Kind kann nicht dreidimensional sehen!

  • Hallo,


    heute kam eine Mutter nach dem Unterricht zu mir und erzählte mir, dass ihr Sohn (bei mir in der dritten Klasse) nicht dreidimensional sehen kann. Er sieht praktisch alles zweidimensional und das schon seit der Geburt.
    Daher mag er Fächer wie Kunst oder Handarbeit überhaupt nicht, was andere Kinder eigentlich total gerne machen, weil er eben größte Schwierigkeiten damit hat, da er alles anders sieht. Er weiß auch nicht, wie es ist, wenn man dreidimensional sehen kann, da er es noch nie gekonnt hat.
    Ich hab das jetzt erst mal zur Kenntnis genommen, weiß aber nicht recht, was ich mit dieser Information anfangen soll, wie ich auf ihn eingehen kann. Denn ich denke, dass er da auch in der Geometrie riesige Probleme haben wird, wenn wir z. B. Würfelnetze im Kopf zusammenklappen und überprüfen, ob diese richtig sind.


    Kennt sich jemand mit diesem Problem aus? ?(

  • hallo juditka,


    ich kenne das problem von meinem vater, der das auch hat.
    im alltag gibts damit überhaupt kein problem. (außer, dass er beim einschenken immer fragt: bin ich drüber? :-))
    ich denke, das gehirn gewöhnt sich daran - und, wie du ja selbst schreibst - er kennt es nicht anders.
    gerade was räumliche vorstellungen in der geometrie angeht, ist mein vater ziemlich fit und konnte das mir auch immer gut erklären. er sieht es ja praktisch so, wie man es dann auch zeichnet.


    ich denke, du musst dir da nicht so viele gedanken machen. das kind wird bei zeichnungen sehr gut erkennen können, was dargestellt ist und umgekehrt.


    gruß von simplex

  • Hallo Juditka,



    meine Tochter kann auch seit ihrer Geburt nicht räumlich sehen. Daher kenne ich mich da ein bisschen aus.
    Allerdings hat sie weder in der Schule noch in der Freizeit Probleme deswegen. Ihr Gehirn hat es ja nie anders gelernt. Schlimmer ist es wohl, wenn zu einem späteren Zeitpunkt das räumliche Sehen verloren geht.
    Sie mag Kunst gerne und hat darin immer eine 1 oder 2, ich glaube nicht, dass dein Schüler wegen des nicht vorhandenen räumlichen Sehens da Schwierigkeiten hat. Ebenso ist es in Mathe, letztes Jahr war sie in der 5. Klasse und auch die Geometrie inklusive der Würfel- und Quadernetze bereiteten ihr keine Schwierigkeiten.
    Sie kann allerdings diese 3D-Bilder nicht erkennen und wird später wahrscheinlich keine Pilotin werden können. Aber da gibt es ja schlimmeres.


    LG, Silja

  • Hallo Judika,


    aus Erfahrung weiß ich, dass es schwierig ist ein Stillleben zu zeichnen, wenn man es nicht dreidimensional sehen kann. Insofern verstehe ich die Information der Mutter. Desweiteren gibt es z. B. auch Probleme im Geometrieunterricht, wenn die Höhe nicht mit h gekennzeichnet wird, sondern z.B. mit a. Aus der Praxis kenne ich, dass diese Schüler oft dreidimensionale Objekte (z.B. selbst gebasteltete Dreiecke, etc.) nutzen. Damit funktioniert es eigentlich ganz gut.
    LG, Trine

  • Ich kann auch nicht dreidimensional sehen, habe damit kaum Probleme.


    Ball spielen ist schwierig, wenn die Bälle schnell kommen (ein beliebter Grund, mich damals in der Schule zu hänseln.... die anderen wussten nicht, warum ich den Ball nicht fangen konnte).


    Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich deshalb schlechter zeichnen konnte oder schlechter in Geometrie war.


