Vertretungslehrer VOR dem Ref.?

  • Dieser Beitrag ergab sich nach dem Lesen des Threads "Zwischen 1. Examen und Referendariat" (Zwischen 1. Examen und Referendariat)


    Ich habe auch schon einen Fall miterlebt bei dem jmd. frisch von der Uni VOR dem Referendariat noch schnell vertretungsweise ein paar Prüfungsklassen unterrichtet hat.


    So etwas ist natürlich zweifellos eine große Chance, bei der man sehr viel lernen kann. Aber ist es nicht auch ein Risiko?


    Im Referendariat wird man schließlich nicht direkt ins kalte Wasser geworfen. Ganz im Gegenteil: die ersten und vereinzelten eigenen Unterrichtsstunden oder Teilstunden werden meist sorgsam vorher geplant mit Mentoren. Ich denke dafür gibt es auch gute Gründe.


    Wie seht ihr das?

  • In der Grundschule in Bayern musst du ab dem ersten Tag eigenverantwortlich 8 Stunden pro Woche unterrichten, bis zu den Herbstferien den Jahresplan und dann fortlaufend Sequenzpläne und Wochenpläne abliefern....

  • Disclaimer: Ich kann nur über mein Bundesland (und "mein" Seminar) berichten, ich weiß von Kollegen aus BaWü, dass bei Euch EINIGES besser läuft.

    Im Referendariat wird man schließlich nicht direkt ins kalte Wasser geworfen. Ganz im Gegenteil: die ersten und vereinzelten eigenen Unterrichtsstunden oder Teilstunden werden meist sorgsam vorher geplant mit Mentoren. Ich denke dafür gibt es auch gute Gründe.


    Wie seht ihr das?


    Ähm...nein.
    Wir mussten ein halbes Jahr "nur zugucken", während im Seminar die Gehirnwäsche lief und allerlei Methodenwahnsinn geprobt wurde. Außerdem haben wir ab und zu im Fach- und Fachübergreifenden Seminar Stunden geplant für Klassen an anderen Schulen (meist die des entsprechenden Fachleiters), die dort einer aus der Gruppe (Erstfach: 5 Leute, Zweitfach: ca. 20 Leute) per Losverfahren halten musste.


    Dann kamen die 7 Stunden eigenständiger Unterricht. Die erste Stunde hab ich mit Material von einem Kollegen gehalten, sie war auch entsprechend schlecht.Meine selbst geplanten waren zu dem Zeitpunkt auch nicht besser. Die hätte jeder andere, der fachlich fit ist, genauso gut halten können. Und das, was (drei Jahre später) eine PES-Kraft bei uns abgeliefert hat, die null pädagogische Ausbildung, aber ein paar Jahre Praxis als Techniker mit Azubi-"Anhängsel" hinter sich hatte, war definitiv besser als meine Stunden in den ersten paar Wochen/Monaten.


    Wie gerade gestern in einem anderen Thread erwähnt: Es ist NICHT Aufgabe des Mentors, an der Didaktik zu feilen und dem Referendar bei der Stundenplanung zu helfen. Dafür ist das Seminar zuständig. Wäre es Mentorenaufgabe, müsste nämlich mehr Entlastung her als die (bei uns) 0,7 Schulstunden pro Woche, die so schon ein Witz sind.


    Dass das manche Mentoren machen (mich eingeschlossen), weil sie die Kompetenz des Seminars dahingehend für stark verbesserungswürdig und nicht praxistauglich halten (ebenfalls mich eingeschlossen) steht auf einem anderen Blatt. Meiner hatte dank kleinem Kind daheim für sowas halt keine Zeit.



    Summa Summarum: Natürlich ist es IMMER sinnvoller, wenn ein ausgebildeter Lehrer unterrichtet, als irgendwer von außen. Der kennt die Klasse, steckt idealerweise tief im Thema und hat natürlich didaktisch und pädagogisch deutlich mehr zu bieten. Aber schlechter als Referendare am Anfang des eigenen Unterrichts sind fertige Studenten imho wirklich nicht.


