Der Eingliederungsmanagement-Horror

  • Puh und kotzhochzehn, da läuft man schon auf dem Zahnfleisch, und dann kommt noch sowas!!


    8o Der Schock des Tages: In meinem Briefkasten finde ich heute von meiner Behörde in Form eines fast 10-seitigen Briefes mit Info-Flyer das "Angebot eines betrieblichen Eingliederungsgespräches", denn, so das freundlich gehaltene Anschreiben, ich hätte ÜBER 42 Kalendertage in den vergangenen 12 Monaten gefehlt, und nun sei es Zeit für ein Eingliederungsgespräch im Rahmen des neu eingerichteten Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach §84 SGB IX, um zu klären, ob ich Hilfe bei der Wiederherstellung meiner ARbeitsfähigkeit bzw. der Vorbeugung erneuter Arbeitsunfähigkeit wünsche. Dies sei alles freiwillig und eine Ablehnung habe keine negativen Folgen für mich, muss aber in schriftlicher Form erfolgen und landet dann in meiner Akte.


    Mein Gehirn schlägt elektroschockartige Purzelbäume, wie jetzt?, kann ich nicht mehr zählen?, hat mein Gedächtnis angesichts der zunehmenden Stressbelastung versagt?, was ist mindestens 43 durch 5? Kann ja nicht sein!!


    Bevor ich jetzt in alle Details des Gespräches mit meiner Sachbearbeiterin in der Personalverwaltung gehe, wollte ich mich bei euch erkundigen, ob dieses BEM auch in anderen BL der Republik bekannt ist?


    Kurzum: Bei mir stellt sich nach mehreren Telefongesprächen mit der Behörde und meinem Schulsekretariat heraus, dass falsche Zahlen bzgl. der Fehltage in den Computer der Behörde eingegeben worden seien. Ich sei nicht der einzige Fall. Da gab es schon etliche andere Nachfragen.


    Die Zahlen über die Fehltage werden üblicherweise in der Behörde gespeichert, aber nur auf konkrete und eher seltene Nachfrage raus- bzw. weitergegeben. Durch das neue BEM aber, werde jede/r Mitarbeiter meiner Behörde dahingehend gescannt und bei über 42 Tagen geht dann dieses Schreiben automatisch raus.


    Jetzt stellt sich die 2. Frage: Wieviele Mitarbeiter werden vermutlich schon seit Jahren ohne es zu wissen mit enormen und fehlerhaften Angaben über angebliche Fehlzeiten in der Behörde (HH) geführt??


    Über Erfahrungsberichte wäre ich sehr dankbar.


    Grüße


    klöni

    • Offizieller Beitrag

    <offtopic>


    Sorry, in NRW kenne ich das nicht, aber beim Lesen stellte sich mir eine interessante Frage:


    Warum gerade bei 42 Tagen? ;)


    kl. gr. Frosch


    Edit: ich habe mal noch einen Smily hinzugefügt. Die Frage ist nicht so ganz ernst gemeint, sondern eine Anspielung.
    </offtopic>

  • @ Frosch


    Zitat

    Sorry, in NRW kenne ich das nicht, aber beim Lesen stellte sich mir eine interessante Frage: Warum gerade bei 42 Tagen? kl. gr. Frosch


    Interessante Frage, habe aber keine Antwort darauf. Vllt hängt es mit der Dauer von bestimmten Kuren zusammen (8 Wochen), die man sich noch erlauben darf, aber jeder weitere Tag bedeutet dann endgültig Schluss mit Lustig???? Keine Ahnung.


    Wie ich erfahren habe, wurde ich mit 89 Fehltagen für das Jahr 2008 geführt, also etwa 10x mehr als ich tatsächlich gefehlt habe...


