Referendariat vollkommen Fachfremd

  • ... im Ref alles ab Klasse 7 unterrichtet. Fachlich fand ich das nicht so schwer.

    Es geht doch nicht darum, ob es "schwer" ist. Dass ich verstehe, was meine Schüler können müssen, will ich hoffen :thumbup:


    Es geht darum, dass es eben trotzdem nicht ideal ist, fachfremd zu unterrichten, nicht umsonst studiert man Fächer. Vor allem in auseinandergezerrten Fachstunden, statt in Projekten zu flickschustern.
    Dass es aufwendig ist. Vor allem Fächer, wie Geschichte und Gemeinschaftskunde, zu denen es kein adäquates Material für die großen L-Schüler gibt. Und dass man sich immer neues Material zusammensuchen muss, bis man Kl. 1-9 in 10 Fächern durch hat. Und dass man einfach auf manches keine Lust bzw. selbst keinen Plan von hat (Bsp.: darf ich in Hauswirtschaft nur kochen? oder MUSS ich nähen, wenn's im Lehrplan steht? Darf ich in Arbeitslehre nur laubsägefriemeln? oder MUSS ich Metall bearbeiten?). Und warum ich eigentlich überall Noten geben darf und ob die anfechtbar sind? All das muss doch irgendwo geregelt sein.

  • In Sachsen hat fast jeder Ethik. Reli wird an Förderschulen gar nicht unterrichtet. Außerdem ist der TE wohl inzwischen schon fertig.

    Gibt es nicht die Pflicht zur Erteilung von Religionsunterricht? Artikel 7 des Grundgesetzes und so...


    Ansonsten würde ich deinem letzten Beitrag absolut zustimmen und kann die Problematik volkommen nachvollziehen. Auf der anderen Seite weiß man aber auch, dass an Grund- und Förderschulen das Klassenlehrerprinzip gilt, weswegen fachfremder Einsatz wenig überraschend sein dürfte. Da könnte ich eher nachvollziehen, wenn sich jemand in der Berufsschule darüber brüskiert, weil es da um die Qualifizierung zur Ausübung eines Berufes geht, weswegen es wichtig ist, dass der jeweilige Lehrer auch tatsächlich Experte auf seinem Fachgebiet ist.

  • @Krabappel
    Ich wurde in Mathe in NRW geprüft und habe auch die ganzen Didaktiksachen für meine Jahrgangsstufen nicht an der Uni gehabt. So what ... das ist zu einem großen Teil auch Aufgabe des Seminars. Mein zweites (großes) Fach PoWi hatte ich im Ref gar nicht unterrichtet, stattdessen Geschichte und ein bisschen Arbeitslehre. Hier in Hessen haben viele Referendare mit den üblichen seltenen Fachrichtungen schlechte Karten, weil es kaum Fachleiter aus diesem Bereich gibt. Auch nicht ideal.
    Man kann nicht ein - bundesweit gesehen - Nischenfach studieren und dann erwarten, dass alles ein Selbstläufer ist. Im Bereich Förderschule hat man in der Regel in mindestens einen sauren Apfel zu beißen. Wie du schon schreibst, ist das später auch nicht anders.


    Gibt es nicht die Pflicht zur Erteilung von Religionsunterricht? Artikel 7 des Grundgesetzes und so...
    Ansonsten würde ich deinem letzten Beitrag absolut zustimmen und kann die Problematik volkommen nachvollziehen. Auf der anderen Seite weiß man aber auch, dass an Grund- und Förderschulen das Klassenlehrerprinzip gilt, weswegen fachfremder Einsatz wenig überraschend sein dürfte. Da könnte ich eher nachvollziehen, wenn sich jemand in der Berufsschule darüber brüskiert, weil es da um die Qualifizierung zur Ausübung eines Berufes geht, weswegen es wichtig ist, dass der jeweilige Lehrer auch tatsächlich Experte auf seinem Fachgebiet ist.

