Woher kommt die Beliebhteit der Kombination "Deutsch/Geschichte"?

  • ... Aber für den durchschnittlichen Schüler ist es in den von Dir genannten Fächern mit mittlerem Aufwand eher möglich gute Noten zu bekommen als in Chemie, Mathe oder Physik.

    Ist es denn nicht eher so, dass es in den Naturwissenschaften einfacher ist, gute Noten zu bekommen? Wenn man zu denjenigen gehört, denen das mathematische Verständnis in die Wiege gelegt wurde. Genauso wie sich mancher besser ausdrücken kann und gerne liest und für Deutsch dann wenig tun muss.


    In Geschichte muss man durchaus Zeit investieren und neben Zusammenhängen auch Fakten auswendig lernen. Aber wer Mathe in der Schule begreift, überarbeitet sich doch eher nicht am Nachmittag.

  • Mich hat überhaupt niemand beraten, was ich studieren soll. Wir sind mal zum BIZ geschickt worden, da wurden auf DIN A4 Seiten die gängigsten Ausbildungsberufe beschrieben. Das ist sehr nützlich für Abiturienten, von denen die grosse Mehrheit am Ende auch wirklich studiert hat.


    Meine SuS fahren heute klassenweise an die ETH nach Zürich, die Uni Basel veranstaltet auch einen Besuchstag zu dem alle hingescheucht werden, dann war ich extra mit einer Gruppe noch am Swiss Nanoscience Institute in Basel, ich war am Paul-Scherrer-Institut und bei der Actelion, die meisten waren gar in der Mittelstufe schon mal bei Roche und Novartis und zuguter letzt organisieren wir an der Schule noch Vorträge von Leuten aus verschiedenen Berufsgruppen (Medizin, Pharmazie, Architektur, ...), zu denen auch alle SuS der Abschlussklassen hingeschickt werden.


    Wer Lehrer werden will, der fragt halt nach und bekommt bereitwillig Auskunft. Zwei meiner Jungs wollen unbedingt Sport und Geographie für Gymnasium, das ist auch so eine Todeskombination. Hat ihnen auch schon jeder gesagt, aber gut, sie wollen unbedingt, dann sollen sie halt mal.

  • Ist es denn nicht eher so, dass es in den Naturwissenschaften einfacher ist, gute Noten zu bekommen?

    Kommt drauf an, von welcher Naturwissenschaft wir sprechen. "Einfacher" würde ich persönlich erst mal nie behaupten, aber weder für Naturwissenschaften, noch für Sprachen noch für Geisteswissenschaften. Es gibt glaube ich zwei Todesfächer, in denen man entweder nie auf einen grünen Zweig kommt oder für eine wirklich gute Note wirklich *verdammt* viel lernt: Mathe und Chemie. Wobei ich hier stark bezweifle, dass man mit Lernen in Mathe beliebig weit kommt (in Chemie irgendwie auch nicht ...). Ich hab ein paar wenige 6er Schüler, die mir aber genau das sagen - sie lernen für kein anders Fach so viel, wie für Chemie.



    Aber wer Mathe in der Schule begreift, überarbeitet sich doch eher nicht am Nachmittag.

    Das stimmt absolut. Unsere Mathe-Physik-Schüler lernen insgesamt auch am wenigsten. Das wählt man als Schwerpunktfach aber auch nur, wenn man es wirklich kann.

  • @Wollsocken80 - da ist vermutlich jeder anders gestrickt. Chemie war meine beste Naturwissenschaft (13 Punkte). Hat mir auch Spaß gemacht. Trotzdem würde ich es nicht unterrichten wollen.
    Und bei deinen beiden Lehrammtsinteressenten - ist Sport so wenig gesucht bei euch? Okay, Geographie... wir haben einen Kollegen hier mit dieser Kombination. Er unterrichtet auch beides. Ansonsten ist Sport + X bestimmt nicht die "Todeskombi" wie zB das hier im Thread genannte Deutsch + Geschichte.

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  • Wobei ich hier stark bezweifle, dass man mit Lernen in Mathe beliebig weit kommt (in Chemie irgendwie auch nicht ...).