    Das BEM ist ein aus der Wirtschaft übernommenes Druckmittel, die immer mehr unter Burnout und anderen Stress bedingten Krankheiten leidenden und deshalb immer häufiger ausfallenden Kolleginnen und Kollegen in HH doch noch zur Arbeit zu bewegen und somit die ohnehin hohen Ausfallstunden an den Schulen zu reduzieren. Bei einer Bewerbung könnte die Ablehnung des "freiwilligen" Eingliederungsgespräches dann Nachteile mit sich bringen.

  • supi ... was kommt denn dann auf mich zu?
    Meine Schwangerschaft ist bisher so ätzend verlaufen, dass ich seit Anfang September krankgeschrieben bin und wahrscheinlich bis zum Mutterschutz auch nicht mehr arbeiten kann (Ende Februar 09)

  • @Micky


    Könnte mir vorstellen, dass das BEM einem perversen (ich sag jetzt lieber nicht männlichen) Hirn entsprungen ist, das eine Schwangerschaft als Krankheit betrachtet...
    Mir wurde mitgeteilt, dass das BEM so eine typische Hamb. Schnellschussaktion darstellt (wahrscheinlich von Dinges-d. kurz vor Abtritt noch durchgesetzt) mit dem sich jetzt die grüne Bildungssenatorin herumschlagen muss. Hoffentlich verschwindet es schnell wieder in der Versenkung...


    Zitat

    supi ... was kommt denn dann auf mich zu?


    Sorry, wollte dir keine Angst einjagen. Was wäre denn für dich das worst case scenario?
    Denke, es wird bei der leeren Drohgebärde einer immer unglaubwürdiger werdenden und sich letztendlich selbst zerfleischenden Behörde bleiben.


    Grüße


    klöni

  • kann BEM ja durchaus ein Instrument der Gesundheitsfürsorge sein. Es geht doch darum, bei KollegInnen, die häufig und/oder länger erkrankt sind (das hat natürlich nichts mit deinen fehlerhaften erfassten Zeiten, lb. Klöni zu tun) nach Möglichkeiten und Wegen zu suchen, wie u.U. durch entlastende Maßnahmen z.B. auch eine Kur die Arbeitsfähigkeit erhalten werden kann. Das dient dem Arbeitgeber, aber doch auch den Beschäftigten!!
    Nicht vorstellbar ist für mich ein BEM-Gespräch während einer Schwangerschaft.
    Und außerdem sitzt du in einem solchen Gespräch ja auch nicht allein mit VertreterInnen der Dienststelle zusammen, i.d.R. -und das solltet Ihr natürlich nutzen- ja auch Personalrat, Schwerbehindertenvertretung mit dabei.

  • rudolf49


    Wenn sich die Behörde die Gesundheitsvorsorge und Prävention plötzlich so groß auf ihre Fahnen schreibt, dann sollte sie m.E. nicht erst dann in Aktion treten, wenn der Karren schon im Graben liegt (und die Einrichtung einer Burnout Beratungsstelle sowie des BEM zeigt, dass wir nicht nur von Einzelfällen reden), sondern für Arbeitsbedingungen sorgen, die solchen Entwicklungen gar nicht erst Vorschub leisten.


    Dazu gehören m.E. eine spürbare Reduktion der Arbeitsbelastung, Sonderpädagogen und Psychologen am Ort des Geschehens, nämlich der Schule, sowie regelmäßige Supervision. Dies alles wäre im Endeffekt längerfristig kostengünstiger und effektiver und würde in Zeiten des sinkenden Vertrauens in den Arbeitgeber für mehr Glaubwürdigkeit und mehr Motivation sorgen. Aber das wäre ja mal was Sinnvolles! Das Bildungswesen lässt sich nicht einfach nach betriebswirtschaftlichen Maßgaben reorganisieren, weil es hier nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung sondern um die nachhaltige Ausbildung junger Menschen geht.


