Verzweifelt Im Referendariat

  • Hallo allerseits,


    ich weiß nicht so recht, wo ich anfangen soll.
    Ich stecke gerade im Referendariat, bin ziemlich überfordert. Meine Lehrproben (bisher 3 in jedem Fach) waren alle mangelhaft, das Gutachten durch den Schulleiter wird ebenso ausfallen (wie man mir schon mitteilte). Ich habe starke Prüfungsangst, trete manchmal geistig weg während Unterrichtsbesuchen. Eigentlich sollte ich im Februar das 2. Staatsexamen machen, doch im Moment sieht es so aus, als ob ich nicht zugelassen werde.
    Meine Fächerkombination (Latein/Spanisch) lässt kaum Alternativen zu. Ich bin ziemlich am Ende...all die Jahre engagiertes Studium scheinen wie Sand zu verrinnen. Ich bin bereits in Behandlung, doch in der Kürze werde ich keine Fortschritte machen können.


    Alle Seiten raten mir zum aufhören, doch ich kann nicht ausschließen, dass ich in einigen Jahren meine Probleme in den Griff bekommen haben werde und eine gute Lehrerin sein könnte. Doch diese Option scheint es nicht mehr zu geben. Würde ich abbrechen, hätte ich nie wieder die Chance einen zweiten Versuch zu starten. Nicht in 5, in 10, in 20 Jahren.
    Finanziell sieht es düster aus, keine Ersparnisse, keine Unterstützung durch die Familie.
    Und ich will all diese Jahre nicht wegwerfen wegen dieses Durchhängers.


    Ich muss gestehen, dass das Unterrichten für mich als eher introvertierte Person Überwindung kostet, aber andererseits ist es doch Übungssache. Mir fehlt einfach noch die Erfahrung.
    Mittlerweile bin ich psychisch stark angegriffen und mit einfachsten Dingen überfordert.


    Die Vorbereitung der Lehrproben kostet mich Kraft und Überwindung, aus Angst wieder alles falsch zu machen und eine weitere 5 zu kassieren.
    Eine Verlängerung würde ich psychisch kaum durchstehen..und was sollte sich verbessern.
    Im Ausbildungsunterricht sehe ich ausschließlich das Alltagsgeschäft der Lehrer, welches ich mir jedoch nicht zum Vorbild meiner Lehrproben nehmen kann, da zu unspektakulär.


    Manchmal denke ich Spanisch unterrichten zu wollen war ein Riesenfehler..mittlerweile würde ich lieber zu Kunst umschwenken...aber ein Fachwechsel scheint nun nicht mehr möglich.
    Viele SuS wollen Spanisch nur als Zweitsprache mit wenig Aufwand machen , um so dem naturwissenschaftlichen Abitur zu entgehen.
    Mein Fachleiter kreidet mir angebliche Schwächen im Spanischen an obwohl ich den Abschluss mit 2,0 gemacht habe.


    Kein neues Problem, ich weiß.
    Ich hoffe jemand hat eine Empfehlung oder einen Rat.

  • Welche Rückmeldungen hast du denn konkret über deinen Unterricht erhalten außer den Schwächen im Spanischen? Das grundsätzliche "Ich kann das nicht" bringt dich ja in deiner Situation nicht weiter.
    Hast du versucht, bekannte Tipps zur Prüfungsangst umzusetzen?
    Zu den sprachlichen Schwächen: Wie viel zählte denn das Sprachpraktische bei deinem ersten Examen? Wie oft/lange warst du im Ausland? Ich erlebe schon oft bei Refis oder Praktikanten, dass sie sprachlich nicht so gut sind, wie sie glauben. Sprachkompetenzen sind ja nicht statisch, die müssen gepflegt und gezielt weiter ausgebaut werden. Niemand ist perfekt, und schon gar nicht frisch aus der Uni.
    Das heißt, es ist durchaus möglich, dass an der Rückmeldung des Fachleiters etwas dran ist. Da würde ich mir zuerst überlegen, was ich konkret verbessern könnte und wie (ein paar Wochen in Spanien? ein spanischer Konversationspartner? wenigstens Unterrichtssprache/Aussprache zuhause üben?

