Die Qual der Wahl

  • Hey zusammen,


    meine Freundin befindet sich gerade im Ref und hat nun nach der ersten Phase der Stellenausschreibung ein Luxusproblem, das aber gar nicht mal so einfach ist, wie es anfangs klingt.


    Ich bin mir nicht sicher, ob man dazu überhaupt in irgendeiner Form Tipps geben kann, aber vielleicht Ratschläge in welche Richtung man denken sollte, auch bezogen auf die Zukunft.


    Da wir beide unsere Heimat ca. Eine Stunde voneinander getrennt haben, gibt es zwei Schulen, welche ihr gefallen und genau mittig liegen würden.


    Eine davon ist ihre Schule, an der sie gerade das Ref macht. Die Schule ist mit über 100 Lehrern gut besucht, sie kennt die Kollegen, die Schüler, die Klassen und zudem hat sie bereits Material für ihren Unterricht dort und unterrichtet in den Schulformen, die sie interessieren wie beispielsweise Industriekaufleute etc.


    Die zweite Schule ist kleiner und spezialisiert auf den Bereich Gastronomie. Es gibt dort ca. 40 Lehrer, allerdings hat die Schule selbst einen sehr guten Ruf. Jedoch, mit den Fächern bwl und vwl würde sie dort natürlich "spezieller" unterrichten sodass sie bezogen auf ihr bisheriges Material von vorne anfängt und sich ganz neu auf diese Art von Schülern einstellen müsste, da man Köche sicher anders unterrichtet als Kaufleute. Dafür sind aber die vorgeschlagenen Fächer fürs erste Deputat sehr ansprechend und interessieren sie sehr.


    Die Angebote sehen nun wie folgt aus:
    Die Gastroschule hat ihr ein Jobangebot gemacht, welches sie bis morgen annehmen kann. Nach ihrem ersten Eindruck gefällt ihr die schule. Ihr gefällt der Umgang unter den Kollegen und auch die vorgeschlagenen Fächer sprechen sie sehr an. Jedoch unterrichtet sie dort eben in einem Fachbereich, welcher untypisch für eine Kombination bwl und vwl ist, was bei einem möglichen Wechsel in der Zukunft bedeuten würde, wieder mit dem Stoff neu zu beginnen. Allerdings ist diese Stelle abgesichert und für sie reserviert.


    Die Refschule hat an ihrer Kombination eigentlich keinen Bedarf im kommenden Jahr, möchte sie aber zwingend behalten. Nach Gesprächen mit dem RP dürfen sie eine Stelle ausschreiben, die auf sie zugeschnitten ist.


    Zwar wird die Stelle speziell ausgeschrieben um sie zu halten, allerdings wurde auch erwähnt, dass falls jemand mit der gleichen Fächerkombination sich bewirbt und besser ist, man der person die stelle geben müsse. Das sei aber unwahrscheinlich.


    Da der Bedarf an der Schule derzeit nicht vorhanden ist, ist unklar was sie unterrichten würde und vermutlich würde sie anfangs fachfremd tätig sein.


    Wir überlegen nun schon seit paar Tagen, was die beste Option ist. Auch bezüglich der Tatsache, dass sie noch Bewertungen von der aktuellen Schule bekommt, diese sich so für sie einsetzt und dann eventuell vor den Kopf gestoßen wird.


    Auch sonst sind wir am überlegen ob man einfach die sichere Stelle nimmt, auch wenn man dann im "falschen" Beruf unterrichtet (bzw einem untypischen Beruf).


    Dann kommt aber natürlich die Frage auf, ob man eine größere Schule einer kleineren vorziehen sollte, oder wie leicht ein Wechsel wäre, wenn man doch irgendwann an eine größere Schule möchte.


    Oder auch die Frage, wie schwer ein möglicher Wechsel in 5-10 Jahren wird, wenn man bis dato an einer Schule für Gastronomie unterrichtet hat und dann wieder zurück zu den Industriekaufleuten möchte. Wie sehr wird bei Bewerbungen auf die bisherige Erfahrung geachtet. Ist dieser Schritt an die kleinere Schule eine Art Einbahnstraße, sodass man später weniger in Betracht gezogen wird für andere Berufsschulen mit anderen Ausbildungen?


    Es gibt so viel zu bedenken und wir wissen nicht, ob wir die richtigen Fragen für die Entscheidung treffen.


