NRW: A13 nur für neu ausgebildetet Grundschullehrer?

  • Warum investiert der Staat da so viel Geld, das könnte man doch durchaus auch Erziehern zutrauen mit einer Zusatzqualifikation. Klar hat ein studierter Sonderpädagoge viel mehr Ahnung, aber ist das nicht ein übertriebener Maßstab? Mir kommt das vergleichsweise so vor als würde man für keine Ahnung, Realschüler, nun habilitierte Uni-Didaktikprofessoren als Lehrpersonal einsetzen wollen (mit entsprechender C4-Bezahlung). Die Gelder sollten doch irgendwie sinnvoller verwendet werden.

    Ich wollte es gerade versuchen zu beantworten, habe es aber gelassen, weil
    a) ein glaube ich völlig anderes Werteverständnis vorhanden ist
    und
    b) wenig Wissen über die Schülerschaft an Förderschulen und dem System der Förderschulen vorhandenden ist.


    Nimm es einfach so: Jedes Kind hat ein Recht darauf, die für ihn bestmögliche Bildung. Da Förderschüler anders lernen, braucht es dafür speziell ausgebildetes Lehrpersonal.

  • Nimm es einfach so: Jedes Kind hat ein Recht darauf, die für ihn bestmögliche Bildung.

    Dann frage ich mich aber, warum die "normalen" Kinder in Klassen zu 30 Schülern unterrichtet werden und die Förderschüler in Klassen zu 6 Schülern? Hätten da nicht die normalen Schüler dann ebenfalls das Recht auf entsprechende Mini-Klassen?


    Ich sehe es halt so, daß es für die Gemeinschaft letztlich billiger kommt, wenn man an den Förderschulen die Schüler für das spätere Leben so selbstständig wie nur möglich bekommt. Müßte man einen Menschen später wirklich rund um die Uhr beaufsichtigen, wie ein Kleinkind, das gerade Laufen lernt, käme das die Gesellschaft noch viel teurer als die paar Jahre im Förderschulsystem.

  • 95% der Schüler sind in der Lage, in normaler Klassenstärke lernen zu können. Bei dem Einen klappt es mal besser, bei dem Anderen mal schlechter. Die restlichen 5% wären aber völlig überfordert mit diesen Rahmenbedingungen, würden völlig dicht machen und gar nichts mehr lernen. Durch die besondere Klassensituation in der Förderschule möchte man bei diesen Schülern die Reizüberflutung vermeiden und ihnen zeigen, dass sie etwas können - erst einmal kleine Dinge und mit viel Hilfe, dann in Form von immer mehr Selbstständigkeit, da sie später ja auch so selbstbestimmt wie möglich ihren Alltag meistern sollen. Das müssen die Schüler allerdings erst lernen und zwar eben in Klassen mit wenigen Schülern und ausreichend Personal. Natürlich kann man über die Idee "1 Lehrer + 1-2 Erzieher" nachdenken, Problem ist da nur, dass Erzieher gerade für den Einsatz in Schulen (z.B. was fachliche Aspekte angeht, aber auch oftmals sonderpädagogische Aspekte) nicht ausreichend qualifiziert sind und auch ihr schulischer Handlungsrahmen deutlich eingeschränkter als der der Lehrer ist - wodurch sich auch der Gehaltsunterschied rechtfertigt.
    Anyway... Natürlich könnte man auch normalbegabte Schüler in deutlich kleineren Klassen beschulen. Ich war im Praktikum mal in einer 10. Klasse, in der ich glaube 9 Schüler oder so waren. War super! Das wird jedoch aus Kosten- und Platzgründen wohl eher die sehr seltene Ausnahme sein. Für die 5% ist aber diese Ausnahme nicht eine theoretische Möglichkeit, sondern oftmals die einzige Alternative, da die Schüler nur in diesem Rahmen beschulbar sind.

  • ...da muss ich einfach mal einen - wahren und so schön doppeldeutigen - Slogan der Piraten zitieren...



    Keine Bildung ist viel zu teuer



    ...nur, will das irgendwie nie einer verstehen...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ich wollte es gerade versuchen zu beantworten, habe es aber gelassen, weila) ein glaube ich völlig anderes Werteverständnis vorhanden ist
    und
    b) wenig Wissen über die Schülerschaft an Förderschulen und dem System der Förderschulen vorhandenden ist.


