Werden SchülerInnen tatsächlich schlechter?

  • Es kommt natürlich immer auf den Einzelfall an, wobei ich insbesondere bei (leistungsstarken) Autisten doch recht unsicher bin, ob die wirklich auf dem Gymnasium am besten aufgehoben sind. Was sagt die Expertin, Krabappel, dazu?

  • Also ich bin mir absolut sicher dass unsere Asperger bei uns am richtigen Ort sind. Ich sag ja... auch bei einer Maturitätsquote von nur 20 % wird es Punkto Heterogenität nicht langweilig ;)

  • Und vor allem wo sollen die hin?
    Oder einer meiner Schüler mit Tourette? Ist der noch ok mit seinen Tics oder soll der lieber auf die Realschule?

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Genau, ich meine Asperger. Ich hatte in der Oberstufe ein Mädchen mit entsprechender Krankheit/Verhaltensstörung in zwei Kursen und dann noch einmal zwei Jungs im Praktikum (Sek I). Gerade bei den Jungs merkte man, dass sie einiges wissen, aber es fiel ihnen zum Beispiel schwer, angemessen auf die Fragen der Lehrkraft zu antworten (Das wäre, wie als ob man fragen würde: "Was ist 1+1?" und einen Vortrag darüber erhält, welche unterschiedlichen Grundrechenoperationen es gibt), und die Interaktion mit den Mitschülern war auch schwierig, was dazu führte, dass bestimmte Arbeitsformen, die über das reine Bearbeiten von Arbeitsblättern hinausgehen, nur bedingt umzusetzen waren. Mit dem Hintergrund frage ich mich, ob diese Kinder in meiner Vorstellung von Gymnasium wirklich einen Platz haben können. Bei einem geistig behinderten Kind kann ich klar sagen: "nein" (da eben die kognitiven Fähigkeiten nicht ausreichen), aber bei so einem Grenzfall bin ich mir unsicher und hätte sowohl Pro- als auch Contraargumente.

  • Und wieso machst du das zu *deinem* Problem? Die Jugendlichen haben es schwer genug. Es macht sich natürlich im Notenbild bemerkbar wenn einer Schwierigkeiten mit dem Sprechen und sich präsentieren hat. Sonderregelungen gibt es da bei uns keine.

  • Abgesehen davon, dass es ‚DAS Asperger-Kind‘ nicht gibt, weil es eben immer sehr unterschiedlich ausfällt: wo ist das Problem. Asperger-Kinder sind absolut in der Lage soziale Regeln zu lernen, auch wenn es ihnen schwerfällt und es mitunter lange dauert. Irgendwann lernt das Kind, seine Antworten zu formulieren (und die Lehrkraft lernt auch vll daraus, nicht nur doofe Fragen zu stellen).
    Das divergente Denken von Aspies ist anstrengend, aber sicher eher bereichernd als störend. Gut, man soll sich von seiner homogenen Vorstellung vom Gym verabschieden...


    Mündliche Mitarbeit ist wichtig. Soll das stille Mädchen, das so wenig redet, auf die Sonderschule?

  • Ich darf gemäss Notenverordnung die Arbeitshaltung meiner Schüler sowieso nicht beurteilen und klassische Mitarbeitsnoten gibt es bei uns auch nicht.

  • Vielleicht bilde ich es mir ein, aber mir scheint, dass die meisten unzufrieden mit dieser Inflation des Niveaus sind. Äußerungen wie "Ich finde es toll, das jetzt so viele Abi machen" kommen nicht vor.
    Das bringt mich zu der Frage:


    Würdet Ihr es begrüßen, wenn sich alle Lehrer gemeinsam gegen diesen Trend stellten?

    Was ist daran toll, dass man das Abitur quasi verramscht?
    Ja, ich würde es begrüßen, wenn wir eine echte Qualitätsoffensive hätten und beispielsweise die Grundschulgutachten wieder mehr Verbindlichkeit hätten und Gymnasien auch Kinder, die keine Gymnasialempfehlung haben, ablehnen dürften.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Wir (NRW) schon (50% im Hauptfach inklusive Kurztests, 100% im Nebenfach). Bei einer ASS-Schülerin mit entsprechender Störung müssen wir anders handeln und aussetzen. Und das Mädel ist bei uns absolut richtig. Sie ist nicht hochbegabt, kein Genie aber ein ‚Gymnasialkind‘. das zufällig Asperger ist.

  • Die fehlende inhaltliche Tiefe erachte ich als ein sehr gravierendes Problem, weil sich das an den Unis nahtlos fortsetzt. Mangelnde Abstraktionsfähigkeit, Kritik an Professoren, dass zu wenig praktische Beispiele und zu viel Theorie drankämen.
    Ein bekannter Didaktikprofessor aus Bonn sagte dazu ganz klar: Wer mit Theorien oder dem strukturellen Erfassen von theoretischen Texten ein Problem hat, ist an der Uni falsch. Das sehe ich genauso.

    Das finde ich auch immer so trostlos - und ja: Es ist ganz sicher ein gravierendes Problem. Dinge werden auch erst interessant, wenn man sich wirklich bemüht, dahinter zu kommen. Wenn man Zusammenhänge entdeckt, in ein Wirrwarr gerät und (vielleicht) wieder herausfindet, wenn man Wege entdeckt, die man vorher nicht gesehen hat. Aber dafür muss man sich einlassen. Und der Weg dahin ist offenbar schwer, schwerer vielleicht als früher, als man sich noch nicht so schnell wegklicken konnte wie heute.


    Wie oft bekommt man ein paar Versatzstücke aus Wikipedia als "Referat" präsentiert - nichts ist verstanden, beim ersten Nachfragen ist schon Ende Gelände. Stand halt so da.


    Wie oft ist die einzige Frage "Kommt das in der Klausur dran?".


    Ganz sicher ist die Überallverfügbarkeit von Information (nicht von Wissen) mit ein Grund dafür, dass vieles sehr oberflächlich verhandelt wird und die Phantasie verkümmert. Vielleicht ist es auch schiere Verzweiflung: Wie kann man noch Originelles denken, sagen, schreiben, wenn doch schon alles da ist?


    Ich erschrecke schon sehr oft über die unterirdischen Rechenfähigkeiten meiner Schüler. Die quadrieren -1 im Taschenrechner (und das geht auch noch schief). Und das mit den Klausuren, die nach ein paar Jahren nicht mehr gehen, das kenne ich auch. Ich ertappe mich dabei, dass ich mit meinen Ansprüchen nachgebe und mir schon einen Ast freue, wenn einer weiß, wie man durch einen Bruch teilt.


    Aber es ist halt auch die Schülerklientel, die sich ändert. Ich versuche mein Bestes, aber manchmal ist es schon frustrierend.

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