    Interessant. Ich würde tatsächlich auch sagen, dass man in der Geschichteswissenschaft mit fleißigem Lernen auch nicht über eine durchschnittliche Leistung hinauskommt. Was die Universität angeht, wohlgemerkt! Das NRW-Abitur ist so angelegt, dass es auf Wissen aufs Papier kotzen hinausläuft.

  • Das NRW-Abitur ist so angelegt, dass es auf Wissen aufs Papier kotzen hinausläuft.

    WISSEN im Abitur? Makulatur. Wissen muss man meiner Ansicht nach garnichts mehr. Man muss nur analysieren können, es ist eigentlich immer zumindest eine Aufgabe dabei, bei der fachliches Vorwissen völlig überflüssig ist.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • WISSEN im Abitur? Makulatur. Wissen muss man meiner Ansicht nach garnichts mehr. Man muss nur analysieren können, es ist eigentlich immer zumindest eine Aufgabe dabei, bei der fachliches Vorwissen völlig überflüssig ist.

    Hast du schon einmal ein Geschichtsabitur korrigiert?

  • Was die Universität angeht, wohlgemerkt! Das NRW-Abitur ist so angelegt, dass es auf Wissen aufs Papier kotzen hinausläuft.

    Da stimme ich Dir vollkommen zu. Zumindest bei uns am Gymnasium ist es so, dass wahrscheinlich kein anderes Fach näher an der Uni ist, als Chemie. Ich sage meinen Schülern immer, dass es nach all der Quälerei wenigstens kein böses Erwachen gibt, wenn sie später vllt. mal Medizin oder sowas studieren. Im Nebenfach haben die absolut ausgesorgt, wenn sie am Gym Schwerpunktfach hatten und das nicht allzu schlecht abgeschlossen haben.



    Chemie war meine beste Naturwissenschaft (13 Punkte). Hat mir auch Spaß gemacht. Trotzdem würde ich es nicht unterrichten wollen.
    Und bei deinen beiden Lehrammtsinteressenten - ist Sport so wenig gesucht bei euch? Okay, Geographie... wir haben einen Kollegen hier mit dieser Kombination. Er unterrichtet auch beides. Ansonsten ist Sport + X bestimmt nicht die "Todeskombi" wie zB das hier im Thread genannte Deutsch + Geschichte.

    Nein, es besteht eben so gut wie gar kein Bedarf für Sportlehrer. Im Gegenteil, viele von denen, die eigentlich das Lehrdiplom für Sek II machen, landen am Ende in der Mittelstufe. Sport und Geographie ist hier so ziemlich das gleiche Elend wie Deutsch und Geschichte was die Aussichten auf eine Anstellung betrifft. Ich würde fast behaupten, es ist das schlimmere Elend.


    Bzgl. Chemie ... naja, wenn es Dir Spass gemacht hat, hattest Du ja auch sowas wie ein bisschen Motivation es zu lernen. Wem es keinen Spass macht, der kotzt einfach nur. Abgesehen davon unterscheiden sich gerade in den Fächern Chemie und Physik die Lehrpläne in der Schweiz sehr deutlich von denen in Deutschland bzw. eigentlich hält sich am Gym eigentlich keiner so recht an irgendeinen Lehrplan, sondern unterrichtet das, was er für richtig und wichtig hält.

  • WISSEN im Abitur? Makulatur. Wissen muss man meiner Ansicht nach garnichts mehr. Man muss nur analysieren können, es ist eigentlich immer zumindest eine Aufgabe dabei, bei der fachliches Vorwissen völlig überflüssig ist.

    Da würde ich ganz erheblich widersprechen wollen, zumal der Widerspruch in Deiner Aussage ja auch schon selbst vorhanden ist. Es ist immer eine Aufgabe dabei, bei der fachliches Vorsissen überflüssig ist. Richtig - das ist im Fach Geschichte in der Regel die Aufgabe 1 - die Quellenanalyse. Da geht es um Methodik und Leseverstehen.
    Spätestens bei Aufgabe 2 geht es nicht ohne historisches Wissen. Ein historisches Urteil - und sei es nur auf Abiturlevel - verlangt sowohl dezidiertes Wissen als auch den entsprechenden Umgang damit.


