Die Zukunft des Lateinunterrichtes

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich bin neu hier und hoffe, nichts falsch zu machen.


    Mich interessiert Ihre Meinung zu folgendem Thema: Der Zukunft des Lateinunterrichtes an deutschen Gymnasien. Wir hatten im Kollegium eine intensive Diskussion über eben dieses und da ich selbst Latein bis zum Abitur unterrichte, hoffe ich natürlich, dass Schüler auch in Zukunft mehr oder weniger fleißig ;) Latein lernen möchten.
    Allerdings gibt es ja immer wieder Meinungen, die sagen: Latein wäre überflüssig (tote Sprache etc.), Latein hätte keine Zukunft usw.



    Was mich interessier ist: Was ist Ihre Meinung zum Lateinunterricht? Und vor allem: Glauben Sie, dass der Lateinunterricht als ordentliches Schulfach in Deutschland Zukunft hat?

    In der Hoffnung, dass Sie sich alle momentan gut erholen und Ihnen ein angenehmes Osterfest wünschend


    Captain123.

  • Bei uns wählen derzeit bei der 1. Fremdsprache mehr SuS Latein als Französisch, auch bei der 2. Fremdsprache kommt i.d.R. immer ein Kurs zustande (der meist sogar größer ist als der Zweitsprachen-Französisch-Kurs). Unsere Lateinkollegen machen aber auch viel Werbung dafür und stellen die Vorteile vor. Auch wählen es immer wieder Schüler in der Oberstufe als Abifach (obwohl sie das Latinum schon mit dem Ablauf der EF hätten).

  • Bei uns wählen derzeit bei der 1. Fremdsprache mehr SuS Latein als Französisch, auch bei der 2. Fremdsprache kommt i.d.R. immer ein Kurs zustande (der meist sogar größer ist als der Zweitsprachen-Französisch-Kurs). Unsere Lateinkollegen machen aber auch viel Werbung dafür und stellen die Vorteile vor. Auch wählen es immer wieder Schüler in der Oberstufe als Abifach (obwohl sie das Latinum schon mit dem Ablauf der EF hätten).

    Das freut mich zu hören.
    Ja, Latein im Abi ist ein super Fach! Man muss verhältnismäßig echt wenig lernen und profitiert sehr von einem konsequenten Lernen in der Sek 1.
    Das ist es ja, was ich meinen Schülern immer versuche zu verklickern - Latein ist super-easy, man muss nur die ersten 3 Jahre gut am Ball bleiben, dann ist ein Sehr Gut in der Oberstufenklausur fast vorprogrammiert!

  • Unsere Lateinlehrer sagen immer:
    - Ihr habt später den Vorteil, dass ihr auf jeden Fall das Latinum habt. An der Uni ist es schwerer.
    - Ihr lernt Fremdsprachen leichter
    - Ihr lernt die deutsche Grammatik besser.


    Ich sehe noch den Vorteil, dass man bei manchen Fremdwörtern darauf verweisen kann, dass es aus dem Lateinischen stammt. Ich versuche es - an passenden Stellen - im Physikunterricht: In Nuklidtafeln ist als Halbwertszeit oft 1600 a angegeben (Die Zahl vor dem a kann varrieren). Wenn die SuS fragen, was das a bedeutet, kann ich sagen: a = anno = (lat.) Jahr
    Auch im Matheunterricht ist es von Vorteil: Kommutativgesetz? Was war das noch mal? kommutare = Vertauschen , ähnlich kann man es beim Assoziativgesetz machen.


    Ich denke auch, dass die Schüler durch Latein gewzungen werden genau zu arbeiten, genau zu lesen und das kommt - im Idealfall - allen Fächern zugute.


    (Und das sage ich, obwohl ich kein Latein in der Schule hatte, sondern Französisch. Ich mochte diese Fremdsprache aber nie).

  • Das a hast du im Alltag bei Banken. Zinsen werden immer p.a. angegeben :top:


    Bezüglich der Unis sind Bestrebungen meines Wissens vorhanden, das Latinum als Pflicht in einigen Studiengängen zu streichen. Es gilt ja in den Studiengängen als die Hürde.

  • Wenn es Latein an der Realschule gäbe, wäre ich sofort dabei das unterrichten zu wollen.
    In meiner Schulzeit war nach der 11.1 mit dem Latinum Schluss. War schade.
    Gebraucht an der Uni habe ich es letztendlich bei meinen Fächern nicht. Hilft aber bei Erklärungen von Fachbegriffen etc.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.