  • Vermutlich ist es genau der Rat, den Du nicht hören willst: Du bist noch so jung, du hast noch alle Möglichkeiten etwas anderes zu machen als zu Unterichten. Geh in dich, überlege was besser zu dir passt oder lass dich beraten (z.B. Arbeitsagentur). Vielleicht geht auf der Spanisch-Schiene etwas


    Du sprichst von einem "Durchhänger". Doch ist es wirklich ein Durchhänger, wenn dich -nun, fast am Ende des Refs- das Unterrichten immer noch Überwindung kostet? Das darf eigentlich nicht sein.
    Und da deine Prüfungen wohl auch nicht so toll ausfallen, merken das wohl auch Andere. Du musst davon ausgehen, dass sich deine Probleme im Lehreralltag nicht einfach auflösen, sie werden eher noch mehr.


    Schau nach vorne, sei optimistisch, Möglichkeiten gibt es einige.
    Viel Glück

    »...Aus Mettwurst machste kein Marzipan! «
    Bernd Stromberg

  • Jeder Rat ist willkommen, Modal Nodes. Danke für deine Antwort.


    Im Moment sehe ich es einfach so, dass alles andere nur eine Notlösung/Notjob ist, mit dem höchstens temporär ein Zweitstudium finanzieren kann. Ich bin an der Sache dran, werde demnächst Gespräche mit der Arbeitsagentur haben. Ich hoffe, es wird sich was aufzeigen, dass tatsächlich als vollwertiger Ersatz in Frage käme. Vielleicht seine meine Ansprüche zu hoch, vielleicht habe ich mich zu sehr am Lehramt festgebissen.
    Ich ärgere mich nicht Studi der neueren Generation zu sein, die im Praxissemester sich schon etwas mehr ausprobieren konnten als ich in diversen Praktika. Aber hadern mit der Vergangenheit bringt nichts.
    Zum Unterrichten: Ich gehe jeden Tag mit unwohlen Gefühl in die Kurse und rede mir ein, dass sei normal, schließlich ist es Arbeit, kein Vergnügen. In Latein spüre ich öfter, dass der Funke übergeht und ich die SuS begeistern kann, in Spanisch weniger. Daher die Überlegung mit dem Fachwechsel.


    Ich mache mir Vorwürfe, weil ich mich schlecht motivieren kann, den Unterricht vorzubereiten und vor allem langfristig zu planen. Mit den Sprachen habe ich es noch vergleichsweise leicht, eigentlich wiederholt sich das Meiste immer wieder.


    Jung-nun ja- ich bin 29...mit Nebenjob, Graecum, Auslandsaufenthalt hat sich da einiges in die Länge gezogen, leider. Ich gebe zu, zu lange an der Masterarbeit gesessen zu haben, vielleicht in Vorausahnung, dass das was da kommen würde, garnicht so meins ist.


    blabla92: Man sagt mir ich hätte keine Lehrerpersönlichkeit und dass ich mich vor der Klasse nicht wohlzufühlen scheine (verstärkt wird dies durch die Prüfungsangst). Ich war ein jahr im Ausland, habe einen großen spanischsprachigen Freundeskreis, rede viel Spanisch in meiner Freizeit. Ich mache Fehler definitiv. Das Problem bei mir ist wohl, dass ich erst spät im Ausland war und erst spät fließend Spanisch sprechen gelernt habe, vorher war ich im Studium durch Latein sehr ausgelastet.
    Bei der Prüfungsangst habe ich einiges ausprobiert: Autogenes Training, Yoga, Baldrian..aber wenn die Angst da ist , ist sie da. Ich versteife mich und fliehe innerlich. Aber es ist nur eine von mehreren Baustellen. Die Angst kommt anscheinend noch oben drauf.

  • Bist du dir sicher, dass du, wenn du jetzt abbrechen würdest, nie wieder einsteigen könntest? Woher hast du diese Information?


