Vom Gymnasium zur Grundschule wechseln !?

  • Hallihallo,


    seit langer Zeit bin ich mal wieder hier im Forum, weil mich eine Frage quält, die mir hier hoffentlich Leute aufgrund persönlicher Erfahrungen beantworten können.
    Ich bin mit dem Referendariat fertig und arbeite derzeit an einem Gymnasium in Berlin (befristete Stelle). Grundsätzlich macht mir die Arbeit Spaß, aber der Druck/Stress (habe 2 Korrekurfächer) ist doch schon ziemlich hoch. Ich habe mir schon oft überlegt, an der Grundschule zu arbeiten, da ich mit jüngeren Kindern sehr gut kann und es mir vom Arbeitspensum her einfacher vorstelle.
    Nun ist es in Berlin so, dass sehr dringend Grundschullehrer gesucht werden und ich die Möglichkeit hätte, dahin zu wechseln. Die Bezahlung wäre die gleiche wie am Gymnasium, also entsprechend meiner Qualifikation, was die Sache für mich noch attraktiver macht.
    Mein Problem ist nun, dass ich nicht einschätzen kann, wie schwierig es ist als Gymnasiallehrer an einer Grundschule zu arbeiten. Die Didaktik und Methodik ist ja sicherlich total unterschiedlich. Grundsätzlich kann ich mir vorstellen, auch andere als "meine" Fächer zu unterrichten. Ich weiß eben nur nicht, wie schwierig es ist, sich da einzuarbeiten usw.
    Ich bin gerade echt ratlos und würde mich total freuen, wenn jemand, der auch den Sprung gewagt hat, seine Erfahrungen teilen würde.
    Vielen Dank schonmal! :)


    LG
    Soulsound

  • ich bin mir sehr sicher, dass die arbeitsbelastung an einer gs mindestens so hoch ist wie mit zwei korrekturfächern am gym. die seelische belastung durch die heterogene und teilweise extrem benachteiligte schülerschaft (gerade an stadtschulen...) kommt oft noch hinzu. und dann wäre ich als gs-kollegin auch nicht so wahnsinnig begeistert, wenn da eine gym kollegin aufschlägt, die von nichts einen plan hat (ja, es ist eine ganz andere welt als gym), und trotzdem viel mehr verdient als ich...

  • Zitat

    und es mir vom Arbeitspensum her einfacher vorstelle


    ..die Realität sieht dann doch etwas anders aus....gerade die Belastung während einer Stunde ist an einer GS wohl um einiges höher als im Gym...Sätze wie "Jetzt schreibt das mal in Ruhe ab bzw. lest euch das mal leise durch..." gibt´s da so gar nicht :rotwerd:



    mg


    shopi

  • Ich arbeite an einer Mittelschule mit Grundschule nebenan und werde da auch ab und zu für Vertretungen an der Grundschule eingesetzt - ganz ehrlich, wenn ich eine 1. oder 2. Klasse hatte, bin ich danach jedesmal fix und alle! Man ist wirklich die ganze Zeit gefordert, bekommt ständig alle möglichen Probleme und Problemchen erzählt, hat vielleicht noch Inklusionskinder, die besondere Aufmerksamkeit brauchen, man muss schlichten, Tränen trocknen, loben, alle im Blick haben, und das alles möglichst gleichzeitig. Auch das extrem strukturierte Unterrichten ist als Schulartfremder erstmal schwierig, finde ich. Zudem muss man jede Hausaufgabe und jeden Hefteintrag bei jedem Schüler nachkontrollieren, was viel Zeit frisst.
    Ich habe auch zwei Korrekturfächer und weiß, wieviel Arbeit das manchmal ist, aber das Arbeitspensum an der Grundschule ist meiner Meinung nach mindestens (!) genauso hoch. Zudem hat man im Unterricht kaum Ruhepausen, viel Druck durch die Eltern und oft eine extrem heterogene Schülerschaft. Ich würde nicht tauschen wollen! Es ist sicher eine Typfrage, aber überlege es dir gut und hospitiere evtl. vorher.