    Wenn man nicht in der Kirche ist, muss man auch kein Religion machen. Finden sich genug SuS, gibt es Ethik oder etwas anderes wie muslimischen Religionsunterricht. Sind nicht genug da und die Eltern wollen nicht, dass ihr Kind im Religionsunterricht sitzt, wird es in irgendeiner anderen Klasse geparkt.

  • Aber angenommen, mein Kind geht in die sächsische Förderschule und ich möchte, dass es den Religionsunterricht besucht. Dann kann ich diese Entscheidung doch aufgrund besagten Artikels zur Not rechtlich durchsetzen, oder? In meinem Bundesland kann man Religion auch als Unterrichtsfach für die Förderschule studieren, weswegen sich zumindest hier die Problematik nicht stellen dürfte.

  • Aber angenommen, mein Kind geht in die sächsische Förderschule und ich möchte, dass es den Religionsunterricht besucht. Dann kann ich diese Entscheidung doch aufgrund besagten Artikels zur Not rechtlich durchsetzen, oder?

    wieso denn? es gibt doch Ethik. Es kann niemand das Kind zwingen, an Reli teilzunehmen, Anspruch hat man aber nicht auf griechisch orthodox, jüdisch oder katholisch.


    Aber das ist schon wieder OT.

  • Auf welcher rechtlichen Grundlage dürfen FörderschullehrerInnen eigentlich so gut wie alles unterrichten? Gibt es fachfremdes Unterrichten auch an Oberschulen/Gymnasien?

    An Gymnasien wohl eher nicht. An der HS, RS, OBS und GS ist das völlig normal.
    Aktuell unterrichte ich Mathe, Physik, Chemie, Kunst (bei maximaler Ahnungslosigkeit) und an der GS (Abordnung) Sachunterricht und Deutsch.
    Ich habe außerdem schon unterrichtet: Sport, Geschichte/Erdkunde/Politik/, Englisch (GS)

  • Es geht doch nicht darum, ob es "schwer" ist. Dass ich verstehe, was meine Schüler können müssen, will ich hoffen :thumbup:
    Es geht darum, dass es eben trotzdem nicht ideal ist, fachfremd zu unterrichten, nicht umsonst studiert man Fächer. Vor allem in auseinandergezerrten Fachstunden, statt in Projekten zu flickschustern.
    Dass es aufwendig ist. Vor allem Fächer, wie Geschichte und Gemeinschaftskunde, zu denen es kein adäquates Material für die großen L-Schüler gibt. Und dass man sich immer neues Material zusammensuchen muss, bis man Kl. 1-9 in 10 Fächern durch hat. Und dass man einfach auf manches keine Lust bzw. selbst keinen Plan von hat (Bsp.: darf ich in Hauswirtschaft nur kochen? oder MUSS ich nähen, wenn's im Lehrplan steht? Darf ich in Arbeitslehre nur laubsägefriemeln? oder MUSS ich Metall bearbeiten?). Und warum ich eigentlich überall Noten geben darf und ob die anfechtbar sind? All das muss doch irgendwo geregelt sein.

    Generell werden wir halt als Sonderpädagoge in allen Fächern, außer Schwimmen und Reli, eingesetzt, was ich auch okay finde. Bei Fächern wie Textilem Gestalten und Werken bspw. würde ich aber den Schulleiter an deiner Stelle schon darauf hinweisen, dass du hiervon nur beschränkt Ahnung hast und insbesondere die nötigen praktischen Fähigkeiten evtl. auch nicht mitbringst. Für Werken, und tlw. auch Textiles Gestalten,macht man sog. Maschinenscheine, mit denen man nachweist, das man sich mit der Bedienung auskennt. Ohne Einweisung oder entsprechende Fortbildung würde ich daher im Werkraum auch nur Laubsägen benutzen. Anderenfalls könnte es bei einem Unfall ziemliche Schwierigkeiten geben. Und wenn du dich mit dem Nähmaschinenähen nicht auskennst, fällt dies halt in deinem Unterricht weg. Entweder Fortbildung, bezahlt durch die Schule, oder eben eingeschränkter Unterricht .....