    Nimm es einfach so: Jedes Kind hat ein Recht darauf, die für ihn bestmögliche Bildung. Da Förderschüler anders lernen, braucht es dafür speziell ausgebildetes Lehrpersonal.

    Dann tun mir die "Förderschüler" heute aber leid. Denn die sehen bei uns in der Regel einen Sonderschullehrer in max. 2 von 27,5 Stunden. Den Rest der Zeit arbeite ich mit den Kindern und ich bekomme nicht A13.

  • Dann frage ich mich aber, warum die "normalen" Kinder in Klassen zu 30 Schülern unterrichtet werden und die Förderschüler in Klassen zu 6 Schülern? Hätten da nicht die normalen Schüler dann ebenfalls das Recht auf entsprechende Mini-Klassen?
    Ich sehe es halt so, daß es für die Gemeinschaft letztlich billiger kommt, wenn man an den Förderschulen die Schüler für das spätere Leben so selbstständig wie nur möglich bekommt. Müßte man einen Menschen später wirklich rund um die Uhr beaufsichtigen, wie ein Kleinkind, das gerade Laufen lernt, käme das die Gesellschaft noch viel teurer als die paar Jahre im Förderschulsystem.

    Genau um diese Selbstständigkeit geht es und das ist auch ein eindeutiges Ziel an den Förderschulen. Dazu brauchen die SuS an der Förderschule geistige Entwicklung und viele an der Schule körperliche-motorische Entwicklung unendlich viel Zeit und Zuwendung. Es ist halt schwierig, jemandem das zu erklären, der vermutlich überhaupt gar kein Bild von dieser Schülerschaft hat. Da gehen manche solcher schwachen Schüler 11 Jahre oder länger in die Schule und können nur rudimentär lesen - nicht trotz, sondern wegen dieser Förderung.
    Ich glaube nicht, dass Erzieher das Mittel der Wahl sind, auch nicht mit einer Zusatzausbildung.


    In einer Klasse von 30 Schülern können sich die meisten dieser Schüler gar nicht richtig orientieren. Sie wären ständig abgelenkt, weil das viel zu viele Reize sind.

  • Es müsste viel mehr Plätze an der Förderschule geben. Leider hört man hier oft, dass die Förderschulen voll sind, was dann bedeutet, dass die Schüler eben an die normale Grundschule gehen, wo sie in Klassen mit 25 anderen Kindern von einer (nicht speziell dafür ausgebildeten und schlechter bezahlten) Grundschullehrkraft unterrichtet werden.


    Erzieher an der Förderschule: würde aus oben genannten Gründen sicherlich nicht funktionieren.
    Was ich mir aber vorstellen könnte: Erzieher als Doppelbesetzung an Grundschulen, die inklusiv arbeiten. Da könnten sie gut mal mit in der Klasse sein und mit dem ganzen Drumherum helfen. Wer schon einmal Kunst oder Sport mit einer 1. Klasse gemacht hat, weiß, wovon ich rede. Das wäre ein Traum. Aber nachdem sowieso ein Erziehermangel herrscht, wird das wohl ein Traum bleiben ;-).

  • Moment! Das ist keine Begründung des Dienstherrn, sondern Deine Interpretation - oder? Wo begründet der Dienstherr, wie die Gehaltsunterschiede zustande kommen?
    (By the way: promovierte Lehrbeauftragte an der Uni verdienen weniger als Lehrer, trotz höherer Qualifikation.)

    Für einen Lehrauftrag an der Universität ist in der Regel ein abgeschlossenes Universitätsstudium Voraussetzung, d.h. die Bezahlung erfolgt nach E13, außer man bekommt eine der wenigen Stellen als akademischer Rat. Den Lehrauftrag kann man annehmen, ob man nun promoviert hat oder nicht, dadurch ändert sich die Bezahlung nicht. Das ist das Argument von oben mit der Putzfrau...ein Arbeitsplatz im ÖD erfordert einen Fachhochschulabschluss --> gehobener Dienst, unabhängig davon ob der Stelleninhaber eventuell sogar ein Universitätsstudium abgeschlossen hat.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Was ich mir aber vorstellen könnte: Erzieher als Doppelbesetzung an Grundschulen, die inklusiv arbeiten. Da könnten sie gut mal mit in der Klasse sein und mit dem ganzen Drumherum helfen. Wer schon einmal Kunst oder Sport mit einer 1. Klasse gemacht hat, weiß, wovon ich rede. Das wäre ein Traum. Aber nachdem sowieso ein Erziehermangel herrscht, wird das wohl ein Traum bleiben ;-).

