Heftnote "ungenügend"?

  • Hallo,


    ich schreibe hier, weil ich gerade ziemlich ratlos vor den Heften / Ordnern meiner Fünftklässler sitze.
    Zur Vorgeschichte:
    Die Klasse ist nicht meine eigene, sondern ich habe sie nur für einige Zeit übernommen, da der Kollege längerfristig erkrankt ist. Dass ich die Hefte einsammle war mit dem Kollegen abgesprochen und den Schülern bekannt. Ich möchte nur den Zeitraum bewerten, in dem ich sie auch unterrichtet habe, da ich ja nicht weiß, welche Sachen vom vorherigen Thema wirklich im Heft sein müssen. Jetzt zum Problem:
    Es gibt da Schüler, die haben aus meiner Sicht ein Heft, das nicht einmal mehr mangelhaft ist. Habe mir eine Liste gemacht, was alles drin sein müsste und von 17 verschiedenen Sachen haben manche weniger als ein Viertel und dazu noch total schlampig und mit ausgerissenen Löchern. Ein Schüler hat sogar nur 1 Blatt und das in Klasse 5! Vom Thema davor sind ein paar Blätter vorhanden. Aus meiner Sicht hätten sie dann doch die Note ungenügend verdient. Ich scheue mich aber davor tatsächlich eine 6 zu geben. Ich weiß ja nicht, inwiefern der Kollege tatsächlich vorher die Heftführung mit ihnen besprochen hat.
    Andererseits habe ich auch vollständige Hefte, die dazu noch sehr ordentlich sind. Lasse ich Gnade walten, dann lernen sie daraus aber auch nichts. Wie seht ihr das?
    Wie macht ihr das? Gebt ihr 5en und 6en?

  • Grundsätzlich gebe ich die Note ungenügend bei ungenügender Heftführung.
    Problem bei deinem Fall ist die nicht vorhandene Transparenz, was du für eine sehr gute/gute usw. Heftführung verlangst und gar nicht weißt, ob die Schüler eine sinnvolle Einführung in die Heftführung bekamen.
    Daher würde ich jetzt keine Noten vergeben, die Hefte ca Ende Mai aber noch einmal einsammeln und benoten, nachdem du deine Kriterien erklärt hast und Tipps zur Heftführung gegeben hast.

  • Mit ungeügend bewerten und in 4 Wochen die nächste Heftkontrolle ansetzen. Mitteilen, dass damit diese Note ausgeglichen werden könnte.


    Wie stark deine Note letztlich gewichtet wird, liegt in deinem pädagogischen Ermessensspielraum und dem deines Kollegen. Bis zu den Sommerferien ist noch Zeit für weitere Kontrollen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • also ich finde das ehrlich gesagt übertrieben.


    haben die schüler bei euch gelernt, wie man ein heft oder eine mappe richtig anlegt? vielleicht eine banale frage, ich weiß auch nicht an was für einer schulform du bist, aber bei uns wird das tatsächlich geübt. meine kollegen (von denen hab ich das) veranschlagen immer mal wieder eine unterrichtsstunde dafür, dass die mappen geordnet werden und das inhaltsverzeichnis richtig ausgefüllt wird.


    mir kam das auch ziemlich albern vor, aber ich muss sagen, dass das führen von mappen für manche schüler tatsächlich ein enormes unterfangen darstellt. ich bin dazu übergegangen nach dem verteilen von ABs alle dazu anzuhalten es sofort einzuheften und in das inhaltsverzeichnis einzutragen.


    wir haben auch schon einmal ein inhaltsverzeichnis (rückwirkend) zusammen am OHP ausgefüllt.


    ich finde, erst wenn man sicher sein kann, dass alle schüler wissen und können was von ihnen verlangt wird, kann man eine 6 geben.


    (andererseits...dass es nicht richtig sein kann nur ein blatt in der mappe zu haben müsste auch dem ...ähem...schlauesten schüler auffallen. andererseits: hast du das denn zwischendurch mal durchgesehen und möglichkeiten zur korrektur gegeben?)


    gruß
    sinfini

    Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes. (A. Einstein)


    Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ging, um einmal nach zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge! (H. Pestalozzi)


    Im ganzen ist man kummervoll und weiß nicht, was man sagen soll. (W. Busch)

  • Ohne jetzt eine Diskussion lostreten zu wollen:
    Wie man Hefte zu führen hat, lernt man in der Grundschule.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    Original von alias
    Ohne jetzt eine Diskussion lostreten zu wollen:
    Wie man Hefte zu führen hat, lernt man in der Grundschule.


    Da stimme ich dir zu. Ich denke, dass die meisten es dort auch lernen wenn nicht übereifrige Mamis diese Aufgabe übernehmen :rolleyes:


    Ich würde die Hefte benoten, Erklärung dazu, Ausgleichsmöglichkeit bieten. Es muss jedem Schüler klar sein, dass eine Mappe ordentlih zu führen und es geht bei dir ja nun nicht darum, ob die Überschriften rot oder gelb unterstrichen sind... Wie der Kollege das letztenendes bewertet ist seine Sache.