    Für einige Schüler sind 200 Jahre Lernstoff schon eine ganze Menge. Da die Klausuren in der Regel zwei Primärquellen (einmal Text, einmal Bild/Karikatur) und einen Sekundärtext zur Auswahl bieten, muss man ferner auch methodisch sicher sein - sonst liegen einem entweder das Thema oder die Methodik nicht.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich war in Mathe in der Schule sehr gut (15NP-Abi) und kam ohne Schwierigkeiten durch‘s Studium. Bei einer einzigen Klausur hatte ich nur knapp bestanden (4,0). Sonst hatte ich alle Klausuren im Bereich 2,3-3,7. Ich habe aber recht viel investiert. Jede Vorlesung vor- und nachbereitet, meist war ich auch in mindestens zwei Lerngruppen, die jeweils zweimal pro Woche stattfanden und auch gerne mal bis zur letzten Bahn dauerten... Vorbereitung für die Klausur habe ich (trotz kontinuierlichem „Mitlernen“) bereits in der Mitte des Semesters angefangen. Alte Klausuren durchgeguckt, was dran kam. Probe-gelöst. Wiederholt. Also mit hohem Lernaufwand kann man definitv was erreichen. Auch in Mathe.


    Englisch lief da gefühlt eher nebenher. Literatur wurde „zwischendurch“ gelesen. Quasi als „Pause von Mathe“... Bin oft ohne groß zu lernen in Klausuren und hab da 1,x geschrieben... Ich war nicht ein einziges Mal außerhalb des Kurses im Sprachlabor... Praktische Prüfung: 1,0. Aber das fiel mir halt alles sehr zu...

  • Also mit hohem Lernaufwand kann man definitv was erreichen. Auch in Mathe.

    Kommt drauf an, womit man sich zufrieden gibt ;) Ich bleibe dabei: In Mathe kommen viele Schüler auch mit viel Lernaufwand nicht über eine mittelmässige Note hinaus. Ich war selbst eine sehr gute Mathe-Schülerin und habe praktisch nie was dafür getan. An der Uni war das völlig anders, weil einfach Uni-Mathe mit Schul-Mathe herzlich wenig zu tun hat. Klar, der Inhalt ist immer noch der gleiche, die Herangehensweise aber eine ziemlich andere. Ich hatte viele Kommilitonen, die an Mathe fürchterlich verzweifelt sind. Ich war irgendwie ziemlich froh, dass ich in der Schule Mathe-LK hatte, ich hab's problemlos hinbekommen.


    Ich habe aktuell gerade einen Schwerpunktfachkurs der desaströs schlecht in Mathe ist. Ich hab sie mal ein bisschen gefragt, was sie denn selbst denken, woran das liegt. Sie meinen, es fällt ihnen einfach sehr schwer überhaupt mal den richtigen Gedanken zu fassen, wie eine Aufgab zu lösen ist. Also, sie erkennen irgendwie die Strategie nicht. Interessanterweise habe ich sie noch nicht einmal über die Mathe-Kollegin klagen hören. Irgendwann fiel sogar mal der Satz: "Oh Mann, wir sind so scheisse in Mathe, wir sollten der Frau K. vielleicht mal einen Kuchen backen."


    Ist jetzt aber echt OT, mir fiel nur gerade das mit dem Kuchen wieder ein, das fand ich so herzig. :)

  • na Englisch, das kann ich jetzt ja irgendwie, da muss ich dann nicht mehr wirklich was lernen.

    Stimmt für Englisch auf jeden Fall. Ich habe für mein Englisch LK-Abi überhaupt nichts (!) gelernt, waren trotzdem 14 Punkte.
    Und mit Einführung des G8 ist der inhaltliche Anteil nochmal mehr in den Hintergrund gerückt. Wenn man die Sprache gut beherrscht und mit Texten arbeiten kann, dann ist Englisch in der Oberstufe wirklich kein Problem.
    In Mathe hatte ich damals im GK Abi übrigens auch mit mäßiger Vorbereitung eine sehr gute Note. Ich glaube also nicht, dass man hier pauschal sagen kann, das eine Fach ist schwerer als das andere. Hängt halt viel von individuellen Fähigkeiten ab, die nicht immer nur schwarz/weiß zwischen Sprachen und MINT wechseln. Am meisten musste ich im Abi für Geschi machen. Das hat mich richtig gestresst.