    Und: Kannst du dir vorstellen, den Beruf wirklich über Jahrzehnte auszufüllen? Gibt es etwas an dem Beruf, das dir Spaß macht? Ich weiß, dass das vermutlich schwer ist, das von der momentanen Situation zu trennen. Aber was würde es dir nützen, theoretisch irgendwie durchs Ref zu kommen, wenn du feststellst, dass es nichts für dich ist und du dein Leben lang mit "unwohlem Gefühl" zur Arbeit gehst? Denn das sollte und muss nicht sein.


    Falls du nicht schon in Beratung bist, suche dir welche, die dir hilft, deine Einstellung dem Beruf gegenüber von der Prüfungsangst un den schlechten Leistungen zu trennen und festzustellen, ob es sich zu kämpfen lohnt. Und wo ggf. deine Stärken liegen, was du sonst noch machen wollen würdest. Und wie du dann die Pläne angehen kannst.
    (Es gibt auch Beratungsstellen z.B. bei der Diakonie, die solche Beratungen anbieten und teilweise auf Spendenbasis von dir bezahlt werden können, hör dich da mal um)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Ehrlich gesagt, hätte ich gerne den Abschluss des zweiten Staatsexamens um nicht als Abbrecher dazustehen. Und weil ich glaube, dass ich momentan psychisch nicht auf der Höhe bin und es unter anderen Umständen packen könnte. Ich habe noch nie etwas abgebrochen, meistens war ich immer gut- sehr gut in allem.


    Mir gefällt der Gedanke nicht, in der momentanen Konstitution mir alles zu verbauen. So als ob einem Sprinter nach einer Verletzung gesagt würde: "Ok, du hast versagt, nun darfst du nie wieder laufen." Aber Verletzungen können heilen und man könnte zurückkommen.


    Ich kann momentan einfach nicht beurteilen, wie es aussähe, wenn ich als gereiftere Person nochmal antreten würde. Möglicherweise gewinnt man ja an Souveränität im Laufe der Zeit.


    Wenn ich keine weitreichende Krankschreibung (o.ä.) vorlege, kann ich nicht unterbrechen sondern nur abbrechen. Laut Kernseminarleiterin.
    Ich will einfach die Hintertür aufhalten, weil ich nicht weiß, ob man als Abbrecher überhaupt neu Fuß fassen kann. Man liest so einiges in den Foren. Von Überqualifizierung etc. Von Abbrechern, die einfach nichts neues finden. Ich wäre definitiv bereit mich weiterzubilden bzw. was neues anzufangen.Nur ob man mich lässt bzw. ob ich gegen die Heerscharen jüngerer Absolventen eine Chance habe.

  • Ok, das klingt schon sehr grundsätzlich.
    Du sagst, in Latein springe der Funke eher über - welche Rückmeldungen bekommst du da? Ich erlebe übrigens, dass es leichter ist, eine persönliche Beziehung zu den Schülern herzustellen in einem Fach, das auf Deutsch unterrichtet wird, als in Englisch. Das heißt, in Latein kannst du deine Persönlichkeit in der Sprache etc. eher aufblitzen lassen als in Spanisch. Aber man muss trainieren, auch im Fremdsprachenunterricht Interesse an den Schülern und Zugewandtheit erkennen zu lassen.
    Ich sehe zwei Möglichkeiten: Erstens folge Modal Nodes guten Ratschlag zur Suche nach Alternativen, nach Mut zum Ausstieg.
    Oder, falls deine Erfahrungen in Latein dir zeigen, dass du wirklich LehrerIn sein möchtest: Fange an, sofort an konkreten kleinen Dingen zu arbeiten. Du brauchst jemand, der deinen Unterricht anschaut und dir ganz kleine greifbare Beobachtungen meldet zu deinem Verhalten. Du brauchst wegen deiner Panik einen Plan in Trippelschritten, an den du dich auch in panischen Momenten halten kannst: Heute laufe ich während der Stillarbeit durch den Raum. Heute lächle ich mindestens einmal/spreche einen S persönlich an und lobe/....