    Beide Schulen sind von der Lage optimal und vielleicht können welche aus Erfahrung sagen, auf was es zu achten gilt und welche Fragen wir vielleicht nicht bedenken, auch bezogen auf die Zeit in 10 oder 20 Jahren.


    Abnehmen kann die Entscheidung niemand, aber wir sind dennoch dankbar über Tipps oder Anregungen :)


    Der Supergau wäre natürlich, wenn sie die sichere Stelle ablehnt und die beinah sichere am Ende nicht bekommt. Aber sie kann ja schlecht eine schriftliche Absicherung verlangen :)


    Liebe Grüße


    Stan

  • Zuerst dachte ich "was gibt es da zu überlegen? An der Refschule bleiben, da weiß sie, dass alles stimmt (Schüler, Kollegen, Fachinhalte, ...).


    Aber: Auf die Zusage, dass man eine Stelle ausschreiben werde, die für sie gemacht sei, würde ich mich nach meinen Erfahrungen nicht verlassen. Ich habe zwei Freundinnen, denen beiden schon mehrfach (!) feste Stellen versprochen wurden. Beide schieben nun seit 2 Jahren Vertretung, wechseln (halb-) jährlich die Schulen, immer verbunden mit dem Hoffen und Bangen auf eine neue Stelle in angemessenem Umkreis des Wohnortes und immer mit dem Hoffen und Bangen, irgendwann eine feste Stelle zu ergattern. In der Bewebungsphase wurde beiden immer wieder versprochen, dass sie für ihre Kombination zum Halb- oder zum nächsten Schuljahr dann ganz sicher eine feste Stelle ausschreiben. Sind sie dann einmal da ist von festen Stellen plötzlich keine Rede mehr, die Vertretungsstelle zu verlängern wurde beiden hingegen wiederholt angeboten.
    Wenn ich mir anschaue, dass sie immer wieder von neuem hoffen und bangen müssen und für weniger Geld arbeiten als ich, die ich das Glück hatte sofort eine feste Stelle zu bekommen, würde ich jedem raten, keine feste Stelle abzulehnen. Auf das Wort von Schulleitern ist kein Verlass - gerade dann nicht, wenn ihre Kombi tatsächlich nicht benötigt wird.


    Also mein Rat: Sie sollte die feste Stelle annehmen, die ihr angeboten wird!

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Meine Erfahrung: Mündliche Versprechen von Ämtern o.ä. sind nichts wert. Im Zweifel hat deine Freundin das dann 'damals einfach falsch verstanden'......
    Lehrer ist kein Beruf (mehr) wo man einmal Material und Unterricht vorbereitet und das dann die nächsten 30 Jahe benutzt.
    Ich arbeite an einer Grundschule, selbst in meinen ausgebildeten Fächern kann ich nur noch höchst selten dinge aus dem Ref benutzen. Man entwickelt sich ja auch nach dem Ref noch weiter...


    Wenn die Gastroschule sie will und ihr das Angebot interessant erscheint: Auf, auf ins Abenteuer!

  • Zwar wird die Stelle speziell ausgeschrieben um sie zu halten, allerdings wurde auch erwähnt, dass falls jemand mit der gleichen Fächerkombination sich bewirbt und besser ist, man der person die stelle geben müsse. Das sei aber unwahrscheinlich.


    Die Refschule hat an ihrer Kombination eigentlich keinen Bedarf im kommenden Jahr, möchte sie aber zwingend behalten. Nach Gesprächen mit dem RP dürfen sie eine Stelle ausschreiben, die auf sie zugeschnitten ist.

    Also diese Aussagen widersprechen sich in meinen Augen. Darauf würde ich absolut nichts geben!


    Auf der einen Seite hat sich die SL dafür eingesetzt, eine Stelle für ihre Kombination zu generieren, obwohl kein Bedarf da ist. Auf der anderen Seite würde sie die Stelle aber auch an jemand "Fremden" vergeben, wenn der (mal überspitzt gesagt) um einen Zehntel in der Endnote besser ist? Für mich ist das unlogisch...


    Einen "richtigen" Rat kann man da denke ich nicht geben. Ich würde lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach nehmen. Es sei denn deine Freundin kann es sich finanziell leisten, unter Umständen erstmal ein Jahr ohne was dazustehen und dann mehrere Jahre KV zu machen (im schlimmsten Fall).