  • alias: ja, das dachte ich bisher auch. vermutlich ist das in den meisten fällen auch so, aber eben nicht immer. die gegenbeweise sitzen bei mir in der klasse. obwohl...ich bin mir auch fast sicher, dass sie es EIGENTLICH hätten gelernt haben sollen, allerdings haben sie die "sache" nicht im griff. also verallgemeinere das bitte nicht. aufgrund meiner erfahrungen finde ich es eben wichtig festzustellen, was die kinder den überhaupt können bzw. wissen oder geübt haben, bevor 6en vergeben werden.


    gruß
    sinfini

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  • Vielen Dank für eure Antworten. Ich denke, ich werde die Hefte tatsächlich richtig benoten. Auch wenn es nicht explizit besprochen wurde, alles, was im Unterricht an die Tafel geschrieben wurde sollte drin sein und wenn ein Heft nur ein paar Fresszettel enthält, die man überhaupt nicht mehr einem Thema zuordnen kann dann ist das eben ungenügend. Wie sollen die Kinder denn sonst sich auf eine Arbeit vorbereiten? Ich werde eine Liste einkleben und ankreuzen, was fehlt. So können die Schüler und Eltern einsehen, woran es hapert.
    Es geht ja tatsächlich nicht um schön oder ordentlich, sondern um gravierende Mängel. Ich bin im Unterricht ja auch nicht bilind und frage mich tatsächlich, wo die Aufschriebe und Blätter der Schüler geblieben sind. Weggeworfen? Ich habe ja kontrolliert, ob jeder die Texte von der Tafel abgeschrieben hat.
    Wie ich das mit dem Ausgleich mache, weiß ich noch nicht. Ich werde es anbieten. Problem ist nur, dass der Kollege vielleicht bald wieder kommt.

  • Ich habe auch eine 5 in Englisch und ich teile meinen Schülern am Anfang des Schuljahres (und immer mal wieder bei der HA-Kontrolle) mit, wie ich mir gute Heftführung vorstelle. Das hat Dein Kollege sicherlich auch getan (kannst Du ihn vielleicht noch einmal darauf ansprechen?).


    Ich stimme Schmeili und Alias zu, dass die Schüler in der 5 wissen sollten, wie gute Heftführung auszusehen hat: Die Materialien sollen vollständig, geordnet und sauber sein und mit Überschrift und Datum versehen. Ein Gespräch darüber dauert ungefähr fünf Minuten. Tatsächlich brauchen die Kleineren aber eine Weile, bis sie es in die Praxis umsetzen können. Vielleicht kann man immer mal wieder im Unterricht jedem Schüler ein paar Minuten Zeit geben, noch einmal das Heft durchzusehen.


    bwref: Ich würde es entweder so machen, wie alias es sagt, oder ich würde die Hefte direkt zurückgeben und erst noch einmal mit der Klasse sprechen (damit sparst Du Dir einen Korrekturgang). Ich bin mir sicher, dass die Klasse weiß, welche Kriterien an eine gute Heftführung anzulegen sind. Die würd ich sammeln, ein paar Wochen Zeit geben und dann wieder einsammeln und benoten.


    Grundsätzlich wäre m. E. aber auch nichts dagegen einzuwenden, dass Du direkt Noten setzt.


    Gruß,
    Dudel

  • Das gleiche Problem habe ich in meiner 5. Klasse in Deutsch auch. Allerdings ist es hier der Deutschordner. Ich habe da auch zwei Kandidaten die nur 3-4 Blätter im Ordner haben und das nach einem 3/4 Schuljahr.
    Da frage ich mich schon, was machen die mit ihren Arbeitsblättern?
    Ich habe das Führen eines Ordners ausführlich vorher mit ihnen besprochen gehabt, habe extra gemeinsam mit ihnen ein Inhaltsverzeichnis erstellt, habe ein Blatt mit Kriterien für die Ordnerbewertung ausgegeben und besprochen. Dazu habe ich ihnen noch eine Woche Zeit gegeben, den Ordner zu überarbeiten etc.
    Und einige der Ordner sehen aus, als ob die auf dem Fußboden gelegen hätten.
    Ich werde da jetzt streng vorgehen, sprich auch eine 5 verteilen, damit sie es lernen. Andererseits werden die "belohnt", die ihren Ordner ordentlich geführt haben (nach den Bewertungskriterien).


    Ich finde, so etwas müssen sie können, vor allem wenn es vorher gründlich besprochen wurde. :)

  • Zitat

    Original von sinfini
    ja, das dachte ich bisher auch. vermutlich ist das in den meisten fällen auch so, aber eben nicht immer. die gegenbeweise sitzen bei mir in der klasse. obwohl...ich bin mir auch fast sicher, dass sie es EIGENTLICH hätten gelernt haben sollen, allerdings haben sie die "sache" nicht im griff. also verallgemeinere das bitte nicht.


