann tut, was er tut, kann mich auch nicht aufregen. Was mich aufregt, ist der Umstand, dass er im Grunde ein Nestbeschmutzer ist und Wasser auf die Mühlen der ewigen Neider und Beamtenhasser gießt.
    Wer die ersten Seiten des Diskussionsthreads bei SPON gelesen hat, der weiß, wovon ich spreche.



    Wäre das Wörtchen Nestbeschmutzer nicht, könnte ich dir zustimmen. ein so starkes WIR-Gefühl hege ich nun nicht mit meinem Berufsstand, als dass ich mich im Kollektiv verantwortlich fühle, negative Fremdmeinungen umgehend auf meine Kollegen und mich zu richten. Mancherlei Erfahrungen von diesem Autoren habe ich auch gemacht - ich kann diese jedoch nicht vom Einzellfall auf die Gesamtheit umdeuten.

  • Ich habe den SPON-Artikel auch gelesen, muss aber sagen ich habe eher den Eindruck der werte Herr möchte PR, damit er sein Buch los wird... ist ja heut gang und Gebe leider. Bringe dich ins Gespräch mit kontroversen Meinungen und schon steigt die Auflage.


    Was er vom Beamtenstatus hält ist seine Sache, aber wie schon gesagt wurde, seine Frau begleitet eine hohe Position in einem Pharmakonzern, er hat es nicht nötig. Die normal Durchschnittsfamilie profitiert meines Erachtens davon, wenn einer beamtet wird. Zumindest sehe ich das so bei uns.


    Letztlich ist es mir aber egal was der Mensch da von sich gibt, er kann ja auch sein Gehalt spenden, das braucht er ja schließlich auch nicht. ;)

  • Warum fühlen sich eigentlich alle so angegriffen, wenn einer öffentlich kundgibt, nicht Beamter sein zu wollen. Er gibt doch auch ganz offen zu, dass ihr sich das nur ob des guten Gehalts seiner Frau leisten kann. Und er verurteilt auch niemanden, der verbeamtet ist.
    Und er will PR machen für sein Buch machen, na und?
    Ich verstehe die Aufregung über diesen Artikel nicht so ganz...

  • ich störe mich nicht daran, dass er so gehandelt hat, wie er es eben tat - Ich störe mich vielmehr daran, dass er den normalen Lehrer als Spießer hinstellen will, nur weil man auf Sicherheit setzt. Und dann auch noch ein Haus bauen, pfuh! 4 Bundesländer und 8 Schulen hat er durch, der Freigeist. Ich bin mir sicher, dass der überwiegende Teil der Lehrerschaft mit knapp 40 genug davon hätte und die Sicherheit dankend annehmen würde. Und hätte er eben nicht die gut verdienende Frau, die ihn mit seiner nicht-Vollzeitstelle und die zwei Kinder durchfüttern könnte, würde er eben nicht mehr so reden. Und dann ist da noch dieser Punkt, auf den hier bisher immer noch keiner eingegangen ist: Hat man ihn denn vorher wirklich nicht gefragt? Hätte er nicht von vornherein klar und deutlich nein sagen können? Das eigentliche Problem an dieser PR empfinde ich wie Bolzbold - sie füttert die Stimmungsmache gegen Beamte.


    Er spricht von guten Gründen, die Beamtung abzulehnen. Ich finde sie ihn seinen Ausführungen nicht.
    1. Meinungsfreiheit
    2. Streikrecht


    Vielleicht sehe ich das Problem Nr 1. auch nicht so stark, weil ich mit meinen Grundschülern altersbedingt nicht hochpolitische Diskussionen führe? Bei Nr. 2 kann ich nicht mitreden, denke aber, dass es auch andere Wege gibt, seinen Unmut zu äußern.

  • Ich habe den Artikel noch mal gelesen, und ich finde keine Stelle, in der verbeamtete Lehrer als Spießer bezeichnet. Ich denke, er will - wenn überhaupt - das "System" an den Pranger stellen und nicht einzelne Beamten. Und im Grunde tut er nicht mal das wirklich.


    Aus Referendarssicht finde ich Beamtentum auch problematisch. Zum Beispiel kenne ich viele, die gerne eine Psychothereapie machen wollen, es sich aber nicht trauen, aus Angst nicht verbeamtet zu werden. Und ich persönlich finde auch, dass Steikrecht ein Grundrecht des Arbeitnehmers sein sollte.


    Naja, aber der Herr Ulbricht sagt ja eigentlich nur, dass er persönlich das Beamtentum ungerecht findet und daher nicht Bemater sein möchte - mit dem Wissen, dass andere sich das nicht leisten können. Damit überhebt er sich doch nicht über andere....?

  • Den Spießeraspekt habe ich auch von heute.de


    Zitat

    Oder der Kollege, ebenfalls in Berlin, der dort überhaupt nicht glücklich war. Als Begründung, warum er nicht den Standort wechseln würde, sagte er: "Ich habe doch gebaut." Das war für mich ein derartiges Beamtenklischee – erst den Treueeid auf den Staat leisten und dann gleich an die sicheren Kredite denken.


    Dass das System dringend überholt werden muss - ich denke, darüber besteht unter uns immer wieder eifrig diskutierenden Usern Einigkeit. Ich finde nur nicht, dass die Art und Weise, wie der Herr das angeht, produktiv und förderlich ist. bzw. er tut ja eigentlich nichts, er macht ja nur PR für ein Buch, das er verkaufen möchte. In dem es auch ein bisschen um das Thema geht. Im Gegenteil, ich denke, dass es einen falschen Eindruck erweckt, wenn jemand, der es sich leisten kann, gegen das System "rebelliert". Es hat einen scheinheiligen und falschen Beigeschmack.

    Einmal editiert, zuletzt von immergut ()

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