    Bereite Unterricht vor, wo du als Lehrer nur an wenigen Schaltstellen im Mittelpunkt stehst - viel Partner-, Gruppenarbeit etc. Das muss aber akribisch! geplant sein, damit gute Ergebnisse herauskommen, inklusive vieler deiner Äußerungen an Nahtstellen, wenn die sprachlich kritisiert werden. In Spanisch geht das ja auch recht kleinschrittig mit vielen kommunikativen, schüleraktivierenden Methoden: kurze Dialoge, zur Not mit sprachlichen Hilfen (Fächer oder Karten mit Redemitteln), Tandembögen beim Üben von Strukturen, Folien mit Arbeitsanweisungen etc. - viel Material, an das du dich auch "klammern" kannst, wenn du panisch wirst. Wenn z.B. die Folie mit den Arbeitsanweisungen für eine Gruppenarbeit auf deinem Tisch liegt, ist das etwas, was du evtl. auch im Blackout noch schaffst, in die Hand zu nehmen und aufzulegen. Dann hast du den Faden wieder und kannst dich entspannen.


    Nachtrag:
    Du klingst nicht wie jemand, der in einer Parallelwelt lebt und glaubt, an ihm/ihr sei "alles in Ordnung, nur die Betreuer, Fachleiter etc. sind gegen mich und wollen meine Begabung nicht sehen/hassen mich..." (gibt es öfter, als man denkt). Das ist gut :-)
    Die zweite Möglichkeit oben gilt dann, wenn du wirklich ehrlich vor dir selbst sagen kannst, dass du LehrerIn werden willst und es bisher einfach nicht geschafft hast, das zu zeigen, was du kannst/lernen kannst, um gut zu sein. Wenn dir doch ein kleines Stimmchen dir sagt, dass deine Kritiker grundsätzliche Recht haben könnten, ziehe lieber jetzt die Reißleine. Wenn du den Abschluss nicht schaffst, hast du nämlich auch nichts davon.


    Nachtrag 2: Wenn du wirklich Lehrer/in sein möchtest: Ja, man kann an Souveränität gewinnen - wenn man merkt, dass man zwar nicht perfekt ist und Feuerwerke abziehen kann wie Mitreferendare, die Schüler aber trotzdem etwas
    lernen und Vertrauen fassen. Dann hat man wieder Mut, weiter an sich zu arbeiten.

  • Was Abbrechen angeht, gibt es hier folgende Info: http://www.bezreg-detmold.nrw.…nst_beantragen_/index.php



    Ohne dich zu kennen, kann man natürlich schwer sagen, ob das Problem einfach jetzt in dieser Situation vorliegt und es einfach gerade alles zu viel ist, oder ob du generell nicht geeignet als Lehrer bist. Es könnte so oder so sein.
    Wenn du der Ansicht bist, du willst auf Kunst wechseln und dich im Studium weiterqualifizieren, würdest du vermutlich keinen Hinderungsgrund für neues Ref haben, aber da solltest du in der Bezirksregierung nachfragen!!!
    Ob das eine gute Idee ist? Keine Ahnung. Aber ich vermute, wenn du etwas Abstand zum Ganzen hättest, könntest du dir besser klar darüber werden, was du willst und kannst.
    Solltest du noch mal Kunst dazu studieren, solltest du aber unbedingt zur Studienberatung deiner Uni gehen, die haben was drauf, was Prüfungsangst angeht.
    Hab das ja selbst. Und UBs sind immer noch die Hölle für mich. Allerdings war es irgendwo interessant, das Gutachten durch den SL zu lesen (jetzt, nach Ref). Das las sich so positiv, ich bin da überhaupt nicht mit klargekommen. ;)


    Egal, was du jetzt tun wirst, ich hoffe, es ist eine Entscheidung, die dir gut tun wird.

  • Hast du nimeanden mit dem du persönlich darüber reden kannst? Ein guter oder gar befreundeter Kollege/Kollegin und oder andere Referendare, die sich evtl. in einer ähnlichen Situation befinden? Gerade wenn jemand die "Problemklassen" kennt, kann das durchaus sinnvoll sein. Die meisten Lehrer(innen) waren vermutlich am Anfang (sehr) unsicher und nervös, die Frage ist eben, ob sich das bei dir wieder legt. Wie lange unterrichtest du denn schon eigenständig?

