Wie Lehrer Schülern Juden-Hass nehmen können

  • Vor dem Onlineportal des erwähnten Nachrichtenmagazins muss man mittlerweile echt warnen.
    Es ist unglaublich boulevardesk geworden, viele Artikel scheinen von Praktikanten geschrieben worden zu sein, die offenbar eine Liste mit 20 "heißen Vokabeln" bekommen haben, die in ihren Artikeln vorkommen müssen.
    Clickbait pur.


    Der Begriff "Judenhass" ist schon völlig falsch gewählt. Ich behaupte einmal, dass den meisten Deutschen Juden in der Form egal sind, dass sie ihnen nichts Böses wünschen. Einmal abgesehen davon würden die meisten Deutschen einen Juden auf der Straße nicht einmal erkennen, es sei denn, er trägt die typische Tracht.


    Interessanterweise erschien auf demselben Portal heute oder gestern ein Buchauszug, der genau diese Thematik mit "Judenhass", "Antisemitismus" und "Israelkritik" zur Abwechslulng einmal treffend analysiert.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Bolzbold, es geht nicht um deutsche Schüler mit Judenhass; den allermeisten Deutschen ist es in der Tat relativ egal, ob Mitbürger an Jahwe glauben oder nicht. Im Artikel ist angegeben, welche Bevölkerungsgruppe eher Probleme mit jüdischen Mitbürgern hat und welche Art von Schulen eher hiervon betroffen ist.

  • Stresst dich die Hoffnung der Gesellschaft, dass LehrerInnen zugetraut wird, Einfluss auf die Jugend zu nehmen? Schließlich sind wir mit den Kindern die meiste Zeit zusammen (nach den Eltern. Und selbst da kenne ich manche Kids wesentlich besser, als ihre aus dem Staub gemachten Väter).


    Ich finde es unerheblich, wen meine Schüler dissen. Judentum war bei uns noch niemals Thema. Aber einen Grund zum Mobben finden ja viele und darauf gehe ich immer ein.

    Einmal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Wer die Weltgeschichte aus muslimischer Sicht gelesen hat (da gibt es einige Werke zu), der wird schnell erkennen, dass dieses "Problem" vielschichtiger ist als man annimmt. Insbesondere, wenn man das Verständnis der Muslime von sich selbst bzw. von ihrer Rolle in der Welt näher beleuchtet, wird man nicht umhin können, dem "Judenhass" zumindest ein gewisses Maß an akademischem (keinesfalls moralischem!) Verständnis entgegenzubringen.
    Der "Judenhass" ist eigentlich eher "Israelhass". Für die Muslime ist der Staat Israel eine immerwährende Demütigung - sowohl durch die Juden als auch durch den Westen. Die arabische Welt bekommt anhand des Staates Israel jeden Tag aufs Neue zu spüren, dass nicht sie selbst über die politischen Geschicke der Region bestimmen, sondern der Westen.


    Als Einführungslektüre sei hier der Titel "What went wrong?" von Bernard Lewis empfohlen. Das Buch ist bereits von 2001, hat aber einige Entwicklungen treffend vorhergesagt.
    "Destiny Disrupted" von Tamim Ansary geht auf die gesamte muslimische Geschichte beginnend mit der vormuslimischen Zeit bis zur Gegenwart ein. Hier erhält man einen sehr fundierten und differenzierten Einblick in die Haltung und Prägung vieler Muslime.


    Ja, wir müssen als Lehrer dazu beitragen, dass sich der Hass auf Juden, der eine Art "Ersatzhass" für den Hass auf Israel ist, hier in Deutschland nicht weiter ausbreitet. Das ist Teil unserer gesetzlichen wie pädagogischen Pflicht. Ob wir westlich zivilisierten Menschen jedoch dafür am Besten geeignet sind, darf bezweifelt werden. WIR sind da nämlich auch nicht neutral. Und das Überwältigungsverbot gilt auch gegenüber Muslimen.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Moin,


    ich würde auch mal denken, daß es sich bei den Problemen nicht um einen Juden- sondern um einen Israel-Haß handelt und er sich gegenüber den hier lebenden Juden äußert, weil man ihnen halt habhaft werden kann. So lange die Siedlungspolitik in Palästina weitergeht, wird sich auch der Israel-Haß hier in D nicht legen.
    Dabei sehe ich es ähnlich wie Bolzbold, der Verursacher ist da nicht so einfach zu erkennen. Aus Sicht der Muslime war die Gründung des Staats Israel, den wir aus dem Westen als logische Folge des 2. Weltkriegs sehen, nichts weiter als eine feindliche Besetzung und Vertreibung der dort lebenden Palästinenser.


