Wie geht ihr mit den ständigen Notendiskussionen um?

  • Ich gebe Tests und Arbeiten stets direkt am Anfang einer Stunde zurück

    Mache ich auch. Allerdings bespreche ich die Arbeiten nicht, da ich ja jedem schon individuell aufs Blatt geschrieben habe, was falsch war und wie es hätte richtig sein müssen. In Ausnahmefällen, wenn die ganze Klasse etwas aus meiner Sicht besonders Wichtiges komplett verkackt hat, bespreche ich mal einzelne Aufgaben. Ich habe für mich persönlich die Erfahrung gemacht, dass die Rückgabe einer Arbeit umso weniger aufregend für die SuS wird, je weniger Aufhebens ich selbst drum mache. Es ist eine von 5 Einzelnoten pro Schuljahr und wenn diese eine Note nun schlecht ist, kann man es ja die nächsten 4 mal besser machen.

  • wann hast du der schülerin einen satz korrigiert? und wann ein zweites mal?

    Ich habe eine Klasse in Deutsch, und die müssen anstatt einer Klausur im 1. HJ eine komplette Bewerbung verfassen, Deckblatt, Anschreiben, Lebenslauf etc.
    Ich bespreche das Schritt für Schritt mit denen im Unterricht und lese dann irgendwann die (fast) fertigen Bewerbungen, bevor die SuS die zur Benotung abgeben.
    Das ist im Bildungsgang so gewünscht, da danach ein Projekt folgt, in dem die SuS im Praktikum sind und mit diesen Bewerbungen simulieren, sich in ihrer Praktikumsstelle zu bewerben, inclusive Vorstellungsgespräch.
    Wer also zeitig dran ist, kann durch mich schon mal mindestens auf eine 2 kommen. Es geht um relativ schwache SuS und die Bildungsgangleitung wünscht das so, damit wir eine "gute" Außenwirkung haben. Auch nach der Benotung und Korrektur muss ich mich mit jedem einzelnen noch mal hinsetzen und sprachliche Dinge korrigieren - damit wir halt eben eine gute Außenwirkung haben.


    Nun habe ich mich mit Schülerin xy hingesetzt und in dem grammatisch nicht immer schönen Wirrwarr korrigiert. Ich habe einen Satz so umgestellt, dass er zumindest besser klang. Bei der Korrektur zur Benotung fand ich den Satz immer noch korrigierbar und habe ihn umgestellt/ anders formuliert. Das gab dann Theater.


    Ich habe jetzt mal alle Kriterien (Layout, Vollständigkeit, Foto eingescannt, Schreibstil etc.) getippt und werde das nächste Mal diesen Zettel austeilen, bevor ich die Reihe starte. Denn das bekommen nicht alle gleich hin und dann ist es einfacher für mich.


    Aber: Ich muss zugeben, dass ich mit dieser Regelung im Bildungsgang nicht glücklich bin, denn dann kommt ja genau so was raus wie bei Schülerin XY. Aber wenn ich die Bewertungen nicht gründlich korrigiere, bevor ich sie zur Benotung einsammele, sind sie z.T. unterirdisch, und den SuS bleibt nach der Rückgabe immer nur eine Woche Zeit, sie zu korrigieren. Da schaffe ich es nicht, da 25 tolle Bewerbungen draus zu machen. genau das will aber die Bildungsgangleitung - unsere SuS sollen in den Praxisstellen toll dastehen, damit der Bildungsgang an dieser Schule einen guten Ruf hat.


    Hat jemand einen Tipp für mich?

  • Das klingt eher so, als ob eher die Organisation innerhalb eures Bildungsganges das Problem ist als die Notengebung selber. Natürlich gibt es keine Schule, die sich selbst gerne als Brennpunktschule präsentieren - am Ende will jeder gut dastehen. Genauso nachvollziehbar ist, dass ihr leistungsschwache Schüler beim Übergang in den Beruf unterstützen wollt. Ich gehe davon aus, dass du am Anfang die Kriterien für die Anfertigung der Prüfungsleistung erläutert hast. Wenn du jedoch im Nachhinein derart viel nachjustieren musst - dann kann die Schülerleistung nicht mehr mit 2 bewertet werden. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht einmal sicher, ob damit die Minimalanforderung zum Bestehen (=Note 4) erfüllt ist.

  • und wenn du mehrere Noten machst? Anschreiben erarbeiten- Note. Deckblatt- Note... Dann wird die komplett korrigierte Version erst rausgegeben.
    Du kannst ja schlecht mit jedem das Ding Wort für Wort durchgehen und dann ne Note machen?

