Mangelhafte Berufsberatung seitens vieler Lehrer

  • 1. Medizin zu "empfehlen", weil einer gute Noten hat finde ich schon fast fahrlässig. Wenn ich mir die Pappnasen ansehe, die in unserer Ausbildungspraxis am lebenden Menschen rumprobieren dürfen, frag ich mich, wer denen empfohlen hat, Mediziner zu werden.


    2. Ich hoffe nicht, dass ein Lehrer mal meinen Kindern empfiehlt: mach doch BWL, da kommste schon unter- besser als an der Uni. In der Forschung zu arbeiten mag miserable Arbeitsbedingungen mit sich führen, einen Vergleich zum BWL-Studium kann es trotzdem nicht geben.


    3. Was ist mit denen, die weder BWL noch Wirtschaftsingenieurwesen studieren wollen? Was spricht gegen das gute, alte "folge deinem Bauchgefühl"? Mit 18 ist man noch nicht sehr reif, aber man kann durchaus seine Stärken und Neigungen entdeckt haben. Wenn nicht, sollte das das Ziel von Beratung sein und nicht, "wo werden vielleicht mal die meisten Leute gesucht?" Wir hatten es neulich davon in einem anderen Thread. Wenns danach ginge, brauchen wir in Zukunft v.a. Altenpfleger.

    ZU 3: Dann sollte man Jura machen (solider, als viele denken!) oder Lehramt Hauptschule z.B. Oder, noch besser: Gar nicht studieren. Es gibt eh viel zu viele Akademiker.


    Zu 2: Why?

  • Klar brauchen wir die. Aber Arbeitszeiten und Gehalt sind einfach schlecht. Habe in meinem Freundeskreis welche.

    Hohes Gehalt ist ja auch um so Vieles wichtiger, als mit seiner Entscheidung glücklich zu sein.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Hohes Gehalt ist ja auch um so Vieles wichtiger, als mit seiner Entscheidung glücklich zu sein.

    Genau, wir leben ja alle bekanntermaßen von Luft und Liebe. Pah. Wer braucht schon Geld. Lieber zwei Auslandsjahre in Australien! Man ist ja genügsam. Aber hups- Wer bezahlt? Papi natürlich. Egal. Luft und Liebe!!!

  • Ich bin sicher, dass die Arbeitswelt meiner Kinder ganz anders aussehen wird - und damit auch die Gehälter.
    Mir ging es darum, dass jeder unterkommen wird. Und es gibt noch genug (Menschenbezogene) Branchen, in denen
    Roboter noch nicht so schnell alles übernehmen können wie Pflege und Lehre(obwohl sich das sicher auch verändern wird, es gibt jetzt die ersten Prototypen von
    Rollatoren, die nicht nur beim Aufstehen stützen, sondern die Person sogar beim Aufstehen festhalten - ob Oma das toll findet, werden wir sehen).


    Davon abgesehen studieren momentan einfach zu viele junge Leute (auch zu viele Schwache - das sind höchstwahrscheinlich meine aus dem letzten Jahrgang!) und es gibt zu viele Studiengänge.


    Ergo: Die jungen Leute sollen das machen, wofür sie Talent haben! Auch Geisteswissenschaften, wenns Not tut.

  • Hohes Gehalt ist ja auch um so Vieles wichtiger, als mit seiner Entscheidung glücklich zu sein.

    Hast du eigentlich eine Ahnung wie beschissen der Job als Altenpfleger ist? Für die Arbeit ist das Gehalt ein Witz. Wer es nicht muss, der würde das sicherlich nicht 40 Jahre lang machen. Hauptsache Schönwetter-Parolen damit das eigene Weltbild nicht getrübt wird.

  • Schönwetterparolen sind für mich: "Klar gibts gute und schlechte Arbeitsbedingungen. Die Gründe und das Lösungensuchen interessieren mich nicht. Wichtig ist ausschließlich mein Konsumverhalten."


    Ich bin jedenfalls dankbar, dass an der Uni Leute arbeiten, die -leider befristet und schlechtbezahlt- die Gesellschaft analysieren. Und dass jemand meinen Popo putzt, wenn ich es selbst nicht mehr kann. Unsere Gesellschaft besteht doch nicht nur aus VW, E.ON und Bayer.

