Praxissemester - aller erste Unterrichtsstunde?!

  • Liebes Forum,


    wie vielleicht schon bekannt, mache ich zurzeit mein Praxissemester an einer gewerblichen Schule. Nächste Woche soll jetzt in einer Abiturklasse (Fachabitursklasse) mal meine erste eigene Stunde in Deutsch kommen, kurz darauf in Englisch, allerdings in Englisch in der Berufsaufbauschulklasse - da mache ich mir momentan weniger Sorgen, denn die Einheit zu frequency adverbs (never, often, always, etc) finde ich jetzt nicht so anstrengend. Da dies jetzt meine erste richtige Stunde geben wird, bin ich natürlich jetzt besonders nervös und mache mir schon seit Tagen einen Kopf, wie ich das Ganze denn angehen und aufziehen soll, aber ich sitze momentan einfach da wie die Kuh vorm Berg.


    In Deutsch soll ich nächste Woche eine Einheit zu Literaturepochen halten. Das Werk, welches gerade behandelt wird, ist Goethe's Werther. (Das musste ich jetzt auch erst einmal lesen, hatte ich bislang noch nicht gelesen gehabt).


    Laut Lehrer ist der Kenntnisstand der Klasse über Literaturepochen gleich 0 - eventuell haben sie da in einer früheren Schule mal was gemacht dazu, aber auf dieser Schule noch nichts, d.h. für mich, ich muss da natürlich bei Adam und Eva anfangen. Laut Lehrer soll ich natürlich nur einen Überblick über die wichtigsten Epochen geben, so Detailepochen wie fin de siecle oder Dadaismus etc fallen da natürlich auch aufgrund von Zeitgründen schon mal raus.


    Da es beim Werther ja hauptsächlich um Sturm & Drang geht, dachte ich, dass zumindest Aufklärung und Empfindsamkeit (als Parallelströmungen des Sturm Und Drang) nicht fehlen dürften. Die folgende Klassik sicherlich auch nicht und dann vielleicht noch die momentane Gegenwartsepoche, also Postmoderne.


    Ich habe 1 Doppelstunde/Blockstunde Zeit und bin gerade am Verzweifeln. Habe das Internet schon tot gesucht nach passendem Material, woran ich mich orientieren könnte, aber nichts. Ich finde, allein für die Übersicht der verschiedenen Epochen könnte man schon eine ganze Blockstunde füllen, aber dann soll ja danach auch noch spezifisch auf den Werther bzw. Sturm und Drang eingegangen werden? Ich weiß grade nicht, wie ich das alles sinnvoll zusammenstellen soll.


    Meine Gedankenschnipsel momentan wären:
    Stationenarbeit zu den 4 oder 5 Epochen, um einen Überblick zu erhalten? Jede Station behandelt eine Epoche wo es einen Informationstext mit dem Wichtigsten zu der jeweiligen Epoche gibt und auf einem AB tragen die SuS dann tabellarisch die Infos in die jeweiligen Epochenspalte.


    Aber ich müsste den Sturm und Drang ja irgendwie hervorheben, denn darauf würde sich ja im zweiten Teil dann die Werther-Untersuchung noch stützen? Weiß gar nicht, wie ich da einen guten Übergang herstellen kann. Einstieg fällt mir momentan auch nichts tolles ein, ich will nicht gerade bloß reinlaufen und gleich loslegen mit Blättern austeilen und in Gruppenarbeit stecken.


    Ich hoffe, das alles ist normal im Praxissemester wenn man vor der ersten richtigen Stunde steht. Könntet ihr mir da vielleicht ein paar Impulse geben? Vielleicht auch eine Quelle, wo sich gut Material zu diesen 2 Themenblöcken finden lässt, wo ich mich ein bisschen orientieren könnte dran?