    Ich stimme dir dahingehend zu, dass es durchaus Fälle gibt, in denen eine individuelle Disposition zu erhöhter Stressempfänglichkeit führt und somit ein erhöhtes Erkrankungsrisiko birgt. Ob man dies jedoch mit seinem Arbeitgeber oder lieber mit sich selbst, d.h. unter Einbeziehung privat organisierter professioneller Hilfe bearbeiten möchte, sollte jedem selbst überlassen werden.


    In der selbstverantworteten Schule ist es der Schulleiter, als direkter Vorgesetzter, der in einem inoffiziellen Rahmen über mögliche Schritte mit dem Kollegen reden sollte, nicht die Behörde, die mit Hilfe eines 10-seitigen, steuergelderverprassenden Rechtfertigungsschreibens über den Kopf der SL hinweg auf Mitarbeiter "zugeht" und sie in ein Prozedere verwickelt, dass der Gesundheit mehr schadet als es ihr nützt.

  • Weil 42 Tage 6 Wochen entsprechen und hierbei in der freien Wirtschaft die Lohnfortzahlung aufhört und das stark reduzierte Krankengeld für die nächsten 72 Monate folgt.
    Ich würde das auch gar nicht so negativ sehen, da bei den gesetzlichen Krankenkassen bzw. Rententrägern dann die Frage auftaucht, ob möglicherweise eine Kur, bezahlte Wiedereingliederung und ähnliches helfen würde, die Wiederherstellung zu beschleunigen.

    Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient.

  • @ klöni


    Prävention wird doch nie betrieben ... eine Bekannte hat eine OP nicht bezahlt bekommen und sie daher auch nicht gemacht. Nun muss sie regelmäßig Spritzen bekommen - das zahlt die Beihilfe und damit fährt sie wesentlich "teuerer" als mit den OP-Kosten, die die Spritzen verhindert hätten.


    Zitat

    Was wäre denn für dich das worst case scenario


    das habe ich schon erlebt - ein schrecklich schlechtes Gewissen. Aber das hat sich gelegt, und ich wünsche so eine Schwangerschaft keinem. Ich würde jederzeit für eine schwangere Kollegin, der es nicht gut geht, mehr arbeiten.


    Ich kann mir auch nicht vorstellen, "geladen" zu werden - aber wenn, dann erzähle ich denen gerne mal, was ich in den letzten Monaten mitgemacht habe. Oder mein Frauenarzt schreibt einen Brief.


    Ist das die Bezirksregierung, die die Fehltage registriert? Oder sogar das LBV?
    Die Beihilfe hat damit ja nichts zu tun, oder?

  • @Micky


    Zitat

    Ich würde jederzeit für eine schwangere Kollegin, der es nicht gut geht, mehr arbeiten.


    Unterschreibe ich gerne!! Ich würde sogar soweit gehen, für jede Kollegin und jeden Kollegen, dem es "nur" nicht gut geht, mehr zu arbeiten.


    Zitat

    Ist das die Bezirksregierung, die die Fehltage registriert? Oder sogar das LBV? Die Beihilfe hat damit ja nichts zu tun, oder?


    Bei mir hat die Personalverwaltung registriert und glücklicherweise unsere Sekretärin im Schulbüro auf einer inoffiziellen zweiten Liste. Wie groß letztendlich die Krake ist, die an der ganzen Fehlzeitengeschichte dranhängt, ist mir leider unbekannt.


    Viele Grüße


    klöni

  • Zitat

    Original von klöni
    @Micky



    Unterschreibe ich gerne!! Ich würde sogar soweit gehen, für jede Kollegin und jeden Kollegen, dem es "nur" nicht gut geht, mehr zu arbeiten.


    Und genau aus dem Grund haben Schulen auch nur eine Lehrerversorgung von 100-x% anstatt 100+x%.


    Normal wäre den Unterricht einfach ausfallen zu lassen wg. Personalmangels.


    Aber ich höre schon: Das könne man den unschuldigen lieben Kindern ja nicht antun...


    Mit stirnrunzelndem Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

Werbung