    Ob es ggf. helfen würde mal vergleichenden Geschichtsunterricht zu halten, kann ich nicht beurteilen. Fragestellung wäre:
    Inwiefern gleicht der Holocaust in Europa dem Völkermord an den Armeniern?


    Vielleicht wird dann den Muslimen ersichtlich, warum gerade wir als Deutsche es uns nicht erlauben können gegen Israel Position zu beziehen und sie mit massiver Gegenwehr rechnen müssen, wenn sie meinen ihren Zwist hier in D austragen zu müssen.

  • Bolzbold, es geht nicht um deutsche Schüler mit Judenhass; den allermeisten Deutschen ist es in der Tat relativ egal, ob Mitbürger an Jahwe glauben oder nicht. Im Artikel ist angegeben, welche Bevölkerungsgruppe eher Probleme mit jüdischen Mitbürgern hat und welche Art von Schulen eher hiervon betroffen ist.

    Ich liebe es, wenn mal wieder einseitig geschossen wird. Glückwunsch dazu. Ich fasse deinen Text inhaltlich zusammen "Gibts zwar nen paar Deutsche, die gegen Juden sind, aber wen juckts. DA, SCHAUT AUF DIE MOSLEMEINWANDERER!". Solche Vereinfacher sind mir zuwider.


    Ich habe es in einem anderen Thread schon mal geschrieben. Jede Form der Diskriminierung, Beleidigung oder was auch immer ist inakzeptabel. Allein deine Formulierung hier erweckt (sicherlich bewußt) den Eindruck, dass die Ausländer alles Schuld sind. Die differenzierte Version ist, dass es ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. Im Osten gibts Gegenden mit harten Nazis(EDIT, weil vergessen: Nazis gibts natürlich auch im Westen!) - die erziehen ihre Kinder sicherlich nicht anders als harte Moslems in Bezug auf Juden. Gegen all(!) diese verachtenswerten Meinungen müssen wir vorgehen.


    Sich in die Ecke zu stellen und auf eine der Gruppen zu zeigen ist wenig hilfreich. Meiner Meinung nach ist es genauso verachtenswert.

  • Aber kommt das bei dem [...] an, der dem [...] einfach nur eine auf´s Maul geben will?

    Na,
    was wohl ankommen würde wäre die Methode, die ich in meiner Studentenzeit erleben durfte. Wenn sich da die Briten in einer Kneipe oder sonstwo geprügelt haben, kam die britische Militärpolizei, alle wurden sie hinten in den Bedford-Jeep geladen, der Wagen wackelte dreimal kräftig und die Kontrahenten hatten keinen Bock mehr von wegen "aufs Maul", weil sie da selber nämlich ein Tracht kassiert haben.


    Ist natürlich nicht pädagogisch wertvoll und auch nicht erlaubt, aber so wurde da für Disziplin gesorgt. Das war dann auch für den ganz schlichten Soldaten auch im Alkoholrausch verständlich.

  • kalle: Auf die Diskussion lasse ich mich nicht ein, da ich hierdurch schon einmal Ärger von den Moderatoren bekam. Eigentlich wollte ich mich auch gar nicht zu dem Thema äußern, dann las ich jedoch Bolzbolds Beitrag und wollte diesen inhaltlich entsprechend aktueller Berichte berichtigen. Nicht mehr und nicht weniger.

  • Also ist alles was pädagogisch sinnvoll und erlaubt ist nicht zielführend?

    Ich wollte damit sagen: Zielführend ist die Strafe, die auch noch der am schlichtesten Gestrickte als Strafe versteht. Manche Schüler interpretieren manche Bestrafungen ja sogar noch als Belohnung oder es steigert ihr Ansehen in der Gruppe. Hängt vielleicht auch mit deren Sozialisation zusammen.

  • Wenn ein Schüler beliebiger Herkunft aufgrund niederer Motive, Frust, Selbsthass, Minderwertigkeitskomplexen oder schlicht Mutwilligkeit einem anderen Schüler beliebiger Herkunft eins aufs Maul hauen möchte, wird er die entsprechend aus seiner Sicht passenden Argumente anführen, wenn man ihn darauf anspricht. Ob das nun ein Moslem, ein Christ, ein Jude, Hindu, Sikh oder was auch immer ist.