    Ich finde schon, dass man der Generation google mal zumuten kann, die Suchmaschien zu bemühen, um herauszufinden, wie es derzeit und vermutlich später mit dem Wunschberuf aussieht. Vor allem diejenigen, die Lehramt studieren, und somit Abitur haben, wird man das schon noch zutrauen können. Die Entscheidung trifft man doch wohl sehenden Auges.

    Ach, ich weiß nicht. Ich finde, man kann Teenagern schon eine gewissen Naivität zugestehen. Ich habe mich viel informiert, war bei Berufsberatung, BIZ etc. Mir haben ALLE von Lehramt, vor allem mit Sprachen, abgeraten. Ich habs trotzdem gemacht und nur einen Job bekommen, weil Bayern überraschend das G8 eingeführt hat und jeden genommen hat, der bei drei nicht auf den Bäumen war.
    Ich dachte halt auch: "Wenn ich gut genug bin, dann wird das auch was!"
    Allerdings habe ich im Studium viele außerschulische Praktika gemacht, um mir eine Alternative zu eröffnen, falls es nichts wird. DAS würde ich den Schülern dringend raten, wenn sie sich von Prognosen nicht beirren lassen wollen.

  • Es gibt glaube ich zwei Todesfächer, in denen man entweder nie auf einen grünen Zweig kommt oder für eine wirklich gute Note wirklich *verdammt* viel lernt: Mathe und Chemie.

    So, das nehme ich jetzt mal als Aufhänger (ist also in keiner Weise an oder gegen Dich gerichtet, liebe Wollsocken), um mal eine etwas ausführlichere Suada zum Thema "Mordor NaWis vs. Auenland GeWis" loszuwerden. Es kam ja in diesem Thread, der ja nicht zuletzt schon vom Ausgangsposting her darauf angelegt war, wieder mal zu der Frage, warum über diesen alten Käse immer wieder - und zwar nicht von Seiten der Geisteswissenschaften! - diskutiert werden muss.


    Nun – die Frage, warum diese Diskussion immer wieder hochkocht, lässt sich wohl nur mit der manchen naturwissenschaftlich ausgebildeten Lehrkräften eigenen Mischung aus Hybris, Beschränktheit und Frust erklären. Es mag sich lohnen, das Problem einmal differenziert zu betrachten.


    Da wäre zunächst die Hybris der Genannten (wir reden immer noch von "manchen", gell!), ihre Fächer seien um ein Vielfaches „schwerer“ und von viel weniger Menschen intellektuell bewältigbar als andere. Vor allem Chemiker scheinen mir für den Glauben an "Gottbegnadung" (ja, ich weiß, was mit diesem Begriff konnotiert ist) anfällig, und in der Tat scheint für das Studium der Chemie eine Art Inselbegabung äußerst nützlich zu sein (siehe hierzu auch obiges Zitat). Nicht umsonst sind meist die Lehrer naturwissenschaftlicher Fächer dafür berüchtigt, für in ihrem Fach schwächere Schüler eher wenig übrig zu haben. Ach, nie werde ich Herrn B. vergessen, seines Zeichens Chefchemiker an unserem Provinzgymnasium, für den die Welt aus Chemie bestand und der für Kultur so gar keine Antenne hatte. Er ist dann auch folgerichtig Seminarlehrer geworden, um auch nachfolgende Chemielehrergenerationen angemessen einnorden zu können.


    Diese Hybris hat aber noch einen weiteren Hintergrund, nämlich die Tatsache, dass die Chemie, neben anderen Naturwissenschaften, ökonomisch so viel besser verwertbar ist als die meisten Geisteswissenschaften. Schlichte Gemüter schließen daraus auf die „Wichtigkeit“ oder den „Anspruch“ der ersteren und verkennen dabei, dass es lediglich unsere gegen- (viele kluge Köpfe sagen auch nicht ohne Grund: wider-)wärtige Gesellschafts- und vor allem Wirtschaftsordnung ist,die zu dieser Tatsache führt (und die uns demnächst um die Ohren fliegen wird, so nicht ein Wunder geschieht).