    Ohne dass ich die von alias ja auch nicht gewünschte Diskussion anfeuern möchte, will ich hier doch eine Bemerkung zu machen: ich glaube, hier liegt ein Denkfehler vor, was die Idee der Verallgemeinerung betrifft.


    Wenn alias feststellt, dass Grundschüler in der weiterführenden Schule schon wissen sollten, wie man ein Heft führt, dann ist das eine zulässige Verallgemeinerung, denn die Lerninhalte (heute, neumodisch: Kernkompetenzen) sind ja festgelegt. Jeder Schüler der Klasse 5 hat bereits 4 Jahre Heftführungserfahrung. Folglich kann ich als Lehrer dann auch diese Kernkompetenz voraussetzen.


    Völlig unabhängig davon, kann es natürlich sein, dass Schüler diese Kompetenz in den 4 Jahren nicht erlangen. Das wiederum kann man aber nicht verallgemeinern (!), denn das hieße, die Anforderungen nicht am Soll-, sondern am jeweiligen Ist-Zustand zu messen. Natürlich muss man den Schülern dann die Möglichkeit einräumen, diese Kompetenz zu erlangen, aber das kann nicht heißen, dass sie dann von den allgemein geltenden Anforderungen dispensiert sind.


    (Ich habe auch Quasi-Abiturienten, die nicht sinnentnehmend lesen können. Sie bekommen Hilfestellung und Übungsmöglichkeiten [außerhalb des Unterrichts!], aber eigentlich sind die Defizite nicht genuin mein Problem, sondern das Problem der Schüler, die eigentlich in den vorhergehenden Schuljahren diese Kompetenz hätten erwerben sollen.)


    Kurzum: Verallgemeinerbar sind die Anforderungen (wie sie in Richtlinien und Lehrplänen stehen), individuelle Erfahrungen können diese nicht entwerten, denn es geht ja um ein Soll und nicht ein Ist.

  • so, mein letzter beitrag dazu ;) ... damit es nicht zur grundsatzdiskussion wird.


    alias hat nicht geschrieben, dass sie es wissen SOLLTEN, sondern DASS sie es wissen.


    dem ersten teil stimme ich ohne weiteres zu, dem zweiten eben nur eingeschränkt ... denn ja, sie wissen es laut den vorgaben. aber das heißt noch lange nicht, dass sie es auch KÖNNEN. und da liegt meiner ansicht nach das problem. der sache sollte man ersteinmal auf den grund gehen, bevor man 6en verteilt.


    aber das ist nun meine persönliche (hauptschul-) meinung. bei uns landen eben häufig die, die es nicht können. und sie lernen es auch nicht, indem ich 6en verteile.


    so, jetzt bin ich still ;)


    lg
    sinfini

    Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes. (A. Einstein)


    Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ging, um einmal nach zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge! (H. Pestalozzi)


    Im ganzen ist man kummervoll und weiß nicht, was man sagen soll. (W. Busch)

  • Zitat

    Original von philosophus


    (Ich habe auch Quasi-Abiturienten, die nicht sinnentnehmend lesen können. Sie bekommen Hilfestellung und Übungsmöglichkeiten [außerhalb des Unterrichts!], aber eigentlich sind die Defizite nicht genuin mein Problem, sondern das Problem der Schüler, die eigentlich in den vorhergehenden Schuljahren diese Kompetenz hätten erwerben sollen.)


    Sehe ich anders:
    Wer nach 11-12 Schuljahren immer noch nicht gewisse "Kernkompetenzen" erlangt hat, ist einfach falsch in der Kursstufe und muss die Konsequenzen tragen. Zudem: Von 17-18 Jährigen, die ja (fast) erwachsen sind, kann man ein erhöhtes Maß an Selbstständigkeit verlangen, auch was das selbstständige Erarbeiten dieser Kompetenzen angeht. Und seien wir einmal ehrlich: Oft ist es auch einfach nur Faulheit oder das falsche Setzen von Prioritäten (Nebenjob ist halt wichtiger). Wenn ich meinen Oberstufenschülern sage, dass sie laut Vorgaben täglich 2-3 Stundne selbstständige Unterrichtsvor- und -nachbereitung (inkl. Hausaufgaben) zu leisten haben, gibt es immer ungläubiges Staunen.
    Und für Hilfestellung und Übungsmöglichkeiten außerhalb des Unterrichts soll der Dienstherr doch bitte selbst Angebote bereitstellen und entsprechende Stellen einrichten, wenn er es für wichtig hält. Ich habe mit meinen 25,5 Soll-Stunden + Klassenlehrer + Korrekturen + Abi + diverse andere schulische Aufgaben (u.a. Schulentwicklung) genug zu tun.
    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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