    Dass Muslime nicht per se Juden hassen, ist klar. Dass sie aber Hass auf Israel mit Hass auf Juden ersetzen, weil Letztere in Deutschland nun einmal greifbarer sind als der Staat oder die Bevölkerung Israels, sollte ebenso nachvollziehbar, wenngleich keinesfalls akzeptabel sein.
    Wir könnten die Botschaft des Liedes "Schrei nach Liebe" mit beliebigen Sozialisationen und Hassobjekten modifizieren. Dann hätten wir alle Minderheiten, die sich als Opfer von irgendetwas sehen und dies in Form von Hass auf andere projizieren, abgedeckt.


    Hass ist oft ein Zeichen von extremer Schwäche und Kompensation für andere Dinge. Da müssen wir ran. Wenn dies aber Ausdruck der von mir weiter oben ausgeführten Entwicklung bzw. gegenwärtigen Haltungen ist, können wir da als Lehrer nur an der Oberfläche kratzen.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • kalle: Auf die Diskussion lasse ich mich nicht ein, da ich hierdurch schon einmal Ärger von den Moderatoren bekam. Eigentlich wollte ich mich auch gar nicht zu dem Thema äußern, dann las ich jedoch Bolzbolds Beitrag und wollte diesen inhaltlich entsprechend aktueller Berichte berichtigen. Nicht mehr und nicht weniger.

    Beliebte Sätze in bestimmten Kreisen. Eine These in den Raum stellen und nachher sagen "Ich diskutiere nicht drüber" oder "Meinungsfreiheit". Du stellst eine These auf und das wars dann. Das steht dir frei. Das ist natürlich Grundschulniveau und weit weg von vernünftiger und noch viel weiter von wissenschaftlicher Argumentation.

  • Man muss da zunächst erst mal differenzieren. Bei welchem Schüler ist es wirklich Antisemitismus / Judenhass, wer will provozieren, und wer brüllt einfach vollkommen unreflektiert "Du Jude" ohne drüber nachzudenken (letztere erkennt man zumeist darin, dass "Du Jude", "Du Hurensohn" und "Du kleiner Schmock"(!!!) alternierend in jedem 2. Satz kommen). Da sollte nichts von geduldet werden, aber die Herangehensweise ist vollkommen unterschiedlich. Bei den echten Judenhassern muss man außerdem ja noch unterscheiden, ob sie aus dem deutschen rechtsnationalen Umfeld (ja, es gibt auch in der linken ein Antisemitismusproblem, aber die sind clever genug, es nicht herumzuschreien), eher osteuropäischer Herkunft (da haben wir oft einen gewissen traditionellen Antisemitismus) oder eben aus dem islamischen Umfeld kommen. Auch damit muss man dann unterschiedlich umgehen.

  • wer will provozieren, und wer brüllt einfach vollkommen unreflektiert "Du Jude" ohne drüber nachzudenken

    Als ich "Du Jude" zum ersten Mal gehört habe, habe ich den Schüler direkt raus gezogen und rund gemacht. Ich fand (und finde) solche Beleidigungen, ähnlich wie "behindert" oder "Schwuchtel" furchtbar, weil sie Eigenschaften von Menschen als Beleidigung nutzen und diese deshalb abwerten. Wenn einer "Arschloch" oder "Wichser" (ich hoffe, die Mod lässt das stehen) sagen, ist das halt so. Nutze ich privat selbst mal. Back2topic: Nach dem Gespräch mit dem Schüler bin ich alleine am Ende der Stunde zur Schulleitung gegangen, weil ich nicht genau wusste, wie ich mit der Situation weiter verfahren sollte. Beim dortigen Gespräch wurde genau das angesprochen, was Trantor sagt. Antisemitismus liegt nicht dann vor, wenn jemand das als Schimpfwort benutzt (viele Leute, die "voll schwul" sagen, haben ganz sicher nichts gegen Homosexuelle, ebenso wie "behindert"), sondern wenn da eine Einstellung hinter sitzt.


    Trotzdem wissen ja alle (außer Mikael), dass Sprache in ihrer Wirkung sehr prägend ist. Ich persönlich nutze jede Gelegenheit, wenn ein Schüler/eine Schülerin eine Eigenschaft als Beleidigung benutzt, um dies kurz zu thematisieren und darauf hinzuweisen, was das bedeutet.

  • Als ich "Du Jude" zum ersten Mal gehört habe, habe ich den Schüler direkt raus gezogen und rund gemacht

    Ich auch, leider habe ich aber nicht die Zeit, mich da jedem Vorfall zu widmen. In der Regel verweise ich da nur noch auf die Klassenregel zu Beleidigungen. Problematischer ist in letzter Zeit ja eher "Du Kurde" von unseren Erdogan-Anhängern, das kann nämlich schnell eskalieren.

Werbung