Fehlverhalten Schulleitung

  • Der Hinweis aus dem anderen Thread hat mich auf eine Diskussion gebracht, die wir im Kollegium schon mal geführt haben.


    Angenommen, eine SL nimmt sich unerlaubt Privilegien heraus, die sie den KollegInnen nicht gewähren würde. (blödes Beispiel: nie ins Klassenbuch schreiben.) Hält man besser die Füße still?
    Und was, wenn man doch selbst davon betroffen ist (obiges Beispiel: man muss ständig der Unterschrift hinterherlaufen).


    Die Vorfälle waren etwas gravierender aber es soll hier nicht zu konkret werden.
    Einmischen oder nicht? Geht's ehrlicherweise nur um das Gefühl "Recht zu haben", wenn man sich darüber aufregt? Bei einem "normalen" Kollegen würde man vermutlich auch nicht petzen gehen... oder wo kann sich wer über mangelnde Aufgabenerfüllung des Chefs beschweren?

  • Äh Moment...
    Um an Deinem wirklich recht harmlosen Beispiel zu bleiben: Wenn ich mehrfach Kollegen hinterherlaufe und sich nichts tut, gehe ich natürlich "petzen", wenn du das so nennen willst. Am Ende des Jahres bin ich nämlich als Klassenlehrer dafür verantwortlich, dass das Klassenbuch lückenlos geführt ist.


    Und ja, ich bin auch schon meinem Abteilungsleiter (der Mitglied der erweiterten SL ist) hinterhergerannt, und ich weiß von Kollegen, die natürlich auch schon den "Big Boss" darauf angesprochen haben.
    Wie es DANN weitergehen würde, weiß ich aber nicht, bei uns ist an der Stelle nämlich dann Ende, die leisten Abbitte, tragen ihr Zeug nach, und der Käs' ist gegessen (unsere Führungskräfte sind allerdings auch alle recht nett und umgänglich, und es handelt sich eigentlich immer um ein "oh, hab ich vergessen").


    Da aber (zumindest bei uns) am Ende des Jahres auch der Klassenlehrer die Klassenbücher unterschreibt, wäre "Füße stillhalten" keine Option.


    Gruß,
    DpB

  • Klassenbuch ist harmlos. Da gibt es ganz andere Dinge, aber ich möchte dazu lieber nichts schreiben. Das Thema ist aber interessant und folgende Fragen gehen mir durch den Kopf:


    Wo geht man hin?
    Wie geht es nach dem "Petzen" weiter?
    Sagt man lieber nichts?
    Wie viel Verantwortung hat man der Schule und den Schülern gegenüber?
    Lieber wegschauen?
    Was bringts?
    Ist man mitschuldig, wenn man nichts sagt?


