IQB - Viertklässler rechnen und lesen und rechnen schlechter (zeit.de)

  • Ich bin überzeugt davon, dass die verpflichtende Ganztagsschule kommen wird - bald. Und bundesweit.


    Warum?


    Die Wahlangebote sorgen dafür, dass die Nachmittagsbetreuung häufig eine reine Kinderaufbewahrung ist. Gelernt kann nicht werden, weil ja viele
    aus der Klasse nicht da sind und nicht benachteiligt werden sollen. Eine gut durchdachte Ganztagsschule kann nur mit allen Kindern stattfinden.

    Warum werden Schüler benachteiligt, wenn zu Hause anstatt in der Ganztagsschule lernen? Das Problem ist eher das unqualifizierte Personal und die schlechte Mittelausstattung.


    In vielen anderen Ländern ist Ganztagsschule normal. Und die deutschen Kinder aus dem mittleren Bürgertum, bei denen jemand zu Hause ist und unterstützen kann, sind jetzt schon eine Minderheit. Die Zahlen? In Frankfurt sind es bei den unter 12-jährigen 75 % der Kinder mit einem Migrationshintergrund (auch viele EU-Ausländer!), in Augsburg sind es 61%, in Stuttgart sind es 55 %. Bei den unter 6-jährigen ist die Verteilung noch deutlicher. Im Rahmen von Integrationsleistungen und um sich europäisch anzupassen muss sich Schule umstellen.

    Bei den Zahlen sollte man dringendst darüber nachdenken, ob man die Migration nach Deutschland nicht stärker begrenzen sollte.


    Wir werden es uns eben nicht leisten können, uns auf die Position "Wer nicht will der hat schon" zurückzuziehen, vor allem nicht in der Primarstufe. Die Überprüfung wird einfach dichter, die Erfolgskontrollen werden zunehmen.

    Welche Überprüfung? Welche Erfolgskontrolle?


    Ich bin kein bedingungsloser Freund einer Ganztagsschule, ich kann die Mütter hier verstehen, ich denke aber, dass es die machbarste politische Reaktion auf die Testergebnisse sein wird. Ich bin auch schon gespannt, wann die Länder den Föderalismus in der Bildung aufgeben müssen, ich könnte mir vorstellen, dass die FDP hier klare Ansagen macht.

    Warum sollten Ganztagsschulen die Testergebnisse groß verbessern?

  • Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, mein Mann ebenso. In meinem Umfeld sind keine Akademikerhaushalte. Viele Arbeiterhaushalte. Sogar einige Alleinerziehende. Das geht schon abends noch 5 Minuten zu lesen.


    Ich komme auch nach diversen Therapien meiner Kinder oft erst nach 17 Uhr nach Hause. HA erledigt der Hort und das ist auch leistbar. Lesen kann man wunderbar abends gemeinsam.


    Die wenigen Ausnahmen, die kein Deutsch können, sind natürlich problematisch. Für die gibt es in HH aber Förderunterricht.


    Ich rede durchaus auch von der Mittelschicht, wo viele Eltern der Meinung sind, das müsse nun alles der Hort erledigen.

  • Ich bin überzeugt davon, dass die verpflichtende Ganztagsschule kommen wird - bald. Und bundesweit.



    Ich plädiere noch einmal dafür, Elternhäuser aus anderen Kulturen ganz dezidiert darüber aufzuklären, was von ihnen erwartet wird. Viele sind bereit, etwas zu ändern, wenn man mit ihnen spricht. Bitte auch hier Selbstreflexion, einen common sense darf man hier nicht voraussetzen.

    Ja danke für diese Idee. Habe ich ja noch nie gemacht. Natürlich führen wir viele Gespräche. Ich möchte mal behaupten mehr als jede andere Schulform. Dazu 3 Elternabende in Klasse 1. Lernentwicklungsgespräche oft mit Dolmetscher. Und oft ändert sich trotzdem nichts. Mal weil sie nicht wollen, mal weil sie nicht anders können. Das betrifft aber sozial schwache deutsche Familien ganz genauso.


    Übrigens sage ich den Eltern immer, dass sie HA eben nicht verbessern sollen. Die Zeit soll auch nicht groß überschritten werden.

  • Die Wahlangebote sorgen dafür, dass die Nachmittagsbetreuung häufig eine reine Kinderaufbewahrung ist. Gelernt kann nicht werden, weil ja viele aus der Klasse nicht da sind und nicht benachteiligt werden sollen. Eine gut durchdachte Ganztagsschule kann nur mit allen Kindern stattfinden.