  • Ich sehe meine Schwächen definitiv und würde sie nicht leugnen. Ich finde es einfach nur zu hart, dass man deswegen dauerhaft ausgeschlossen wird, wenn man temporär aussteigen möchte.
    Meine SuS lernen bei mir, das kann man nicht leugnen. Gerade in Latein sehe ich, wo die Schwierigkeiten liegen. Allerdings kommt es mir vor, als ob ich eher ein besserer Nachhilfelehrer wäre denn "richtiger" Lehrer.


    Das mit den schüleraktivierenden Methoden habe ich versucht..das Problem ist, dass ich selber im Kopf abdrifte, wenn die SuS mehr machen. Klingt komisch, ich weiß. Ich kämpfe dagegen an, aber gerade in Prüfungssituationen ist es schwer.


    Das Stimmchen ist schon ziemlich laut mittlerweile..bzw. die Bedenken waren schon zu beginn des Masterstudiums da, als mein anonymer Eignungstest nur so vor rot/gelb leuchtete. Ich hatte halt ehrlich geantwortet und war ziemlich erschrocken, wollte dem nicht zu viel Bedeutung beimessen. Schließlich bin ich keine Maschine, sondern ein Mensch. Generell bin ich jedoch sehr selbstkritisch. Sehe, dass andere viel belastbarer und zäher als ich sind. Vor allem disziplinierter. Die Disziplin hat sich irgendwann im Studium verabschiedet, als ich merkte, dass ich 24h durcharbeiten kann, aber immer wieder was neues kommt. Ich hatte kein Studentenleben im Bachelor, Sozialkontakte durch Pendeln auch kaum welche.


    Ich merke schon, dass ich Fortschritte mache durch den bdU. Aber es sind kleine Sachen, die am nächsten Tag häufig wieder nichtig sind.
    Ich muss gestehen, mich überfordert der ganze Schulapparat schon irgendwie..nur ist es in anderen Berufen besser? Vielleicht ist man in der Schule sogar noch "verwöhnt".
    Generell bin ich auch kein Leader, sondern lieber Beobachter, der bestimmte Dinge dokumentiert und anmerkt.


    Mmh..die Reißleine..die macht mir wirklich Angst. Auch wenn man Unterbewusstsein nach ihr schreit. Aber vielleicht bin ich einfach nur durch Stress/Überforderung total "verstrahlt"...mir fällt es schwer diesem Gefühl zu trauen.


    Realschullehrerin: Seit den Sommerferien erst so richtig...davor hatte ich immer jemand mit "drinsitzen". Teilweise wurde ich auch ziemlich fertig gemacht, obwohl ich es einfach nicht besser wusste.
    ich rede mit einigen der anderen Refis darüber...aber niemand ist so am "abnippeln" wie ich..die haben mal eine lehrprobe daneben..beschweren sich, wenn ein UB mal keine Eins oder Zwei ist :( Probleme, von denen ich träumen kann. Mittlerweile bemerke ich wie mich immer mehr zurückziehe, da ich mit mir selbst soviel zu tun habe und es kaum noch wage, um Hilfe zu bitten, da ich anderen auch keine Hilfe bin.
    Ich sehe immer wie andere refis unglaubliches mit schwierigen Klassen schaffen (Inklusion, die mich nicht mal betrifft)..Problemherde hat jeder irgendwo, das ist normal im Ref. Doch bei mir brennt alles irgendwie. :(

  • Zum Unterrichten: Ich gehe jeden Tag mit unwohlen Gefühl in die Kurse und rede mir ein, dass sei normal, schließlich ist es Arbeit, kein Vergnügen. In Latein spüre ich öfter, dass der Funke übergeht und ich die SuS begeistern kann, in Spanisch weniger. Daher die Überlegung mit dem Fachwechsel.


    Ich mache mir Vorwürfe, weil ich mich schlecht motivieren kann, den Unterricht vorzubereiten und vor allem langfristig zu planen. Mit den Sprachen habe ich es noch vergleichsweise leicht, eigentlich wiederholt sich das Meiste immer wieder.