    Gruß,
    DpB

  • In der Grundschule in Bayern musst du ab dem ersten Tag eigenverantwortlich 8 Stunden pro Woche unterrichten, bis zu den Herbstferien den Jahresplan und dann fortlaufend Sequenzpläne und Wochenpläne abliefern....

    War das schon immer so, dass die GS-Lehrer keinen Vorlauf hatten, oder war das eine Reform der letzten zehn Jahre?


    In B.-W. wurde der Teil des Refs. ohne eigenen Unterricht des Gym/Ber.-Refs. von einem auf ein halbes Jahr gekürzt.

  • @DePaelzerBu


    ich glaube das ist ein Mißverständnis: mit "sorgsam geplant" meinte ich z.B. eine Absprache mit den Mentoren wann man welches Thema Unterrichtet. (In B.-W. schauen sich die Mentoren meist auch die Stunden vorher zumind. grob an)


    Mir ging es aber nicht darum, wer besseren Unterricht macht, sondern ob man sich als Vertretungslehrer vor dem Ref. z.B. seinen Stil versauen kann in dem man ins blaue rein Dinge macht, die nicht gut sind, und sich angewöhnt.
    Im Ref. werden ja häufig praxisferne "Showstunden" verlangt. Wer da schon mit Erfahrung einsteigt könnte z.B. mehr Schwierigkeiten haben solchen Anforderungen nachzukommen.
    Oder nochmal anders gesagt: Wer schon vermeintlich erfolgreich unterrichtet hat, lässt sich nicht mehr so leicht etwas sagen - im guten wie im schlechten.

  • @ Morse: Das ist neu. Ich habe selbst mein Ref. in BY gemacht, da war es noch anders und erlebe es jetzt in Blutsverwandtschaft live.


    Die unterrichten teilweise eigenverantwortlich Fächer, die für den Übertritt in Klasse 4 relevant sind. In BY gibt es noch den "NC" für die weiterführenden Schulen verbindlich.

  • @DePaelzerBu


    ich glaube das ist ein Mißverständnis: mit "sorgsam geplant" meinte ich z.B. eine Absprache mit den Mentoren wann man welches Thema Unterrichtet. (In B.-W. schauen sich die Mentoren meist auch die Stunden vorher zumind. grob an)


    Mir ging es aber nicht darum, wer besseren Unterricht macht, sondern ob man sich als Vertretungslehrer vor dem Ref. z.B. seinen Stil versauen kann in dem man ins blaue rein Dinge macht, die nicht gut sind, und sich angewöhnt.

    Ok, da hatte ich Dich in der Tat missverstanden, DIESE Bedenken kann ich tatsächlich besser nachvollziehen.


    Bin dann hier aber vorsichtshalber wieder raus, seminarlastige Themen vermasseln mir zu sehr die Laune ;-)


    Gruß,
    DpB

  • wir haben ab den Herbstferien selbst unterrichtet (Ich glaube 8 Stunden), nach Fadching dann 10 und im 2. Jahr dann 12-17 Stunden.


    Vor meinem Ref habe ich 6 Jahre bei einem Bildungsträger unterrichtet. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein Vorteil war. Zum einen haben sich natürlich einige "Unarten" eingebrannt (zu hoher Redeanteil), zum anderen war vielleicht die Erwartungshaltung der Seminarlehrer höher, weil ich ja schon Erfahrung hatte...