    Meine Kinder waren in der Grundschulzeit nachmittags im Hort (ja, Glück gehabt, es gab einen und wir haben sogar Plätze bekommen), sie haben dort kurz Hausaufgaben gemacht und danach "nichts gelernt", sondern geklettert, gemalt, gewerkelt, gefilzt, gesungen, geflötet, Theater gespielt, getanzt, gebastelt, gestrickt, gehäkelt, fotografiert, sind ins Kino, Museum, zu Ausstellungen gegangen, wandern, forschen und haben viel, viel mit anderen Kindern gespielt. Es waren ganz normale Erzieherinnen und Erzieher da, mehrere, die im Wechsel immer mal etwas Neues angeboten haben.


    In der weiterführenden Schule habe ich die Kinder in der Ganztagsklasse angemeldet. Das war echt schrecklich. Alle 30 in einem Raum, von hilflosen Hilfslehrern auch schon vormittags kaum notdürftig beaufsichtigt, Höllenlärm, Gehampel und Gerenne (logisch!!), dazwischen Unterricht durch Lehrer. Superanstrengend und frustrierend für alle Beteiligten. Sobald es ging, habe ich sie da herausgenommen.


    Als Jugendliche war ich einige Jahre selbst auf einer Ganztagsschule. In dem Alter fand ich es nicht schrecklich, aber es war öde. Mich nachmittags anderswo auszutoben und auszuprobieren, hätte mir mit Sicherheit besser getan. Dass es für viele Kinder und Jugendliche von Vorteil wäre, wenn sie den Nachmittag in der Schule verbringen könnten, bestreite ich nicht. Aber ich finde, svwchris hat Recht. Lehrer sollten sich nicht für alles zuständig fühlen. Es gibt ein Leben außerhalb der Schule.

  • Lesenüben und Einmaleinsüben etc. muss! zu Hause geübt werden. Das kann weder Schule noch der Hort leisten.

    Genau, Lesen, Rechnen und die Uhr, alles andere läuft ausreichend gut in Schule und Hort. Sonst nur noch für Bewegung an der frischen Luft sorgen, Essen kochen, rechtzeitig schlafen schicken. Das wars, absolut machbar für die allermeisten, alleinerziehend hin, beruflich eingespannt her (bin ich beides auch). Sofern man sich überhaupt um seine Kinder kümmern möchte.

  • Ähh, Ratatouille, was das ironisch? "Lesen, rechnen und die Uhr" ist nicht Sache der Schule????
    Bitte kennzeichnen.


    Lieber Landlehrer, wenn in einer Ganztagsbetreuung eben am Unterrichtsstoff weitergearbeitet würde oder vertieft, wären die nicht anwesenden Kinder benachteiligt.


    In Bawü werden die Überprüfungen kommen, recht massiv sogar. Für Bayern kann ich nichts sagen.


    Die Ganztagsschule bietet die Vorteile, stärker zu fördern, den Eltern Gelegenheit zum Arbeiten zu geben, kulturelle Hindernisse zu überwinden, auch Alltagskenntnisse zu erlangen, die nicht mehr alle Kinder haben.
    Eine funktionierende Ganztagsschule wird sicher nicht wie heute ablaufen, auch ganz andere Zeiteinheiten und Räume brauchen - zum Essen, zur Erholung, zum Musizieren und zum Bewegen. Ich sehe nicht, dass das über Vereine abgedeckt werden kann - nachmittags sind dann eben nicht 90 Minuten Unterricht, sondern für jeden in der Lerngruppe 10 Minuten lesen mit der Lehrkraft, dazwischen Spiel, Instrument etc.
    Ich glaube nicht, dass man die Lehrkräfte fragen wird, ob sie das wollen. Oder sind die Hamburger befragt worden?

  • Die gesamte schulische Sozialisation kan bei Personen mit Migrationshintergrund anders sein. Eine Ansprache dieser Gruppe wird sich kaum über drei EA im Jahr erschlagen lassen. Da werden wohl persönliche Lernstandsgespräche hermüssen - mit jeder Familie.


    Ich bitte, dass auch ernst zu nehmen. Die Hürden sind wirklich hoch - ihr seid Lehrer, bitte probiert den Perspektivwechsel.
    Beschafft euch ein koreanisches Schulbuch und seht euch die Übungen für die erste Klasse an. Die Art zu arbeiten wird den
    meisten völlig fremd sein.

