Flüchtlingskrise oder Krise der Flüchtlinge?

  • Dass mir der Begriff "Flüchtling" mittlerweile sauer aufstößt, liegt nicht an den Menschen, die so bezeichnet werden, sondern daran, dass dieses Wort mit der verkleinernden "-ling"-Endung die Geflohenen, Vertriebenen, Gejagten, Verfolgten und Traumatisierten nicht korrekt bezeichnet.


    Nun stellen diese Menschen auch noch ein (ling)-Problem und eine (ling)-Krise dar... und die Dumpfbacken glauben das auch noch und rennen der hellblauen Fahne hinterher, die ihnen in der Manege vor der Nase herumgeschwenkt wird und sie wie die Ochsen am Nasenring im Kreis herum führt - ohne Ziel. Denn sowas kennen die Fahnenschwinger nicht. Denen genügt der Zirkus, die Manege und der Beifall.


    Eine europäische Gemeinschaft mit 500 Millionen Menschen - die wirtschaftsstärkste der Welt - soll es nicht verkraften, dass weniger als 1% Migranten mit dem Nötigsten versorgt werden und dass diese Menschen inkludiert und integriert werden? Dass dies auch finanziell kein gar zu großer Act ist, legte Thomas Fricke in der Süddeutschen Zeitung bereits im März ziemlich deutlich dar:
    http://www.sueddeutsche.de/wir…uechtige-kosten-1.2890242


    Es gibt in Deutschland und Europa einige Personen, welche die Kosten von geschätzt 20 Milliarden aus der privaten Tasche zahlen könnten. Solche Summen werden an den Börsen täglich gewonnen und verzockt.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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  • Ich gebe dir inhaltlich gesehen voll recht - allerdings habe ich über das -ling am Ende des Wortes noch nicht nachgedacht. Ganz einfach, weil mir die Begrifflichkeit da piepegal ist, es ändert sich ja nichts am Sachverhalt und auch nichts am Problem/der Krise die damit entsteht. Das Problem liegt aber meiner Meinung nach nicht daran, dass wir es finanziell nicht schaffen können, das ist der kleinste Faktor. Ich arbeite sowohl ehrenamtlich mit Flüchtlingen (Geflüchteten?) und auch in der Schule im DaZ-Bereich. Meine vereinfacht dargestellte Erfahrung: Katastrophe in Bezug auf bereitgestellte Gelder für Material, etc. , Bürokratie (das fällt mir vor allem im ehrenamtlichen Bereich auf), Organisation sämtlicher Angelegenheiten - im Schulbereich ärgert mich vor allem der Aktionismus von Schulräten etc, der sich aber nicht an den wirklichen Bedürfnissen der geflüchteten Schüler orientiert, sondern darauf achtet, dass die Außendarstellung hervorragend ist. Tja, und dann kommen die mit dem hellblauen Fähnchen dazu... Im Moment verweigere ich im Bekanntenkreis die Diskussion über dieses Thema, es erschreckt mich immer wieder, wie viele Vorurteile und welch erschreckenden Meinungen auch bei "völlig normalen" Menschen vorherrschen. Ich habe für mich beschlossen, meinen Job so gut wie möglich zu machen, arbeite mit meinem sechzehnjährigen Sohn zusammen zwei bis dreimal in der Woche ehrenamtllich (Sprachunterricht und tägliche Hilfe zur Alltagsbewältigung) - ich sehe es als meine persönliche Pflicht und meinen Beitrag zur Integration von Geflüchteten, aber ich versuche auch meinen Kinder klarzumachen, dass diese Menschen (ob man will oder nicht) zu unserer Zukunft gehören und wir Mitverantwortung tragen, ob Integration klappt. Wie gesagt, außerhalb des familiären Bereiches kann ich die fruchtlosen Diskussionen meist nicht mehr ertragen und verweigere...

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Eine europäische Gemeinschaft mit 500 Millionen Menschen - die wirtschaftsstärkste der Welt - soll es nicht verkraften, dass weniger als 1% Migranten mit dem Nötigsten versorgt werden und dass diese Menschen inkludiert und integriert werden?

    Ja richtig, in einer europäischen Gemeinschaftt, in der alle Länder ihren Pflichten diesbezüglich nachkommen und die Flüchtlinge gerecht verteilt würden sollte das überhaupt kein Problem sein. Leider wird der weitaus größte Teil auf Deutschland und Schweden "abgeladen". Mit gerechter, EUROPÄISCHER Flüchtlingspolitik hat das nichts zu tun.

  • Dass mir der Begriff "Flüchtling" mittlerweile sauer aufstößt, liegt nicht an den Menschen, die so bezeichnet werden, sondern daran, dass dieses Wort mit der verkleinernden "-ling"-Endung die Geflohenen, Vertriebenen, Gejagten, Verfolgten und Traumatisierten nicht korrekt bezeichnet.

    Es gibt Leute, die argumentieren, dass die Endung -ling per se schon negativ konnotiert sei. Aber so einfach ist die Sache nicht, denn was ist mit Schützling, Säugling, Jüngling, Häuptling, Zwilling, Prüfling und Liebling? Und dann gibt es andere, die einen Bedeutungsunterschied zwischen Flüchtling und Geflüchtete(r) sehen: Der Flüchtling ist noch auf der Flucht, während der Geflüchtete seine Flucht abgeschlossen hat.
    Ich finde, es ist nicht das eine Wort, das diskriminiert, sondern die Menschen, die diskriminierend reden und handeln. Und du hast natürlich absolut recht damit, dass es "die Geflohenen, Vertriebenen, Gejagten, Verfolgten und Traumatisierten nicht korrekt bezeichnet". Ich glaube aber nicht, dass ein einzelnes Wort all das überhaupt ausdrücken kann. Man muss schon unterscheiden zwischen Migranten, Asylsuchenden, Einwanderern, und diese sind je nach Fall auch Geflohene, Vertriebene, Gejagte, Verfolgte und Traumatisierte.
    Mich erschreckt beim Flüchtlingsthema am meisten der Zustand von Europa. Die verschwindende Gemeinschaft!

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

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