    Ganz lieben Dank! =)

  • Ja, das ist normal. Das ist auch im ersten Vierteljahr des Refs noch normal.
    Bist du dir denn sicher, dass du einen Epochenüberblick geben sollsts? Das erscheint mir so losgelöst von Primärtexten und in nur einer Doppelstunde recht albern, denn da wird nicht viel hängen bleiben.
    Oder sollst du vielleicht eher den Epochenbegriff als solchen einführen, damit darauf aufbauend der S&D und die Empfindsamkeit in Bezug auf den Werther behandelt werden können?

  • Vielen Dank für deine Antwort! Ich befürchtete schon, meine Anfrage wäre zu spezifisch, sodass keiner etwas dazu äußern könnte.
    Und ja, so wie ich das kurze Gespräch mit dem Lehrer in Erinnerung habe, sollte es schon einen Überblick über die wichtigsten Epochen geben - denn ich selbst sprach dann noch an, dass die ganzen anderen unzähligen kleineren Strömungen wie Fin de Siecle oder Vormärz etc ja alles gar nicht abgedeckt werden könnten und dann hieß es nur zustimmend, dass das ja auch natürlich gar nicht sein bräuchte.


    So wie ich das verstehe, sollte ich also einen groben Überblick über die wichtigsten großen Epochen geben und dann im zweiten Teil halt näher auf den Sturm und Drang eingehen mit Bezug auf Werther...


    Aber wie gesagt, allein nur für den Überblick der Epochen hätte ich jetzt schon ne Blockstunde beansprucht, oder denke ich da zu großzügig?

  • Bin nicht vom Fach, ich lese nur gern :)


    Vielleicht kannst du ein paar bekannte Werke/Dichter/Denker auf Karten schreiben und die Schüler versuchen, eine Reihenfolge zu finden - und du versuchst dann zu motivieren, wozu diese Epocheneinteilung überhaupt gut ist, nämlich, damit man weiß, wo man etwas hintun soll. Anknüpfungspunkt wäre der Werther - was war vorher, was nachher? Das mit der Stationenarbeit würde sich dann im Anschluss anbieten, um dann alles richtig einzuordnen (ich stelle mir einen Zeitstrahl vor; Karten mit Magneten an der Tafel o.ä.).


    Nicht zu viel vornehmen!


    Viel Erfolg und nicht verrückt machen lassen!


  • Vielleicht kannst du ein paar bekannte Werke/Dichter/Denker auf Karten schreiben und die Schüler versuchen, eine Reihenfolge zu finden -

    Klingt erstmal sinnvoll, steht dann so erfahrungsgemäß im luftleeren Raum. Ich persönlich bleibe dabei, dass es unsinnig ist, die Schüler - ohne jeder Erfahrung der "klassischen" Literatur mit so einem Epochenüberblick zu konfrontieren. Ich würde versuchen, den Epochenbegriff in den Vordergrund zu stellen: Was ist eine Epoche? Wie kommt man zu dieser Einteilung? Welchen Zweck hat diese Einteilung?
    Dabei würde ich von der Gegenwart ausgehen: Was sind Themen/Probleme, die uns heute beschäftigen? Welche politischen/gesellschaftlichen Entwicklungen haben direkten Einfluss auf unsere Wahrnehmung der Welt. Wo sieht man das in der aktuellen (Pop-)Kultur, also in Songs, in Serien, in Filmen etc. Hat die Tatsache, dass TV Serien als Format so im Kommen sind, evtl. etwas mit der heutigen Zeit zu tun?
    (Dabei würde ich diese Fragestellung global angehen - also nicht auf unseren Kulturkreis beschränken, dass es so einfacher ist). Dann könnte man den Bogen zum Sturm&Drang bzw. zur Empfindsamkeit und zum Werther spannen. Wie lassen sich diese Fragen - auf Basis des Romans und der Hintergrunderfahrung - in Bezug auf diese Zeit beantworten.