  • Das kommt sehr auf den Einzelfall und auch die Schulleitung an sich an, würde ich sagen. Fehlverhalten ist ja ein sehr weiter Begriff... einerseits spielt es eine Rolle, wie das Verhältnis der SL zum Kollegium und auch zu einem selber ist, andererseits ist es wichtig, um welches Fehlverhalten es geht. Eine "Schusseligkeit", die keine allzu gravierenden Auswirkungen hat (aber ggf doofen Papierkram) würde ich, wenn ich sowas bemerke, direkt mit dem SL besprechen, denn - das sind auch nur Menschen (Muss dazu auch sagen, ich hatte bisher "gute" SL, auch unser jetziger (noch recht neu) macht seinen Job mMn gut).
    Wenn es etwas schwerwiegenderes ist, und die SL auch noch uneinsichtig - na, dann ist es eine Dienstaufsichtsbeschwerde, und zwar eine fundierte, vorzugsweise von mehreren Kollegen zusammen, denen das Fehlverhalten aufgefallen ist.
    Wie das weitergeht - nun, Papierkrieg, Zeit und dann hoffentlich eine Reaktion von oben sind zu erwarten, aber wie lange das dauert ist eine gute Frage.
    "Nichts sagen" - nein. Wenn es wirklich Fehlverhalten ist, wäre das mMn falsch. Sprechenden Menschen kann geholfen werden, "stillschweigende Akzeptanz" ist eine ganz unangenehme Sache, weil...
    ...Schule und SuS darunter ggf leiden. Hängt natürlich vom konkreten Fehlverhalten ab, aber das sehe ich wie Westernhagen - Schweigen ist feige.
    Und Wegschauen erst recht.
    Was es bringt kannst du nur im Einzelfall sehen. Aber nichts tun bringt sicher nichts.
    Dementsprechend - ja, wenn dann "was passiert", und man kannte die Umstände, hat aber nichts daran getan, etwas zu ändern... dann wäre man mMn mit schuld, also "durch Unterlassen", was auch immer. Schon deshalb... und wenn es nur eine freundlich Erinnerung ist, "Herr/Frau xy, haben sie da nicht etwas übersehen..." - das tut nicht weh. Und wie gesagt, das sind auch "nur" Menschen, die machen Fehler. Und die können auch mal betriebsblind sein. Manchmal ist es genau das Problem - keiner traut sich den Mund aufzumachen. Und dann ergibt das eine wunderschöne Abwärtsspirale...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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  • Hm, also ich meine weder Schusseligkeit, noch "Gefährliches". Eher sowas, wie selbst aus Unterricht ausplanen, um Elterngespräche zu führen, andere müssen vertreten. Oder es fällt halt U. aus. Wenn man sich da beschwert ist die Retourkutsche sicher nicht weit, also dass dem Kollegium in Zukunft sehr genau auf die Finger geschaut wird...

  • Ich denke SL sollten als Chef Vorbild sein. Das ist irgendwo auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.


    Auf der anderen Seite hat die SL deutlich mehr Arbeit als normale Lehrer und ein zum Teil sehr enges (oft extern vorgegebenes) Terminkorset.
    Von daher finde ich z.B. sowas wie Ausplanen für ein Beratungsgespräch bei SL durchaus eher ok als bei einem normalen Lehrer.


    Letztendlich haben Lehrer und Schulleitungen unterschiedliche Aufgaben, wodurch man nicht strikt gleiche Absprachen/Regelungen anlegen kann.

  • Nur Nichtstun bringt nichts.


    Etwas tun bringt immer was, manchmal das, was man will, manchmal etwas anderes, nicht notwendig etwas Schlechtes.


    Grundsätzlich handelt man doch als Erwachsener eigentlich immer in Eskalationsstufen - vom Gespräch bis zur offiziellen Beschwerde bis ggf. zur Klage ...


    Ich wünsche mir als Kollegin nicht, dass man gleich Beschwerden über mich einreicht, ohne mit mir zu sprechen. Das kann im Falle von Schulleitungen auch via Personalrat auf der gemeinsamen Sitzung geschehen, falls SL für vier-Augengespräche nicht zugänglich ist. Da gehört es irgendwann dann ohnehin hin.
    Wenn PR in der Form der informellen Einigung nicht weiterkommt, können Dienstvereinbarungen zu bestimmten Aspekten getroffen werden, auch zu zB Transparenz und Kommunikation. Zu anderen Dingen halt nicht, wenn da Verfehlungen vorliegen, gilt es gut zu dokumentieren und zu verschriftlichen.


    Das kann dann in Form einer Dienstaufsichtsbeschwerde, sehr wohl aber auch als Bitte um Vermittlung/Abhilfe an die vorgesetzte Behörde weitergeleitet werden. Und dem Bezirkspersonalrat.


    Es gibt Bezirke, die haben Dienstvereinbarungen zum Konfliktmanagement, zu Mobbing/Bossing und solche, die haben ein Budget für Schulleitercoachings oder Mediation...
    Es gibt Bezirke, die haben Schulpsychologen, die auch für sowas Beratung anbieten, auch solche, die Schulberater/Schulentwicklungsberater haben. Kann man alles erfragen und in die Wege leiten.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
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    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Angenommen, eine SL nimmt sich unerlaubt Privilegien heraus, die sie den KollegInnen nicht gewähren würde. (blödes Beispiel: nie ins Klassenbuch schreiben.) Hält man besser die Füße still?
    ... wo kann sich wer über mangelnde Aufgabenerfüllung des Chefs beschweren?