    Ich würde in einer freien Zeit zwischen Ref und Studium vielleicht lieber die Hälfte in der Fabrik jobben und danach gleich in Urlaub verbraten.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Bin dann hier aber vorsichtshalber wieder raus, seminarlastige Themen vermasseln mir zu sehr die Laune ;-)

    :lach:


    Falls Du Dir doch mal die Laune vermiesen willst, wäre es sehr interessant gerade von Dir (!) zu erfahren, ob Du diesbezüglich Unterschiede bei Deinen Referendaren feststellst, bzw. ob sich vorherige Aushilfslehrertätigkeiten unterm Strich eher positiv oder negativ auswirken.

  • Eine Refkollegin damals war von Anfang an um Klassen besser, weil sie vorher unterrichtet hat. "Lehrerpersönlichkeit" zu entwickeln und dann Zeit, Energie, Konzentration für Seminaransprüche/guten Unterricht zu haben ist m.E. für den Ref. ein riesen Gewinn.

  • :lach:
    Falls Du Dir doch mal die Laune vermiesen willst, wäre es sehr interessant gerade von Dir (!) zu erfahren, ob Du diesbezüglich Unterschiede bei Deinen Referendaren feststellst, bzw. ob sich vorherige Aushilfslehrertätigkeiten unterm Strich eher positiv oder negativ auswirken.

    In ein paar Jahren vielleicht. Hab grad meinen ersten, und der war vorher relativ frischer Ingenieur.


    EDIT: Aber auch der weiß schon, dass man am besten im Allgemeinseminar nicht so arg viel unkritisch übernimmt. Drum find ich, der macht sich ganz gut ;-)


    Gruß,
    DpB

    Einmal editiert, zuletzt von DePaelzerBu ()

  • Wie gerade gestern in einem anderen Thread erwähnt: Es ist NICHT Aufgabe des Mentors, an der Didaktik zu feilen und dem Referendar bei der Stundenplanung zu helfen. Dafür ist das Seminar zuständig. Wäre es Mentorenaufgabe, müsste nämlich mehr Entlastung her als die (bei uns) 0,7 Schulstunden pro Woche, die so schon ein Witz sind.


    Ausbildung von Lehramtsanwärtern usw. gehört zu den Kernaufgaben eines Lehrers, kann man beispielsweise in der ADO (NRW) §10 nachlesen. Gehört also ganz normal mit dazu, irgendwelche Entlastungsstunden dafür zu fordern, ist schon dreist.

  • Im Ref. werden ja häufig praxisferne "Showstunden" verlangt.


    Woher kommen eigentlich immer solche Sprüche? Von einem Koch in der Ausbildung erwartet man auch, dass er ein 7-Gänge-Menü kocht bzw. kochen kann. Da kommt keiner auf die Idee, dass der den ganzen Tag nur Schnitzel/Pommes/Salat fertigmacht. Und einzelne Teile aus dem 7-Gänge-Menü kann er auch so immer wieder anwenden, und auch so, kann es durchaus mal sein, dass er dieses 7-Gänge-Menü mal nach seiner Ausbildung machen muss.

  • Woher kommen eigentlich immer solche Sprüche? Von einem Koch in der Ausbildung erwartet man auch, dass er ein 7-Gänge-Menü kocht bzw. kochen kann. Da kommt keiner auf die Idee, dass der den ganzen Tag nur Schnitzel/Pommes/Salat fertigmacht. Und einzelne Teile aus dem 7-Gänge-Menü kann er auch so immer wieder anwenden, und auch so, kann es durchaus mal sein, dass er dieses 7-Gänge-Menü mal nach seiner Ausbildung machen muss.

    Was meinst Du mit "Sprüche"?


    Es ist doch unumstritten, dass ein Referendar bei Lehrproben ein Methodenfeuerwerk zündet wie es im normalen Unterricht eher selten der Fall ist. Nicht?

  • Ausbildung von Lehramtsanwärtern usw. gehört zu den Kernaufgaben eines Lehrers, kann man beispielsweise in der ADO (NRW) §10 nachlesen. Gehört also ganz normal mit dazu, irgendwelche Entlastungsstunden dafür zu fordern, ist schon dreist.

