Erwartungen an Inklusion und ihre Helfer

  • Hallo,
    Ich bin neu hier und habe früher etwas ganz anderes studiert. Dennoch arbeite ich jetzt als Integrationhelfer und bin ratlos.
    Ich habe einige Schulen kennengelernt und somit viele Kinder mit Förderbedarf, hauptsächlich im emotional-sozialen Bereich. Da ich nie lange an einer Schule war (Springer), habe ich eigentlich nur oberflächliche Erfahrungen gesammelt. Immer habe ich aber das Gefühl, dass Lehrer nicht einheitlich das gleiche von Integrationshelfer erwarten. Mal wollen die einen, dass man alles tut um das Kind ruhig und leise zu halten (koste es was es wolle, aber bitte "verschwinden lassen"), dann wollen andere, dass man es selbständig fördert und fordert.
    Ich würde gern fördern und auch ins Geschehen der Klasse einbinden. Da fehlten mir aber die Mittel. Vielleicht kann mir hier jemand ein paar Bücher empfehlen?
    Was kann ich machen, wenn meine Schüler mal ein offenes Ohr haben?
    Wie kann ich sie gezielt zu mehr Ruhe und Konzentration anleiten?
    Was wirkt bei (ADHS) Auffälligkeiten, wie kann man im Unterricht, ohne die Klasse zu stören, helfen?
    Eigentlich haben die Lehrer kaum Zeit für die besonderen Kinder, es ist in so einer großen Klasse kaum möglich allen gerecht zu werden. Ohne Material, das auf das Niveau abgestimmt ist, sind aber die Schüler noch unkonzentrierter, weil überhaupt keine Motivation da ist, wenn sie überfordert sind. Jetzt habe ich eine längerfristige Aufgabe und freue mich auch sehr darauf, etwas bewirken zu können.
    Aber wie? Mein Schüler ist sehr impulsiv und bewegungsfreudig. :teufel:


    Viele Grüße
    Sawny

  • Lerne das Kind erst mal kennen und gib ihm Zeit, dich kennenzulernen. Manche Kinder mögen es, wenn man neben ihnen sitzt, es beruhigt sie und hilft, sich zu fokussieren. Sie genießen die Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oft wörtlich zu nehmen ;) ) Andere ertragen so viel Nähe zunächst kaum.


    Hilfreich kann sein, Vorgänge in Worte zu fassen/ handlungsbegleitend zu sprechen/ kognitives Modellieren (zum googeln). Wenn du die Möglichkeit hast, mache eine Tätigkeit vor und sage, dabei halblaut, wie du vorgehst. Hilf dem Kind damit, seine Handlung zu planen und strukturiere damit eine Tätigkeit in übersichtliche Einzelschritte. Oder du sagst dem Kind kurz und knapp, was es gerade tun soll. Je impulsiver, desto mehr braucht das Kind etwas, von dem es weiß, wies geht, dann kann es besser bei der Sache bleiben.


    Zeige ihm auch selbstverständlich scheinende Lernorgasachen immer wieder. Hausaufgabenheft führen, Arbeitsplatz einrichten, Lernstrategien (von Vokabelkartei über Eselsbrücke bis Zusammenhänge bildlich darstellen)...


    Lerne die Familie kennen


    Wenn du das Kind einzeln hast:
    Erstelle, gemeinsam mit dem Kind, 1 oder 2 Verhaltensziele, die ihr z.B. auf den Tisch klebt (ich melde mich einmal in der Stunde/ ich gucke jeden Nachmittag nach dem Essen ins Hausaufgabenheft...)


    arbeitet an anderen Themen, die aktuell sind (wie kann ich mit Frust umgehen? warum muss ich immer sofort reinbrüllen? was hindert mich an... was hilft mir bei...)


    Bastelt Signalkarten ("so löse ich eine Aufgabe", Bild 1,2,3,4)





    So auf die Schnelle. Ein prima Buch ist ADHS bei Jugendlichen aus dem BELTZ-Verlag. Ist auch für Grundschule ummünzbar.

  • Arbeitest Du in NRW? Dort ist es nicht Deine Aufgabe, Lernmaterialien zu differenzieren, sondern die des Fach- oder Sonderschullehrers. Deine Aufgaben müssten in einem Vertrag festgehalten sein. Auch sollte die Schule, die Dein Schützling besucht, ein Konzept zur Einbindung von Schulbegleitern haben.
    Inwieweit Du Dein Kind unterstützt, muss der zuständige Sonderpädagoge festlegen. Wir haben Schulbegleiter, die ihr Kind sehr intensiv unterstützen müssen, auch beim Essen und bei Toilettengängen. Wir haben aber auch Schulbegleiter, deren Kinder in ihrem Förderplan unter anderem das festgelegte Lernziel haben, selbstständig zu werden, so dass sie sich möglichst zurückhalten sollen, um nur im Notfall einzugreifen.
    Wenn Du ein Kind betreust, das einen festgestellten Förderbedarf hat (z.B. ES), dann muss ein Sonderpädagoge für das Kind mindestens(!) beratend tätig werden.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Hallo,
    Danke für eure Beiträge. Jetzt habe ich schon ein paar Ideen und werde morgen sicher mutiger sein!
    Der Sonderpädagoge kommt nur manchmal vorbei bei uns, natürlich werde ich ihn ansprechen. Aber so lange wollte ich nicht ideenlos hingehen.


    Viele Grüße
    sawny

  • Klar hat jeder andere Erwartungen, jeder Lehrer ist anders und auch von Seiten der Schule werden unterschiedle Erwartungen an die Lehrer gestellt.
    Manchmal ist man selber auch hilflos und denkt, die Integrationshelfer haben eine Ausbildung in ihrem Bereich erhalten, sodass sie in manchen Punkten mehr wissen und können als man selber.
    Manchmal darf ich offiziell gar nicht so weit herunterdifferenzieren, wie ich müsste, weil ein Kind dem Rahmenlehrplan genügen muss und der in Klasse 3/4 das Lernen von Buchstaben nicht vorsieht. Was jeder inoffiziell daraus macht, ist dann etwas anderes und schul- und persönlichkeitsabhängig.


    Geh mit der Klassenlehrerin ins Gespräch.
    Je nach Situation könntest du einige Lerninhalte mit Bewegung verbinden. (Vorgänger - Nachfolger mit Hilfe von Treppenstufen; Sätze würfeln oder hüpfen... Es gibt wohl Kinder, die besser lesen können, wenn sie auf einem Wackelbrett stehen. Frag, ob es sowas gibt (oder einen Sitzball).
    Toll wäre auch das Marburger Konzentrationstraining, das ist extra für ADHS-Kinder konzipiert und übt Konzentration und auch den Umgang mit Fehlern. Es ist eigentlich als Programm von 90 Minuten konzipiert, man kann aber auch Teile herausgreifen, wenn die Zeit nicht reicht.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • üblicherweise ist unterrichten, auch nicht einzeln mit dem i-kind, nicht aufgabe der i-kraft. dein job ist eher, das kind in das geschehen im klassenzimmer zu integrieren. wenn das mangels passendem extra-material nicht geht, dann kannst du nichts anderes machen, als das kind still und beschäftigt zu halten bzw. das bestehende material soweit mit dem kind zu bearbeiten, wie es eben geht (oft geht das aufgrund der koginitiven besonderheiten des i-kindes und "integration" auch in der sekundarstufe am gymnasium gar nicht). es ist dabei, juchei. inklusion for the win.

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