Unterrichtsstörungen - eine Befragung von Lehrkräften

  • Gerne nehme ich an der Umfrage teil Frl. Lilli. Mich würde aber interessieren, ob wir auch daran teilhaben werden, was das Ergebnis der Umfrage ist? Meist ist es ja leider so, das man sich die Zeit nimmt und die Mühe macht an einer solchen Umfrage teilzunehmen und dann nie wieder etwas davon hört.

  • Hallo Schwamm,
    herzlichen dank!
    Sehr gerne teile ich hier auch die Ergebnisse.


    Ich hatte mir im Vorfeld schon Gedanken dazu gemacht. Es hätte die Möglichkeit gegeben über die Angabe der Emailadresse die Ergebnisse nach der Befragung an alle Teilnehmer zu verschicken, aber dann wäre die Umfrage nicht mehr anonym gewesen, daher hatte ich mich dagegen entschieden.


    Aber ich werde sie dann hier online stellen und hoffe, dass es alle Interessierten auch erreicht.

  • Ich habe mich jetzt durchgeklickt und bin wirklich gespannt auf die Auswertung, da es gefühlt in der Studie um die Akzeptanz von Lehrern der zugrundeliegenden Theorien ging. ;)

  • So, die Arbeit ist abgegeben und ich habe nun endlich Zeit euch Ausschnitte meiner Ergebnisse zu präsentieren.


    Ich wollte herausfinden, auf welches pädagogische Wissen Lehrkräfte in Bezug auf Erklärungsansätze zum Umgang mit Unterrichtsstörungen zurückgreifen und inwiefern diese mit ihren konkreten Handlungsanweisungen übereinstimmen.


    Dafür habe ich in Anlehnung an Palmowski und Hillenbrand den Fragebogen entwickelt, der zentrale Aussagen über fünf Erklärungsmodellen (Psychodynamisches, verhaltenstheoretisches, kognitivistisches, soziologisches und ökologisches (Systemtheorie) Modell) über Unterrichtsstörungen enthält. Zu jedem Modell wurden Aussagen vereinigt, die die folgenden vier Ebenen berühren:
    - Allgemeine Ebene
    - Schülerebene
    - Unterrichtsebene
    - und Handlungsebene.


  • Es haben 124 Lehrerinnen und Lehrer teilgenommen, von denen ich drei Fragebögen aufgrund unzulässiger Mehrfachnennungen leider ausschließen musste.
    Ich habe eine Häufigkeitsanalyse erstellt, die folgende Ergebnisse hatte:



  • Es ist gar nicht so einfach mein Ergebnis und meine Interpretation kurz zusammenzufassen, aber ich versuche es mal!


    Insgesamt betrachtet zeigten sich hohe Zustimmungswerte in Bezug auf die einzelnenItems. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es für die befragten Lehrerinnen und Lehrer anscheinendkein Problem darstellt verschiedene wissenschaftliche Theorien anzuerkennen und inihrem professionellen Handeln auf verschiedene handlungspragmatische Lehrsätze dereinzelnen Modelle zurückzugreifen.
    Mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworteten die Items durchgängig mit „trifft eher zu“ oder„trifft voll zu“. Sie bringen dadurch zum Ausdruck, dass sich nach ihrem Verständnis dieeinzelnen Modelle nicht ausschließen. In ihrem Handeln kombinieren sie dann beispielsweise verhaltenstherapeutische Maßnahmen mit entsprechenden Handlungsroutinen, diesich aus dem psychodynamischen oder soziologischen Ansatz ableiten lassen.