  • Oder eine Note für die erste Version (66%) und dann eine Note für die finale Version, die noch 33% zählt? So kann sich jeder Schüler verbessern, muss aber schon bei der ersten Version selbständig etwas leisten.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Aah ... sowas dachte ich mir schon, als ich den Satz mit der ersten und zweiten Korrektur gelesen habe. Wir machen das bei der Projektarbeit so und haben uns drauf geeinigt, dass die erste Abgabe des Berichts explizit *nicht* in die finale Bewertung einfliesst. Dafür gebe ich aber ein sehr detailliertes, schriftliches Feedback zur ersten Abgabe ab, damit auch jeder noch so schwache Schüler die Gelegenheit hat, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten zu verbessern. Wir geben auch eine schriftliche Anleitung zum Schreiben eines Projektberichts raus (Layout, wie muss zitiert werden, etc.), so wie Du das jetzt eben auch vorhast.


    Ich hab's nun in der letzten Runde so gemacht, dass ich schon die erste Abgabe nach den formalen Kriterien bewertet habe um den SuS zu zeigen, was sie für eine Note bekämen, wäre jetzt die finale Abgabe. Wir haben einen Bewertungsbogen, auf dem Punkte für einzelne Bereiche (Layout, Sprache, Inhalt, etc.) gegeben werden, mit dem ich dann zeigen kann, wo eben Punkte fehlen und was man konkret verbessern müsste.


    Bei so einer Art von Arbeit sehe ich die Notendiskussion ja fast schon als Teil des Prozesses. Natürlich muss sie aber sachlich bleiben und darf nicht ins Feilschen ausarten! Von daher würde ich Dir immer noch empfehlen, Dich notfalls schriftlich auf so ein Gespräch vorzubereiten und es aktiv zu beenden wenn Du der Ansicht bist, Du hast jetzt alles hinlänglich erklärt und Schüler xy will jetzt nur noch nörgeln.

  • Ich finde deine Erklärung absolut einleuchtend. Wenn ich einen ganz krummen und schiefen (sprachlich: mangelhaften) Text korrigiere geht es mir auch darum, erstmal eine grundlegende Satzstruktur herzustellen (insb. Subjekt, Verb und Objekt an die richtigen Stellen zu rücken; sagen wir: das ist dan sprachlich ausreichend). Nun ist der Text grundlegend verständlich, aber keine Poesie. Wenn ich nochmal drüberlese (um z.B. nochmal nachzulesen, was in dem Kauderwelsch denn nun inhaltlich [nicht] drinsteckte) könnte ich meist alles nochmal weiter korrigieren, um es nun nicht grammatikalisch und auf Satzbauebene, sondern stilistisch aufzubessern (befriedigende oder gute Darstellungsleistung). Und bei einem weiteren Kontrollgang könnte ich versuchen alles nochmal weiter aufzupolieren.
    Dass du Kauderwelsch nicht im ersten Durchgang in Reinform verwandelst kann man dir meiner Meinung nach nicht vorwerfen, insbesondere wenn es nur um eine Vorbesprechung/ Zwischenleistung und keine Endkorrektur geht. Du sollst ja nicht das Endprodukt für deine Schüler erstellen (wo kommen wir denn da hin??), sondern Hilfestellung beim Arbeitsprozess bieten. Und das hast du getan. Dass du aus einer 5 keine 1 zauberst, sondern vielleicht zur guten 4 sodass von dort aus mit Eigeninitiative der Schülerin eine 3 machbar wäre, halte ich für realistisch. Dass du aber, wenn sie dir die befriedigende Leistung dann abgibt, du eben noch weitere Korrekturen anbringst (weil die Messlatte letztendlich natürlich die 1 ist), ist doch klar. Da gibt es keinen Grund sich aufzuregen und das würde ich auch genau so benennen. Keine Diskussion an dieser Stelle.
    Alles andere wäre hanebüchen. Man stelle sich vor die Schüler würden irgendeinen Mist abgeben und du wärst verpflichtet das nun auf 1er-Niveau zu korrigieren und das dann durch dich erstellte Endprodukt zu bewerten. Wo bliebe denn da noch die eigene Leistung der Schüler? DU musst ja nicht das sehr gute Niveau erreichen und dann am Ende deine eigene Leistung bewerten, sondern deine Schüler sollen sich bittesehr selbst hinsetzen und ausgehend von deinen Verbesserungsvorschlägen selbst an ihrem Werk arbeiten.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Was auch hilft: Einem reklamierenden Schüler einfach mal die Note um eine Viertelnote schlechter machen.