    Dementsprechend muss auch festgestellt werden – jetzt kommen wir zum Punkt „Frust“ –, dass der Lehrerberuf für die meisten Naturwissenschaftler zumindest gefühlt eher die untere Gehaltsebene ihrer Ausbildung darstellt, für Geisteswissenschaftler jedoch die mittlere bis obere. Viele Chemielehrer (zumindest für SekII ausgebildete) sind offensichtlich ständig frustriert, weil sie sich immer wieder ausmalen müssen, was sie als Abteilungsleiter (oder höher) in der Wirtschaft verdienen bzw. bekommen würden. Dem Deutschlehrer stellt sich dieses Problem nicht; er freut sich seines Lebens und seines Gehaltes, das immerhin (so er Beamter ist) gut dem Doppelten des deutschen Durchschnittsnettos entspricht und sich auch im akademischen Bereich mehr als sehen lassen kann – wer wird schon Professor, Direktor beim Goethe-Institut oder Feuilletonchef bei der FAZ? Von der Tatsache, dass Hölderlin wesentlich besser zum Bezirzen der Damen geeignet ist als Benzolringe, sei hier mal abgesehen.


    Bleibt die oben erwähnte Beschränktheit, auf die wir noch eingehen müssen. Nun, diese bezieht sich selbstverständlich nicht allgemein auf die intellektuellen Fähigkeiten von Naturwissenschaftlern. Es ist jedoch für diesen Punkt bezeichnend, dass der unschmeichelhafte (und von mir hier ausdrücklich nur zitierte) Begriff „Fachidiot“ ausschließlich für Naturwissenschaftler reserviert zu sein scheint. Ein Historiker, Anglist, Germanist oder auch Jurist kann wohl aufgrund der vielfältigen interdisziplinären Vernetzungen und Implikationen, die sein Fach mit sich bringt, per se kein „Fachidiot“ sein. Und eben diese spezielle Art der Fähigkeit zum vernetzten Denken ist es wohl auch, die vielen Naturwissenschaftlern abgeht. Dazu passt auch das Beispiel des TE, der Geschichte langweilig findet und offensichtlich die Relevanz nicht erkennt, die dieses Fach für unsere Gegenwart (und auch für sein eigenes Fachgebiet!) hat, und zwar aktuell mehr denn je. Zugegeben 1: Das gilt mit Sicherheit in vielen Fällen auch umgekehrt. Zugegeben 2: Diese Relevanz zielgruppengerecht zu vermitteln scheint mir eine Herausforderung zu sein, der viele Geschichtslehrer nicht die nötige Bedeutung zumessen.


    Sicher dürfte auch sein, dass die meisten „harten“ Naturwissenschaftler ein ernsthaft betriebenes Studium der Germanistik oder Geschichtswissenschaft bestenfalls irgendwie bestehen würden. Mit Labern (das im Übrigen auch gekonnt sein will) ist es halt auch in diesen Fächern nicht getan, wenn man darauf angewiesen ist, Punkte zu bekommen.



    Disclaimer: Wer jetzt der Meinung ist, ich hätte hier einen Haufen Stuss zusammengeschrieben, der mag recht haben, lasse sich aber gesagt sein, dass ich mir das speziell innerhalb dieses Threads als Geisteswissenschaftler auch einfach mal rausnehme. Und wer sich als Naturwissenschaftler angegriffen fühlt, der zeigt damit nur, dass er gar nicht gemeint ist.


    Incipiat tempestas stercoris! (oder auf Deutsch: Möge d ach was, Latein hat man zu können)

  • So, das nehme ich jetzt mal als Aufhänger (ist also in keiner Weise an oder gegen Dich gerichtet, liebe Wollsocken)

    ... und wieso zitierst Du dann ausgerechnet und völlig aus dem Kontext gerissen ausgerechnet mich, die ich hier absolut noch *nie* behauptet habe, NaWi sei per se schwieriger/toller/krasser/wasweissich als GeWi?



    Ein Historiker, Anglist, Germanist oder auch Jurist kann wohl aufgrund der vielfältigen interdisziplinären Vernetzungen und Implikationen, die sein Fach mit sich bringt, per se kein „Fachidiot“ sein.