  • Du glaubst aber nicht wirklich, dass die Schule der Zukunft auch nur ansatzweise so aussehen wird wie du sie beschreibst. ^^
    Das erzählt man mittlerweile seit Jahren und ebenso lang ziehen sich die leeren Versprechungen.
    Und wegen den Überprüfungen soll man sich jetzt in die Hosen machen? Wahrscheinlich genauso effektiv wie die Evaluation. Da die der große Bringer war wurde sie auch wieder eingestampft.
    Da eh wieder kein Geld investiert wird, wird sich nix ändern...
    Ich meinte auch nicht, dass der Mittagsunterricht für lau von Vereinen abgedeckt werden soll, sondern von Personen die das beruflich machen und für ihre Arbeit in der Schule Geld erhalten. Und nicht wie momentan 8,50€, sondern einen normalen Stundenlohn der die Arbeit auch würdigt.

  • Eine funktionierende Ganztagsschule wird sicher nicht wie heute ablaufen, auch ganz andere Zeiteinheiten und Räume brauchen - zum Essen, zur Erholung, zum Musizieren und zum Bewegen. Ich sehe nicht, dass das über Vereine abgedeckt werden kann - nachmittags sind dann eben nicht 90 Minuten Unterricht, sondern für jeden in der Lerngruppe 10 Minuten lesen mit der Lehrkraft, dazwischen Spiel, Instrument etc.Ich glaube nicht, dass man die Lehrkräfte fragen wird, ob sie das wollen. Oder sind die Hamburger befragt worden?

    Die Politik wird sich auch in Zukunft für die Sparversion entscheiden. Qualifizierte Fachkräfte wie wir sind für eine Ganztagsschule viel zu teuer. :cash:


    Ich bitte, dass auch ernst zu nehmen. Die Hürden sind wirklich hoch - ihr seid Lehrer, bitte probiert den Perspektivwechsel.Beschafft euch ein koreanisches Schulbuch und seht euch die Übungen für die erste Klasse an. Die Art zu arbeiten wird den meisten völlig fremd sein.

    Wie passt der Leistungsdruck in Südkorea mit der linken Bildungspolitik in Deutschland zusammen?


    http://www.zeit.de/gesellschaf…/bildung-schule-suedkorea

  • Stille Mitleserin: Oft sind es doch die Eltern, bei denen höchstens einer arbeitet oder niemand, bei denen den ganzen Tag jemand zu Hause ist, die sich nicht genug kümmern. Ich habe eine Schülerin, da kocht jede Oma 2mal pro Woche, weil die Mama, die zu Hause ist, das nicht macht. Da wird auch oft kaum nach schulischen Dingen geschaut.
    Genauso frage ich mich, warum man mit Migrationshintergrund nicht bei einfachen Rechenaufgaben helfen kann, bzw. das Kind zum ordentlichen Arbeiten anhalten kann.


    Irgendjemand hat es hier gut beschrieben. Lesen üben, Einmaleinsüben, kleine Diktate,... das sind Dinge, die doch jeder mit seinem Kind üben könnte. Normalerweise sind Hausaufgaben auch so gestellt, dass sie der Übung dienen und nicht große Transferleistungen verlangen.


    Welche Überprüfungen meinst du, die da kommen werden?

  • So, ich lenke noch mal auf den Lehrplanvergleich.


    Mir fällt zwischen Sachsen und Bremen auf, dass Sachsen wesentlich mehr vorgibt. Zum Lesen z.B. wie viele Stunden gelesen werden muss. Welche Textsorten dabei sein müssen etc.


    In Mathe ähnlich und dadurch entsprechend voll. Zirkel schon in Klasse 2 etc.


    Im Gegensatz zu Bayern hat Sachsen ja eine relativ hohe Dichte von Arbeitslosigkeit und niedriges durchschnittliches Haushaltseinkommen. Würde mich zwar wundern, dass Arme hier mehr Chancen auf schulische Bildung haben als anderswo aber stutzig machen mich diese Studien eben doch. Der hohe Leistungsanspruch scheint sich (zumindest in den überprüften Bereichen) niederzuschlagen. Dass hier Lehrer mit Stoppuhr Rechenaufgaben lösen lassen usw. ist jetzt nicht ungewöhnlich. Der Stressfaktor ist aber entsprechend.


    S und BY haben übrigens mit die niedrigste Schulabbrecherquote. Wie viele Analphabeten es anteilig je Bundesland gibt finde ich gerade nicht.