    Da kann ich gerade auch nur an Herrn Wocken verweisen. Auf dem letzten Inklusionskongress in Köln hat er auch ähnlich argumentiert. Ganz kurz gesagt: damit es bezahlbar bleibt, ist er für Erzieher in den Klassen (für die Doppelbesetzung) und für die Diagnostik, Beratung etc. sind die Sonderpädagogen zuständig.
    Klang ganz interessant (trotzdem noch teuer + Personalmangel?!) - für mich persönlich als Sonderpädagogin nicht so toll. So hat man sich den Beruf NICHT vorgestellt. Aber vielen Regelschulkollegen geht es wohl ähnlich! Die Inklusion ändert auch die Berufsbilder...


    Hier noch ein Artikel zum Thema, falls es jemanden näher interessiert:
    http://www.hans-wocken.de/Texte/Dilemma-Text.pdf

  • Dann frage ich mich aber, warum die "normalen" Kinder in Klassen zu 30 Schülern unterrichtet werden und die Förderschüler in Klassen zu 6 Schülern? Hätten da nicht die normalen Schüler dann ebenfalls das Recht auf entsprechende Mini-Klassen?

    Willst du mich veräppeln? 6 SuS?
    Das gab es vielleicht vor 15 Jahren mal. Inzwischen hat unsere Eingangsklasse (Da war die Zahl mal realistisch) 13, meine Klasse in der Sek 1 hat 11. Davon hat die große Mehrheit aber auch den Schwerbehindertenstatus. Die können inzwischen nicht einmal mehr in einem Raum essen, weil es zu eng und zu verwirrend ist.


    Diese SuS sind schlicht nicht vergleichbar mit Regelschülern!

  • Da kann ich gerade auch nur an Herrn Wocken verweisen. Auf dem letzten Inklusionskongress in Köln hat er auch ähnlich argumentiert. Ganz kurz gesagt: damit es bezahlbar bleibt, ist er für Erzieher in den Klassen (für die Doppelbesetzung) und für die Diagnostik, Beratung etc. sind die Sonderpädagogen zuständig.Klang ganz interessant (trotzdem noch teuer + Personalmangel?!) - für mich persönlich als Sonderpädagogin nicht so toll. So hat man sich den Beruf NICHT vorgestellt. Aber vielen Regelschulkollegen geht es wohl ähnlich! Die Inklusion ändert auch die Berufsbilder...


    Hier noch ein Artikel zum Thema, falls es jemanden näher interessiert:
    http://www.hans-wocken.de/Texte/Dilemma-Text.pdf

    Naja, vielleicht reden wir auch aneinander vorbei. Ich meinte nämlich nicht, dass die Erzieher die Sonderpädagogen ersetzen sollen! Aber es gibt Schulen (Regelschulen) an denen Förderschüler mit unterrichtet werden, und zwar komplett ohne zusätzliche Stunden einer Förderlehrerin. Da wäre es einfach nett, wenn jemand helfen würde, denn dass Förderschüler mehr Hilfe brauchen als Regelschüler ist ja klar. So meinte ich das. Ich wollte jetzt nicht deinen Beruf abschaffen ;) Ich schrieb ja, dass es meiner Meinung nach mehr Förderschulen bräuchte.

