Wofür interessieren sich...

  • ... pubertierende Jungs, die zu allen Unterrichtsinhalten sagen: Scheiße, langweilig, hab kein Bock,....mecker, mecker, mecker?
    Da ich selbst keine Kinder in diesem Alter habe, wäre ich euch für Tipps und Ratschläge sehr dankbar!
    Tusnelda

  • Hallo,


    wie wär's mit dem Thema "Jugendsprache"? Meine recht schwierigen 10er sind da "voll drauf abgefahren".


    Liebe Grüße,
    Carla-Emilia


    PS: Ein anderes "cooles" Thema: Die Lieblingssongs der SuS im Unterricht thematisieren und - je nach Fach - verwenden.

  • Ich unterrichte gerade eine Klasse mit 22 Jungs (und einem Mädchen) der einjährigen Berufsfachschule (so 15-16). D.h. die machen das erste Lehrjahr an der Schule und steigen dann im zweiten Lehrjahr in einen Betrieb ein, mit dem sie einen Vorvertrag haben (sollten). In meiner Klasse hat niemand einen solchen und kaum jemand die Chance, wohl weiterzumachen!
    So weit die Vorgeschichte, nun zu den Freizeitaktivitäten, die sie selbst angeben (und die bestimmt kein Fake sind!):


    SAUFEN (Einstiegsalter zwischen 12-14 im Schnitt), Pornos anschauen, onanieren, schlafen, TV, Disco.


    Wenn deine Jungs so wie meine sind, hilft wohl nur noch Erlebnispädagogik, ein Minimum an gewissen klaren Regeln und auch einfach ein gewisses Maß an menschlicher Wärme.
    Zum Thema Erlebnispädagogik muss ich aber sagen, dass ich die Erfolge bis jetzt nur vom Hörensagen kenne, weil ich einen Bekannten habe, der an unserem Oberschulamt für die BVJler die Sache leitet.


    Aber ich bin für alle Anregungen offen; gerade heute sind sich ein Kollege und ich wieder einig geworden, dass man bei der Klasse nur aller minimalste Ziele erreichen kann und sich einfach auf die wenigen konzentrieren muss, die noch mitziehen wollen und Interesse zeigen.


    Desillusioniert


    Timm

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Ich hab auch eine Berufsfachschule als Klassenlehrerin, allerdings kann ich mich über die Klasse echt nicht beschweren. Zwar haben viele von Ihnen vermutlich auch die von Timm genannten Hobbies:-), sind aber sonst sehr selbstständig und auch ziemlich leistungsstark. Aufgrund von Krankheiten anderer Kollegen habe ich sie aber auch oft ins kalte Wasser geworfen, weil sie in den Stunden selbstständig in Gruppen Arbeitsblätter bearbeiten sollten. Dies klappt zunehmend besser, auch sonst (z. B. Ordnungsdienst) habe ich das Gefühl, dass sie mittlerweile vieles selbst organisieren. Ihr seht, dass ist meine absolute Lieblingsklasse :D


    Ansonsten habe ich mit dem vorgeschlagenen Thema "Lieblingslieder" auch schon gute Erfahrungen gemacht. Allerdings kommt es bei uns auch mal vor, dass dort sehr rechtes Liedgut auftaucht (auch gut, es dann mal zu thematisieren).


    Gerade im kaufmännischen Bereich habe ich auch das Gefühl, dass viele Schüler dort nur landen, weil sie nichts Besseres gefunden haben und eigentlich gar keine Lust dazu haben. Das ist natürlich dann fatal, weil die Motivation auch gleich Null ist.


    Oftmals gebe ich auch die Möglichkeit, selber Themen oder Fragestellungen zu einem Überbegriff zu suchen, die die Schüler dann selbstständig bearbeiten und im Anschluss den anderen vorstellen können.