  • Die gesamte schulische Sozialisation kan bei Personen mit Migrationshintergrund anders sein. Eine Ansprache dieser Gruppe wird sich kaum über drei EA im Jahr erschlagen lassen. Da werden wohl persönliche Lernstandsgespräche hermüssen - mit jeder Familie.


    Ich bitte, dass auch ernst zu nehmen. Die Hürden sind wirklich hoch - ihr seid Lehrer, bitte probiert den Perspektivwechsel.
    Beschafft euch ein koreanisches Schulbuch und seht euch die Übungen für die erste Klasse an. Die Art zu arbeiten wird den
    meisten völlig fremd sein.

    Ach komm. Da kann ich nur ungläubig kucken, bei so einem Ratschlag. Was glaubst du denn, wie Schulalltag und Elternarbeit ablaufen?


    Erstens finden natürlich in der Grundschule intensive Lernstandsgespräche mit jeder Familie statt, wir haben hier übrigens eine verbindliche Sprechstunde, zu der wir auch Eltern einladen und zu der wir im Bedarf einen Übersetzer hinzuholen. Mit vielen Familien spreche ich drei- bis viermal im jahr eine Stunde lang persönlich, zusätzlich zu Telefonaten und Mitteilungen im Postheft.
    Zusätzlich dazu gibt es x Elternabende für die ganze Klasse, und zwar einen schon Monate vor der Einschulung, einen anderen am zweiten Schultag usw.


    Ich brauche mir kein koreanisches und auch kein albanisches Schulbuch zu besorgen. Ich kann mir vorstellen, dass der Unterricht da anders abläuft, aber in meiner Klasse sind die Kinder ohe Migrationshintergrund in der absoluten Minderheit, und mich da in jedes Schulsystem der Welt einzudenken sehe ich nicht ein - wozu auch. Wir sind jetzt in diesem Moment hier und im deutschen Schulsystem.
    Das soll nicht heißen, dass ich kein Verständnis habe. Natürlich ist es schwierig, in eine andere Kultur zu kommen, natürlich ist es schwierig, wenn man die Sprache und Gepflogenheiten nicht kennt. Deshalb gibt es tausend Angebote. Mein Verständnis endet genau da, wo diese Angebote zum wiederholten Mal nicht angenommen werden, aber trotzdem gejammert wird. Und nein, ich lasse das nicht am Kind aus, sondern fördere und helfe und mache all das, was ein Lehrer eben tut. Was da ein koreanisches Schulbuch zu suchen hat, keine Ahnung. :P



    Lesen, rechnen, die Uhr, das sind natürlich Inhalte der Schule, aber es ist eben auch etwas, das Übung erfordert, und geübt wird nicht NUR in der Schule, sondern auch zu Hause.


    Und ich sehe es genauso wie viele andere: Es gibt genug Eltern, die alles auf die Schule schieben, und die "Ausrede" der Berufstätigkeit allzu gern benutzen. Aber 5 Minuten lesen am Abend, mal beim Essen zusammen auf die Uhr kucken, das Einmaleins während des Haareföhnens abfragen oder am Wochenende die Fibel aufschlagen, sowas ist machbar. Und das sollte auch gemacht werden, wenn das Kind eine Ganztagesschule besucht. Wie sagte der Rektor meiner Tochter so schön: "Sie zeigen dadurch, dass Ihnen Schule wichtig ist. Und das ist ganz entscheidend für den Erfolg Ihres Kindes." Stimmt. Einfach einmal Interesse zeigen!



    Ich kenne übrigens keine Grundschullehrerin, die von den Eltern verlangt, die Hausaufgaben zu verbessern...

    Einmal editiert, zuletzt von Kathie () aus folgendem Grund: bearbeitet wegen Rechtschreibfehlern ;-)

  • ... während insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund aus dem nahen und mittleren Osten massiv schlechter abschnitten (auch im Vergleich zu anderen Migrantengruppen z.B. aus Südost- und Südeuropa). Dieser Unterschied konnte übrigens nicht komplett durch den sozio-kulturellen Hintergrund der Familien erklärt werden. ...

    ...dass die Unterschiede zwischen unterschiedlichen Migrantengruppen nicht durch den sozio-ökonomischen Status erklärt werden können, sehr wohl aber (fast weitestgehend) über die Sprachnutzung der Sprache Deutsch im Elternhaus (+ die anderen Kovariablen).