    Ich bin sehr, sehr froh, dass bei uns jetzt Herbstferien sind und ich freue mich nicht wirklich auf die Zeit danach, da dann eine Klausur nach der nächsten kommt. Korrekturen schiebe ich aufgrund mangelnder Motivation bis ultimo auf, so dass ich dann Nachtschichten schieben muss, was meine emotionale Einstellung zu Korrekturen nicht verbessert. Mit anderen Worten: Ich wache auch nicht morgens auf und freue mich auf einen Arbeitstag. Und da denke ich mir, "dass sei normal, schließlich ist es Arbeit".


    Trotzdem gehe ich nicht mit unwohlem Gefühl in meine Kurse; Unterrichtsvorbereitung macht mir nichts, oft habe ich sogar Spaß dran. Der Unterricht selbst ist (jetzt auf die Motivation bezogen) überhaupt kein Problem, eher noch das frühe Aufstehen.


    Ich will damit sagen: Natürlich ist es völlig normal, dass nicht alles super läuft und dass man auch mal unmotiviert ist bzw. bestimmte Aspekte seiner Arbeit nicht so gern mag. Es ist meiner Meinung nach auch normal, dass man es schöner findet, nicht arbeiten zu müssen.
    Aber wenn ich mich beim Kerngeschäft unwohl fühlen würde und mich wirklich jeden Tag hinschleppen würde, dann würde ich den Job wechseln, denn das wäre es mir nicht wert. Am Ende ist es dein Leben, das du dann zu einem großen Teil in diesem unwohlen Gefühl verbringen musst. Und dann würde ich auch jetzt noch eine Alternative suchen, obwohl ich gut 10 Jahre älter bin als du.


    Red dir also nicht ein, dass du in einem Job bleiben musst, nur weil du das studiert hast. Damit tust du dir keinen Gefallen. Und manche Dinge werden auch mit den Jahren nicht besser, wenn sie sich in den ersten zwei Jahren nicht zumindest im Ansatz verbessert haben.

  • ...aktivierenden Methoden habe ich versucht..das Problem ist, dass ich selber im Kopf abdrifte, wenn die SuS mehr machen. Klingt komisch, ich weiß. Ich kämpfe dagegen an, aber gerade in Prüfungssituationen ist es schwer.

    Kenne ich, hatte ich auch - auch Absencen, während S sprechen :rotwerd: - Zwingen, herumzulaufen, wenn die S arbeiten, genau hinschauen, was sie tun etc., damit du nicht abdriftest. Das hier
    "Generell bin ich auch kein Leader, sondern lieber Beobachter, der bestimmte Dinge dokumentiert und anmerkt." kannst du dann doch ausspielen!




    Ich merke schon, dass ich Fortschritte mache durch den bdU. Aber es sind kleine Sachen, die am nächsten Tag häufig wieder nichtig sind.

    Das ist aber beim Üben und Lernen so - von deinen Schülern wirst du erwarten, dass sie trotzdem weitermachen, und das Gleiche gilt für dich. Üben, üben, üben. Hinfallen, wieder aufstehen, wieder versuchen.


    Bin ansonsten aber ganz bei WillG! Ein dauerhaft schlechtes Grundgefühl darf es nicht geben. Natürlich kann es auch durch deine Misserfolge kommen. Das musst aber letztlich du wissen.

  • Ich fürchte, ein dauerhaft negativen Grundgefühl habe ich... allerdings gibt es immer wieder mal Tage wo es besser ist, das ist vor allem im bdU gekommen. Dieses Verantwortungsbewusstsein, das und das will ich heute schaffen mit den Sus..es ist öfter da als am Anfang..aber noch die Ausnahme, weil mich der Rest überfordert. Meistens will ich nicht bzw. es ist unangenehm. Im schlimmsten Fall wie eine Zahnwurzelbehandlung (bei Ubs natürlich aber auch bei den schwierigen Klassen).
    Das mit dem Aufschieben habe ich auch ganz massiv..oft stehe ich um 4 oder 5 Uhr morgens auf, um den Unterricht vorzubereiten. dabei bin ich eher nachtaktiv..der Lehrerjob geht somit auch etwas gegen meine Natur. Organisationstechnisch bin ich eine Null. Zumindest was das angeht.
    Ich muss auch gestehen, dass pädagogisches Geschwafel mich null interessiert...höchstens wenn es in die Psychologie/Neurobiologie weckt es mein Interesse. War schon im Studium so.