  • Hallo,
    ich bin auch nach dem Ref fürs Gymnasium an einer Grundschule gelandet, weil ich sonst keine Stelle bekommen hätte. (Leider bekomme ich nur das Grundschulgehalt, nix mit Bezahlung nach Qualifikation...) Dennoch habe ich es nicht bereut. Die Schwierigkeiten, die die Kollegen hier angeführt haben, bestehen in der Tat. Man ist nach dem Unterricht fix und fertig, der Lärmpegel hoch und man ist die gesamte Zeit mit 120% dabei. ABER: Die Motivation der Kinder ist viel höher, wenn man es versteht, sie zu nehmen. Man bekommt nirgends so viele Liebesbriefe, wie in der 1./2. Klasse. :D Die Korrekturen sind wirklich nicht zu vergleichen mit dem Gymi, gerade bei De/ GE, das ist an der GS einfacher.
    Allerdings hatte ich durch meine eigenen Kinder und GTA schon Erfahrung mit der Grundschule. Vielleic

  • Klar kann man sich viel Arbeit machen in der GS. Man kann es aber auch lassen. Ich arbeite mit guten Lehrgängen und sinnigen Kopiervorlagen. Der Korrekturaufwand ist in Klasse 1 + 2 minimal. Ich denke, meine Schüler lernen bei mir gut, auch ohne viel "Bohei" für Vorbereitungen. Auch wenn mich einige Kolleginnen jetzt steinigen wollen: Man kann seine Nachmittage und Wochenenden durchaus alternativ gestalten! Ich habe eine Freundin mit 2 Korrekturfächern am Gymnasium und sie arbeitet viiiiel, wirklich viel viel mehr als ich. Da ist das Mehr an Gehalt auch wirklich gerechtfertigt, wie ich finde. Selbst in Klasse 4 sind die Aufsätze einer Klasse innerhalb von 2 Nachmittagen durchkorrigiert. Stressige Eltern hat man überall. Manchmal gibt`s aber auch die selten und die Kinder,..ja klar ist eine erste Klasse anstrengend. Aber die pubertieren wenigstens nicht und freuen sich einen Wolf, wenn IHRE Lehrerin in die Klasse kommt! Sie sind sehr begeisterungsfähig. Außerdem kann man kann viele Fächer unterrichten.


    Wenn du gut mit kleineren Kindern kannst und dein Gehalt vom Gym behalten kannst, dann würde ich dir zum Wechsel raten!
    Grundschullehrer sein ist toll!


    >Meine Meinung!

  • Ich bin während der Prüfungszeit des 1. Staatsexamens von Gym auf GS gewechselt. Ich fand nicht-sprechende, unmotivierte 11.- und 12-Klässler extrem motivationsraubend und wollte daher zu "den Kleinen". Es ist anstrengend, das haben die Vorschreiber schon gesagt und ich finde es unfair, dass andere mehr verdienen. Trotzdem würde ich immer wieder an die GS gehen.
    Wir haben derzeit 2 Studienräte. Beide haben deutliche Probleme und die Schulleitung versucht nun, eine Schulung in Didaktik und Methodik für beide zu bekommen. Das ist aber nur die Hälfte des Problems. Die andere Hälfte ist, dass extreme Ideen davon da sind, was Kinder können in dem Alter. Du musst quasi alles vorgeben und entscheiden. Bleistift oder Füller ("Geht der Tintenroller?" "Meine Patrone ist alle." "Meine Federtasche ist zu Hause." "Ich muss die Finger waschen.".....), Lineal in die Hand nehmen, Lineal unter das Wort legen, Bleistift in die Hand, Lineal festhalten, unterstreichen = einen Strich unter das Wort malen und "unter" musst du vorher noch erklären.


    Aber wenn du dich entschließt: Komm doch zu uns, wir suchen händeringend Leute für Schule in moderner Lage mit Anschluss an grüne Umgebung, hervorragende Verkehrsverbindungen und mit abwechslungsreicher Schülerschaft. :telefon:

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Die Arbeit ist schon verdammt unterschiedlich.


    Sicherlich ist der Korrekturaufwand in Klasse 1&2 gering. Aber dafür musst du Textzeugnisse schreiben, AOSF Anträge stellen, Förderpläne, Gesprächsprotokolle und Aktennotizen schreiben. Das muss man z.T. am Gym auch, aber in der GS ist das schon nochmal mehr.


    Und weil du keinerlei Erfahrung im Primarbereich hast, wird die Vorbereitung nochmal anders sein.


    Also nur wegen des Korrekturaufwands würde ich es nicht unbedingt machen. Stellt sich die Frage, wie sehr du die Arbeit mit Kindern magst. Vielleicht kann ein Praktikum mehr Klarheit verschaffen.