    Das ist halt einer kleiner Unterschied, ob ich sage, Menschen aus bestimmten Regionen der Welt sind schlechter in der Schule oder Menschen, die zu Hause kein Deutsch sprechen.

  • ...der Schluß aus diesen beiden Argumentationssträngen könnte doch sein: Die Sprachquote ist bei bestimmten Herkunftsländern deutlich schlechter als bei anderen...? (Ist wohl so...)

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ganztagsschulen werden sicherlich kein einziges Problem lösen, wenn nicht gleichzeitig qualifiziertes Personal bereit gestellt wird. Die bisherigen deutschen Ganztagsschulen sind Aufbewahrungsanstalten mit Alibiunterricht und etwas Gehampel.
    Es gibt nur wenige Schulgebäude, in denen ich Kinder gerne den ganzen Tag "aufbewahren" lassen möchte.Es mag die ökonomische und organisatorische Notwendigkeit bestehen, wenn beide Elternteile arbeiten müssen, aber gerade in solchen Fällen sollte man sich dafür einsetzen, dass diese Kinder nicht nur beaufsichtigt, sondern wirklich gefördert werden. Und das nicht von Lehrern mit dem häufig vorhandenen Helfersyndrom, die immer hier schreien, wenn sie kostenlos arbeiten dürfen, sondern mit guten Erziehern, Sportpädagogen und den immer notwendigeren Psychotherapeuten. Aber das ist natürlich unbezahlbar und stattdessen werden Kinder in Klassenzimmer gesperrt und man versucht, Hausaufgabenbetreuung zu organisieren. Gut gemeint, aber schlecht gemacht.


    Ich kann mir übrigens auch nicht vorstellen, dass es Eltern selbst nach einem langen Arbeitstag nicht möglich ist, abends vor dem Schlafengehen, etwas vor zu lesen. Meine Eltern hatten bedingt durch ihre Firma 14 Stunden-Tage, aber sie haben es sich nicht nehmen lassen, etwas vor zu lesen oder sich für den Schulalltag zu interessieren.


    Ich wage auch zu bezweifeln, dass der Migrationshintergrund die entscheidende Rolle spielt. In meiner Studentenzeit gab ich lange Zeit Nachhilfe in einem bekannten Migrantenviertel der größten bayerischen Stadt. In einer Familie konnte die Mutter kein Wort Deutsch, sie hat als Putzfrau am Flughafen gearbeitet und der Vater war Bandarbeiter, der gebrochen Deutsch sprach, aber sie wollten, dass ihre Tochter Abitur macht. Für diese Familien, in denen ich damals gearbeitet habe, war Bildung noch ein hohes Gut und sie haben das, was sie selbst nicht abfedern konnten, an die Nachhilfe ausgelagert. Ich bin heute noch mit einigen Familien befreundet und die Meinung ist ganz klar. Auch mit wenig Geld, keinem akademischen Hintergrund und mangelnden Deutschkenntnissen ist es mit Ehrgeiz und Willen möglich, einen Bildungsaufstieg hinzulegen.


    Vielleicht ist es weniger der sozioökonomische Status und der Migrationshintergrund, als vielmehr ganz banales Desinteresse am Schulerfolg. Da schiebt man lieber schlechte Ergebnisse auf eine möglicherweise nur eingebildete Benachteiligung.

    2 Mal editiert, zuletzt von anjawill ()

  • Das Argument mit der hohen Arbeitsbelastung ist dann auch etwas an den Haaren herbeigezogen. Wie viele Elternpaare gibt es denn wirklich, bei denen beide Elternteile jeweils mehr als 40 Stunden die Woche inklusive Wochenendarbeit haben? Das dürfte im einstelligen Prozentbereich liegen. Das klassische "Mutter Teilzeit, Vater Vollzeit"-Modell trifft eben dann doch auf weite Bereiche unserer Gesellschaft zu und da ist sicher noch genug Zeit, sich für die schulischen Belange der Kinder zu kümmern, insofern überhaupt Interesse hieran besteht. Außerdem hat Deutschland von allen Ländern einen der größten Anteile an Einzelkindern (26% aller deutschen Kinder sind geschwisterlos). Es ist noch einmal deutlich einfacher, sich für die schulischen Belange eines Kindes zu kümmern, als wenn man drei Schulkinder hat, die dazu noch in drei unterschiedlichen Jahrgangsstufen auf drei unterschiedlichen Schulen sind.