    Vielleicht in NRW Gesamtschule.


    Für Bayern/Förderschule beispielsweise schaut das anders aus:
    Da bekommst du für die Betreuung eines Referendars im 1. Jahr (Der übrigens ab dem 1. Schultag 7 Wochenstunden eigenverantwortlich Unterricht erteilt) 1 Ermäßigungsstunde.

  • Methodenfeuerwerk


    Ein packender Einstieg + eine für den Inhalt gut passende Methode, evtl. mal was anderes als TPS (aber auch nix extravagantes) + Differenzierungsmaterial + Zusammenführung am Ende + handwerklich gute Ausführung => gute Lehrprobe



    Ist für mich was anderes als "Methodenfeuerwerk".


    Also meiner Meinung nach ist das nicht "unumstritten".

  • Vielleicht in NRW Gesamtschule.

    Die ADO gilt für alle Lehrer in NRW, unabhängig der Schulform.


    Ist natürlich die Frage, was hier unter "Betreuung" gemeint ist. Wir haben schon Ausbildungsberater, die federführend die Ausbildung leiten. Die bekommen Entlastungsstunden. Der eigentliche Ausbildungslehrer nicht. Wenn ich in z.B. 3 Stunden einen Ref/LAA mit im Unterricht habe, dann bekomme ich da nix für. Das ist eben §10 ADO


  • Ok. Ich habe aus meinem eigenen Referendariat und dem von Freunden u. Bekannten einen anderen Eindruck, nämlich den, dass sich Lehrproben-Stunden schon deutlich von den Alltags-Stunden unterscheiden. Auch hier im Forum schien mir das der Normalfall zu sein. Aber gut, es kommt natürlich immer auf die Fachleiter/Prüfer einerseits und die Referendare andererseits an.


    Bei mir hat nicht jede Stunde einen packenden Einstieg. Manchmal heißt es schlicht "heute steht folgendes auf dem Programm" - im Ref. ein no-go.

  • Ich hatter verhältnismäßig viel außerschulische Unterrichtserfahrung, bevor ich ins Ref gegangen bin. Unterm Strich war es so, dass ich in meinem Seminar derjenige war, der von Anfang an am sichersten vor der Klasse stand, vor allem in der Oberstufe. Die Seminarlehrer waren in dieser Hinsicht regelrecht begeistert.
    Gleichzeitig war ich im Seminar auch derjenige, der am meisten mit bestimmten "Ticks" zu kämpfen hatte, die sich eben so eingeschlichen hatten, als ich ohne Aufsicht unterrichtet habe: Redeanteil, Lehrerecho, Tafelschrift, saloppe Körperhaltung vor der Klasse (Hände in den Hosentaschen, auf dem Tisch sitzen etc.) - Dinge eben, die im Seminar nicht gerne gesehen werden, sich danach aber doch zum Teil wieder einschleichen. Beim Korrigieren war ich auch am Anfang zu schlampig, weil das in meinen vorherigen Beschäftigungsverhältnissen eine untergeordnete Rolle gespielt hatte.
    Was Stundenplanung, Phasierung, Langzeitplanung, Methodik und Didaktik anging, gab es keine größeren Unterschiede - evtl. einen minimalen, aber vernachlässigbaren Vorteil auf meiner Seite.


    Kann man also so pauschal nicht beantworten.

  • Im Referendariat wird man schließlich nicht direkt ins kalte Wasser geworfen. Ganz im Gegenteil: die ersten und vereinzelten eigenen Unterrichtsstunden oder Teilstunden werden meist sorgsam vorher geplant mit Mentoren. Ich denke dafür gibt es auch gute Gründe.

    Ja, das kann passieren. Nach meinen eigenen Erfahrungen und den Erfahrungen, die unsere LAA aus dem Seminar mitbrachten, kannst du die sorgsam geplanten Stunden mit Mentoren meist knicken. :-(

Werbung