    Ich nehme Reklamationen immer nochmal mit nach Hause und wenn man dann einfach noch ein paar weitere Fehler entdeckt, sind es dann halt auch mal schnell 7 statt 8 Notenpunkte... Sowas spricht sich rum... ;)

    Und weil man seine Pappenheimer ja bald kennt, weiß man auch, bei welchen Kandidaten man sich beim Zusammenrechnen mal um einen halben Punkt vertun könnte, während man ein paar Fehlerchen unangestrichen lässt... "So, ich hab mich verrechnet, na lass mal sehen... oh, Du hast recht. Aber warte mal, hier ist noch ein Fehler und da und da... oh, jetzt muss ich Dir doch noch nen Notenpunkt abziehen... wie schade!"

  • Ist das denn überhaupt legal? Ich erinnere mich noch an meine Schulzeit (primär Sek I), in der es mal hieß, dass die Note einer Klausur nachträglich nur nach oben, aber nicht nach unten korrigiert werden darf. Gibt es dazu eine gesetzliche Regelung?


    Davon mal abgesehen, dass es wohl ein Problem hinsichtlich der Objektivität von Leistungsbeurteilungen wäre, wenn bei der Klausur von Hans absichtlich Fehler übersehen werden und bei Franz "normal" streng kontrolliert wird.

    • Offizieller Beitrag

    das ist eine Legende.


    SchülerInnen haben ein Recht auf die richtige Beurteilung der erbrachten Leistung.
    Natürlich kann man menschlich entscheiden, dass man es danach nicht mehr absenkt, wenn es eh nur um 1-2 Punkte geht, und man will, dass SchülerInnen keine Angst haben, Nachfragen zu ihren Arbeiten zu stellen, aber was würdest du sagen, wenn jemand durch einen total doofen Rechenfehler eine 3 hat, aber eine 5 haben müsste? Das ist keine reale Beurteilung seiner Leistung.

  • Anekdote: Ich hatte mal einen Schüler (dessen Frau Lehrerin ist) der darauf bestanden hat, dass ich seine Note wg. eines von mir übersehen Fehlers verschlechtere, obwohl er insgesamt zwischen zwei Noten stand.



    Eine Frage an diejenigen mit Feilschern:
    habt ihr das Feilschen mal richtig thematisiert, also nicht nur zwischen Tür und Angel ("Och Tommy, nicht schon wieder diese Feilscherei!"), sondern mal fünf Minuten genommen und mit dem/den Betreffenden hingesetzt und in Ruhe darüber geredet?

  • Davon mal abgesehen, dass es wohl ein Problem hinsichtlich der Objektivität von Leistungsbeurteilungen wäre, wenn bei der Klausur von Hans absichtlich Fehler übersehen werden und bei Franz "normal" streng kontrolliert wird.

    siehe Signatur.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

    • Offizieller Beitrag

    Anekdote: Ich hatte mal einen Schüler (dessen Frau Lehrerin ist) der darauf bestanden hat, dass ich seine Note wg. eines von mir übersehen Fehlers verschlechtere, obwohl er insgesamt zwischen zwei Noten stand.



    Eine Frage an diejenigen mit Feilschern:
    habt ihr das Feilschen mal richtig thematisiert, also nicht nur zwischen Tür und Angel ("Och Tommy, nicht schon wieder diese Feilscherei!"), sondern mal fünf Minuten genommen und mit dem/den Betreffenden hingesetzt und in Ruhe darüber geredet?

    Mal so mal so. Wenn jemand aus Prinzip feilscht, beißt er bei mir auf Granit.
    In Ruhe reden kann ich dann, wenn der Schüler mir entsprechende nachvollziehbare Argumente liefert. Das würde aber eine vorherige intensivere Auseinandersetzung mit der Klausur erfordern, was wie gesagt 90% der Schüler in der Regel nicht tun.

  • Mal so mal so. Wenn jemand aus Prinzip feilscht, beißt er bei mir auf Granit. In Ruhe reden kann ich dann, wenn der Schüler mir entsprechende nachvollziehbare Argumente liefert. Das würde aber eine vorherige intensivere Auseinandersetzung mit der Klausur erfordern, was wie gesagt 90% der Schüler in der Regel nicht tun.


    Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt: ich meinte schon das Feilschen per se, nicht "in Ruhe feilschen"!

  • Ist das denn überhaupt legal? Ich erinnere mich noch an meine Schulzeit (primär Sek I), in der es mal hieß, dass die Note einer Klausur nachträglich nur nach oben, aber nicht nach unten korrigiert werden darf. Gibt es dazu eine gesetzliche Regelung?