    Einmal editiert, zuletzt von Kathie () aus folgendem Grund: RS-Fehler :-)

  • Naja, vielleicht reden wir auch aneinander vorbei. Ich meinte nämlich nicht, dass die Erzieher die Sonderpädagogen ersetzen sollen! Aber es gibt Schulen, Regelschulen, die Förderschüler mit unterrichten komplett ohne zusätzliche Stunden einer Förderlehrerin. Da wäre es einfach nett, wenn jemand helfen würde, denn das Förderschüler mehr Hilfe brauchen als Regelschüler ist ja klar. So meinte ich das. Ich wollte jetzt nicht deinen Beruf abschaffen ;) Ich schrieb ja, dass es meiner Meinung nach mehr Förderschulen bräuchte.

    vllt. habe ich mich auch undeutlich ausgedrückt, wollte deine These nämlich nur unterstützen :D
    realistisch gesehen, wird eine flächendeckende 2-Lehrerbesetzung nicht finanzierbar sein. Der Einsatz von Erziehern und der gezieltere Einsatz von Sopäds könnte eine realisierbare Lösung werden.
    Mal gespannt, wie es sich entwickeln wird.

  • Juditte: Bedeutet "NRW" in deinem Fall Großstadt? Wenn ja, dann erklärt die Kombi NRW + Großstadt natürlich, warum es in euren Förderschulklassen langsam eng wird. Wird wohl in Berlin auch nicht anders sein. In meinem Landkreis haben wir den Luxus, dass die Klassen zwar klein sind, es aber dennoch verhältnismäßig viele Förderschulen (in den meisten Fällen an andere Schulformen angebunden) gibt und keine Schulen geschlossen werden müssen :) .

  • Für einen Lehrauftrag an der Universität ist in der Regel ein abgeschlossenes Universitätsstudium Voraussetzung, d.h. die Bezahlung erfolgt nach E13, außer man bekommt eine der wenigen Stellen als akademischer Rat. Den Lehrauftrag kann man annehmen, ob man nun promoviert hat oder nicht, dadurch ändert sich die Bezahlung nicht. Das ist das Argument von oben mit der Putzfrau...ein Arbeitsplatz im ÖD erfordert einen Fachhochschulabschluss --> gehobener Dienst, unabhängig davon ob der Stelleninhaber eventuell sogar ein Universitätsstudium abgeschlossen hat.

    Hi Valerianus,
    ich bin kein Uni-Mitarbeiter, aber es gibt wohl eine große Menge von Lehrenden an der Uni, die nicht A/E13 bekommen. Die Presse ist voll von Berichten über Lohn-Dumping in der Uni-Lehre! Google einfach mal nach "lehrbeauftragte gehalt" (da kommen teilweise sogar angebliche Stundenlöhne von 8,5€ vor), hier mal zwei als Beleg:
    http://www.zeit.de/2016/33/hoc…agte-vorlesungen-seminare
    http://www.tagesspiegel.de/wis…ssor-prekaer/9596256.html



    Zurück zur Begründung der Lohnhöhe durch den Dienstherrn:
    die gibt es ja nun nicht, oder? Du glaubst, dass es an der Qualifikation liegt, ich glaube, dass es an Angebot und Nachfrage liegt.


    Zitat von Valerianus

    Vom Dienstherrn? Universitätsstudium oder äquivalent (aka mindestens 8 Semester) ist höherer Dienst, Fachhochschulstudium oder äquivalent (aka mindestens 6 Semester) ist gehobener Dienst. Das ist echt keine Raketenwissenschaft.

    Zitat von Susannea

    unser Masterstudium waren mindestens 8 Semester, also beides erfüllt und trotzdem E11


    Dass die in manchen Bundesländern angehobene Besoldung der GS-Lehrer teilweise auch mit angepassten Studienordnungen begründet wird (von Politikern in Interviews - nicht durch Gesetze), kann ich mir gut vorstellen, aber ich halte dies nicht für den tatsächlichen Grund. Für den tatsächlichen Grund halte ich, dass es zu wenige Bewerber für die GS gibt und deshalb (!) durch höheres Gehalt attraktiver gemacht werden soll.