    Zitat

    Vielleicht noch ein Detail, vielleicht ein Luxusproblem: Ich sehe den Beruf nicht gerade als erfüllend an...sondern als Sisyphusarbeit. Ich habe gerne ein haptisches Arbeitsergebnis vor mir, irgendein sichtbares Produkt. Man bildet Menschen aus, eigentlich ist das das Wertvollste , was es gibt. Aber ich empfinde es nicht so. Kurioserweise empfinde ich sogar Neid mit guten Abiturienten (" Na toll, der geht jetzt dahin und studiert Medizin") ..ich glaube, so sollte man nicht empfinden .Abgesehen davon geht mir das Herumexperimentieren in der Schulpolitik extrem auf den Zeigern (naja, wem nicht..):
    Zwei Aspekte, die für sich betrachtet, keinen Ausschlag geben können, aber in der Summe des Ganzen...

  • Na, dann siehst du doch langsam klarer. Das sind ein paar Kernpunkte, die du beschreibst, und die klingen so, als ob du lieber Alternativen suchen solltest. Daran, dass es wenig sichtbare Ergebnisse gibt, die leuchtenden Kinderaugen zum Beispiel, knabbern langfristig auch Leute, die hochmotiviert sind. Tja, und "pädagogisches Geschwafel" ist in gewisser Weise auch dein Alltag, wenn du dich ernsthaft damit auseinandersetzen möchtest, wie deine Schüler lernen und wie du ihnen dabei helfen kannst.

  • Dieses Verantwortungsbewusstsein, das und das will ich heute schaffen mit den Sus.

    Ich weiß nicht, ob es dir noch weiter hilft, aber dieses Intrinsische "Ich will mit meinen Schülern XYZ schaffen" kam bei mir erst bei der vollen Stelle und der Verantwortung für diese Klassen. Damit sehe ich allerdings immer noch die Schüler primär für ihren Lernerfolg verantwortlich, doch es fällt mir jetzt leichter zu erkennen, wo das Problem liegt/was fehlt/was gebraucht wird.


    Vorher habe ich nur funktioniert und das oft ähnlich wie du es hier beschreibst. Ich hatte immer die "Was erwarten Ausbildungslehrer/Schulleiter/Seminarleiter/Prüfer von mir?", ich habe nicht eine Sekunde daran gedacht, was die Schüler wirklich brauchen - das (von den Seminarleitern bestimmte!) System an sich gab das durch die ständig (ca alle 6 Wochen) wechselnden Lerngruppen auch gar nicht her. Bei mir hat ein Schulwechsel/Fachleiterwechsel Wunder bewirkt. Ich war dann zwar ein Sonderfall, aber gerade das hat mich nicht herunter gezogen, weil mir alle Beteiligten das Gefühl vermittelten: "So, wir haben jetzt noch knappe 6 Monate, das schaffen wir!" und so wurde auch ich besser - so blöd es klingt: weil die Leute an mich geglaubt haben.

  • An mich glaubt niemand...wäre es so, wäre ich wohl ganz anders motiviert..wenn wenigstens ein (!) Ub ok gewesen wäre. Ja, ein Schulwechsel würde mir helfen. Ich wollte immer ans Gymnasium, wurde aber an die Gesamtschule geschickt. Diesen Umstand kann ich laut Kernseminarleitung nicht ändern, obwohl ich mir sicher bin, dass es helfen würde. Aber da ist das System sehr starr.
    Vielleicht kommen insgesamt Pech und eine gewisse Unfähigkeit meinerseits zusammen...ich sollte mich wohl nach Alternativen umschauen. Bzw. von vorne anfangen.

  • Ich werde mich auch nochmal nach einem Schulwechsel erkundigen...vielleicht geht da doch was. Es wäre für mich psychologisch besser nochmal bei Null anzufangen an einer neuen Schule.

  • Ich will dir keine Angst machen, aber informiere dich, ob neu anfangen überhaupt geht. Bei mir damals im Seminar (Bayern) haben einige aufgehört und da war es wichtig, eine bestimmte Dauer des Refs noch nicht abgeleistet zu haben, um wiederholen zu dürfen.