    Du irrst und zwar ganz gewaltig. Was glaubst Du wohl, wie mich gerade als Naturwissenschaftlerin der Absolutheitsanspruch mancher Phil-I-Kollegen ankekst. Vor allem, wenn man dann doch erschreckend schnell im Gespräch feststellt, wie genau gar keine Ahnung eben diese Personen von Naturwissenschaften haben und auch noch glauben, damit kokettieren zu können. Ein Glück, dass diese Personengruppe in meinem Kollegium wirklich sehr klein ist. Natürlich kokettiert manch ein Naturwissenschaftler mit seiner Unkenntnis historischer Zusammenhänge oder klassischer Literatur und schert sich einen Dreck um eine vernünftige Rechtschreibung. Auch von dieser Sorte gibt es an meiner Schule ... eigentlich niemanden.



    Und eben diese spezielle Art der Fähigkeit zum vernetzten Denken ist es wohl auch, die vielen Naturwissenschaftlern abgeht.

    Ja klar, so wird es sein. Geht's Dir jetzt besser? Ich verstehe gerade echt nicht, was Dir in den Kopf gespuckt hat. Bis zu Deinem Beitrag war die Diskussion äusserst friedfertig und ausnahmsweise hat mal wirklich keine Gruppe versucht die andere zu dissen.



    Viele Chemielehrer (zumindest für SekII ausgebildete) sind offensichtlich ständig frustriert, weil sie sich immer wieder ausmalen müssen, was sie als Abteilungsleiter (oder höher) in der Wirtschaft verdienen bzw. bekommen würden.

    Viele ... soso. Wie viele kennst Du denn? Ich kenne ne Menge Chemielehrer, nur keinen einzigen frustrierten. Vielleicht liegt es daran, dass ich selber nicht frustriert bin und mich daher nicht gerne mit frustrierten Menschen umgebe. Vielleicht liegt es an Deutschland vs. Schweiz. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es gar nicht so viele frustrierte Chemielehrer gibt, wie Du denkst. Wenn's mir im Unterricht langweilig wird, kann ich ja einfach mal was anzünden. Welches andere Fach bietet diese Gelegenheit noch? 8)

  • So, das nehme ich jetzt mal als Aufhänger (ist also in keiner Weise an oder gegen Dich gerichtet, liebe Wollsocken), um mal eine etwas ausführlichere Suada zum Thema "Mordor NaWis vs. Auenland GeWis" loszuwerden. Es kam ja in diesem Thread, der ja nicht zuletzt schon vom Ausgangsposting her darauf angelegt war, wieder mal zu der Frage, warum über diesen alten Käse immer wieder - und zwar nicht von Seiten der Geisteswissenschaften! - diskutiert werden muss.


    Ich fand weder, dass das Ausgangsposting speziell darauf angelegt war, noch, dass sich dieser Thread in diese Richtung entwickelt hat … sehe ich das falsch?


    Da wäre zunächst die Hybris der Genannten (wir reden immer noch von "manchen", gell!), ihre Fächer seien um ein Vielfaches „schwerer“ und von viel weniger Menschen intellektuell bewältigbar als andere.


    Man hört immer davon, aber von den Naturwissenschaftlern, die ich persönlich kenne, behauptet das keiner (natürlich nicht repräsentativ). Ich auch nicht, wobei das vielleicht auch daran liegt, dass auch Geisteswissenschaften (ausser Mathe) auf meiner Liste der potenziellen Studienfächer standen … hm, vielleicht kommt das ja noch ;) Aber was man persönlich als leicht oder schwer empfindet, hängt ja auch von den eigenen Voraussetzungen ab - es würde mir nie einfallen, daraus ein allgemeingültiges Ranking ableiten zu wollen. Ich fand Physik und Mathe im Studium anspruchsvoll, aber nicht in dem Sinn "schwer" - beides liegt mir eben gut. Anderen liegt es gar nicht. Andererseits hätte ich zum Beispiel niemals Sport studieren können - zu keinem Zeitpunkt meines Lebens hätte ich den Eingangstest bestanden, ganz abgesehen von meinem gänzlich fehlenden Talent für Sport. Für mich wäre Sport nicht nur "schwer" sondern "unmöglich" gewesen - bei anderen ist das natürlich ganz anders.