    Grüße


    Birgit

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Ich kann mich nur den bisherigen Postern anschließen.
    Auch ich kann nicht dreidimensional sehen und die einzigen "Problemchen" sind die bisher erwähnten: Getränke aus einer Flasche einschenken (trotzdem habe ich erfolgreich über Jahre gekellnert - man entwickelt da so seine Tricks), "unbekannte" Flugobjekte fangen (bei Bällen weiß man meist irgendwann aus Erfahrung, wie sie so fliegen, aber als wir z.B. beim Dachdecken mal Dachpfannen geworfen haben, hatte ich erstmal so einige Verluste....). Beim Einparken weiß ich halt auch oft nicht, wie weit es noch ist (aber bisher habe ich noch nichts kaputt gemacht und ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, ob es "Normalsichtigen" nicht genauso geht ;) ). Mit Kunst hatte ich nie Schwierigkeiten und auch in Geometrie nicht. Drei-D-Bilder sind natürlich für mich nicht herauszusehen (habe da mal so ein tolle Buch geschenkt bekommen :( ) und der Besuch eines 3-D-Kinos war natürlich für mich auch wenig spektakulär.....
    Es ist wohl wirklich so: wenn man es von Geburt an nicht anders kennt, ist es eben völlig normal und nicht mal erwähnenswert. Ich habe übrigens auch einen Schüler, der nicht 3-D sehen kann. Das wurde dann auch erstmal als Entschuldigung für alles benutzt, was er vielleicht nicht kann oder nicht gerne macht...... Inzwischen hat sich das aber -Gott sei Dank - gelegt.
    LG
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Ich habe auch noch ein Beispiel dafür, dass es nicht allzu problematisch sein dürfte: Eine Freundin von mir sieht auch seit Geburt nur 2dimensional, aber wie Ronja und die anderen auch schon beschrieben haben, ist das überhaupt kein Problem für sie. Sie fährt Auto, kann einschenken und mir ist bislang rein gar nichts aufgefallen, was ihr Probleme bereitet.


    Ich würde bei diesem Schüler einfach mal abwarten, ob sich wirklich Probleme in manchen Bereichen wie Geometrie einstellen und dann kann man immer noch überlegen, wie man ihn unterstützen könnte. Im Vorfeld würde ich jetzt noch nicht darauf reagieren, einfach schon aus Angst, dass er vielleicht sonst keine eigenen Strategien entwickelt, mit dieser Problematik umzugehen.


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Danke für die Antworten!!! :)
    Ich dachte gar nicht, dass so etwas doch gar nicht so ungewöhnlich ist, hab noch nie von so etwas gehört.
    Eigentlich muss ich zugeben, dass es wirklich so zu sein scheint, dass der Junge gut mit der Situation zurecht kommt. Denn ich habe ihn seit drei Wochen in der Klasse und mir ist noch nie etwas aufgefallen. :rolleyes:
    Die Mutter meinte auch, dass ganz besonders Handarbeit Probleme mache, das kann ich mir auch gut vorstellen.
    Ansonsten will ich mal abwarten und schauen, ob überhaupt Schwierigkeiten in bestimmten Fächern auftreten.
    Für weitere Tipps oder Erfahrungsberichte wäre ich aber trotzdem dankbar!


    LG!

  • Ich bin mir nicht ganz sicher, aber bezüglich Handarbeit halte ich es fast mal für eine Ausrede.


    Wenn man nicht dreidimensional sehen kann, bedeutet das ja nicht, dass man sich dreidimensionale Körper nicht vorstellen kann, meine ich. Jedenfalls hatte ich nie Probleme damit, in solchen Einstellungstest z.B. oder bei Computerspielen.


    Grüße


    Birgit

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • ich hab mal ne frage:
    ich schiele seit ich kind bin: so irgendwie "rutschen" meine augen immer weg. ist das das weshalb ihr auch nicht dreidimensional sehen könnt?
    Diese Probleme mit dem fliegende Bälle und so nicht sehen können und §D BIlder hab ich nämlich auch, aber mein Arzt hat nie wirklich gesagt, dass ich nicht dreidimensional sehen kann, obwohl ich das schon vermute irgendwie.