  • Was mich interessier ist: Was ist Ihre Meinung zum Lateinunterricht? Und vor allem: Glauben Sie, dass der Lateinunterricht als ordentliches Schulfach in Deutschland Zukunft hat?

    1. Meine Meinung ist, dass Latein verpflichtend die erste Fremdsprache werden sollte.


    2. Ich glaube, dass der Lateinunterricht in Deutschland so gut wie keine Zukunft hat - leider.

  • In Schleswig-Holstein sieht es, zumindest stellentechnisch (und das hat ja meist mit den Schülerzahlen zu tun), eher mau aus mit Latein.
    Fast alle meine Studienkollegen haben hauptsächlich eine Stelle für ihr Zweitfach bekommen.


    Für mich persönlich ist Latein als ganzheitliches Fach enorm wichtig: Man bildet sich in Geschichte, Philosophie, Sprache und Literatur und das ganz ohne großen Aufwand. Das bringt das Fach so mit sich.
    Realistisch gesehen, muss ich mich allerdings meinem Vorschreiber anschließen: zwangsläufig wird Latein wohl ein Orchideenfach, wie Altgriechisch, werden, da immer mehr Unis das Latinum abschaffen wollen.

  • In den modernen Fremdsprachen kommt halt auch noch die Aussprache dazu - eine ganze Menge SuS hat schon mit Englisch Schwierigkeiten, darum ist Latein diesbezüglich eine gute Wahl.
    Darüber hinaus ist mir Latein in Deutsch behilflich, SuS mit Lateinkenntnissen haben einfach mehr Fremdwörter drauf oder zumindest einen größeren passiven Wortschatz. Wer in Latein gut ist, muss auch gut übersetzen/texten können - das ist eine gute Voraussetzung für Aufsätze. Nicht verschweigen will ich dabei die starke Strukturiertheit vieler lateinischer Lektüren - Leute mit Lateinkenntnissen kommen den Strukturen von modernen Texten z.B. in der strukturierten Textwiedergabe besser auf die Spur. Auch Grundkenntnisse der Rhetorik werden automatisch mit erworben - kar, wenn man sich schon als Neuntklässler Gedanken darüber macht, warum Cäsar die Gegner überhöht darstellt.


    Ich kann mir kaum vorstellen, wie ein Geschichtsstudium ohne Lateinkenntnisse ablaufen soll, aber das ist natürlich auch so ein Orchideenfach.

  • Die nächstgelegene Uni (NRW), vermutlich auch alle NRW-Unis, hat seit diesem Uni-Jahr keine Latein-Pflicht mehr (nicht mal miniklein) für die romanistischen Sprachen.
    Wegen Geschichte müsste ich nachgucken.
    Meiner Meinung nach ein Unding.


    Ich 'kämpfe' zwar als Franz-Lehrerin gegen Latein um die Schüler, bei und hält sich das die Waage, wobei viele zu Französisch im Hinblick auf einen spättren Wechsel auf die Realschule beraten werden, also grosse Liebe für eine der Sprachen ist es selten.


    Ich selbst 'genoss' das französische Schulsystem, wo Latein kein Ersatz für eine Fremdsprache ist, sondern eine Ergänzung für interessierte, 'gute' Schüler. Ich hab ganzheitlich und von der Struktur so sehr profitiert, wie von keinem anderen Fach. Es war auch mein LK und ich hätte es auch studiert, es war mir doch in Deutschland zu tricky, Latein-Deutsch-Latein zu übersetzen.
    (Vermutlich aus diesen Gründen wurde Latein vor ca. 2 Jahren in Frankreich um ca. 2/3 Stellen gestrichen. Wir wollen ja keine abgehobenen Eliten bilden, sondern brave mittelmässige Bürger.)


    Bei uns an der Schule hat Latein in der Mittelstufe eine gute Zukunft. Danach nicht mehr. Genauso wie die andere 2. Fremdsprache :-(

  • Nach dem Pisa-Schock erlebte Latein eine wahre Renaissance, inzwischen hat sich die aber wohl etwas abgekühlt. Während des Latein-Booms gingen auch eine Menge Lateinlehrer in Pension, so dass es erst einmal nicht genug Nachschub gab. Deshalb bestreitet ein großer Teil von Quereinsteigern den Fachunterricht und besetzt die entsprechenden Stellen. Leider wurde zeitgleich in der Studienberatung Latein als gesuchtes Mangelfach derartig massiv beworben, dass sich die altertumskundlichen Institute zeitweise vor Studienanfängern nicht retten konnte. Zwar haben viele davon ihr Lateinstudium wieder abgebrochen, weil man dafür - Überraschung! - Latein können musste, aber diejenigen, die durchgekommen sind, stehen nun vielfach ohne Stelle da, weil ja die Quereinsteiger die Stellen besetzen.
    Da hat der Schweinezyklus voll zugeschlagen.