    Vor allem Chemiker scheinen mir für den Glauben an "Gottbegnadung" (ja, ich weiß, was mit diesem Begriff konnotiert ist) anfällig, und in der Tat scheint für das Studium der Chemie eine Art Inselbegabung äußerst nützlich zu sein (siehe hierzu auch obiges Zitat).

    Da ich in Chemie absolut talentfrei bin, kann ich dazu nichts sagen … vielleicht nur, dass Chemiker im Studium sehr viel Zeit in Laborpraktika verbringen müssen, weswegen man auf Studenpartys kaum Chemikerinnen/Chemiker kennenlernt - höchstens bei denen, die von der Chemiefachschaft organisiert werden ;)

    Nicht umsonst sind meist die Lehrer naturwissenschaftlicher Fächer dafür berüchtigt, für in ihrem Fach schwächere Schüler eher wenig übrig zu haben.

    Auch davon hört man, kann ich aber aus eigener Erfahrung (wieder nicht repräsentativ) weder aus meiner Schulzeit noch jetzt als Lehrer bestätigen … ich glaube auch nicht, dass ich befangen bin, denn ich war bis zur 9ten in "meinen" Fächern richtig schlecht und fand meine Lehrer sehr verständnisvoll. Aber in jedem Fach wird es Fachidioten wie den von dir angeführten Chemielehrer geben - das liegt genauso in der Natur des Menschen wie das humanistisch gebildete Universalgenie.


    Viele Chemielehrer (zumindest für SekII ausgebildete) sind offensichtlich ständig frustriert, weil sie sich immer wieder ausmalen müssen, was sie als Abteilungsleiter (oder höher) in der Wirtschaft verdienen bzw. bekommen würden.

    Die Naturwissenschaftler an der Schule, die ich kenne, sind mehrheitlich froh, dass sie nicht (mehr) in der Industrie arbeiten müssen - ich auch :)


    Von der Tatsache, dass Hölderlin wesentlich besser zum Bezirzen der Damen geeignet ist als Benzolringe, sei hier mal abgesehen.

    Hey, ich habe noch einen Polynomring in einer Intervallschachtelung im Angebot … ja, ich weiss, der ist alt …


    Und eben diese spezielle Art der Fähigkeit zum vernetzten Denken ist es wohl auch, die vielen Naturwissenschaftlern abgeht.

    Hm mal sehen ... zumindest Englisch auf C-Niveau sollte man als Naturwissenschaftler schon können, sowohl schriftlich als auch mündlich, da Englisch die "lingua franca" in den Naturwissenschaften ist. Eine reflektierte Einordnung zumindest der eigenen Disziplin in die Historie sollte jeder, der sein Fach ernsthaft studiert hat, auch drauf haben - ganz besonders im Lehramt. Auch die philosophischen Grundlagen der Naturwissenschaften (Stichwort Wissenschaftstheorie) sollten einem Naturwissenschaftler nicht gänzlich unbekannt sein. Klar gibt's auch Fachidioten (siehe oben) - aber die können sich das Fachidiotentum immer weniger leisten und das ist auch gut so.

  • Natürlich kann man nicht von allen Chemielehrern sprechen, sondern beschränkt sich auf diejenigen, die man aus eigener Erfahrung als Schüler oder aus dem Kollegium kennt. Dennoch hatte ich in meiner eigenen Schulzeit tendenziell eher das Gefühl, dass die MINT-Lehrer zwar ihren Stoff fachlich beherrschen, dass es ihnen aber am Pädagogischen mangelte und es ihnen misslang, den Stoff den Schülern interessant herüberzubringen. Das gelang den Sprach- und Gesellschaftswissenschaftenlehrern irgendwie immer besser. Da hat man leicht das Gefühl, dass die MINT-Lehrer mit ihrer Profession eher einen gesellschaftlich akzeptablen Kompromiss suchten, während die Anderen sich bewusst für die Lehre und somit eine Balance zwischen Fachinhalten und Arbeit mit (und nicht trotz!) den Schülern entschieden. Das kann aber auch daran liegen, dass die Studieninhalte eines (Gymnasial)-MINT-Lehramtsstudiums dermaßen über die Schulbedürfnisse hinausgehen, dass diejenigen, die das Studium auch tatsächlich schaffen, klassische Vertreter der Fachidiotenkategorie sind. Es fällt mir nämlich (sowohl aus meiner eigenen Schul- als auch meiner Studienerfahrung) etwas schwer zu glauben, dass so viele Leute in der Lage sind, sowohl die oft geforderte Lehrerpersönlichkeit zu besitzen, und gleichzeitig die komplexen Studieninhalte eines MINT-Studiums "mal eben" mit gutem Erfolg zu verarbeiten.