    Diese Erkenntnis lässt sich in Hinblick auf die theoretische Diskussion einordnen. So wirdimmer wieder gefragt, ob die verschiedenen Modelle für sich alleine stehen oder ob jedesder Modelle akzeptiert werden kann. Juul fragt beispielsweise, ob durch die Synthese allerModelle ein eigenes (Meta-) Modell konzipiert werden kann. Ein solches Modell beruht aufden jeweils besten Teilen der verschiedenen Modelle und kann die Fortschritte vereinen. Andere Autoren sehen dies hingegen kritisch, da ein solches Vorgehendie Unvereinbarkeit und Konkurrenz der einzelnen Modelle übersieht. So unterscheidensich die Modelle beispielsweise in Hinblick auf das dahinterliegende Menschenbild, sodass Hillenbrand in diesem Zusammenhang abwertend von „Eklizismus“ spricht.
    Die Auswertung der Befragung zeigt hingegen, dass es für die meisten Teilnehmerinnenund Teilnehmer kein Problem darstellt die verschiedenen Modelle zu akzeptieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem ein Blick auf die Items zur „AllgemeinenEbene“. Hier werden die Unterschiede der einzelnen Modelle besonders deutlich, da zentrale Begriffe definiert werden, die letztlich auch das Menschenbild betreffen (siehe Item 3-7). Dabei wird deutlich, dass die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht so ant-worten, als würden sich die Antworten gegenseitig ausschließen. Stattdessen artikulierensie für die Grundsätze der verschiedenen theoretischen Modelle gleichzeitig Zustimmung,wobei durchaus auch eine Präferenz bezüglich des einen oder anderen Modells zumAusdruck kommt.



    Als wesentliche Erkenntnis lässt sich festhalten, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrem Rückgriff auf ihr pädagogisches Wissen an einem breiten Spektrum zugrundeliegender Grundannahmen und Handlungsanweisungen bedienen. Keines der fünfErklärungsmodelle wird vollkommen abgelehnt. Vor allem die vier folgenden Modelle erhalten hohe Zustimmungswerte: Psychodynamisches Modell, VerhaltenstheoretischesModell, Ökologisches Modell und Kognitivistisches Modell.
    Lediglich das soziologische Modell hat insgesamt betrachtet niedrigere Zustimmungswerte.Inwiefern dieses Ergebnis tatsächlich auf den Rückgriff des pädagogischen Wissens derLehrkräfte in Bezug auf das soziologische Erklärungsmodell zurückzuführen ist, oder inwiefern einzelne Formulierungen im Fragebogen von Bedeutung sind, kann nicht endgültig entschieden werden.


    Vielen herzlichen Dank nochmal an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer!

  • Bei mir werden die Tabellen leider nicht angezeigt.


    Dennoch danke ich dir schonmal, dass du deine Ergebnisse hier veröffentlichst. Es ist schön, auch mal eine Rückmeldung zu einer der zahlreichen Studien zu erhalten, an denen teilzunehmen wir hier immer häufiger gebeten werden. Genieße die nun hoffentlich freie Zeit nach der Abgabe deiner Arbeit!

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Bei mir auch. Windows 10 Firefox 56


    Danke, dass du die Ergebnisse mit uns teilst. Man hört viel zu selten noch was nach Umfragen.

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!


  • Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es für die befragten Lehrerinnen und Lehrer anscheinendkein Problem darstellt verschiedene wissenschaftliche Theorien anzuerkennen und inihrem professionellen Handeln auf verschiedene handlungspragmatische Lehrsätze dereinzelnen Modelle zurückzugreifen.

    Ich halte diese Schlussfolgerung für problematisch, da der Fragebogen eine Antwort auf die Frage ohne jedes tiefere Wissen über wissenschaftliche Erklärungsmodelle erlaubt hat. Ich für meinen Teil habe niemals ein Lehramtsstudium absolviert und mir sind deren Erträge reichlich gleichgültig. Der Erfahrung nach stehe ich mit so einer Einschätzung nicht alleine da. Trotzdem befinde ich mich größtenteils, soweit ich mich erinnere, im Durchschnitt der Antworten wieder.


    Pass auf, dass deine Arbeit nicht über einen Zirkelschluss eine Bedeutung pädagogischer Modelle konstruiert, wo diese nicht vorliegt!

  • Danke für deine Mühe! (Ich kann die Tabellen auf dem iPad sehen...)

    ...
    Pass auf, dass deine Arbeit nicht über einen Zirkelschluss eine Bedeutung pädagogischer Modelle konstruiert, wo diese nicht vorliegt!

    Ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstehe. Aber Menschenbildannahmen und Ursachenzuschreibung von Verhalten hat doch jeder, egal, ob er dafür einen Namen hat. Und das wiederum unterscheidet, wie man darauf reagiert.


    Wobei das auch vom Kind abhängt, vom Verhalten, von der jeweiligen Situation... und jemand kann verhaltenspädagogisch Token einsetzen und kognitivistisch über Gefühle und Handlungsalternativen reden wenn er/sie Erfolge im Unterricht dabei sieht und trotzdem finden, dass die (vermuteten) familiären Ursachen damit nicht beseitigt sind...

Werbung