    Es ist halt immer ein Spagat: Bei mir stehen in jeder Pause Schülerinnen/Schüler und KollegInnen Schlange, die gerne "nur ganz kurz" was loswerden oder besprechen wollen. Jetzt könnte ich die alle wegschicken oder zur Terminvereinbarung ins Sekretariat verweisen, was angesichts der Tatsache, dass die meisten dieser Anliegen ja wirklich schnell geklärt sind, auch nicht optimal ist. So führt es aber dazu, dass ich in meinen eigenen Unterricht, der an die Pause angrenzt, immer wieder mal nicht pünktlich komme, weil das letzte der "Nur ganz kurz"-Anliegen doch ein paar Minuten mehr gebraucht hat. Nicht optimal und die Kollegin/der Kollege, der/die meiner Klasse schonmal aufsperrt, wird sich bestimmt seinen Teil dazu denken ("Aber bei uns will er immer, dass wir pünktlich da sind!").


    Ein Elterngespräch statt eigenem Unterricht - das würde ich nur im äußersten Notfall machen, da muss schon eine sehr gravierende Situation vorliegen; schließlich hat so ein Schulleiter selten 6 Stunden am Stück und auch dann steht immer noch ein ganzer Nachmittag zur Verfügung...


    Was ich raten würde: Zunächst einmal genau hinschauen, ob wirklich ein Fehlverhalten vorliegt oder ob nicht aus der subjektiven Perspektive des Schulleiters sein Verhalten verständlich wird. Falls nicht, entweder mit ihm reden (wenn das Verhältnis gut ist) oder den Personalrat bitten, das beim nächsten Gespräch zu thematisieren. Freilich könnte man sich auch beim Vorgesetzten des Schulleiters beschwerden; das wird aber vermutlich nichts bringen, wenn kein gravierendes Fehlverhalten vorliegt und noch kein Gespräch an der Schule stattgefunden hat. Die Konsequenz wäre aber dann in jedem Fall ein zerrüttetes Verhältnis zum Chef.

  • Was ich raten würde: Zunächst einmal genau hinschauen, ob wirklich ein Fehlverhalten vorliegt oder ob nicht aus der subjektiven Perspektive des Schulleiters sein Verhalten verständlich wird. Falls nicht, entweder mit ihm reden (wenn das Verhältnis gut ist) oder den Personalrat bitten, das beim nächsten Gespräch zu thematisieren. Freilich könnte man sich auch beim Vorgesetzten des Schulleiters beschwerden; das wird aber vermutlich nichts bringen, wenn kein gravierendes Fehlverhalten vorliegt und noch kein Gespräch an der Schule stattgefunden hat. Die Konsequenz wäre aber dann in jedem Fall ein zerrüttetes Verhältnis zum Chef.

    Natürlich hast du Recht. Aber ist das alles nicht sehr schwierig? Wie schnell kann man sich die Finger verbrennen. Muss man das alles nicht auch irgendwie "beweisen?" Wer macht das schon?
    Wenn man nicht allein dasteht, ist es einfacher, aber viele haben nicht den Mut, einen zu unterstützen.

  • Wenn es der Personalrat thematisiert hat, steht es im Protokoll und ist dokumentiert. Wenn die Beschwerden nicht abreißen und es immer wieder protokolliert wird, ergibt sich ein dokumentiertes Muster.


    Und bevor man nicht serielles Fehlverhalten festgestellt, deren Gründe eruiert, diskutiert, abzustellen versucht hat, geht man ja genau so wenig an die Vorgesetzten, wie man selber beim ersten Fehlverhalten mit Dienstaufsichtsgedöns überzogen werden möchte.
    Wer Angst hat sich die Finger zu verbrennen, lebt halt mit dem unangenehmen Verhalten.