  • vielleicht wäre es eine Möglichkeit, die Arbeiten am Gym schon bei der Planung etwas korrekturfreundliocher zu gestalten?
    ich weiß, dass das in den Sprachen nicht immer zu 100% geht, aber mit einem soliden Erwartungshorizont und mit Absprachen im Kollegenkreis geht auch da Einiges, besonders in der Sek I.

  • Hallo und vielen Dank erstmal für all eure Erfahrungsberichte zur Grundschularbeit.
    Eure Anmerkungen haben mir sehr geholfen, auch wenn sie in manchen Aspekten sehr unterschiedlich ausfallen. Ich denke, mir hilft wirklich nur ein Praktikum. Ich muss mal schauen, wie das organisatorisch zu schaffen ist.
    Der Grund für mich, an die Arbeit an einer Grundschule zu denken, sind übrigens nicht nur die Korrekturen, sondern die bereits genannte unmotivierte Haltung vieler Schüler, die ich gerade in Spanisch und generell ab der 10.Klasse sehe, und die vielen Vorgaben für alles Mögliche (Noten, MSA, Abitur etc.) und der damit verbundene Druck, den ich mir an der Grundschule bei bestem Willen nicht so hoch vorstellen kann. Am Gymnasium kommt die Mentalität der Leistungsgesellschaft doch schon sehr häufig zum Vorschein.
    Ich komme wirklich sehr gut mit kleinen Kindern aus, bin selbst auch sehr begeisterungsfähig, auch für Sachen, die andere Erwachsene "kalt lassen" :) Aber das mit dem kleinschrittigen Arbeiten/Erklären kann ich total schwer einschätzen. Ich denke, ich könnte das, aber ein Praktikum würde hier sicher mehr Einsichten erlauben.
    Conni: Schick mir doch mal bitte eine PN mit dem Namen deiner Schule. Vielleicht kann ich da ein Praktikum machen und wer weiß ... :D


    Ich wünsche allen ein besinnliches Weihnachtsfest. Ich setze mich dann mal wieder an die Korrektur meiner 120 Klassenarbeiten :/
    Soulsound

  • Zitat

    der damit verbundene Druck, den ich mir an der Grundschule bei bestem Willen nicht so hoch vorstellen kann. Am Gymnasium kommt die Mentalität der Leistungsgesellschaft doch schon sehr häufig zum Vorschein.


    fast alle Eltern wollen, dass ihr Kind aufs Gymnasium wird gehen können. Deshalb machen sie Druck, oft schon wie oben geschrieben, ab der ersten Klasse.
    Hinzu kommt die weit verbreitete Meinung "Schule kann jeder, denn jeder war ja mal Schüler". Und das ist besonders bei Eltern von Grundschülern weit verbreitet. Der Leistungsdruck, den die Eltern machen, beginnt früh, jeder will -auch fachlich- mitreden, jeder gibt Tipps und weiß es besser. Naja, fast jeder ;). Dazu kommt oft eine eklatante Fehleinschätzung der Leistungsfähigkeit des eigenen Sprösslings. Und überhaupt: früher haben wir doch auch......


    Diese Art von Druck hast du am Gymnasium definitiv nicht. Auch da mag es schwierige und verblendete Eltern geben, aber in den Sprachen meinen sie meist, fachlich nicht mitreden zu können. Und wenn ein pubertierender Teenager einfach keinen Bock hat und nicht lernen will, stöhnen dessen Eltern meist genauso wie du selbst über ihn.

  • In Berlin würde ich an keiner Schulart unterrichten wollen ! 8_o_)

    Manchmal glaube ich, Du wärst im Bereich Schullaufbahnberatung recht gut aufgehoben. :)



    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ich bin von der BBS an das Gymnasium zur Zeit abgeordnet und unterrichte momentan 16 Stunden pro Woche in den 5. Klassen. Ich kann mich gar nicht über die Schüler beschweren bzw. freue ich mich über den wesentlichen geringeren Korrekturaufwand, aber die Kinder sind einfach lauter! Donnerstags bin ich 6 Stunden in den 5. Klassen und bin einfach gerädert hinterher. Wesentlich mehr, als in "großen" Klassen. Kleine Kinder sind einfach so: wollen mir ständig was erzählen (Kevin hat an meiner Kapuze gezogen) und auch die schüleraktiven Phasen sind einfach laut (dabei arbeiten die Kinder einfach schön fleissig an ihren Arbeitsaufträgen). Am schlimmsten fand ich die vergangene Woche, als wir viele englische Weihnachtslieder gesungen haben. Kein schlechtes Wort über die Kinder: aber meine Ohren haben hinterher ganz schön gedröhnt! Ich bin mir sicher, dass ich nicht verkraften würde, an einer Grundschule dann jede Woche 25 bis 27 Stunden durchzustehen. Daran sollte man auch mal denken.