    In meiner Gegend ist Latein übrigens auch an Gesamtschulen fest etabliert. Ich fürchte nicht um die Zukunft des Faches.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • In den Bereichen, in denen es als Fachsprache genutzt wird oder man Quellen im Original lesen muss/soll, gerne.
    Ansonsten empfinde ich das lernen toter Sprachen als ziemlich sinnfrei.


    Unsere Lateinlehrer sagen immer:
    - Ihr habt später den Vorteil, dass ihr auf jeden Fall das Latinum habt. An der Uni ist es schwerer.
    - Ihr lernt Fremdsprachen leichter
    - Ihr lernt die deutsche Grammatik besser.

    - Ich sähe eher einen Vorteil in einer soliden naturwissenaschaftlichen Basis.
    - Das halte ich in dieser Pauschalität für Blödsinn.
    - Och, viele Leute hatten kein Latein und drücken sich angemessen aus, insofern sehe ich das Argument nicht.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Ab wie vielen Fremdsprachen, die man sonst noch lernt, "lohnt" es sich denn, Latein zu können?


    Klar, wenn ich alle romanischen Sprachen lernen möchte, ist es sicher hilfreich, Latein zu können. Nur wer macht das? Nur um z.B. Spanisch zu lernen, lernt man doch wohl effektiver gleich Spanisch.


    Ich bin kein Sprachenlehrer. Ich beobachte aber, dass Latein viel strukturierter unterrichtet wird als andere Fremdsprachen. Sprachen wie Englisch werden offenbar mehr in "Papageienmethode" unterrichtet, man plappert nach, ohne die Prinzipien verstanden zu haben.


    Dass da eine Sprache wie Latein mehr Struktur hineinbringt, liegt dann weniger an der Sprache selbst als daran, wie sie unterrichtet wird. Warum unterrichtet man andere Fremdsprachen nicht auch etwas "strukturierter"? Müsste man dann nicht auch die eigenen Grammatikkenntnisse stärken?


    Ich leite mir viele Fremdwörter auch aus dem Englischen her. Ich habe das große Latinum, kann aber praktisch gar kein Latein mehr. Natürlich weiß ich nicht, was es mir im Endeffekt doch gebracht hat.


    Wer aber Geschichte studiert sollte m.E. unbedingt Latein können. Das kann man aber auch an der Uni noch lernen.

  • Ich gehöre zu denjenigen, für die Latein immer eine Quälerei war.


    Ich musste Latein als 2. Fremdsprache wählen, weil ich mich für den neusprachlichen Zweig entschieden hatte. Ich hatte aber weder Interesse daran noch hat sich mir der Sinn hinter dem Erlernen einer toten Sprache erschlossen.


    Ich war sehr gut in Englisch und passabel in meiner 3. Fremdsprache, aber immer schlecht in Latein. Ich habe es bis zum Latinum geschafft, aber gerade so und nur dank der Zusatzfragen ab Klasse 10 (oder 9?).


    Im Übrigen kann ich auch nicht nachvollziehen, dass Latein eine tolle Grundlage für Logik, Grammatik, Ausdruck oder das Erlernen romanischer Sprachen sein soll.
    Ich war immer gut in Deutsch, obwohl ich in Latein so schlecht war.
    Später war mir Latein beim Erlernen von Italienisch und Spanisch sogar eher hinderlich, weil ich da dauernd alles verwechselt habe.


    In einer globalisierten Welt finde ich moderne Fremdsprachen wesentlich sinnvoller als Latein.
    Für Interessierte kann Latein ja Wahlfach bleiben.


    Natürlich mag es sinnvoll sein, Orginalquellen lesen zu können, wenn man später Geschichte studieren möchte. Aber das Argument könnte man auch bezüglich Altgriechisch, Hebräisch und eigentlich auch aller modernen Sprachen anführen.