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  • Der von lamaison2 geschilderte Fall ist natürlich extrem aber zeigt im Grunde ganz gut, was ich meine: Solange der Stellvertreter bereit ist, alle Aufgaben in Co-Abhängigkeit zu übernehmen könnte mir als Kollegen egal sein, ob er mit Fahne in seinem Büro sitzt. Was es aber eben nicht ist, man hat ja sowas wie ein Rechtsempfinden. Aber wo die Grenze zur Rechthaberei anfängt, das habe ich für mich nicht klar. In dem Moment, wo ich selbst davon betroffen bin weil Mehrarbeit entsteht? Oder wenn "Gefahr" für irgendwen bestünde?

  • Wenn man sich da beschwert ist die Retourkutsche sicher nicht weit, also dass dem Kollegium in Zukunft sehr genau auf die Finger geschaut wird...

    "sicher" ist das entscheidende Wort.
    d.h., du vermutest es also?


    Wer so denkt, sollte wirklich lieber den Mund halten. Und ganz schnell einen Kurs für gelingende Kommunikation besuchen ;)

  • "sicher" ist das entscheidende Wort.d.h., du vermutest es also?


    Wer so denkt, sollte wirklich lieber den Mund halten. Und ganz schnell einen Kurs für gelingende Kommunikation besuchen ;)

    Wenn ich den Chef kritisiere, der sich bewusst immer wieder Sonderrechte rausnimmt? Und dann natürlich so, dass sich etwas ändert? Ja, da weiß ich schon, wie die Person reagiert, wir kennen uns schon ne Weile.

  • ..Bei mir stehen in jeder Pause Schülerinnen/Schüler und KollegInnen Schlange, die gerne "nur ganz kurz" was loswerden oder besprechen wollen. ...

    Vielleicht ist es das. Mag man seinen Chef? ist er selber großzügig? dann übersieht man eher mal was. "Rechthabenwollen" beruht ja auch auf einer gewissen Kleinlichkeit, die einen persönlichen Ursprung hat.

  • wie selbst aus Unterricht ausplanen, um Elterngespräche zu führen

    Das kommt hier auch darauf an, sind es Elterngespräche, die man als Lehrkraft auch führen würde, oder sind es welche, die als Schulleiter / Schulleitung geführt werden? Letztere fallen ja oft an, wenn die normale Lehrkraft nicht weiter kommt. Findet der Schulleiter dann aber keinen Termin und führt das Gespräch eben nicht, heißt es oft auch aus dem Kollegium "der / die tut ja nichts, wenn es einen Vorfall gibt" oder ähnliches. Ich bin ja selbst Abteilungsleiter und habe aus den unterschiedlichsten Gründen nur 12 Stunden Unterricht. Trotzdem ist es so, dass über das Jahr gerechnet nur 50% meines Unterrichts überhaupt stattfindet, weil auch dann noch so viele andere Termine dazwischen kommen, die oft extern gesetzt sind.

  • Trantor: Musst du die 12 Stunden unterrichten? Ansonsten wäre es doch für alle besser, noch mehr zu reduzieren.


    Ich müsste eigentlich sogar 21 Stunden unterrichten, bei mir sind es wegen diverser Abordnungsstunden (die ich aber im eigenen Büro abarbeite) weniger. Reduzieren und dem Staat Geld schenken damit ich meine Arbeit machen kann sehe ich allerdings auch nicht ein.


  • Ich müsste eigentlich sogar 21 Stunden unterrichten, bei mir sind es wegen diverser Abordnungsstunden (die ich aber im eigenen Büro abarbeite) weniger. Reduzieren und dem Staat Geld schenken damit ich meine Arbeit machen kann sehe ich allerdings auch nicht ein.

    So meinte ich das nicht. Ich dachte, du bist SL. Ich kenne eine SLin an einer Schule mit 1200 SuS, die unterrichtet nur 4 Stunden. Du sollst auf keinen Fall reduzieren!!! Teilzeitkräfte zahlen am meisten drauf, in jeder Hinsicht.

  • So meinte ich das nicht. Ich dachte, du bist SL.

    Nö, bin nur Abteilungsleiter, die Probleme eines Schulleiters sind aber oft ähnlich

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