  • Das kann aber auch daran liegen, dass die Studieninhalte eines (Gymnasial)-MINT-Lehramtsstudiums dermaßen über die Schulbedürfnisse hinausgehen

    Das glaubst du. Clevere Lernende können mit einer einzigen Frage problemlos die Grenzen deines Fachwissens sprengen - das muss noch nicht mal "cutting edge science" sein. Niemand kann alles wissen bzw. von einer Sekunde auf die nächste Antworten auf alles aus dem Ärmel schütteln. Aber mit dem fachlichen Hintergrund kann man die Antworten recherchieren, erarbeiten, das Wesentliche herausarbeiten, sachlich vereinfachen, didaktisch vereinfachen, etc. Dafür braucht man (unter anderem) sein Fachwissen und ich kann dir sagen - ich brauche es jeden Tag in voller Breite und Tiefe, und es wird ständig in der Praxis getestet.

  • Ich studierte mal für ein paar Semester Mathematik für das Gymnasium und wenn ich da an z.B. "Grundlagen der Algebra" denke... Davon mal abgesehen, dass ich die Inhalte als ziemliches Detail- statt Grundlagenwissen empfand, an welchen Stellen im Unterricht stellt sich das Wissen über Ringe, Körper und Gruppen denn als besonders nützlich heraus? Natürlich, der Lehrer sollte fachlich über den Schülern stehen, aber gerade in Mathematik (das dürfte aber auch bei den anderen 3 Buchstaben I, N und T so sein) empfand ich es immer sehr mühsam, Verbindungen zwischen Fach- und Schulinhalten zu finden, und stellte fest, dass erstere so komplex sind, dass man sie nur mit spezieller Inselbegabung gut schaffen kann. Und dann soll diese Person gleichzeitig in der Schule bei einem deutlich geringeren Anforderungsgrad ähnlich motiviert sind? Das kann nur zu Abstrichen auf einer Seite, entweder an der Uni oder an der Schule, führen...

  • Ich studierte mal für ein paar Semester Mathematik für das Gymnasium und wenn ich da an z.B. "Grundlagen der Algebra" denke... Davon mal abgesehen, dass ich die Inhalte als ziemliches Detail- statt Grundlagenwissen empfand, an welchen Stellen im Unterricht stellt sich das Wissen über Ringe, Körper und Gruppen denn als besonders nützlich heraus?

    Ach, jetzt verstehe ich es. Dein Name ist Programm. Du hast dich für Mathematik nie interessiert, sondern ständig nur den Bezug zur Schule gesucht. So schafft man das Mathestudium wirklich nicht.
    Hoffen wir, dass du an der Grundschule glücklich wirst, nachdem du die Motivation für das eigentlich gewählten Studium nicht aufbringen konntest.


    Man braucht übrigens keine spezielle "Inselbegabung" für das Studium, man muss es allerdings ernst nehmen. Und genau deine Denkweise führt fast immer zu Misserfolgen in eben jenem Studium.


    Gruppen, Ringe und Körper brauchst du übrigens sogar in der Grundschule. Die ganzen Zahlen mit der Verknüpfung + sind beispielsweise eine Gruppe. Was macht die 0 so besonders? Sie ist das neutrale Element. Wir können die Klammern beliebig umsetzen, ah Assoziativität. 3+5=5+3? Ach, sogar kommutativ ist die Gruppe. Geht das auch mit Minus?...


    In der grundlegenden Algebra spielen auch Dinge wie der euklidische Algorithmus eine Rolle, ein Thema, was man am Gymnasium durchaus unterrichten könnte.

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