  • Morse: Wenn Angebot und Nachfrage im Lehramt irgendwas regeln würden, würden wie gesagt NaWi-Lehrer an Hauptschulen A16 bekommen müssen und auch die Problematik der fehlenden Physik/Informatik/Latein-Lehrer am Gymnasium wäre sicher leicht zu beenden. Und die Lehrbeauftragten die in deinen Artikeln beschrieben werden sind fast immer Personen die habilitiert sind, keine Professur bekommen haben und nun ihr "venia legendi" nicht verlieren wollen (sonst wäre der Traum von der späten Berufung auf eine Professur nämlich ausgeträumt) und sich dann, das kann man fast echt so sagen "zwangsprostituieren". Das ist wirklich eine Riesensauerei, betrifft aber nicht so unglaublich viele Lehrbeauftragte an Universitäten.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Juditte: Bedeutet "NRW" in deinem Fall Großstadt? Wenn ja, dann erklärt die Kombi NRW + Großstadt natürlich, warum es in euren Förderschulklassen langsam eng wird. Wird wohl in Berlin auch nicht anders sein. In meinem Landkreis haben wir den Luxus, dass die Klassen zwar klein sind, es aber dennoch verhältnismäßig viele Förderschulen (in den meisten Fällen an andere Schulformen angebunden) gibt und keine Schulen geschlossen werden müssen :) .

    In meinem Fall bedeutet das tatsächlich Großstadt. Aber guck dir mal die Einzugsgebiete der KME-Schulen in NRW an. Im Förderschulen GG gibt es wesentlich mehr Schulen, aber auch wesentlich mehr Schüler. 6 Kinder pro Klasse... Das wäre schon aufgrund des Lehrermangels im Förderschulbereich schlicht nicht möglich.

  • Und die Lehrbeauftragten die in deinen Artikeln beschrieben werden sind fast immer Personen die habilitiert sind, keine Professur bekommen haben und nun ihr "venia legendi" nicht verlieren wollen (sonst wäre der Traum von der späten Berufung auf eine Professur nämlich ausgeträumt) und sich dann, das kann man fast echt so sagen "zwangsprostituieren". Das ist wirklich eine Riesensauerei, betrifft aber nicht so unglaublich viele Lehrbeauftragte an Universitäten.

    Meine Meinung dazu ist folgende: Wenn sich Leute aus der Praxis (z.B. Lehrer im Studienbereich Didaktik, Ärzte im Studienbereich Medizin, etc.pp.) ein kleines Zubrot zu ihrem eigentlichen Gehalt verdienen wollen, finde ich das im Rahmen dieser Lehrbeauftragungen grundsätzlich nicht verkehrt. Aber klar: Es sollte nicht langfristig auf solche Fälle wie den von dir genannten hinauslaufen. Dann ist es fairer, wenn man den Betroffenen von Anfang reinen Wein einschenkt und noch klarer darauf hinweist, dass nur so und so viele Leute langfristig im wissenschaftlichen Bereich tätig sein können - da scheint es einige akademische Fachbereiche zu geben, in denen Nachwuchs so stark "Mangelware" ist wie Deutsch/Geschichte-Lehrer am Gymnasium.
    Aber klar: Diejenigen, die es schaffen, sich langfristig an der Universität zu etablieren, sollen unter angemessenen Arbeitsbedingungen arbeiten können und dazu zählt natürlich auch die Bezahlung. Dem Rest sollen im Idealfall schon im Studium Alternativen zum wissenschaftlichen Bereich aufgezeigt werden.


    OT, aber an einem meiner Fachbereiche gibt es eine Dozentin, die ihre Karriere an meiner Uni mal als absolut unbedeutendes Licht anfing. Lehrbeauftragte, Büro im hintersten Eck eines anderen Campus, ein vom Bedeutungsgehalt eher zu vernachlässigender Kurs. Vor allem im letzten Jahr hat sie es geschafft, in der Hierarchie aufzusteigen und hat jetzt einen dauerhaften Vertrag, bietet mehrere Kurse an, ein Büro direkt am Institut und vertritt sogar eine Professur. Diesen Werdegang scheint es auch zu geben.

  • Morse: Wenn Angebot und Nachfrage im Lehramt irgendwas regeln würden, würden wie gesagt NaWi-Lehrer an Hauptschulen A16 bekommen müssen und auch die Problematik der fehlenden Physik/Informatik/Latein-Lehrer am Gymnasium wäre sicher leicht zu beenden. Und die Lehrbeauftragten die in deinen Artikeln beschrieben werden sind fast immer Personen die habilitiert sind, keine Professur bekommen haben und nun ihr "venia legendi" nicht verlieren wollen (sonst wäre der Traum von der späten Berufung auf eine Professur nämlich ausgeträumt) und sich dann, das kann man fast echt so sagen "zwangsprostituieren". Das ist wirklich eine Riesensauerei, betrifft aber nicht so unglaublich viele Lehrbeauftragte an Universitäten.