  • Danke für eure Antworten. Wenn irgendjemand was Belastbares (=Schriftliches) findet, gerne her damit :)

  • Aber angenommen, mein Kind geht in die sächsische Förderschule und ich möchte, dass es den Religionsunterricht besucht. Dann kann ich diese Entscheidung doch aufgrund besagten Artikels zur Not rechtlich durchsetzen, oder? In meinem Bundesland kann man Religion auch als Unterrichtsfach für die Förderschule studieren, weswegen sich zumindest hier die Problematik nicht stellen dürfte.Ich

    Ich kann jetzt nichts rechtlich Belastbares liefern, wie z.B. Urteile, o.ä. Aber an unsere Schule (IGS in RLP) wird in Klasse 5 und 6 nach Konfession unterrichtet oder eben Ethik. Von Klasse 7 bis 10 gibt es aber keinen Religionsunterricht mehr, sondern nur noch Ethikunterricht. Das ist hier im Bundesland nicht üblich, aber uns fehlen die Religionslehrer, um "flächendeckend" Religionsunterricht anbieten zu können.
    Die Arbeitspläne für den Ethikunterricht ab Klasse 7 wurden aber von Religions- und Ethiklehrern erarbeitet und von Vertretern der Kirchen abgenkickt.
    Bisher kamen keine Beschwerden.

  • (Und de facto natürlich auch viel länger...)

    Wie meinst du auf den Teil?
    Ich habe das in meiner letzten Klasse schon mal gehabt. Der Junge ist Moslem und durfte nicht am Reli-Unterricht teilnehmen. Er wollte aber gerne bei seiner Klasse sein anstatt irgendwo in einer anderen Klasse zu sitzen. Als er 14 Jahre alt wurde, ging er wieder in den normalen (wir haben nur überkonfessionellen) Religionsunterricht, weil er das ausdrücklich wollte. Da gab es einen Vermerk von mir in die Akte und das war's.

  • Doch. Die Eltern vor Erreichen der Religionsmündigkeit mit 14 Jahren. (Und de facto natürlich auch viel länger...)

    Ja, Lehramtsstudent meinte aber, Eltern hätten verbrieftes Recht auf Religion, statt Ethik. Das wäre mir neu.

  • Ja, Lehramtsstudent meinte aber, Eltern hätten verbrieftes Recht auf Religion, statt Ethik. Das wäre mir neu.

    Das gibt es auch nicht, denn es müssen sich immer genug Schüler einer bestimmten Religionszugehörigkeit an einer Schule tummeln, damit ein (evtl. jahrgangsübergreifender) Kurs eingerichtet werden kann. Dafür muss man dann auch einen entsprechenden Lehrer irgendwoher bekommen, was die nächste Schwierigkeit darstellt. Ethikunterricht ist da die praktibalste Zwischenlösung, da man für diesen Unterricht keine Lehrerlaubnis braucht (so weit ich weiß) und man mit den Reli-Lehrkräften auch direkt jemanden hat, der so etwas auch gut unterrichten kann.

  • Ethikunterricht ist da die praktibalste Zwischenlösung, da man für diesen Unterricht keine Lehrerlaubnis braucht (so weit ich weiß)

    :( klar, dafür gibt es eine Fakultas wie für jedes andere Fach auch. Sie muss nicht von den Kirchen abgesegnet werden wie die Missio oder Vocatio, aber eigentlich sollte das auch nicht jeder Hinz und Kunz unterrichten.
    Info am Rande (da sie sich auch noch auf ein anders Bundesland bezieht): Auf einer Fortbildung wurde mal berichtet, dass praktische Philosophie (so die Bezeichnung in NRW) das einzige Fach neben Religion sei, das per Gesetz nicht fachfremd unterrichtet werden darf - die Praxis sieht leider oft anders aus.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

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