  • Wenn ich keine weitreichende Krankschreibung (o.ä.) vorlege, kann ich nicht unterbrechen sondern nur abbrechen. Laut Kernseminarleiterin.
    Ich will einfach die Hintertür aufhalten, weil ich nicht weiß, ob man als Abbrecher überhaupt neu Fuß fassen kann. Man liest so einiges in den Foren. Von Überqualifizierung etc. Von Abbrechern, die einfach nichts neues finden. Ich wäre definitiv bereit mich weiterzubilden bzw. was neues anzufangen.Nur ob man mich lässt bzw. ob ich gegen die Heerscharen jüngerer Absolventen eine Chance habe.

    Nicht auf Aussagen von Seminarleitern (nein, die sind auch nicht immer rechtssicher, genau so wenig wie jeder normale Lehrer auch) und noch viel, viel weniger (!!!!) auf Foren verlassen, sondern genau in der OVP nachlesen und ggf. beim Personalrat bzw. den Gewerkschaften nachfragen (auch wenn du keiner angehörst, darfst du da nachfragen), die können dir das zu 100% sagen, so dass du auf der Basis dann Entscheidungen treffen kannst und nicht nur von Hörensagen und Halbwissen ausgehst.


    Nicht gleich entmutigen lassen, erst Mal alle Optionen herausfinden. Und zwar sicher herausfinden, nicht auf Basis von Vermutungen.



    Nachtrag:




    Zitat

    Ich muss gestehen, mich überfordert der ganze Schulapparat schon irgendwie..nur ist es in anderen Berufen besser? Vielleicht ist man in der Schule sogar noch "verwöhnt".

    Ich kann natürlich nicht für die Welt außerhalb der Schule sprechen (und selbst die, die außerhalb der Schule arbeiten, kennen dann immer noch nur ihren Teil und nicht jeden Beruf). Sicherlich gibt es ähnlich komplexe Berufe außerhalb der Schule auch. Es wird m.M. nach aber immer wieder sehr gerne unterschätzt, wie hoch komplex Unterrichten und alles, was drum herum passiert, ist. Man muss wahnsinnig vielen verschiedenen Ansprüchen (nicht zuletzt auch den eigenen) und Anforderungen gerecht werden und das Ganze innerhalb kürzester Zeit (während einer Unterrichtsstunde, in Konferenzen, in Elterngesprächen, in der Pausenaufsicht, usw. usf.). In Bezug auf manch andere Berufe ist der Lehrerjob was das angeht, vielleicht noch "verwöhnt", ich glaube aber, so viele sind das auch wiederum nicht. (Aber ja, ich kann da nur vermuten).


    Und greifbar sind die Ergebnisse nicht wirklich, finde ich. Selbst wenn Schüler x ein gutes Abitur (oder überhaupt Abitur) macht, hat das wirklich was mit mir zu tun? Und selbst wenn, wird mein Anteil nur ein sehr kleiner sein. Ist das Abitur überhaupt das greifbare Ergebnis? Was sehe ich als greifbares Ergebnis an?
    Und auch nicht zu unterschätzen: Woraus ziehe ich Wertschätzung für meine beruflichen Fähigkeiten? Ich sehe momentan bei mir sehr viele Kollegen, die wegen vermeintlicher mangelnder Wertschätzung sehr frustriert sind, weil sie dafür äußere Momente brauchen (Geld, Beförderungsstelle, keine Ahnung, was). In der Form ist Wertschätzung deiner Arbeit in Schule tatsächlich eher rar gesät, wenn du das brauchst, wirst du auf Dauer eher unglücklich (denn so viele Beförderungsstellen gibt es nun auch wieder nicht).


    Wie gesagt: such dir kompetente Beratung und rechtssichere Informationen zum Thema Ausstieg/ Abbruch/ Wiederanfang des Refs, damit du deine Entscheidungen auf einer soliden Basis und nicht aufgrund von Ängsten und Halbwissen treffen kannst.


    Ich wünsch dir viel Kraft dafür!

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

Werbung