    Ich bin zusätzlich der Meinung, dass man häufige Rückmeldungen über das Verhalten, Leistungsstand etc. geben sollte, die meisten Schüler sehen dann schon ein, dass sie mehr tun müssen. Ich mache über jede Stunde Notizen, die die Schüler auch immer einsehen können (davon machen sie auch regen Gebrauch), so dass sie immer wissen, wie sie derzeit stehen (und durchaus dann auch Ehrgeiz entwickeln).



    Grüße,


    Birgit

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

    Einmal editiert, zuletzt von Birgit ()

    • Offizieller Beitrag

    Meiner 8er Jungs an einer Realschule (sind zwar erst 14) interessieren sich für: Fußball, Computerspiele, Musik (Hiphop, Rap, Techno), Mädels, MTV,... Das ist zumindest das, was ich bisher rausgefunden habe.
    Ich habe letztes Jahr in der 9. Klasse im Deutschunterricht eine Unterrichtsreihe zum Thema Hiphop gemacht, das kam sehr gut an und so haben sie auch freiwillig Referate gehalten, Begriffe wie "Anglizismen" gelernt, etc. Ich habe auch zwei Stunden lang englische Texte besprochen.
    Frag sie doch einfach mal, was sie interessiert.

  • @ Birgit:
    Das mit den Rückmeldungen mache ich bereits (benotete Gruppenarbeiten;HAs), werde ich aber noch verstärken (Wiederholungsarbeiten). Deine Erfahrungen lassen mich jedenfalls hoffen. Allerdings sind ca 50% derart weit vom Minimallevel entfernt, dass sie wohl wirklich keine realistische Chance haben. Ich glaube einige wissen das und sind deswegen so uninteressiert und demotiviert.


    @ Referendarin: Meine 9er am Gymi letztes Jahr (zu denen ich einen guten Kontakt hatte und habe) und meine "normalen" Berufsschüler im ersten Jahr teilen die Interessen, die du beschrieben hast.


    Im Übrigen heißt natürlich desillusioniert nicht, dass ich nicht mit Engagement versuchen werde, die (harten) Realitäten zu ändern. Deswegen danke für die Tipps und jeden weiteren...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Ich habe HS-Erfahrung seit einer ganzen Reihe von Jahren. Irgendwann gab' mal so den Satz: "Schule muss an den Interessen/Fähigkeiten/Fertigkeiten der SuS anknüpfen."
    Da gibt's 'ne ganze Reihe von SuS, die interessieren sich zu allerletzt für schulische Belange..., mit einer Einschränkung: Sie nutzen die Schule als "soziale Spielwiese" als probates Experimentierfeld, ohne dass ihnen das bewusst wird. Darauf kann ich mich einstellen.
    Wenn ich als alter Knabe anfange, mit ihnen Themen zum Gegenstand des Unterrichts zu machen, die ihrer Kultur enspringen, dann finden sie das seltsam. Sie nehmen mir auch nix ab, beargwöhnen mich und geben mir das Gefühl, ich verstünde davon sowie nichts. Also hab' ich es eigentlich ziemlich aufgegeben, mich auf sowas einzulassen. Mir fehlt da einfach die nötige Authentizität.
    Jugendsprache kognitiv durchzukauen, mag ja angehen, aber wenn's an die Reflexion geht, machen doch viele Jugendliche dicht; ihre Kultur gehört ihnen, nicht uns.
    Ich fahre besser mit der Methode, ihr Interesse für Dinge zu wecken, die ihnen bis dato unbekannt waren. Ein schöner Erfolg ist es immer wieder, wenn es gelungen ist, ihre Neugier zu kitzeln, sie über den Tellerrand schauen zu lassen.
    Mir geht so manches Schulbuch fürchterlich auf den Senkel, das sich jugendsprachlicher Wendungen bedient - und man merkt doch allzu schnell, dass es ein Erwachsener gewesen ist, der da am Werke war. Ich finde das opportunistisch, aber das hat ja eigentlich mit diesem Thema nichts mehr zu tun.

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