  • aber die Kinder sind einfach lauter!

    Ich war gestern bei der Weihnachtsfeier der 3. Klassen an der GS meiner Tochter... keinen ganzen Vormittag würde ich das aushalten! Gut, es war mehr als eine Klasse, es war ein Haufen Eltern mit dabei, und das Ganze hat weitgehend auf den Fluren des recht alten und halligen Schulhauses stattgefunden, aber trotzdem. Puh! Größten Respekt vor jedem, der diesen Trubel wegstecken kann.



    Viele Grüße
    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Sooooooo,
    aus gegebenem Anlass muss ich meinen Beitrag nochmal zu Leben erwecken :)
    Ich bringe euch mal erstmal auf den neuesten Stand.
    Ich habe zwischenzeitlich ein Kind bekommen. Mein Sohn ist nun 6 Monate alt und nach den Herbstferien kehre ich zur Schule zurück - mit voller Stelle.
    Nun, mein Gymnasium kann mich nicht wieder einstellen, da momentan mehrere Kolleginnen aus der Elternzeit zurückkehren und ich als diejenige, die am kürzesten da war, wohl den Kürzeren gezogen habe.
    Da ich ja vorher schon mit dem Gedanken gespielt habe, an die Grundschule zu wechseln, und die Situation in Berlin so aussieht, dass die Gymnasien so gut wie keine Stellen zu vergeben haben, dafür aber die Grundschulen händeringend nach Lehrern suchen (und dabei ist es vollkommen egal, ob Gym oder Grundschullehrer), ist das Thema Schulformwechsel für mich nun präsenter als je zuvor.
    Ich spreche in dieser Woche noch bei mehreren Grundschulen mit gutem Ruf vor und gehe davon aus, dass mich beide mit Kusshand nehmen, da sie schon am Telefon sofort Feuer und Flamme waren.
    Die Zeit bis Oktober/November möchte ich nun möglichst effektiv nutzen, und mich so gut es geht auf die neue Aufgabe vorbereiten. Ich habe vor, ein Praktikum an der Schule zu machen, um einen ersten Eindruck zu bekommen (meine Mutter wird dann wohl Urlaub nehmen und auf den kleinen aufpassen), aber das reicht natürlich nicht aus. Ich möchte mich einlesen, was Unterrichtsaufbau, Didaktik und Co. betrifft, bin mir aber unsicher, welche Bücher oder vielleicht auch Online-Seiten dafür am besten geeignet sind. Könnt ihr mir Tipps geben? Ich kenne auch Grundschullehramtsstudenten, aber die sagen, sie würden für die Uni keine Bücher kaufen (müssen)...da komme ich also nicht weiter.
    So, bevor mir hoffentlich von dem einen oder anderen geholfen wird, möchte ich darum bitten, jegliche Kommentare a lá "Gymnasiallehrer an Grundschule: unmöglich!" zu unterlassen. Ich kenne die Problematik und muss da nun trotzdem durch, freue mich eigentlich auch riesig, auf die neue Aufgabe :)
    Danke schon mal!


    LG
    Soulsound

  • Für den Bereich Sachunterricht kann ich einige Bücher von Dr. Astrid Kaiser empfehlen. Sie geben einen guten Einblick in die Didaktik als auch konkrete Unterrichtsanregungen für einen handlungsorientierten Sachunterricht. Hilfreich ist auch das Buch von ihr "1000 Rituale für die Grundschule".

  • Vielen Dank schon mal für die Tipps. Das Buch mit den Ritualen klingt gut. Wenn ich weiß, welche Fächer ich unterrichten werde und welche Klasse, dann können mir sicher noch mehr spezifische Tipps gegeben werden

  • Du musst im Zweifel alle Fächer unterrichten. Deutsch- und Mathedidaktik, v.a. Anfangsunterricht, ist auch unerlässlich, weil du in den unteren Klassen zumindest vertreten können musst.


    Und wieso kennen Grundschullehramtsstudenten keine Bücher? Ist ja gruselig. Hol dir halt die klassischen Grundlagensachen, Astrid Kaiser wurde schon genannt, Friedhelm Padberg, Marianne Franke. Dann ist natürlich viel von-Kollegen-Abgucken wichtig und Materialsammeln (das geht dann erst, wenn du Klassen hast.)

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