  • Käme der verpflichtendende Ganztagsunterricht, dann würde eine Partei die für eine GG-Änderung eintritt um Homeschooling anzubieten zumindest im konservativen Wählerbereich Stimmen gewinnen. Oder die AFD schreibt sich dies auf die Fahnen.


    Eine CDU/ CSU wird niemals so etwas einführen.
    Und nachdem man mit dem Sparmodell Inklusion so gewaltig auf die Nase fällt, wird man sicherlich keine so kostspielige Reform angehen.

  • orry, aber das ist so mütterglorifizierendes Denken.....geht gar nicht - aber ist noch weit verbreitet.

    mit glorifizierend hat das m.E. nichts zu tun. Sondern vielmehr damit, dass man sich um seine Kinder durchaus auch (AUCH) kümmern möchte.


    "es ist NOCH weit verbreitet" = ist so eine Haltung nicht zeitgemäß? Das lese ich daraus.


    Und dann wundere ich mich nicht darüber, dass so viele Eltern ihren Erziehungsauftrag gerne weitestreichend auslagern

  • Erarbeitet werden die Inhalte in der Schule. Sich von einem Kind etwas vorlesen zu lassen und das damit zu wertschätzen kann weder die Grundschullehrerin bei 25 Kindern, noch der Hort (Gruppe von 25-30 Kinder) leisten. Das Üben! des Lesens muss also auch zu Hause passieren.


    Was eine Ganztagsschule so für Vorteile hat, da bist du ja sehr überzeugt. Ich habe bereits in Ganztagsschulen gearbeitet, sowohl mit als auch ohne Nachmittagsunterricht und glaube mir mal, dass es NIEMALS so enden wird wie du es (ohne Zweifel traumaft) beschreibst.


    Wie gesagt hat Hamburg flächendeckend Ganztagsschulen. (Allerdings überwiegend ohne Nachmittagsunterricht. Es gibt keine anderen mehr. Die Gruppen sind 25-30 Kinder groß am Nachmittag mit einer Erzieherin und einer HA-Hilfe (nur für die HA-Zeit). Unsere Räume sind ganz normale Klassenräume. Mehr gibts nicht. Es gab übrigens wegen der großen Unzufriedenheit eine Volksinitiative, wo sehr schnell die benötigten Stimmen zusammen kamen. Die Bevölkerung und Eltern waren also sehr unzufrieden. Leider endete es mit einem eher faulen Kompromiss, bei dem nun ein wenig Geld gießkannenartig an die Schulen ausgeschütttet wird. Das ändert aber nichts an den grundlegend ungeigneten Bedingungen.


    Wir haben übrigens Ganztagsangebot von 6-18 Uhr. Und wir haben nicht wenige Kinder, die die ganze Zeit angemeldet sind. Nicht alle Eltern davon arbeiten. Ich finde das schlimm.

  • Wir haben einen massiv steigenden Anteil an Alleinerziehenden.


    Und noch einmal, zum über den Tellerrand gucken: Wenn in meiner angestammten Kultur Vorlesen nicht üblich ist, geht es nicht darum, ob ich die Zeit habe, sondern dass ich es nicht mache, weil ich es nicht kenne!


    Beispiele: Eine Freundin stammt aus Paraguay, deutsche Missionare. Bei Besuchen bei ihr zu Hause fiel´mir auf, wie schmutzig die Toilette ist. Bei einem Familienfest habe ich gehört, wie die weibliche Verwandtschaft sich das Maul über sie zerriss und habe sie vorsichtig darauf angesprochen. Sie war bestürzt, weinte - ihre Mutter hat nur wenig gereinigt weil das wohl Gott nicht gefällt. Und auch nur mit OmO. Sie war total fertig, weil ihr das niemand gesagt hat und hat ab da ihren Haushalt sehr auf Vordermann gebracht.


    Ein Schulfreund meines Sohnes hat albanische Eltern. Er hat mir erzählt, dass seine Eltern sehr locker sahen, bis die Erzieherin im Kiga ihnen erklärt hat, dass sie für den Schulerfolg des Kindes etwas tun müssen und was sie genau tun müssen. Beide haben das sehr ernst genommen, Fernsehzeiten beschränkt, vorgelesen, für die Schule geübt. Der Junge ist ein guter Schüler.


    Bitte geht doch nicht immer von euch aus!


    Zum Thema Parteien: Die FDP und die Grünen wollen die Ganztagsschule. Die CDU schätze ich als diesbezüglich offen, die CSU wird das ablehnen, ist aber in der Minderheit. Ich sehe kein Hindernis.

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