    Wenn du WIRKLICH unbedingt den Epochenüberblick machen willst, such dir ein ein paar wichtige Epochen raus (Aufklärung; Sturm und Drang; Klassik; Moderne - nicht die Postmoderne, die ist zu unübersichtlich). Dann such kurze, einfache Texte aus diesen Epochen heraus, an denen man die typischen Themen und Merkmale gut herauslesen kann und lass die Epochen in Gruppenarbeit erarbeiten. Dazu vielleicht ein Poster erstellen lassen mit anschließendem Gallery Walk oder so. Ich halte das Vorhabe aber trotzdem für unsinnig.

  • Ich persönlich halte das Lehren von "Epochen" prinzipiell für problematisch, aber wenn das Dein Auftrag und Ziel ist, finde ich Deine Idee mit dem Stationenlernen angemessen!


    Anstatt nur Info-Text zu verwenden, wären auch Text-Auszüge denkbar von Stellen, die die Schüler möglichst gut persönlich ansprechen ("witzig", erotisch, ...), damit es nicht nur abstrakte Theorie bleibt und die Info-Texte nachvollzogen werden können.


    Man könnte auch die Infos erarbeiten lassen und später die Text-Auszüge zu den Epochen zuordnen lassen. Womöglich ist das ja auch Dein Lernziel, dass die Schüler selbst die Kompetenz erwerben einen Text (einigermaßen) einer Epoche zuordnen zu können.

  • WillG, stimme mit dir völlig überein, dass man erst mal herausarbeiten sollte, was mit "Epoche" gemeint ist. Mein Vorschlag ging in die Richtung, für diese Frage einen Impuls zu geben ("Wohin damit?").


    Die Frage nach den aktuellen Entwicklungen finde ich auch gut, aber ich hatte das Gefühl, das erfüllt nicht so richtig die Vorgaben, die TE schilderte.


    Jetzt halte ich lieber den Mund :whistling:

  • Vielen Dank euch allen bisher! Eure Meinungen sind sehr willkommen.
    Piksieben:
    Auch deine Meinung war mir sehr willkommen - ich kann allerdings hier leider selbst nur das wiedergeben, was man mir "auftrug". Ich könnte natürlich noch mal versuchen nachzuhaken, aber das waren bisher halt die Vorgaben, die man mir erteilte und da sollte ich halt mal einen groben Plan entwerfen und den dann Anfang nächster Woche vorstellen. Dann wird nochmal drüber geguckt und Mitte nächster Woche soll dann die Stunde sein :l

  • Hey, ich bin noch Refi und weiß wie es dir am Anfang geht und welche Gedanken du dir machst.


    Was dich so blockiert ist sicherlich auch die Tatsache, dass du noch gar nicht so viele Methoden kennst, die dir das Leben erleichtern und für Abwechslung und Spaß sorgen ;)


    Ich habe leider mit Deutsch nichts am Hut, kann auch nichts zu den Epochen sagen, aber vielleicht hilft es dir trotzdem:


    Beispielsweise wäre ein Gruppenpuzzle eine tolle Alternative zu deinem Stationenlernen. Schon mal gehört? Einfach mal googlen.


    Mach ich gerne wenn man Tabellen ausfüllen und vergleichen soll.


    Als Übergang ließe sich fragen, in welche Phase die SUS denn das aktuelle Werk einordnen würden.


    Also eine offene Diskussion bei der du mit guter Fragestellung die SuS selbst ans Ziel bringst. Du gibst Ihnen also das Gefühl, dass sie selbst auf die Lösung kommen und sie können es besser nachvollziehen.


    Sobald ihr die Lösung habt, kannst du genau diesen Teil in deiner Tabelle umranden oder sonst irgendwie markieren. Das veranschaulicht den SuS, diese Epochen gibt es und nun beschäftigen wir uns mit der markierten.


    Und ab da hast du sie vom groben überblick in Eigenarbeit zur aktuellen Epoche geführt.