  • Schönwetterparolen sind für mich: "Klar gibts gute und schlechte Arbeitsbedingungen. Die Gründe und das Lösungensuchen interessieren mich nicht. Wichtig ist ausschließlich mein Konsumverhalten."


    Ich bin jedenfalls dankbar, dass an der Uni Leute arbeiten, die -leider befristet und schlechtbezahlt- die Gesellschaft analysieren. Und dass jemand meinen Popo putzt, wenn ich es selbst nicht mehr kann. Unsere Gesellschaft besteht doch nicht nur aus VW, E.ON und Bayer.

    Was mein Konsumverhalten mit Arbeitsbedingungen von Altenpflegern zu tun hatte, verstehe ich zwar nicht aber okay...


    Unsere Gesellschaft steht vor einem massiven Wandel und ich habe den Eindruck, dass unsere Jugend von Seiten des Bildungssystems darauf nicht adäquat vorbereitet wird.
    Die Gründe dafür habe ich dargelegt. Letztlich muss ich darauf schauen, dass meine Kinder da konkurrenzfähig sind.

  • Ausgangsthese war, Berufsberatung kann nicht sein, dass LehrerInnen Jugendlichen sagen: mach mal Bio, das liegt dir doch. Vielmehr müsse man ihnen zu Betriebswirtschaft, IT oder Ingenieurswesen raten. (Humanistische) Gymnasien brüten aber nicht nur MathematikerInnen aus. Und Beratung kann nie nur ein konkreter Tip für etwas sein, sonst is es halt was anderes, Werbung vielleicht.

  • Ein interessanter Artikel. Als Informatiklehrer frage ich mich da doch: Warum haben wir immer noch nicht Informatik als Pflichtfach? Wir verpassen es, Kinder für Technik zu interessieren, die das nicht ohnehin schon sind. Das betrifft insbesondere Mädchen.

  • Ein interessanter Artikel. Als Informatiklehrer frage ich mich da doch: Warum haben wir immer noch nicht Informatik als Pflichtfach? Wir verpassen es, Kinder für Technik zu interessieren, die das nicht ohnehin schon sind. Das betrifft insbesondere Mädchen.

    Weil man lieber Schwachsinn wie Religion unterrichtet oder Kinder im Sportunterricht systematisch diskriminiert.

  • Weil man lieber Schwachsinn wie Religion unterrichtet oder Kinder im Sportunterricht systematisch diskriminiert.

    Ich bin zwar auch für die Trennung von Religion und Schule, aber Bildung ist mehr als nur Mathe oder nur Religion. An allen mir bekannten weiterführenden Schulen kann Informatik ab Klasse 8 gewählt werden.

  • Ich bin zwar auch für die Trennung von Religion und Schule, aber Bildung ist mehr als nur Mathe oder nur Religion. An allen mir bekannten weiterführenden Schulen kann Informatik ab Klasse 8 gewählt werden.

    Kann gewählt werden heißt genau das, was ich sagte: Wird von denen gewählt, die sich ohnehin schon für Technik interessieren. Insbesondere von denen, die vielleicht mal lieber Sport machen sollten, als vor dem Computer zu hocken.
    Informatik / Technik müsste m.E. ein Fach für alle sein, kein Fach zum Wählen.

  • Bei allen Prognosen muss man immer auch bedenken, dass es eben nur Vorhersagen sind, von denen keiner mit Bestimmtheit sagen kann, ob sie auch eintreffen.


    Als ich Anfang der 2000er mein Studium zur Sonderschullehrerin aufnahm, waren die Prognosen zum Beispiel katastrophal. Noch dazu hatte ich einen angeblich "aussterbenden" Schwerpunkt gewählt.
    Im Grunde stellte man uns Langzeitsarbeitslosigkeit, bestenfalls noch gelegentliche Jahresverträge in Aussicht.


    Wie alle wissen, wie die Sache ausging. Die Prognosen waren komplett daneben, heute fehlen Sonderpädagogen allerorts.


    Ich vermute, dass es bei der nachwachsenden Generation schon alleine aufgrund des demographischen Wandels in fast allen Berufsfeldern ähnlich aussehen wird.