  • doch, latein ist eine gute grundlage für all das genannte. außerdem siebt es am gymnasium, genau wie mathe und physik und deutsch (einen ehrlichen deutschlehrer vorausgesetzt), da die aufgaben ihrer natur nach irgendwann v.a. transferaufgaben sind, für die man nicht wirklich durch fleiß was tun kann (also, der fleiß muss noch dazukommen, danach geht's fast nur noch um abstraktionsvermögen und problemlösendes denken).


    außerdem: allgemeinbildung. latein ist einfach ein grundbaustein der abendländischn kultur, und die weiterzugeben ist wichtig. von persönlichkeitsbildung mal gar nicht zu reden. humanismus ohne latein ist kein humanismus. man versteht nur, was ist, wenn man versteht, was war, und dazu muss ich die sprache können.


    (ja, altgriechisch ist auch toll, aber vermutlich mittlerweile zu sehr nische.)

  • Hmm ... meine älteren Kollegen (also wirklich die, die kurz vor der Rente sind) loben immer noch die Latein-Schüler als besonders fleißig und diszipliniert. Ich beobachte nun schon seit mehreren Jahren, dass ausgerechnet die Latein-Schüler in meinen Fächern (Chemie und Physik) die mit Abstand schlechteste Schüler-Population stellen. Mich wundert das ehrlich gesagt, denn so ganz naiv hätte ich jetzt auch behauptet, wer Latein wählt, bringt per se eine gute Portion Selbstdisziplin und Interesse an einer breiten Allgemeinbildung mit. Der Latein-Schüler an sich scheint auch nicht mehr das zu sein, was er mal war ;)


    Das hier



    In den modernen Fremdsprachen kommt halt auch noch die Aussprache dazu - eine ganze Menge SuS hat schon mit Englisch Schwierigkeiten, darum ist Latein diesbezüglich eine gute Wahl.

    finde ich aber ein komisches Argument pro Latein. Natürlich lernt man eine Fremdsprache in erster Linie um sie auch zu sprechen. Latein hat für mich wenig bis gar nichts mit Sprache zu tun, sondern - wie schon mehrfach erwähnt - vor allem mit historischer und kultureller Bildung.


    Ich hab selbst kein Latein gelernt und trotzdem nie Mühe gehabt mit dem Erlernen moderner Fremdsprachen. Als Naturwissenschaftlerin präferiere ich auch beim Sprachen lernen die systematische Herangehensweise, von daher hätte ich wahrscheinlich sogar noch Spaß an Latein gehabt. Man kann aber auch z. B. Spanisch systematisch lernen. Ist mir aber auch erst klar geworden, seit ich mich außerhalb des Mikrokosmos Schule mit dem Erlernen diverser Fremdsprachen beschäftige. ;)

  • Ich sehe bei uns an der Schule, dass viele Schüler als 2. Fremdsprache Latein lernen, weil sie mit Sprachen Probleme haben und der Vorteil im Lateinischen darin liegt, dass alles so geschrieben wird, wie es ausgesprochen wird.
    Aus genau diesem Grund haben meine Eltern damals für mich eine Schule mit Latein als 1. Fremdsprache (ab Klasse 5) gewählt.
    Ich selbst fand Latein ziemlich langweilig und wir haben auch sehr viele Texte über irgendwelche Schlachten übersetzt, die mich überhaupt nicht interessiert haben. Ich vermute zwar stark, dass der heutige Lateinunterricht anprechender und interessanter gestaltet wird, ich selbst finde es aber einfach sinnvoller eine Sprache zu lernen, in der man sich auch unterhalten kann. Die Vorteile, die es mit sich bringt, Latein gelernt zu haben, d.h. gute Grammtikkentnisse und einfache Herleitung von Fremdwörtern, könnte man meines Erachtens auch in anderen Fächern, erlernen.
    Außerdem bin ich der Meinung, dass man Schüler, die sich schon mit Deutsch und Englisch quälen, nicht auch noch eine weitere Fremsprache zumuten sollte.

  • Ich habe gerade mal bei mehreren NRW-Unis bei Romanistik geschaut; in Bochum z.B. braucht man für das Lehramt das Latinum, in Köln für das Bachelorstudium Kenntnis auf Ebene des Kleinen Latinums. Scheint mir auch sinnvoll.

  • Außerdem bin ich der Meinung, dass man Schüler, die sich schon mit Deutsch und Englisch quälen, nicht auch noch eine weitere Fremsprache zumuten sollte.

    Also generell nur eine Fremdsprache?


    Mein Englisch- und Französischunterricht hat nicht dazu geführt, dass ich mich in einer dieser Sprachen unterhalten konnte. Mein Englisch entwickelte sich erst einige Jahre später so, dass ich es halbwegs sprechen kann. Die paar Fetzen Französisch haben sich ganz schnell nach der zehnten Klasse aufgelöst.
    Für mich wäre Latein die bessere Wahl gewesen.

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