  • Schließe mich den anderen an.
    Kenne auch einige, die auf Schulleiteraussagen vertraut haben und dann wurde die Stelle doch an eine andere Person vergeben, da diese mehr Sozialkriterien oder bessere Noten hatte... .
    Ist denn die Gastroschule auch eine staatliche Schule? Dann sollte eine Versetzung von dieser genauso gut möglich sein, wie von jeder anderen Schule auch.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Der Supergau wäre natürlich, wenn sie die sichere Stelle ablehnt und die beinah sichere am Ende nicht bekommt.

    Und genau aus dem Grund würde ich die Gastro-Schule nehmen, wenn sie dort verbeamtet wird. Ist die "sichere Stelle" aber auch nur was Befristetes oder im Angestelltenverhältnis, dann würde ich wohl an der Ref.-Schule bleiben.


    Merke: Wenn die Ref.-Schule sie wirklich halten wollen würde, hätten sie in den letzten 2 Jahren schon dafür gesorgt, daß passend eine Stelle frei ist. Das andere "wir warten mal ab und schreiben in Zukunft passend aus", ist nur, um das Kollegium zu beruhigen. Von wegen "Wir wollten sie ja eigentlich halten, aber jetzt ist sie aus eigener Entscheidung gegangen."


    Ach und: Ich unterrichte mit BWL jetzt auch an einer technischen Schule, wo ich vorher an einer kaufmännischen das Ref. gemacht habe. Es ist halt anders, insb. weil ich da jetzt auch abends in der Techniker-Schule bin. Aber ganz ehrlich: Ich möchte an keine kaufmännische Schule mehr zurück.

  • Leider muss ich mich den Vorrednern anschließen.


    Obwohl ich noch gar nicht so lange dabei bin, habe ich mehrmals mitbekommen wie derlei Versprechen nicht eingelöst worden sind. Teilweise unter Umständen, bei denen man sich darüber streiten kann, ob die SL nun unfähig oder hinterhältig war. Zudem: was nützt das Versprechen einer SL, wenn sie gar nicht alleine darüber entscheiden kann (RP)?


    Die Refschule hat an ihrer Kombination eigentlich keinen Bedarf im kommenden Jahr, möchte sie aber zwingend behalten. Nach Gesprächen mit dem RP dürfen sie eine Stelle ausschreiben, die auf sie zugeschnitten ist.


    Zwar wird die Stelle speziell ausgeschrieben um sie zu halten, allerdings wurde auch erwähnt, dass falls jemand mit der gleichen Fächerkombination sich bewirbt und besser ist, man der person die stelle geben müsse. Das sei aber unwahrscheinlich.

    Das erscheint mir äußert dubios.

  • Vielen lieben Dank für die tollen Rückmeldungen. Wir haben das sehr interessiert verfolgt und es spiegelt sich ja schon eine deutliche Meinung wider.


    Ich denke, dass sie insgeheim auch zum Spatz tendiert, auch wenn sie es noch nicht laut ausgesprochen hat.


    Die Gastroschule ist übrigens staatlich, also die Bedingungen für die Beatmung und alles Weitere ist genau identisch.


    Die städtische Ausschreibung für die Refschule folgt erst noch und ich wüsste gar nicht wie gezielt, abgesehen von der Fächerkombi man da ausschreiben kann, sodass eigentlich genau sie die Stelle erhält.


    Denn ansonsten könnten sich ja tatsächlich auch fünf Leute bewerben und dann wird notgedrungen der/die Beste genommen.


    Da sie Morgen Rückmeldung an den SL Der Gastroschule geben muss, werde ich mich natürlich nochmal melden und bescheid geben, wie die Sache ausgegangen ist :)


    Vielen Dank an alle!

  • Die städtische Ausschreibung für die Refschule folgt erst noch

    Ach so, das ist eine Stadtschule. Das würde ich mir sowieso zweimal überlegen, da kommt man ja nur noch unter erschwerten Bedingungen weg.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Klingt ja so, als hätte sie sich schon entschieden :)


    Wünsche ihr auf jeden Fall viel Glück und Zufriedenheit mit eurer Entscheidung!

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Ich würde auch lieber die Stelle an der Gastroschule annehmen. Unser SL würde auch gerne Stellen ausschreiben (zumal Referendare ihre Ausbildung im Mai abschließen). Ob er es darf, steht noch in den Sternen, da wir offiziell eine Unterrichtsversorgung von mehr als 100% haben. Es muss bei der möglichen Stellenausschreibung an der Refschule nur irgendwas schief gehen (und wenn es ein Kandidat ist, der besser ist) und schon steht sie ohne Stelle da.