    Im Übrigen habe auch ich mich von den Prognosen nicht abhalten lassen, das zu studieren, was ich eben unbedingt studieren wollte.
    Man kann also Schüler beraten, entscheiden müssen sie aber letztlich selbst. Und das finde ich auch gut so, denn im besten Fall müssen sie ein Leben lang mit ihrer Entscheidung zufrieden sein.

  • Weil man lieber Schwachsinn wie Religion unterrichtet oder Kinder im Sportunterricht systematisch diskriminiert.

    Du hältst Religion für Schwachsinn, andere halten Mathematik, Physik und Informatik für Schwachsinn... such is life...


    Der andere Teil deiner Aussage ist spannend! Was meinst du genau mit "systematisch"? Diskriminiert durch das Kultusministerium, die Lehrpläne, die Schulleitung, eine Verschwörung der Sportlehrer? Oder vielleicht doch eher eine Verallgemeinerung schlechter Erfahrungen im Sportunterricht? Schlechte Erfahrungen im Sportunterricht habe ich seinerzeit als erwiesenermassen unsportlicher Schüler auch gemacht, bei mir hat es in den Bundesjugendspielen noch nicht mal zur Siegerurkunde gereicht. ;) Von dort bis zu systematischen Diskriminierung ist es aber noch ein weiter Weg...

  • Du hältst Religion für Schwachsinn, andere halten Mathematik, Physik und Informatik für Schwachsinn... such is life...
    Der andere Teil deiner Aussage ist spannend! Was meinst du genau mit "systematisch"? Diskriminiert durch das Kultusministerium, die Lehrpläne, die Schulleitung, eine Verschwörung der Sportlehrer? Oder vielleicht doch eher eine Verallgemeinerung schlechter Erfahrungen im Sportunterricht? Schlechte Erfahrungen im Sportunterricht habe ich seinerzeit als erwiesenermassen unsportlicher Schüler auch gemacht, bei mir hat es in den Bundesjugendspielen noch nicht mal zur Siegerurkunde gereicht. ;) Von dort bis zu systematischen Diskriminierung ist es aber noch ein weiter Weg...

    Wer Religion für wichtiger hält als die von dir genannten Fächer ist nicht mehr zu retten.


    Ich selbst war eigentlich immer recht gut in Sport, jetzt nicht super, aber doch im 2er Bereich. Was mich stört: Schüler mit schlechtem Körpergefühl, Schüler mit Hormonproblemen, Schüler, für die Sport kein Hobby darstellt - Die können sich noch so viel Mühe geben - Sie werden niemals eine eins, eher auch keine zwei bekommen. Mir haben mehrere Sportkollegen bestätigt, dass es in Sport unfair ist, in erster Linie nach Leistung zu beurteilen. Natürlich, in anderen Fächern ist das ähnlich - aber da lernt man das Fach auch anständig in der Schule. Wer gut in Sport ist, hat diese "Fähigkeit" meist nicht im Unterricht erlernt, sondern außerhalb bzw. durch eine gewisse Veranlagung.

  • Die Mär des demographischen Wandels als Problemlöser für die Arbeitswelt wird dir nicht viel helfen, denn es


    1. werden erheblich weniger Arbeitskräfte in der Produktion/bestimmten Dienstleistungen (Banken, Investmentbereich (siehe Blackrock)) benötigt,


    2. Standard Dienstleistungssektoren bezahlen idR. im Vergleich zur Industrie erheblich schlechter.


    3. Die Qualität der nächsten Generation wird nicht dadurch automatisch besser nur weil sie weniger sind als die Babyboomer.


    Wer einem Schüler als Tipp mitgibt, er soll studieren wa ihm Spass macht handelt fahrlässig. Mit einem sicheren Beamtenstatus lässt es sich leicht solche Phrasen sagen.
    Ich zeige meinen Schülern lieber auf, welche Entwicklungen anstehen und ob sie mit einem anderen Studiengang ihre Hoffnungen erfüllen können (Haus/Wohnung, Familie, Urlaub). Ansonsten viel Spass in prekären Beschäftigungsverhältnissen.

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