    Warum sollte es nachträglich nicht nach unten korrigiert werden dürfen, nach oben aber schon? Macht absolut keinen Sinn.


    Hab auch schonmal aus einer 2- eine 2-3 gemacht, weil ich falsch in der Tabelle geschaut hatte. Kommt halt vor. Wieso sollte ich das nicht berichtigen dürfen?

  • Auch ich dachte, dass das ernst gemeint wäre.

    Ach Gottchen, Ernst, Unernst, wenn man es immer so klar trennen könnte... nein, beim durchschnittlichen Schüler, der sich hin und wieder mal eine bessere Note meint erfeilschen zu müssen, würde ich das natürlich nicht machen. Bei einem hartnäckigen Fall, der JEDES Mal dasteht und diskutieren will, würde ich es mir überlegen - auch in dem Wissen, dass ich Gelegenheit haben werde, meine Versäumnisse nachzuholen. Und wenn er mich dieses eine Mal in Ruhe lässt: Nun, dann kriegt er eben dafür die bessere Note. Das ist im Übrigen nicht gerecht, aber lebensecht. Ich bin da wohl immer noch von meinen Jahren an der FOS/BOS geprägt, wo IMMER gefeilscht wurde und nach JEDER bekanntgegebenen Note die Taschenrechner auf dem Tisch lagen und der Schnitt tagesaktuell, aber meist falsch ausgerechnet wurde. Das ist halt der Effekt einer übersteigerten Wertschätzung von Noten.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Warum sollte es nachträglich nicht nach unten korrigiert werden dürfen, nach oben aber schon? Macht absolut keinen Sinn.
    Hab auch schonmal aus einer 2- eine 2-3 gemacht, weil ich falsch in der Tabelle geschaut hatte. Kommt halt vor. Wieso sollte ich das nicht berichtigen dürfen?

    Ich kann dazu nur mutmaßen, meine aber, dass es damit zu tun hat, dass der Schüler für sein zusätzliches "Engagement" nicht bestraft werden sollte und dass Fehler der Lehrkraft nie zulasten, sondern höchstens zugunsten der Schüler ausgelegt werden sollen. Ich habe mir aber ehrlich gesagt nie Gedanken darüber gemacht, da ich das (bis jetzt) für gängige Praxis hielt. Ich erinnere mich noch an einen Fall, der mich persönlich betraf: ein Französisch-Vokabeltest, den die Lehrerin recht zügig korrigierte (ich meine, dass das in einer Vertretungsstunde oder so war). Die Note war eine 1-. Nachträglich ist ihr noch ein Fehler aufgefallen, aber sie hat es dann gelassen, da die Note und Unterschrift schon unter der Arbeit standen.

  • Ist und bleibt trotzdem eine Legende, dass das nicht erlaubt ist. Wir sind verpflichtet, die Noten zu geben, die der Leistung entsprechen (bei aller Problematik, die damit verbunden ist), somit muss eine Korrektur nach unten möglich sein.
    Ist mir in den letzten 10 jahren einmal passiert. War mir nicht angenehm, ich habe der Schülerin versichert, dass eine Zuegnisnote nicht an der Frage hängt, ob die sounsovielte Arbeit eine 2- oder 3+ war.


    Zur Notenfeilscherei: Kommt bei mir zum Glück recht selten vor, ich warte aber noch immer auf das Gespräch beim Elternsprechtag, an dem mir eine Mutter mitteilt, dass ihr Kind beim bisherigen Fachlehrer immer eine schlechtere Note gehabt habe und dass meine Bewertung also nicht stimmen könne. Kommt komischerweise/menschlicherweise nur umgekehrt vor, wenn überhaupt.

  • Zur Notenfeilscherei:

    Bei einem extremen Feilscher, der dann auch immer gleich mit drei Klausuren der Mitschüler um die Ecke kam und die fremden Klausuren auch irgendwie verdammt gut auswendig kannte, habe ich sogar mal die anderen Vergleichsklausuren, die er mir da unter die Nase gehalten hat, nach unten korrigiert. "Oh, wenn das so ist, muß ich bei den anderen drei Klausuren auch noch jeweils 1,5 Punkte abziehen", was natürlich an der Note nichts mehr geändert hat, aber auf einmal waren alle hell wach. Danach war dann Ruhe und er war nicht mehr der große Klassenzampano sondern ein Einzelgänger. :zungeraus:
    Das war nämlich von den vier Schülern irgendwie so eine Gemeinschaftsaufgabe so lange zu feilschen bis die Unterrichtszeit rum ist.

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