  • Ich habe auch als Kind geschielt und bin operiert worden, dreidimensionales Sehen lernt man aber in der Regel nicht mehr. Das liegt daran, dass dreidimensionale Bilder dadurch entstehen, dass das Gehirn die Bilder beider Augen (die sind ja immer etwas unterschiedlich, wie man merkt, wenn man eins schließt) zu einem zusammenfügt. Wenn man aber schielt, sind die beiden Bilder zu unterschiedlich, so dass das Gehirn eines mehr oder minder "ausblendet", so dass ein Auge sozusagen dominant ist. Andernfalls würde man Doppelbilder sehen. Und da man (und auch das Gehirn) Sehen lernen muss, findet das Lernen von dreidimensionalem Sehen bei schielenden Kindern nicht statt. Ich habe ebenfalls bis heute Schwierigkeiten mit Ballspielen (Volleyball etc. waren für mich in der Schule ein Graus - leider haben wir kaum etwas anderes gemacht...), Einparken etc., weil einem eben das Abschätzen von Entfernungen schwer fällt. Mit der Zeit gleicht man aber durch Erfahrung ganz viele Sachen aus, man "lernt" eben, dass manche Dinge weiter weg sind als andere.... Ich hoffe, dass ich das jetzt verständlich erklärt habe!


    Das mit der Handarbeit kommt mir allerdings auch komisch vor.... ich fände es wichtiger, im Sportunterricht zu berücksichtigen, dass das Kind eben manche Sachen nicht abschätzen kann!


    Liebe Grüße


    Chiaro

    "Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht."
    (afrikanisch)

  • Hi!


    Ich bin auch so ein ehemaliger Schieler, der kein dreidimensionales Sehen hat, ich guck halt hauptsächlich über mein linkes Auge (besonders stark merke ich das, wenn ich mir abwechselnd die Augen zuhalte: wenn ich das rechte zuhalte, verändert sich im Bild kaum was, halte ich dagegen das linke zu, verändert sich das ganze Bild). Erklärt hat mir das aber nie einer, bis ich etwa 18 oder 19 war, ich hatte mich immer nur gewundert und geärgert, warum ich diese dreidimensionalen Bilder nicht sehen kann (die waren der große Renner, als ich so 15 war)... Hab auch lange Volleyball gespielt, war nie der Spitzenspieler, ging aber trotzdem.
    Wie schon gesagt, man lernt das mit der Zeit ausgleichen (in meiner Familie war ich übrigens lange Zeit die einzige, die ordentlich rückwärts einparken konnte ... seit ich kaum noch Auto fahre, hat sich das auch wieder geändert... :rolleyes: ), beim Einschenken muss ich halt eher von der Seite gucken, weil ich von oben nicht sehe, wie viel Platz noch bis zum Rand ist.
    Zeichnen war ich eigentlich ganz gut und auch Geometrie funktionierte gut (bei diesen Tests, wo man immer was mit Würfeln machen muss, schneide ich immer ziemlich gut ab), das kann also m.M. nach nicht wirklich damit zusammenhängen.


    Also, auf mich hat da keiner Rücksicht genommen (wusste ja auch keiner) und es hatte keine nachvollziehbaren negativen Konsequenzen (wenn man davon absieht, dass ich einmal beim Training bei einer Mischung aus Volleyball und Völkerball die Geschwindigkeit des Balls unterschätzt habe und ihn so richtig mittig ins Gesicht gekriegt habe... aua... - ach ja, ich verschätze mich häufig bei Geschwindigkeiten von Autos, aber da ich die immer eher überschätze als unterschätze, ist da auch noch nie was passiert).


    Liebe Grüße an die vielen "Leidensgenossen" (hätte auch nicht gedacht, dass es da so viele gibt)!


    Katta


    P.S.: Hattet ihr eigentlich auch eine Schieloperation?

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • @ tiffy:
    Was meinst du damit, deine Augen "rutschen" weg?
    Bei mir ist es nämlich so, dass ich meine Augen irgendwie nicht still halten kann, ich kann niemandem gerade in die Augen sehen, ohne dass die Augen immer hin und her zucken. Ich selber merke das gar nicht, aber mein Freund beschwert sich immer wieder mal darüber. Auch 3D-Bilder kann ich nicht sehen, das liegt bestimmt auch daran. Aber generell kann ich schon dreidimensional sehen.