    Ich fand es damals toll auch mal eine andere Schule zu sehen und nicht an meiner Refschule eine feste Stelle zu bekommen.


  • Ich fand es damals toll auch mal eine andere Schule zu sehen und nicht an meiner Refschule eine feste Stelle zu bekommen.

    Das hab ich auch genossen. Egal wie toll die Schule ist, einem haftet doch noch ne ganze Weile der Referendar an - bei den Schülern und auch ein paar Kollegen. Ich fand es toll an einer neuen Schule einfach als Lehrerin anzufangen und keiner kannte meine Ref-Fehler :)

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Kann man sich nur anschließen. Die feste Stelle annehmen. Sie ist schließlich noch jung und kann sich ggfs. auch noch verändern, falls es an dieser Schule nicht so gut laufen sollte, wovon ich nach deinen Schilderungen nicht ausgehe. Erst einmal sollte es doch wichtig sein, eine feste Stelle zu bekommen. Man entwickelt sich im Laufe des Berufsleben noch weiter und es wird sicher nicht die letzte Schule sein, an der sie unterrichten wird.


    Natürlich ist es immer ein wenig spannend und ungewiss, wie es an der neuen Schule wird, aber ich halte es auch für sehr gut, wenn man auch seine Erfahrungen mal an anderen Schulen macht. Und der Lehrling im eigenen Haus bleibt immer der Lehrling ;)


    Viel Erfolg bei der neuen Stelle.

  • Das hab ich auch genossen. Egal wie toll die Schule ist, einem haftet doch noch ne ganze Weile der Referendar an - bei den Schülern und auch ein paar Kollegen. Ich fand es toll an einer neuen Schule einfach als Lehrerin anzufangen

    Von meinem "Vorstellungsgespräch" - die Stelle hatte ich schon durch das RP sicher - bleibt mir auch ein Moment gut im Gedächtnis:
    Personalrat: "Ja und Sie sind Referendar oder wie isch des?"
    SL (korrigierend zum Personalrat): "Noi, noi! Der Herr Morse isch scho ebber!"

  • Sodale, sie hat sich für die sichere Stelle an der Gastroschule entschieden :)


    Ich denke, das war, nicht auch wegen der Rückmeldungen hier, die absolut richtige Entscheidung.


    Ihr derzeitiger Rektor war etwas überrascht, da sie doch 90 Prozent Sicherheit auf die Stelle gehabt hätte, hat aber dann noch sehr lieb angeboten, dass wenn es ihr dort doch nicht gefällt, die Tür weiterhin offen steht.


    Nochmals danke für die tolle Rückmeldung, glaub, das hat ihr nochmal geholfen bei der Entscheidung.

  • Ich finde das Kriterium "im Stoff neu anfangen" total unsinnig. Einmal, weil sich Lehrpläne öfter ändern, dann weil Unterricht einen Aktualitätsvbezug haben soll, weil alle Schüler individuell und unterschiedlich sind, weil sich die Interessen und das Vorwissen der Schüler unterscheiden und ändern und das alles bedeutet, dass man sich keinen Ordner mit Material hinstellen und diesen 20 Jahre benutzen kann.
    Ich muss ehrlich sagen, ich würde 95% meiner Stunden, die ich im Ref gehalten hab und jetzt in dem Jahr danach NIE wieder genauso halten. Momentan z.B., weil meine Schüler jetzt das was ich im Ref mit der gleichen Klassenstufe gemacht hab absolut nicht packen, weil die völlig anders sind. Eine Klassenstufe die ich grad hab, hat JEDES Jahr ein anderes Heft zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung, was ich mit denen bearbeiten muss und da muss ich jedes Mal die Texte selber neu lesen und vorbereiten. Das einzige, wo da Routine entsteht, sind die Prozeduren, die ich so im Unterricht ablaufen lasse, also bestimmte Methoden, bestimmte Lernwege usw., an Inhalt und Anforderungen (und auch noch an Lernwegen...) muss ich aber ständig noch schrauben.


    Die Entscheidung für die sichere Stelle find ich deshalb auch die einzig richtige. :) Da muss man sich am wenigsten neu einstellen, weil man wenigstens nicht ständig auch noch das Kollegium wechselt und sich da auch noch neu drauf einstellen muss...

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