    Ok - ich verstehe Dich so, dass diese Fälle Ausnahmen sind und deshalb kein Beleg dafür, dass sich die Bezahlung nicht unmittelbar nach der Qualifikation richtet.


    Angebot und Nachfrage im Lehramt: der Staat ist ein besonderer Arbeitgeber, bei dem manches anders läuft - z.B. das Berufsbeamtentum. Die Reaktionen auf den Arbeitsmarkt erfolgen nicht sehr flexibel, schon gar nicht so wie in der "freien Wirtschaft".
    Aber: Nicht nur in Deutschland beginnt eine Reaktion darauf, dass es einen Mangel an bestimmten Lehrern gibt.
    Es gibt Zulagen für Mangelfächer, für ländlichen Raum etc., Einstellungsgarantien, Bindungszulagen, Vergütung von Mehrarbeit, Anerkennung von Diplomen (nur ein Fach) und und und...
    Im GS-Bereich brennt es am meisten und was passiert? Das Gehalt wird erhöht.


    Mir scheinen all diese Maßnahmen eine Reaktion der KMs um dem Lehrermangel, inbesondere der GS und Mangelfächer, entgegenzuwirken.
    Wg. A16 für HS-NaWi-Lehrer: Wie weit sich die Arbeitsbedingungen/Gehalt von Lehrern bestimmter Fächer auseinanderentwickeln werden, wird meines erachtens daran liegen, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt. Wenn sich immer weniger Lehrer finden, wird meiner Erwartung nach die Bezahlung immer besser (oder das Niveau gesenkt, dass die große Fakultas überflüssig macht) - anstatt dass diese Fächer einfach gar nicht mehr unterrichtet werden. Glaubst Du, dass die Bezahlung gleich bleibt, auch wenn sich keine Lehrer mehr finden für bestimmte Fächer? Was denkst Du, wie der Staat darauf reagieren wird?


    Kleiner fun fact: in den USA gibt es auch Uni-Stipendien für Mangelfach-Studenten, die sich verpflichten danach in Mangel-Regionen zu unterrichten.
    (Sich für 25 Jahre verpflichten, aber nicht bei der Army, sondern als Lehrer im Ghetto! Was wohl gefährlicher ist?)

  • Meine Meinung dazu ist folgende: Wenn sich Leute aus der Praxis (z.B. Lehrer im Studienbereich Didaktik, Ärzte im Studienbereich Medizin, etc.pp.) ein kleines Zubrot zu ihrem eigentlichen Gehalt verdienen wollen, finde ich das im Rahmen dieser Lehrbeauftragungen grundsätzlich nicht verkehrt.

    Doch. Das ist grundverkehrt. Solange sich immer wieder genügend Leute finden, die solche Lehraufträge trotz schlechter Bezahlung bzw. fehlender Entlastung im eigentlichen Unterrichtsdeputat übernehmen, besteht überhaupt keine Veranlassung, ordentliche Stellen in Form von Akademischen Ratsstellen oder wenigstens richtigen Abordnungen zu schaffen. Der Laden läuft ja auch so.
    Dass es für den Mittelbau kaum unbefristete Stellen gibt, ist ein weiterer Skandal, der damit vage zusammenhängt.


  • Dass die in manchen Bundesländern angehobene Besoldung der GS-Lehrer teilweise auch mit angepassten Studienordnungen begründet wird (von Politikern in Interviews - nicht durch Gesetze), kann ich mir gut vorstellen, aber ich halte dies nicht für den tatsächlichen Grund. Für den tatsächlichen Grund halte ich, dass es zu wenige Bewerber für die GS gibt und deshalb (!) durch höheres Gehalt attraktiver gemacht werden soll.

    Zumindest für NRW ist man da offenbar schlichtweg dem Richterspruch zuvorgekommen.

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