    Meinst du sowas?


    Liebe Grüße,
    biene maja

  • so ähnlich, nur nicht so unruhig wie da sbei dir klingt, sondern, wenn ich mit jemandem rede, guck ich denn irgendwann nur noch mit einem auge an un das andere rutscht wohl langsam so zur seite weg und scheint irgendwo ganz anders hinzugucken.
    aber im großen und ganzen geht es mir genau so wie allen anderen hier, irgendwie toll so viele leidensgenossen zu treffen.
    wurde als kind zweimal operiert hat nie was gebracht.
    und ich stimme auch den anderen zu: ich war zwar in handabeiten und kunst nie gut, aber eigentlich dürft es da keine probleme deswegen geben (kann auch solche würfel zusammensetzsachen und so gut). sport war ich wirklich sehr ungeschickt und langsam glaube ich auch, dass mir, wenn ich mal die richtige antwort parat gehabt hätte, vorallem in meiner familie so manche hänselei erspart geblieben wäre :(

  • Bis zu einem Alter von 5-6 Jahren könnte das Gehirn noch räumlich sehen lernen. Danach geht es nicht mehr. Operationen, die später erfolgen, können darum nichts am Sehvermögen ändern und dienen nur der optischen Korrektur.
    Aber auch frühere Operationen führen nicht immer zu einem Erfolg, war leider auch bei uns so.

  • Bei mir liegts nicht am Schielen, sondern daran, dass ich auf dem linken Auge unter fünf Prozent Sehkraft habe (und Mikroschielen - aber soweit ich weiß, liegt es daran eben nicht).
    D.h. ich gucke zu fast 100 Prozent nur mit dem rechten Auge. Deshalb verändert sich auch mein "Bild" nicht, wenn ich das linke zuhalte.... Tja, und "Einäugige" sehen halt nicht dreidimensional...
    LG
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Hallo,


    Eure Beschreibungen von "wegrutschenden Augen" erinnern mich an die Winkelfehlsichtigkeit meines Sohnes. In ihrer Lieblingsstellung fixieren beide Augen verschiedene Punkte (etwas horizontal und vertikal versetzt). Nur durch größere Anstrengung kann das kompensiert werden, bei Übermüdung, Stress, o.ä. funktioniert es nicht mehr. Dann schaltet das Gehirn entweder ein Augen oder wechselweise beide ab, mit der Konsequenz, dass das räumliche Sehen verloren geht oder z.B. beim Lesen die Buchstaben wackeln, da sie aus wechselnden Richtungen betrachtet werden.
    Die Auge-Hand-Koordination ist in den meisten Fällen ebenfalls eingeschränkt. Fliegende Bälle o.ä. werden auch nicht rechtzeitig erkannt, weil die Augen sich nicht schnell genug darauf einstellen können. Mein Sohn hat sich noch nie für Bälle interessiert, und wenn er einen hat, läßt er ihn nicht wieder los. An Zusammenspiel ist nicht zu denken.


    Eine geringe Winkelfehlsichtigkeit haben 80% aller Menschen, aber die meisten können es ausgleichen, nur wenn andere Probleme dazu kommen, wird's manchmal schwierig.
    Helfen kann man mit Prismenbrillen. Leider untersuchen die meisten Augenärzte nur jedes Auge für sich, aber nicht das Zusammenarbeiten, so dass das Problem oft unerkannt bleibt. Eine Diagnose bekommt man über speziell ausgebildete Optiker.
    Seit mein Sohn eine Prismenbrille hat, hat er deutliche Fortschritte im Lesen gemacht und auch kurze Zeit Fußball gespielt, bis er aus anderen Gründen wieder aufgab. In manchen Fällen ist Winkelfehlsichtigkeit eine Legasthenie-Ursache.
    Aber wie überall gibt es natürlich verschiedene Ausprägungen der Geschichte.


    Grüße
    Ute

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