    PS: Englisch hab ich selber, da kann ich dir gerne detaillierter behilflich sein, falls es doch mal klemmt ;)

  • Also Deutsch zählte nicht zu meinen Lieblingsfächern. Und wenn du mich gefragt hättest: ich hätte dir keine einzige Epoche beschreiben können. Wenn ich jetzt aber im Internet suche, dann kommt mir doch so einiges bekannt vor. Ach ja, der Walther
    "Nideriu minne heizet diu sô swachet,

    daz der lîp nâch kranker liebe ringet.

    diu minne tuot unlobelîche wê.

    hôhiu minne heizet diu daz machet,

    daz der muot nâch hôher wirde űf swinget..."



    Die Schüler kommen ja nicht ohne Wissen, sondern sie müssen das einordnen, was unsortiert in ihrem Kopf rumschwirrt.


    Klar, das herauslösen der Epochen als Thema macht wenig Sinn, aber wenn deinem Mentor halt das gerade einfiel, dann kannst du schlecht sagen, dass du das sinnfrei findest.
    Insofern würde ich mich an deiner Stelle der Zeitstrahlidee anschließen. Gruppen arbeiten an Textbeispielen eingebettet in die Frage: "wie lebten die Leute zu dieser Zeit, welches Weltbild hatten sie, was waren besondere Anforderungen, Ängste, Neuerungen in ihrer Lebenswelt?" und daraus einen großen Zeitstrahl mit Bildern und Texten auf Tapetenrolle fürs Klassenzimmer machen. Vielleicht auch die Frage: wie könnte unsere Epoche in 50 Jahren benannt werden? Das kann aber wohl nur jemand machen, der ein bisschen belesen ist.


    Vielleicht kann man die Texte auch einschränken, nur Liebesgedichte oder sowas? Wie gesagt, bin kein Oberstufenlehrer. Ich würde es trotzdem so anschaulich und einprägsam wie möglich gestalten :)

  • Da sind doch schon viele Anregungen zusammengekommen.
    Als Einstieg könntest du z.B. verschiedene Liebesgedichte aus den einzelnen Epochen nehmen, jedes Gedicht in verschiedene Teile zerschneiden und jede/r Schüler/in bekommt einen Abschnitt mit einem Gedichtteil. Die Schüler/innen sollen dann versuchen, die Gedichte zusammenzusetzen bzw. so evtl. gleichzeitig ihre Gruppenmitglieder finden (wenn du Zufallsgruppen möchtest).


    Kurz Erkenntnis zusammenfassen: Es war möglich, zu erkennen, welches Gedichtteile zusammengehören, weil die Sprache entsprechend prägnant ist. Doch verschiedene Zeiten/Epochen haben sich nicht nur durch die Sprache unterschieden. Den Begriff Epoche einführen. Zeitleiste aufhängen, im Gespräch klären, ob die Sch. Epochen kennen bzw. welche, die Epochen, um die es gehen soll z.B. auf Klebezetteln vorgeben, Sch. ordnen die Begriffe auf der Zeitleiste zu und anschließend ordnen sie die Gedichte den Epochen zu.


    Dann gruppenweise Bearbeitung der einzelnen Epochen, am Schluss eine Art Galleriegang an der Zeitleiste, wo jede Gruppe eine Epoche vorstellt.
    Viel Spaß!

  • Wow, ganz lieben Dank euch allen bisher!!
    Das sind alles wunderbare Impulse, aus denen sich sicherlich irgendwas machen lässt! Das einzige, was mir Sorgen bereitet, ist, dass ich in nur einer Doppelstunde sowohl einen groben Überblick über die wichtigsten Epochen gegeben haben soll PLUS noch explizit die Epoche des Sturm Und Drang am Werther erklärt haben soll..


    Das scheint mir mittlerweile zunehmend unrealistisch. Gerade die genannten Dinge wie Gruppenpuzzle oder -stationen und dann noch die Verbildlichung an einem Tapetenzeitstrahl etc... Das würde, finde ich, sogar schon eng für die Doppelstunde werden.


    Ich glaube, ich muss nochmal bei meinem Betreuungslehrer nachfragen, ob das wirklich alles so beabsichtigt sein soll?!

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